Bundespatentgericht:
Urteil vom 9. Dezember 2009
Aktenzeichen: 4 Ni 10/09

(BPatG: Urteil v. 09.12.2009, Az.: 4 Ni 10/09)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat am 9. Dezember 2009 ein Urteil in einem Patentstreit gefällt (Aktenzeichen 4 Ni 10/09). Die Klage wurde abgewiesen und die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages.

In dem Verfahren ging es um ein deutsches Patent (DE 44 02 002) für Ein-/Ausgabemodule für einen Datenbus. Die Klägerin behauptete, dass das Patent nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, da entsprechende Module bereits zum Anmeldetag im Stand der Technik bekannt waren. Sie verwies dabei auf verschiedene Druckschriften und Dokumente.

Das Bundespatentgericht entschied, dass das Patent bestand hat. Es sah keinen Anlass für den Fachmann, ausgehend vom Stand der Technik zum Gegenstand des Patents zu gelangen. Das Gericht erkannte auch keinen Hinweis darauf, dass verschiedene Kontaktarten für unterschiedliche Leistungsarten in den Modulen kombiniert werden können.

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Kostenentscheidung beruht auf den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung erbracht wird.

Dieses Urteil ist ein Beispiel für einen Fall, bei dem ein Patent bestätigt wurde, obwohl die Klägerin argumentierte, dass es nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Das Gericht sah jedoch keinen ausreichenden Grund für eine solche Argumentation und entschied zugunsten des Patentinhabers.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Urteil v. 09.12.2009, Az: 4 Ni 10/09


Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents DE 44 02 002 (Streitpatent), das am 18. Januar 1994 angemeldet worden ist. Es betrifft Ein-/Ausgabemodule für einen Datenbus und umfasst in der erteilten Fassung 3 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Anspruch 1 lautet wie folgt:

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift DE 44 02 002 B4 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil es nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zur Begründung trägt sie vor, entsprechende E/A-Module, deren Weiterbildung zum Gegenstand des Streitpatents nichts Erfinderisches offenbare, seien im Stand der Technik zum Anmeldetag bereits bekannt gewesen. Hierbei beruft sie sich auf folgende Druckschriften und Dokumente:

K3 EP 0 364 618 A1 K4 DE 30 30 070 C1 K5 DE 35 04 712 A1 K5a US 4 516 189 (US-Anmeldung zu K5)

K6 Kopie der Seite 42 aus Katalog der Fa. Phoenix Contact GmbH,

"INTERBUS-S E/A-Module".

K8 DE 30 32 228 A1 B2 Katalog der Fa. Phoenix DATEUP 93/2, Deckblatt und Seite 4, 5 Die Klägerin beantragt, das Patent DE 44 02 002 in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents bekannten Stands der Technik, insbesondere den Druckschriften EP0364618A1 (K3) und US4516189 (K5a) in Verbindung mit dem Wissen und Können des hier einschlägigen Fachmanns, eines Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik, der sich auf dem Gebiet der Konstruktion und Entwicklung von E/A-Modulen, insbesondere der mechanischen und elektrischen Verbindung betätigt, ist nicht zu erkennen, dass der Gegenstand des Streitpatents sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 4 PatG). Insbesondere kann der Senat nicht erkennen, welchen Anlass der Fachmann gehabt haben sollte, ausgehend vom bekannten Stand der Technik zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger). Mit dem Anspruch 1 haben auch die angegriffenen und auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 Bestand.

II.

1.

Das Streitpatent betrifft E/A-Module für einen Datenbus. Solche Module werden von der Streitpatentschrift als im Stand der Technik bekannt vorausgesetzt, etwa in der Anlage B2 (vgl. Abs. [0002] der Streit-PS), wobei diese Ausführung aber den Nachteil haben soll, dass die Module dort großvolumig als sogenannte E/A-Bus-Blöcke ausgebildet und jeweils für eine größere Anzahl von Busteilnehmern ausgelegt seien, was die Anpassungsmöglichkeit an tatsächlich vorhandene Busteilnehmer beschränke. Zudem erfolge die Datenbusverbindung nach dem Stand der Technik von Block zu Block über ein steckbares Verbindungskabel und die Leistungsstromversorgung der jeweils an die Blöcke angeschlossenen Busteilnehmer erfolge gesondert, wodurch die Querverteilung der Stromversorgung auf nebeneinander angeordnete Busblöcke mittels einer Standard-Einlegebrücke vorzunehmen ist, was für den Anwender eine etwas umständliche und zeitraubende Montagearbeit darstelle [0003]. Daher sei im Stand der Technik in der DE 22 05 086 bereits bekannt gewesen, als Querverbindung beidseitig steckbare Verbindungsstifte zu verwenden, was allerdings den Nachteil habe, dass die Funktionsbausteine vor der Schienenmontage zusammen gesteckt werden müssten. Auch sei aus der DE 30 30 070 C1 (K4) eine Querverbindung durch Seitenwandkontakte bekannt, die beim senkrechten Aufsetzen der Reihenklemme auf eine Tragschiene automatisch kontaktieren [0004].

2.

Vor diesem Hintergrund soll es Aufgabe der streitpatentgemäßen Erfindung sein, E/A-Module für einen Datenbus zu schaffen, die eine hohe Modularität aufweisen und in einfachster Weise auf eine unveränderte, handelsübliche Tragschiene aufzurasten sind, wobei zugleich mit dem Aufrastvorgang automatisch die Verbindung zu den Datenbusund Stromversorgungsleitungen hergestellt sein soll [0005].

3.

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 (mit einer von der Klägerin eingeführten Merkmalsgliederung) Ein/Ausgabemodule mit folgenden Merkmalen vor:

"1. Ein-/Ausgabemodule für einen Datenbus 1.1 von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene aufrastbar sind, 2.

mit Klemmstellen für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte)

3.

und mit einer E/A-Elektronik, die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, 1.2 dass die E/A-Module jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen oder zu mehreren in einer Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene aufrastbar sind, 3.1 wobei jede Einzelreihenklemme, auch der Gruppe, jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist, 4.

dass sowohl die Datenbusleitungen als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme integriert und durch diese hindurchgeschleift sind, indem jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte (10, 11) aufweisen, derart, dass die Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen oder der Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch einander kontaktieren, so dass die auf die Tragschiene aufgerastete Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbusund Stromversorgungsleitungen verbunden sind, 5.

dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen (19, 20) der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker (15, 16) erfolgt, 5.1 die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen fest angeordnet sind, und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen 5.2 derart, dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser (15) und einer federnden Kontaktgabel (16) bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen."

4. Der Anspruch 1 unterliegt nachfolgendem Verständnis des Fachmanns.

a) Unter einer -alternativ zu separaten Einzelreihenklemmen angegebenen -Gruppe von Einzelreihenklemmen gemäß den Merkmalen 1.2, 3.1, 4, 5.1 und 5.2 versteht der Fachmann eine Verbindung von E/A-Modulen zu einer Gruppe derart, dass die Einzelreihenklemmen untereinander mit Stift-Buchsen (12) elektrisch verbunden sind und die erste Klemme an ihrer Seitenfläche einen Kontaktbügel (10), und nur die letzte Reihenklemme der Gruppe an ihrer gegenüberliegenden Seitenfläche einen Kontaktsteg (11) aufweist (Abs. 0018 und 0020 i. V. m. Fig. 2 der Streit-PS).

b) Als Druckkontakte bezeichnet der Fachmann regelmäßige Kontaktanordnungen, deren Kontaktglieder durch eine Bewegung in kontaktgebenden Eingriff miteinander kommen, welche im Wesentlichen in Richtung des (späteren) Kontaktdrucks (Kontaktkraft) erfolgt. In Übereinstimmung mit diesem allgemeinen Verständnis der Bezeichnung Druckkontakte offenbart auch das Streitpatent als Ausführungsbeispiel patentgemäßer Druckkontakte einen federnden Druckbügel 10 (Fig. 1, 4, 5), der beim Aufrasten einer benachbarten Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen mit einem Kontaktsteg 11 in Eingriff kommt, welcher bündig in der diesem zugewandten Seitenfläche der Nachbarklemme vorgesehen ist. Daher ist der Druckbügel 10 bei aufgerasteter Nachbarklemme entsprechend weit in seine eigene Klemme federnd hineingedrückt. Wenn nun anspruchsgemäß jede Einzelreihenklemme und jede Gruppe von Einzelreihenklemmen in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte aufweisen, so versteht der Fachmann im Licht der Streitpatentschrift hierunter Kontaktstellen, von denen mindestens eines der Konaktglieder bzw. beide - federnd ausgebildet oder federnd abgestüzt ist/sind, und - senkrecht zur jeweiligen Seitenwand der Einzelreihenklemmebeweglich istbzw. sind derart, dass das federnde bzw. federnd abgestützte Kontaktglied im kontaktierten Zustand entgegen der Federkraft in Richtung auf seine Einzelreihenklemme zu bewegt ist. Da diese Federkraft gleichzeitig die Kontaktkraft (= den Kontaktdruck) an den beiden in Eingriff gekommenen Kontaktglieder bereitstellt, wirkt auch die Kontaktkraft dieser patentgemäßen Druckkontakte senkrecht zu den jeweiligen Seitenflächen der Einzelreihenklemmen.

Derartige Druckkontakte sind im Übrigen auch in der K3 (Fig. 2: 19, 20) gezeigt. Auch die in der K4 (Fig. 4: 25, 25) dargestellten Kontakte sind Beispiele für unter den Anspruchswortlaut fallende Druckkontakte. Allen diesen Druckkontakten ist gemeinsam, dass sie -wie sich dies auch aus der Streitpatentschrift (Fig. 6: 10, 11) ergibt -Druck in einer zur Seitenfläche einer Einzelreihenklemme senkrechten Richtung ausüben. Die Stromtragfähigkeit solcher Druckkontakte ist sehr begrenzt, weil sie bei höheren Strömen zum Abheben der Kontaktglieder neigen. Die von der Beklagten auch als Druckkontakte angesehenen Kontakte 59, 61 gemäß der K5a (Fig. 4a, 4b) üben dagegen Druck in einer zur Seitenfläche der Einzelreihenklemme 10 parallelen Richtung, d. h. wie die Messerkontakte gemäß Merkmal 5.2 in Querrichtung aus. Die in Merkmal 5.2 der K5a gezeigten Kontakte weichen daher von dem durch die Streitpatentschrift festgelegtem Verständnis ab, das der Fachmann von Druckkontakten hat.

c) Unter einem Kontaktmesser (15) und einer Kontaktgabel (16), wie sie in Merkmal 5.2 angegeben sind, versteht der Fachmann einen Messerkontakt, bei dem das Kontaktmesser nach Art eines Messers flach ausgebildet ist mit zwei gegenüberliegenden ebenen Außenflächen und bei Betätigung in eine federnde Kontaktgabel eingreift, die die flachen Außenflächen des Kontaktmessers mit einer entsprechend ebenen Gegenkontaktfläche möglichst vollständig kontaktiert um einen geringen Kontaktübergangswiderstand bei hoher Stromtragfähigkeit zu erhalten.

d) Die Merkmale 4 und 5 versteht der Fachmann so, dass einerseits Datenbusleitungen und Stromversorgung für die in den E/A-Modulen enthaltene E/A-Elektronik über Druckkontakte (10, 11) -gemäß dem vorstehend dargelegten Verständnis -durch die Einzelreihenklemme oder Gruppe von Einzelreihenklemmen hindurchgeschleift sind und dass hiervon elektrisch getrennt die Leistungsstromversorgung für die Busteilnehmer über als Leistungsstrombrücker ausgebildete Messerkontakte (15, 16) -gemäß dem vorstehend dargelegten Verständnis -erfolgt (Abs. 0021 i. V. m. Fig. 1 und 7). Der Fachmann entnimmt den Merkmalen 4 und 5 sonach sowohl zwei unterschiedliche Stromkreise als auch zwei unterschiedliche Kontaktarten, die unterschiedlichen Zwecken dienen, nämlich zum Einen der Datenübertragung und der Versorgung der im E/A-Modul enthaltenen Elektronik mit typischerweise geringer Leistung und zum Anderen der Leitungsstromversorgung von Busteilnehmern. Mit anderen Worten: Über die Druckkontakte (10, 11) werden geringe und über die Messerkontakte (15, 16) demgegenüber größere Leistungen übertragen.

II.

1. Aus der Druckschrift K5a -die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung als am Bedeutsamsten angesehen hat -sind demnach bekannt 1. Ein-/Ausgabemodule (electronic control module 10) für einen Datenbus (Sp. 6 Z. 3 bis 5: Zwei Leiter zur Kommunikation, d. h. serieller Datenbus)

1.1 von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene 15 aufrastbar sind (Fig. 1, 2), 2.

mit Klemmstellen (19) (Fig. 3) für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte) (Sp. 4, Z. 22, 23)

3.

und mit einer E/A-Elektronik (auf der Leiterplatte 49, vgl. Sp. 4 Z. 17 bis 20), die mit einer seriellen Datenbusleitung verbunden ist (Sp. 6 Z. 3 bis 5: serieller Datenbusi. V.m. Sp.4 Z 17 bis 23), wobei 1.2 die E/A-Module (10) jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen auf die Tragschiene (15) aufrastbar sind (Fig. 1, 2 und 5 i. V. m. Sp. 3 Z. 11 bis 12), 3.1 wobei jede Einzelreihenklemme jeweils eine eigene E/A-Elektronik (auf der Leiterplatte 49) aufweist, die in die Einzelreihenklemme eingebaut ist (Fig. 3 i. V. m. Sp. 4 Z. 7 bis 28), 4teilw. wobei sowohl die Datenbusleitungen (Sp. 6 Z. 3 bis 5: serieller Datenbus) als auch die Stromversorgungsleitungen für die E/A-Elektronik in die Einzelreihenklemme (10) integriert und durch diese hindurchgeschleift sind (Sp. 4 Z. 47 bis 61), indem jede Einzelreihenklemme in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Kontakte (59, 61) aufweist, aber keine Druckkontakte, sondern Klemmkontakte mit radial auf den Kontaktstift 59 wirkendem Kontaktdruck derart, dass die Kontakte (59, 61) -nicht Druckkontakte beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen (10) auf die Tragschiene (15) automatisch einander kontaktieren (Sp. 4 Z. 47 bis 53), so dass die auf die Tragschiene (15) aufgerasteten Einzelreihenklemmen (Fig. 1, 2: 10) zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbusund Stromversorgungsleitungen (Patentanspruch 3: zwei Leiter zur Stromversorgung, zwei Leiter zur Datenübertragung) verbunden sind.

Die Druckschrift K5a zeigt in den Figuren 3, 4A, 4B, Bezugsziffer 59, 61, entgegen Merkmal 5.2 schon keine Messerkontakte gemäß dem vorstehend dargelegten Verständnis, da die runden Stifte 59 -mangels Ähnlichkeit mit einem Messer nicht als Kontaktmesser und die Omegaförmigen die Federklemmen 61 auch nicht als Kontaktgabeln bezeichnet werden können. Auch dienen die Kontakte 59, 61, entgegen Merkmal 5 nicht zur Leistungsstromversorgung für Busteilnehmer. Denn das Modul 1d (Fig. 1 und 2) dient ausdrücklich nur zur Stromversorgung der übrigen Module in der Steuerzentrale 13 und den dezentralen Orten (Sp. 3 Z. 32 bis 34), während diese selbst nur Steuersignale ausgibt (Sp. 3 Z. 39 bis 42). Deshalb versteht der Fachmann unter der "electrical power" lediglich die Stromversorgung der E/A-Elektronik, nicht aber der Abgabe elektrischer Leistung an die Busteilnehmer.

Die Druckschrift K3 zeigt 1. Ein-/Ausgabemodule (2) für einen Datenbus (Bezeichnung, Sp. 3 Z. 4 bis 8)

1.1 von denen mehrere benachbart zueinander auf einer Tragschiene (3) aufrastbar sind (Fig. 1 und Sp. 4 Z. 5 bis 9), 2.

mit Klemmstellen (27) für die parallele Verdrahtung von Busteilnehmern (Aktoren, Sensoren, Geräte) (Sp. 3 Z. 2 bis 4 und Sp.6 Z40 bis 44)

3.

und mit einer E/A-Elektronik (Sp. 2 Z. 52 und 53, Sp. 6 Z. 32 bis 36), die mit einer seriellen Datenbusleitung (serieller Datenbus hier üblich und deshalb mitlesbar) verbunden ist, wobei, 1.2 die E/A-Module (2) jeweils in an sich bekannter Weise als separate Einzelreihenklemmen (2) auf die Tragschiene (3) aufrastbar sind (Sp. 4 Z. 5 bis 9), 3.1 wobei jede Einzelreihenklemme (2) jeweils eine eigene E/A-Elektronik aufweist (Sp. 6 Z. 32 bis 36: Leiterplatte 24), die in die Einzelreihenklemme (2) eingebaut oder auf diese aufsteckbar ist (Fig. 1 i. V. m. Sp. 6 Z. 45 bis 50), 4.

wobei sowohl die Datenbusleitungen (Sp. 2 Z. 50: Datentransfer) als auch die Stromversorgungsleitungen (Sp. 2 Z. 49: Stromversorgung) für die E/A-Elektronik (24) in die Einzelreihenklemme (2) integriert und durch diese hindurchgeschleift sind (Fig. 1, 2: 10 i. V. m. Sp. 2 Z. 45 bis 53), indem jede Einzelreihenklemme (2) in ihren Seitenflächen zu den Nachbarklemmen jeweils Druckkontakte (19, 20) aufweisen (Fig. 1, 2), derart, dass die Druckkontakte (19, 20) beim Aufrasten der Einzelreihenklemmen (2) oder der Gruppe (Fig. 1) von Einzelreihenklemmen (2) auf die Tragschiene (3) automatisch einander kontaktieren (Sp. 4 Z. 24 bis 31), so dass die auf die Tragschiene (3) aufgerastete Einzelreihenklemme (2) oder Gruppe (Fig. 1) von Einzelreihenklemmen (2) zu einem Klemmenbus mit durchgehenden Datenbusund Stromversorgungsleitungen (Sp. 2 Z. 50: Datentransfer; Sp. 2 Z. 49: Stromversorgung) verbunden sind (Fig. 2 i. V.m.Sp.3 Z.4 bis 8).

Die Merkmale 5, 5.1 und 5.2 sind in der K3 nicht angesprochen.

Die von der Beklagten eingeführte Druckschrift B2 zeigt auf einer Tragschiene aufrastbare E/A-Module, die weder Druckkontakte noch Messerkontakte aufweisen.

Bei den in der Druckschrift K6 gezeigten E/A-Modulen ist die Leistungsstromversorgung über separate, außerhalb der E/A-Module gelegene Kabel geführt (Abb. oben rechts).

Die weiter im Verfahren befindlichen, weder von den Beteiligten noch vom Senat angesprochenen Druckschriften gehen nicht über den abgehandelten Stand der Technik hinaus.

2. Ausgehend von Ein/Ausgabemodulen, wie sie in der Druckschrift K3a oder der Druckschrift K5 gezeigt sind, mag sich zwar die im Streitpatent (Abs. 0005) angegebene Aufgabe, E/A-Module für einen Datenbus zu schaffen, die eine hohe Modularität haben und in einfachster Weise auf eine handelsübliche und unveränderte Tragschiene aufzurasten sind, wobei zugleich beim Aufrastvorgang automatisch die Verbindung zu den Datenbusund Stromversorgungsleitungen hergestellt sein soll, in der Praxis von selbst stellen. Denn die hohen Kosten bei der Verdrahtung elektrischer Steuerungen lassen den Fachmann dieses Thema nicht aus dem Blick verlieren.

Der Fachmann findet jedoch weder in diesen Druckschriften, noch im sonst im Verfahren befindlichen Stand der Technik einen Hinweis darauf, verschiedene Kontaktarten, hier Druckkontakte und Messer-Gabel-Kontakte für verschiedene Leistungsarten, nämlich einerseits für niedere Leistung zur Datenübertragung und Stromversorgung für E/A-Module und andererseits demgegenüber hohe Leistung zur Leistungsstromversorgung für Busteilnehmer miteinander zu kombinieren. Auch sein Fachwissen hilft ihm hier nicht weiter, da es fachunüblich ist, geringe und zugleich hohe Leistung durch ein E/A-Modul hindurchzuschleifen, zu mit den Schaltern der Leistung angeschlossener Busteilnehmer störende Einstreungen auf benachbarte Steuerund Datenleitungen zu befürchten sind, die der Stand der Technik wie die K6 (Abb. rechts oben) zeigt -durch ihre außerhalb der Module geführten Versorgungskabel vermeidet.

Der Fachmann musste daher erfinderisch tätig werden, um Ein-/Ausgabemodule mit den Merkmalen 1 bis 4 bzw. 1 bis 4teilw, wie sie in der K3 bzw. in der K5a beschrieben sind, schon hinsichtlich der ersten Alternative (Einzelreihenklemme) derart zu ergänzen, dass die Leistungsstromversorgung für die an die Klemmstellen der Einzelreihenklemmen angeschlossenen Busteilnehmer mittels Leistungsstrombrücker erfolgt, die an den Seitenflächen jeder Einzelreihenklemme fest angeordnet sind, und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme auf die Tragschiene automatisch ineinandergreifen derart, dass die Leistungsstrombrücker jeweils aus einem Kontaktmesser und einer federnden Kontaktgabel bestehen, die wechselseitig an den Seitenflächen der Einzelreihenklemme vorhanden sind und die beim Aufsetzen der Einzelreihenklemme auf die Tragschiene in Querrichtung ineinandergreifen (Merkmale 5, 5.1 und 5.2). Für die Ausstattung mit zu Gruppen verbundenen Einzelreihenklemmen (2. Alternative) kann nichts anderes gelten.

Die Klägerin konnte daher den Senat nicht davon überzeugen, dass der Fachmann die in Patentanspruch 1 beanspruchte Lehre in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik unter Einsatz seiner fachlichen Fähigkeiten auffinden konnte ohne erfinderisch tätig werden zu müssen. Dies geht zu ihren Lasten (BGH, GRUR 91, 522ff. m. w. N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Voit Dr. Kaminski Schwarz-Angele Groß Dr. Scholz Pr






BPatG:
Urteil v. 09.12.2009
Az: 4 Ni 10/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8072711cf2f9/BPatG_Urteil_vom_9-Dezember-2009_Az_4-Ni-10-09




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