Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 179/04

(BPatG: Beschluss v. 06.07.2006, Az.: 25 W (pat) 179/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung FINANCIAL LIFE DESIGN ist am 2. Juli 2002 für

"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwicklung und Entwurf von Computerhardware und -software, Computerberatungsdienste, Computersystemanalysen, EDV-Beratung, Implementierung von EDV-Programmen, technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Vermietung von Computersoftware, Wartung von Computersoftware"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Nach Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG durch Bescheid vom 20. November 2002 ist die Anmeldung mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2004 und 7. September 2004, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen worden.

Der angemeldeten Marke fehle für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die angemeldete Wortfolge setze sich aus der substantivischen Grundwortfolge "LIFE DESIGN" und dem vorangestellten Bestimmungswort "FINANCIAL" zusammen. Bei der Wortfolge "LIFE DESIGN" handele es sich um eine in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene Entsprechung für "Lebensgestaltung". Durch das vorangestellte englische Adjektiv werde dieser Begriff sprachüblich ergänzt, so dass der Verkehr die Wortfolge ihrem Bedeutungsgehalt nach ohne Weiteres i. S. von "finanzieller Lebensgestaltung" verstehen werde. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen enthalte die angemeldete Bezeichnung daher einen sich aufdrängenden beschreibenden Charakter, nämlich dass diese Dienstleistungen im engsten Sachzusammenhang mit der finanziellen Lebensgestaltung stehen. Es handele sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine Zusammensetzung aus Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen beschreibe und die in ihrer Gesamtheit keinen merklichen Unterschied zwischen der Wortbildung und der Summe dieser Wortbestandteile hervorrufe. Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen von Marken mit der Wortfolge "Life Design" berufe, sei dies unerheblich, da diese Eintragungen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung hinsichtlich der Beurteilung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens führten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, die angemeldete Marke in vollem Umfang zur Eintragung zuzulassen.

Bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich um eine kurze, prägnante Wortfolge, die in ihrer Gesamtheit neu und unüblich sei und in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen keinen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt aufweise. Dementsprechend sei auch die Wortfolge "LIFE DESIGN" für eine Vielzahl von Waren und (vergleichbaren) Dienstleistungen als Marke eingetragen worden. Allein die Hinzufügung des Begriffs "FINANCIAL" nehme der Wortfolge nicht die erforderliche Unterscheidungskraft.

Einen beschreibenden Anklang weise die angemeldete Bezeichnung allenfalls in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen "Finanzwesen, Geldgeschäfte" auf. Es sei hingegen nicht erkennbar, inwieweit die angemeldete Wortfolge in ihrem Bedeutungsgehalt "finanzielle Lebensgestaltung" auch in Bezug auf die übrigen beanspruchten Dienstleistungen einen beschreibenden Charakter aufweise. Dies sei in dem angefochtenen Beschluss auch nicht näher begründet worden. Der Verkehr werde keinerlei konkreten Bezug zwischen dieser Bezeichnung und diesen Dienstleistungen herstellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete Bezeichnung "FINANCIAL LIFE DESIGN" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2003, 58 - COMPANYLINE - zur GMV). Die Unterscheidungskraft ist zum Einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum Anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist. Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild). Maßgebend ist allein, ob der Verkehr in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Ein Eintragungshindernis kann sich daher auch daraus ergeben, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR 2003, 148, 149 - Winnetou; EuGH GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).

Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination "FINANCIAL LIFE DESIGN", deren Bedeutung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, die erforderliche Eignung, im Verkehr als Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen angesehen zu werden.

Die angemeldete Marke setzt sich aus drei zum englischen Grundwortschatz gehörenden und daher weitgehend bekannten Wörtern zusammen, was auch die Anmelderin nicht bestreitet. Wie die seitens der Markenstelle durchgeführte und der Anmelderin übersandte, umfangreiche Recherche belegt, handelt es sich bei der Wortfolge "LIFE DESIGN" um eine in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene, substantivische Wortkombination, deren Bedeutung i. S. von "Lebensgestaltung" sich weiten Teilen des Verkehrs ohne Weiteres erschließt, zumal sich "LIFE DESIGN" in eine Vielzahl in vergleichbarer Weise mit dem Begriff "LIFE" gebildeter und ebenfalls in den deutschen Sprachgebrauch übernommener Wortverbindungen wie z. B. "Life-Style" einreiht. In sprachüblicher Weise ergänzt durch das vorangestellte und ebenfalls inländischen Verkehrskreisen ohne Weiteres verständliche Bestimmungswort "Financial" wird die angemeldete Wortfolge ihrem Sinngehalt nach sofort und ohne Weiteres mit "finanzieller Lebensgestaltung" übersetzt und verstanden. Mit diesem Begriff wird die auf die jeweiligen finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnisse abgestimmte Planung und Gestaltung der Lebensverhältnisse einzelner Personen bezeichnet (vgl. z. B. vb.postbank.de: "Wir erarbeiten mit Ihnen die für Sie persönlich geeignetste finanzielle Lebensgestaltung" oder auch den bekannten Slogan der Hypovereinsbank: "Leben Sie, wir kümmern uns um die Details").

In dieser Bedeutung weist die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen einen zu engen Sachbezug auf, als dass die Bezeichnung noch als individueller Herkunftshinweis verstanden würde. So bringt die angemeldete Wortfolge in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen "Finanzwesen" und "Geldgeschäfte" zum Ausdruck, dass diese sich mit "finanzieller Lebensgestaltung" befassen bzw. diese zum Gegenstand haben z. B. in Form von Beratungen zu Vermögensanlagen oder zu steuerrechtlichen Fragen. Dies gilt auch für die weiteren Dienstleistungen der Klasse 35 "Versicherungswesen" und "Immobilienwesen", da sowohl Versicherungen als auch Immobilien für eine "finanzielle Lebensgestaltung" von Bedeutung sein können. Die Dienstleistungen der Klasse 35 "Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten" können für ein Unternehmen erbracht werden, welches sich damit befasst.

Ebenso kann Computersoftware sich inhaltlich mit "finanzieller Lebensgestaltung" befassen, wie auch dieser Themenbereich Gegenstand einer entsprechend angepassten bzw. speziell dafür entwickelten Hardware sein kann. Daher enthält die angemeldete Wortfolge auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen "Entwicklung und Entwurf von Computerhardware und -software, Computerberatungsdienste, Computersystemanalysen, Vermietung von Computersoftware, Wartung von Computersoftware" einen Hinweis auf Gegenstand und Inhalt der betreffenden Dienstleistungen. Da Themen, Fragen, Angebote etc. zur "finanziellen Lebensgestaltung" weiterhin Gegenstand von EDV-Programmen sein können, enthält die angemeldete Bezeichnung auch in Bezug auf die Dienstleistungen "EDV-Beratung, Implementierung von EDV-Programmen, technisches Projektmanagement im EDV-Bereich" einen sachbezogenen Aussagegehalt.

Dies gilt ebenfalls für "wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen", da diese sich inhaltlich und thematisch ebenfalls mit "finanzieller Lebensgestaltung" befassen können, z. B. in Form von Analysen bzw. Auswertung von Daten, Erstellung von Konzeptionen, Untersuchungen zu finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnissen von Verbrauchern. Die Bezeichnung weist dabei nicht nur zu wissenschaftlichen Dienstleistungen einen engen, unmittelbar beschreibenden Sachbezug auf. Vielmehr kann die angemeldete Bezeichnung auch zu technologischen Dienstleistungen in einem engen Zusammenhang stehen, wenn diese sich nämlich mit "finanzieller Lebensgestaltung" befassen, wie es z. B. bei der bereits genannten Dienstleistung "Entwurf- und Entwicklung von Software" der Fall sein kann, die unter den beanspruchten Oberbegriff "technologische Dienstleistungen" fallen.

In Bezug auf sämtliche beanspruchten Dienstleistungen weist die angemeldete Bezeichnung daher einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt auf, der ihrer Auffassung als betrieblicher Herkunftshinweis entgegensteht.

Dem rein sachlichen Aussagegehalt von "FINANCIAL LIFE DESIGN" steht auch nicht entgegen, dass diese Wortkombination nicht näher die dahinter stehenden Inhalte spezifiziert. Denn auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke können einen beschreibenden Charakter in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen haben (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insoweit sogar erforderlich und gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen.

Die fehlende Verwendung dieser Wortkombination im geschäftlichen Verkehr steht der Annahme eines Schutzhindernisses ebenfalls nicht entgegen, da auch die erstmalige Verwendung einer erkennbar beschreibenden Bezeichnung dem Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft unterliegt. Der Verkehr ist daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die sachbezogene oder werbemäßige Hinweise lediglich in einprägsamer Form übermittelt sowie neu entwickelte Produkte oder Dienste beschrieben werden sollen. Dementsprechend hat auch der EuGH in seiner Rechtsprechung wiederholt betont, dass die bloße Kombination von schutzunfähigen Bestandteilen selbst bei einer Wortneuschöpfung nicht zwangsläufig zur Eintragungsfähigkeit führt. Entscheidend sei vielmehr, ob der von der Wortkombination erweckte Eindruck in seiner Gesamtheit hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteile entsteht und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 111, 115 - BIOMILD/ Campina-Melkunie). Das ist hier aber nicht der Fall. Die durch sprachlich korrekte Aneinanderreihung der Wörter "FINANCIAL", "LIFE" und "DESIGN" gebildete Wortkombination weist keine ungewöhnliche Struktur auf, sondern trifft eine sachbezogene Aussage über Inhalt und Bestimmungszweck der beanspruchten Waren/Dienstleistungen, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht.

Dass Wortmarken mit der Wortfolge "Life Design" für verschiedene Waren und Dienstleistungen durch das Deutsche Patent- und Markenamt eingetragen worden sind, ist für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung nicht maßgebend, da weder deutsche noch gemeinschaftsrechtliche Voreintragungen für die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke entscheidend sind und weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung führen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 25, 26 m. w. Nachw.).

Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.






BPatG:
Beschluss v. 06.07.2006
Az: 25 W (pat) 179/04


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