Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 13. März 2008
Aktenzeichen: 29 W 803/08

(OLG München: Beschluss v. 13.03.2008, Az.: 29 W 803/08)

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 18.01.2008 dahingehend abgeändert, dass die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1. Von der Darstellung eines Tatbestands wird entsprechend § 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

2. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 31.01.2008, mit der das Ziel verfolgt wird, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, ist zulässig (§ 91a Abs. 2 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO) und begründet.

a) Vorauszuschicken ist, dass der Senat nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts München in derselben Besetzung auch die Geschäftsaufgabe des Kartellsenats wahrnimmt.

b) Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung war über die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Ausübung des Ermessens gibt in aller Regel der ohne die Erledigungserklärung zu erwartende Verfahrensausgang den Ausschlag. Rechtsfragen sind nach einer summarischen Prüfung zu entscheiden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91 a, Rn. 26a); bei nicht hinreichend geklärter Rechts- bzw. Sachlage sind die Kosten gegeneinander aufzuheben (vgl. Zöller/Vollkommer aaO). Nach diesen Grundsätzen entspricht es im Streitfall billigem Ermessen, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufzuheben.

5aa) Auf eine Umgehung von § 7 HWG in der seit dem 01.05.2006 gültigen Fassung (BGBl I S. 984, 987) hätte der Unterlassungsantrag, wenn es nicht zur übereinstimmenden Erledigungserklärung gekommen wäre, nicht mit Erfolg gestützt werden können. Denn die konkrete Verletzungshandlung gemäß Anlage A datiert vom 12.03.2006; zu diesem Zeitpunkt war die genannte Fassung von § 7 HWG mit dem Zusatz "Buchstabe b) gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist", mit dem die Gewährung von Naturalrabatten bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln ausgeschlossen wurde und auf den das Landgericht abgestellt hat (vgl. BA S. 13 ff.), noch nicht in Kraft. Aus dem Angebot gemäß Anlage A kann deshalb keine Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer etwaigen Umgehung von § 7 HWG in der seit dem 01.05.2006 gültigen Fassung abgeleitet werden. An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass das Angebot gemäß Anlage A nach seinem Wortlaut bis zum 12.03.2007, d.h. über den 01.05.2006 hinaus gültig sein sollte. Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte dieses Angebot nach dem 01.05.2006 erneuert hat. Die etwaigeDurchführungdes Angebots vor oder nach dem 01.05.2006 wird von dem von der Klägerin verfolgten Unterlassungsantrag im Übrigen nicht gedeckt.

bb) Auch auf § 20 Abs. 4 Satz 2 GWB hätte der Unterlassungsantrag, wenn es nicht zur übereinstimmenden Erledigung gekommen wäre, nicht mit Erfolg gestützt werden können. Denn das Angebot der Beklagten, eines Generikaherstellers, gemäß Anlage A kann nicht als Angebot von Waren unter Einstandspreisen im Sinne von § 20 Abs. 4 Satz 2 GWB eingestuft werden. Der Verbotsbereich des § 20 Abs. 4 Satz 2 ist auf den (Eigen-)Handel mit Waren und Dienstleistungen begrenzt und gilt nicht für selbst hergestellte Waren wie im Streitfall (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 20, Rdn. 297; Bechtold, GWB, 4. Aufl., § 20, Rn. 79; KG, Beschluss vom 12.07.2001 € W 6/01 Kart, in juris dokumentiert, dort Rdn. 6).

cc) Soweit der Unterlassungsantrag im Übrigen auf § 33 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB bzw. auf § 8 Abs. 1, § 3 UWG unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Marktbehinderung gestützt wurde, wären die Erfolgsaussichten, wenn es nicht zur übereinstimmenden Erledigung gekommen wäre, unter Berücksichtigung der im Beschluss des Landgerichts München I vom 18.01.2007 aufgeworfenen Fragen offen gewesen, weshalb es billigem Ermessen entspricht, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte ist mit ihrem auf Kostenaufhebung gerichteten Beschwerdeziel in vollem Umfang durchgedrungen.

4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren bemisst sich nach den außergerichtlichen Kosten, die der Klägerin im ersten Rechtszug entstanden sind, zuzüglich der Hälfte der erstinstanzlichen Gerichtskosten; da diese Summe berechenbar ist, bedarf der Streitwert für das Beschwerdeverfahren keiner Festsetzung.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO liegen nicht vor (vgl. BGH BB 2004, 1078, Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 574, Rdn. 7).






OLG München:
Beschluss v. 13.03.2008
Az: 29 W 803/08


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