Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 13/03

(BPatG: Beschluss v. 28.07.2005, Az.: 10 W (pat) 13/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse A 47 C - vom 28. Oktober 2002 aufgehoben.

2. Dem Anmelder wird Wiedereinsetzung in die durch die Benachrichtigung vom 6. August 2001 in Gang gesetzte Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag gewährt.

Gründe

I.

Der Anmelder meldete am 5. Februar 1996 eine Erfindung mit der Bezeichnung "Hubvorrichtung für Sitz- oder Liegeflächen" zum Patent an. Nachdem er die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr (einschließlich der durch Zustellung einer Nachricht gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 PatG i.d. bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung gesetzten Nachfrist) versäumt hatte, gewährte ihm das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) durch Beschluss vom 13. März 2001 diesbezüglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Schreiben vom 6. August 2001 benachrichtigte ihn das Patentamt darüber, dass die 5. und die 6. Jahresgebühr nicht innerhalb der zuschlagsfreien Zahlungsfrist gezahlt worden seien und dass die Anmeldung als zurückgenommen gelten müsse, wenn die Gebühren samt einem Verspätungszuschlag (insgesamt ... DM) nicht innerhalb einer viermonatigen Nachfrist entrichtet würden. Im Anschluss an diese Nachricht wurden zwar durch den Patentanwalt B..., der sich selbst als Erwerber der Anmeldung bezeichnet (ohne dass bislang eine Umschreibung auf ihn stattgefunden hätte), Beträge für die 6. und für die 7. Jahresgebühr eingezahlt. Hinsichtlich der 5. Jahresgebühr konnte dagegen kein Zahlungseingang verbucht werden, weshalb das DPMA dem Anmelder mit Schreiben vom 15. Juli 2002 zur Kenntnis gab, dass seine Anmeldung mangels Zahlung der 5. Jahresgebühr als zurückgenommen gelte.

Am 10. September 2002 beantragte der Anmelder die Wiedereinsetzung in die Nachfrist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr. Zur Begründung gab er an, er sei sich bei Fälligkeit dieser Gebühr zunächst nicht darüber im Klaren gewesen, ob er die Patentanmeldung fortführen wolle. Deshalb habe er die Gebühr zunächst bewusst nicht entrichtet. Erst nach Erhalt der Gebührennachricht vom 6. August 2001, als sich seine finanzielle Situation verbessert und ein Interessent für seine Erfindung gezeigt habe, habe er seinen Entschluss geändert und einen Verrechnungsscheck in Höhe von ... DM ausgestellt und mit einfacher Post an das DPMA abge- sandt. Als Beleg legte er die Kopie eines Abrissbelegs bei. Darauf befindet sich - neben der Angabe des genannten Betrages und des Absenders - der Hinweis "Pat.-Amt 21. 12. 01". Er hebe - so der Anmelder - die Abrissbelege von Verrechnungsschecks immer auf. Auf dem betreffenden Abrissbeleg für das Patentamt habe er die jeweiligen Daten notiert.

Bereits am 29. August 2002 entrichtete der Erwerber der Anmeldung ... € für die 5. Jahresgebühr (entsprechend dem neuen Tarif) samt Zuschlag. Auch er stellte vorsorglich einen Wiedereinsetzungsantrag.

Das DPMA hat den Wiedereinsetzungsantrag des Anmelders durch Beschluss vom 28. Oktober 2002 mit der Begründung abgelehnt, die Kopie des Abrissbelegs sei kein ausreichendes Beweismittel für die Zahlung der 5. Jahresgebühr. Aus dem Beleg gehe weder hervor, dass ein Betrag von ... DM eingezahlt wor- den, noch welchem Aktenzeichen dieser Betrag zuzuordnen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er stellt die Anträge,

- den angefochtenen Beschluss aufzuheben,

- ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr zu gewähren, In seiner Beschwerdebegründung macht der Anmelder u.a. geltend, er habe auf dem Verrechnungsscheck das DPMA als Empfänger und das Aktenzeichen eingetragen. Diese Angaben seien ausreichend gewesen, zumal er nur diese eine Patentanmeldung besessen habe. Außerdem legt er - nach einem Hinweis des Senats - eine eidesstattliche Versicherung vor. Darin erklärt er, er habe die Patentanmeldung im September 2001 verkauft. Danach habe er festgestellt, dass er die von ihm noch zu begleichende 5. Jahresgebühr noch nicht entrichtet gehabt habe. Er habe dann mit einfacher Post am 21. Dezember 2001 einen Verrechnungsscheck an das DPMA gesandt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache erfolgreich.

1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur der vom Anmelder selbst gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung. Da eine Umschreibung auf den Erwerber der Anmeldung bislang nicht vorgenommen worden ist, bleibt der eingetragene Anmelder gegenüber dem Patentamt zur Zahlung der Jahresgebühren verpflichtet (§ 30 Abs. 3 Satz 2 PatG). Somit ist auch nur er am Wiedereinsetzungs- und am Beschwerdeverfahren beteiligt.

2. Der Anmelder hat eine Frist i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG, nämlich die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr, versäumt. Nach § 17 Abs. 1 und 3 Satz 1 PatG a.F. wäre die 5. Jahresgebühr an sich bis Ende Februar 2000 fällig geworden, die 6. Jahresgebühr bis Ende Februar 2001. Da der Anmelder jedoch die Zahlung der 4. Jahresgebühr innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist versäumt hatte und die Anmeldung daher gemäß § 58 Abs. 3 PatG als zurückgenommen galt, waren die Fälligkeitstermine bis zum Erlass des Wiedereinsetzungsbeschlusses, d.h. bis zur Zustellung des Beschlusses vom 13. März 2001, verschoben (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 17 Rn. 34 und § 123 Rn. 8). Dem Anmelder standen von diesem Zeitpunkt an zwei Monate zur Verfügung, um die Jahresgebühren zuschlagfrei zu entrichten (§ 17 Abs. 3 Satz 2 PatG a.F.), was aber nicht geschehen ist. Durch die Übersendung der Gebührennachricht vom 6. August 2001 ist eine neue Frist in Gang gesetzt worden, innerhalb derer die Jahresgebühren sowohl für 2000 (... DM) als auch für 2001 (... DM) samt jeweils 10 % Verspätungszuschlag ge-

zahlt werden mussten. Diese Frist hat mit Ablauf des Monats, in dem die Gebührennachricht zugestellt wurde, zu laufen begonnen. Der Anmelder hat eingeräumt, dass er die Nachricht im August 2001 erhalten habe. Die viermonatige Nachfrist ist somit im Hinblick auf beide Jahresgebühren am 31. Dezember 2001 abgelaufen.

Es ist davon auszugehen, dass der Anmelder bis zum Ablauf der Nachfrist lediglich die 6., nicht aber die 5. Jahresgebühr entrichtet hat. Zwar trägt der Anmelder vor, er habe am 21. Dezember 2001 einen Scheck in Höhe dieser Gebühr ausgestellt und diesen rechtzeitig vor Fristende an das Amt geschickt. Wäre der Scheck beim DPMA angekommen, würde es sich um eine wirksame Gebührenzahlung handeln. Nach damals gültigem Recht konnten nämlich Gebühren des Patentamts auch durch Übersendung eines Schecks entrichtet werden (§ 1 Nr. 1 b PatGebZV a.F.). Als Einzahlungstag galt dabei der Tag, an dem der Scheck beim DPMA einging, sofern die Einlösung bei Vorlage erfolgte (§ 3 Nr. 2 PatGebZV a.F.). Mangels eines Nachweises muss jedoch davon ausgegangen werden, dass kein Scheck des Anmelders beim DPMA eingegangen ist.

3. Der Wiedereinsetzungsantrag ist in zulässiger Weise gestellt worden. Insbesondere hat der Anmelder die Zweimonatsfrist des § 123 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 PatG eingehalten. Diese Frist hat zu laufen begonnen, als der Anmelder durch das Schreiben des DPMA vom 15. Juli 2002 darüber informiert worden war, dass die Anmeldung wegen Nichtzahlung der Gebühr als zurückgenommen gelte. Die Antragstellung am 10. September 2002 und die Nachholung der Gebührenzahlung am 29. August 2002 waren demnach rechtzeitig. Unschädlich ist, dass für die 5. Jahresgebühr samt Zuschlag nicht entsprechend dem (hier noch anzuwendenden) alten Gebührenrecht ... DM gezahlt worden sind, sondern entsprechend jetzigem Gebührentarif der höhere Betrag von ... €.

4. Der Anmelder hat in glaubhafter Weise dargetan, dass er die viermonatige Nachfrist schuldlos versäumt hat.

Zur Glaubhaftmachung trägt insbesondere seine an Eides Statt abgegebene Erklärung bei, wonach er - obwohl er die Anmeldung innerhalb der laufenden Nachfrist verkauft habe - immer noch zur Begleichung der 5. Jahresgebühr zuständig geblieben sei. Somit wird nachvollziehbar, weshalb seitens des Erwerbers der Anmeldung zwar Zahlungen für die 6. und 7., jedoch nicht für die 5. Jahresgebühr entrichtet wurden.

Auf Grund der eidesstattlichen Versicherung in Zusammenhang mit dem in Kopie vorgelegten Abrissbeleg ist ferner davon auszugehen, dass der Anmelder am 21. Dezember 2001 (d.h. rechtzeitig vor Ablauf der Nachfrist) einen über den geschuldeten Gebührenbetrag ausgestellten Scheck an das DPMA versandt hat. Gesichtspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung wecken könnten, sieht der Senat nicht. Obwohl Briefe, insbesondere wenn sie mit einfacher Post verschickt werden, auf dem Postweg verloren gehen können, durfte der Anmelder davon ausgehen, dass der Scheck beim DPMA ankommen werde. Somit hatte er alles Erforderliche für eine rechtzeitige Gebührenzahlung getan.

Schülke Püschel Rauch Pr






BPatG:
Beschluss v. 28.07.2005
Az: 10 W (pat) 13/03


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