Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 318/02

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2005, Az.: 6 W (pat) 318/02)

Tenor

Das Patent 100 58 855 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Gegen die am 4. April 2002 veröffentlichte Erteilung des Patents 100 58 855 mit der Bezeichnung "Firstelement aus Kupfer" ist am 24. Juni 2002 Einspruch erhoben worden.

Der Einspruch ist auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende stützt sich in ihrer Begründung auf folgende Druckschriften:

E1: DE 298 04 136 U1 E2: US 4 276 732.

Der Einsprechende, der die mündliche Verhandlung am 19. Juli 2005 nicht wahrgenommen hat, hat mit Eingabe vom 12. Juli 2005 beantragt, nach Aktenlage zu entscheiden.

Der Patentinhaber beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Firstelement aus Kupfer zum Verhindern der Bewuchsbildung auf Dächern aus einem flachen, in Form einer Firsthaube gekanteten oder gebogenen Streifen aus Kupferblech mit in Abflussrichtung geneigten Seitenflächen und einer firstseitig im Scheitelbereich der Seitenflächen angeordneten Firstkrone, dadurch gekennzeichnet, dass am traufseitigen Endabschnitt der Seitenflächen (4) durch Blechaufkanten eines Kantenstreifens (13) eine in Längsrichtung sich erstreckende Auffangrinne (14) für Feuchtigkeit gebildet ist, wobei zwischen der Auffangrinne (14) und der Firstkrone (8) jeweils parallel zur Oberfläche der Seitenfläche (4) ein feuchtigkeitsführendes Kapillarblech (15) unter Ausbildung einer Kapillarspalte (16) zwischen der Oberseite der Seitenfläche (4) und der Unterseite des Kapillarbleches (15) angeordnet ist."

Wegen der erteilten Ansprüche 2 bis 8 sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert. Die Einspruchsbegründung setzt sich mit der patentierten Erfindung im einzelnen auseinander und lässt erkennen, aus welchen Gründen die Einsprechende das Patent für nicht rechtsbeständig hält. Der Einspruch ist daher zulässig.

3. Die erteilten Ansprüche 1 bis 8 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 8; sie sind somit ebenfalls zulässig.

4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt auch eine patentfähige Erfindung dar.

4.1 Das zweifelsfrei gewerblich anwendbare Firstelement nach dem Anspruch 1 ist entgegen dem Vortrag der Einsprechenden in ihrer Einspruchsbegründung neu. Keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ist ein Firstelement mit allen im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen als bekannt zu entnehmen, was sich im einzelnen aus den folgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt.

4.2 Das Firstelement nach dem Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende stützt sich im wesentlichen auf die E2. Diese betrifft jedoch eine völlig anders gestaltete Vorrichtung zum Verhindern der Bewuchsbildung auf Dächern. Gemäß der E2 sind eine (Fig 8) oder zwei Rinnen (Fig 9) vorgesehen, die jeweils unter einer First-Schindel (66) an einem Dach befestigt werden. Die Rinnen bestehen aus zwei Schichten (32, 34) unterschiedlichen Materials, nämlich aus Kupfer und Blei (vgl. Sp 3, Zeilen 49 bis 64), für die Gewinnung metallischer Elektrolyte, die zur Beseitigung des Dachbewuchses (vgl. Sp 1, Zeilen 6 bis 8) durch Öffnungen (36) tropfenweise auf das Dach gebracht werden (Fig 4).

Mit dem konkret im Anspruch 1 des Streitpatents beanspruchten Gegenstand hat der Gegenstand der E2 somit lediglich noch den Zweck gemeinsam, nämlich die Verhinderung der Bewuchsbildung auf Dächern. Im übrigen ist der E2 keines der im Anspruch 1 angegebenen konstruktiven Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 zu entnehmen.

- Die Rinnen sind kein Firstelement, das aus einem flachen, in Form einer Firsthaube gekanteten oder gebogenen Streifen aus Kupferblech gebildet ist und in Abflussrichtung geneigte Seitenflächen und eine firstseitig im Scheitelbereich der Seitenflächen angeordnete Firstkrone aufweist.

- Da die Rinnen gemäß der E2 keine derartigen Seitenflächen aufweisen, sind gemäß der E2 auch nicht die Merkmale verwirklicht, dass am traufseitigen Endabschnitt der Seitenflächen durch Blechaufkanten eines Kantenstreifens eine in Längsrichtung sich erstreckende Auffangrinne für Feuchtigkeit gebildet ist,

- und dass zwischen der Auffangrinne und der Firstkrone jeweils parallel zur Seitenfläche ein feuchtigkeitsführendes Kapillarblech unter Ausbildung einer Kapillarspalte zwischen der Oberseite der Seitenfläche und der Unterseite des Kapillarblechs angeordnet ist.

Ausgehend von der aus der E2 bekannten Vorrichtung zum Verhindern von Bewuchsbildung auf Dächern konnte ein auf diesem Spezialgebiet tätiger Fachmann mit mehrjähriger einschlägiger Erfahrung nicht in naheliegender Weise zu dem konstruktiv völlig anderen Firstelement nach dem Anspruch 1 gelangen.

Auch die zusätzliche Kenntnis der E1 konnte dem Fachmann keine Anregung für die Schaffung eines Firstelements nach dem Anspruch 1 geben. Die dort beschriebene Dachschutz-Abdeckung weist nämlich ebenfalls keines der im Anspruch 1 des Streitpatents angegebenen Merkmale auf. Auch der Einsprechende hat in seiner Einspruchsbegründung die E1 lediglich wegen ihrer symmetrischen Konfiguration im Rahmen ihrer Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit genannt.

In den ursprünglichen Unterlagen ist zum Stand der Technik auf eine Reihe von Druckschriften verwiesen worden, die weder im Prüfungsverfahren und auch nicht im Einspruchsverfahren aufgegriffen worden sind. Dass einer dieser Druckschriften eine patenthindernde Bedeutung zukommen könnte, ist nicht ersichtlich.

Der erteilte Anspruch 1 hat daher Bestand.

4.3 Die Ansprüche 2 bis 8 sind auf den Anspruch 1 zurückbezogen und betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Firstelements nach dem Anspruch 1, die nicht selbstverständlich sind; die Ansprüche 2 bis 8 haben daher zusammen mit dem Anspruch 1 ebenfalls Bestand.

Dr. Lischke Riegler Schneider Müller Cl






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Beschluss v. 19.07.2005
Az: 6 W (pat) 318/02


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