Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Juni 2008
Aktenzeichen: 9 W (pat) 28/07

(BPatG: Beschluss v. 16.06.2008, Az.: 9 W (pat) 28/07)

Tenor

I. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

II. Der Antrag des Anmelders auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

III. Der Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

IV. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen; der Antrag auf Rückzahlung des weiteren Betrags von 70,- € wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 14. November 2004, das am 25. November 2004 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt einging, die Erteilung eines Patents. Ihm wurde mit Beschluss der Patentabteilung 1.21 vom 2. Februar 2005 Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren gewährt. Mit Beschluss vom 16. Juli 2007 wies die Prüfungsstelle für Klasse B 62 K die Patentanmeldung gem. § 48 PatG zurück. Der Beschluss wurde am 16. August 2007 per Übergabeeinschreiben versandt.

Mit einem Schreiben vom 5. Oktober 2007, das bei dem Deutschen Patent- und Markenamt am 10. Oktober 2007 einging und die Überschrift "EINWAND" sowie als Betreff die Formulierung "Widerspruch in der Sache Zurückweisung der Erteilung des Deutschen Patents..." enthält, macht der Anmelder geltend, der Beschluss der Prüfungsstelle entspreche nicht den Fakten. Er trägt im Übrigen vor, er erhalte als staatenlose Person in Deutschland Sozialhilfe und habe deshalb nicht innerhalb eines Monats einen Betrag von 200,- € überweisen können. Innerhalb von drei Monaten habe er diesen Betrag zusammengespart und überweise ihn nunmehr. Als Anlage legt er unter anderem einen Bescheid vom 24. Juli 2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor.

Die Rechtspflegerin hat den Anmelder mit Schreiben vom 28. Januar 2008, das ihm am 29. Januar 2008 zugestellt wurde, darauf hingewiesen, dass die Beschwerdegebühr verspätet gezahlt und die Beschwerde verspätet eingelegt wurde und bei dieser Sachlage festzustellen sein werde, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte. Daraufhin hat der Anmelder mit Schreiben vom 26. Februar 2008, das am 29. Februar 2008 bei dem Gericht einging, ein "Bittgesuch auf Wiederherstellung der Widerspruchsfrist des Deutschen Patent- und Markenamtes bezüglich Ablehnung der Patentausstellung" gestellt. Die Verspätung beruhe neben der Geldnot auf schlechten Deutschkenntnissen und Unkenntnis der deutschen Gesetze. Aufgrund des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Februar 2005 sei er von den Verfahrenskosten befreit.

Neben der Beschwerdegebühr von 200,- € hat der Anmelder am 21. September 2006 einen Betrag von 70,- € eingezahlt.

Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und mit den geltenden Unterlagen ein Patent zu erteilen sowiedie gezahlten Gebühren in Höhe von 200,- € und 70,- € zurückzuzahlen.

II.

1. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Der von dem Anmelder als "Einwand" und als "Widerspruch" erhobene Rechtsbehelf ist als Beschwerde auszulegen. Zum einen lässt der Anmelder keinen Zweifel daran, dass er die Aufhebung des zurückweisenden Beschlusses der Prüfungsstelle und die Erteilung des Patents begehrt, was er im vorliegenden Verfahrensstadium nur mit einer Beschwerde hätte erreichen können. Zum anderen nimmt er Bezug auf die Rechtsmittelbelehrung zum angefochtenen Beschluss, wenn er darauf hinweist, dass er nicht innerhalb eines Monats nach Erhalt dieses Beschlusses einen Betrag von 200,- € überweisen konnte.

Der die Patentanmeldung zurückweisende Bescheid der Prüfungsstelle des Patentamts vom 16. Juli 2007 samt dazugehöriger Rechtsmittelbelehrung wurde am 16. August 2007 per Einschreiben versandt. Er gilt damit gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 VwZG als am 19. August 2007 zugestellt; dies ist der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post. Demnach hätte die Beschwerde bis zum 19. September 2007 erhoben (§ 73 Abs. 2 S. 1 PatG) und bis zum selben Tag die Beschwerdegebühr eingezahlt werden müssen (§ 6 Abs. 1 S. 1 PatKostG i. V. m. § 73 Abs. 2 S. 1 PatG), was (beides) nicht erfolgt ist. Die Beschwerde gilt somit als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2 PatKostG).

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Fristen zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr war zurückzuweisen.

Das am 29. Februar 2008 bei dem Gericht eingegangene "Bittgesuch auf Wiederherstellung der Widerspruchsfrist" ist als Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 123 PatG auszulegen. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen aber nicht vor; insbesondere war die Versäumung der Fristen nicht unverschuldet.

Soweit es um die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde geht, trägt der Anmelder nicht vor, warum er ohne Verschulden gehindert gewesen wäre, rechtzeitig Beschwerde einzulegen.

Hinsichtlich der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist ein Nichtverschulden ebenfalls nicht ersichtlich. Denn es wäre im Hinblick auf § 134 PatG ausreichend gewesen, innerhalb der Frist einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz zu stellen. Soweit der Anmelder nunmehr in den Raum stellt, er habe gar keine Gebühr zahlen müssen, weil ihm durch Beschluss der Patentabteilung Verfahrenskostenhilfe gewährt worden sei, ist diese Ansicht nicht zutreffend; Verfahrenskostenhilfe ist für jede Instanz gesondert zu beantragen und bei Vorliegen der Voraussetzungen gesondert zu gewähren (§ 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 119 Abs. 1 ZPO).

Sollte der Anmelder dies alles nicht gewusst haben, so hätte er sich informieren müssen. Weder fehlende Rechts- noch fehlende Sprachkenntnisse können das Verschulden ausschließen. Es fällt allerdings auf, dass der Anmelder offensichtlich zunächst selbst nicht davon ausging, dass von der Gewährung der Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren durch die Patentabteilung auch das Beschwerdeverfahren umfasst ist; er hat vielmehr nach eigenem Vortrag die Beschwerdegebühr zusammengespart.

3. Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe hängt unter anderem von den Erfolgsaussichten der Beschwerde ab (§ 130 Abs. 1 S. 1 PatG). Die Beschwerde gilt jedoch wegen der Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht erhoben (siehe oben). Damit hat sie keine Aussicht auf Erfolg. Deswegen ist auch Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerde nicht zu gewähren.

4. Da die Beschwerde nicht wirksam eingelegt wurde, ist die Beschwerdegebühr zu erstatten. Dagegen liegt ein Grund für die Erstattung des weiter gezahlten Betrags von 70,- €, bei dem es sich nach Sachlage nur um die 3. Jahresgebühr handeln kann, nicht vor, denn diese Gebühr ist verfallen.

Pontzen Friehe Reinhardt Dr. Höchst Ko






BPatG:
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Az: 9 W (pat) 28/07


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