Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Dezember 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 233/99

(BPatG: Beschluss v. 14.12.2000, Az.: 25 W (pat) 233/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juli 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortkombination VITA-Venencreme ist am 2. Oktober 1998 für

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 28. Juli 1999 die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses verneint und die Anmeldung zurückgewiesen. Der Verkehr werde die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit auch ohne eine Analyse als Hinweis auf Mittel auffassen, die sich belebend und vitalisierend auf erkrankte und geschwächte Venen auswirken. Dabei werde das Wort "VITA" in der Bedeutung für "vital, das Leben betreffend, Vitamine" ebenso wie "Venencreme" allgemein verstanden. Wegen dieses beschreibenden Charakters fehle der angemeldeten Marke nicht nur jegliche Unterscheidungskraft, sondern liege auch ein Freihaltungsbedürfnis vor. Das BPatG habe die Schutzfähigkeit von "Vita" im übrigen verneint.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juli 1999 aufzuheben.

Weiterhin regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Entgegen der in dem angefochtenen Beschluss geäußerten Auffassung habe "VITA" nur die Bedeutung von "Leben". In Verbindung mit "Venencreme" ergebe sich daher keine beschreibende Aussage. Die Tatsache, dass das Patentamt bereits mehrere Marken mit dem Bestandteil "Vita" eingetragen habe, sei bereits ein Anhaltspunkt für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke. Insbesondere aus der "VITA-MALZ"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs folge, dass "Vita" nicht als beschreibende Angabe aufgefasst werden könne, auch wenn es eine Vorstellung hervorrufe, dass die entsprechenden Waren eine dem "Leben" irgendwie förderliche, d.h. biologisch vorteilhafte Beschaffenheit oder Wirkung hätten. Durch die in § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG enthaltene Formulierung "jegliche" sei klargestellt, dass schon eine ganz geringe Unterscheidungskraft ausreiche. Aus den genannten Erwägungen ergebe sich zugleich, dass ein Freihaltungsbedürfnis nicht bestehe.

Nach Verkündung des Beschlusses in der mündlichen Verhandlung, dass eine Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt werde, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2000 die Anmeldung hinsichtlich der Waren "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel" zurückgenommen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts sowie auf den Inhalt der Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung Schutzhindernisse nicht entgegen.

Soweit die Anmelderin die Anmeldung hinsichtlich der Waren "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel" zurückgenommen hat, ist dem angefochtenen Beschluß nachträglich die verfahrensrechtliche Grundlage entzogen worden (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 39 Rdn 3).

Die angemeldete Marke verfügt hinsichtlich der nach der teilweisen Rücknahme der Anmeldung noch beanspruchten Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" über die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft und unterliegt insoweit auch keinem Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der angemeldeten Wortkombination "VITA-Venencreme" nicht um eine freihaltungsbedürftige Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Jedenfalls in ihrer hierfür maßgebenden Gesamtheit bzw in der Verbindung der Wörter (vgl BGH MarkenR 2000, 420, 421 f "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION") kann der Bezeichnung kein für die Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder Wirkung der noch beanspruchten Waren konkret beschreibender Inhalt zugeordnet werden. Es kann hier daher als nicht entscheidungserheblich dahinstehen, ob der Bestandteil "VITA" in Alleinstellung einen solchen unmittelbar warenbeschreibenden Charakter hat und folglich nicht schutzfähig wäre. Dabei ist zu beachten, daß der aus der lateinischen Sprache stammende Begriff "VITA" in erster Linie die Bedeutung "Leben" und im medizinischen Bereich "Lebensfunktion, Lebenskraft" hat (DUDEN, Das Fremdwörterbuch, 5. Aufl, Seite 816), wobei der ebenfalls mögliche Sinngehalt "Lebenslauf, Biographie (von Personen aus der Antike oder dem Mittelalter) in dem hier relevanten Zusammenhang von vornherein außer Betracht gelassen werden kann.

In Verbindung mit dem weiteren Markenwort "Venencreme", das als solches zwar für die beanspruchten Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" eine glatt beschreibende Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, gleichwohl aber in seiner Auswirkung auf die Bedeutung und das Verständnis von "VITA" und der Gesamtbezeichnung zu berücksichtigen ist, ist die Eignung eines sich danach für die angemeldete Marke ergebenden Aussagegehalts im Sinne von "Leben-Venencreme" zur sinnvollen und sachgerechten Beschreibung von Eigenschaften der genannten Waren nicht erkennbar. Aber selbst, wenn man dem Wort "VITA" die Bedeutung "Lebenskraft" beimißt, ergibt sich in Kombination mit der Sachbezeichnung "Venencreme" noch keine Gesamtaussage der angemeldeten Marke, welche in dieser Form zur konkreten, unmittelbaren Beschreibung von "Venencremes" - für andere Waren wäre eine Verwendung einer solchen Marke wohl irreführend - von den Wettbewerbern benötigt würde und daher freigehalten werden müßte. Ein solcher begrifflicher Inhalt wäre allenfalls geeignet, eine eher undeutliche Vorstellung des Verkehrs über eine dem "Leben" bzw der "Lebenskraft" irgendwie förderliche arzneiliche oder biologische Wirkung einer so gekennzeichneten "Venencreme" hervorzurufen (vgl hierzu BGH GRUR 1966, 436, 438 "VITA-Malz").

Vielmehr bedarf es der Ergänzung der beanspruchten Wortfolge oder weiterer gedanklicher Schritte, um zu einer Aussage in dem von der Markenstelle genannten Sinne, nämlich "als Hinweis auf Mittel, die sich belebend und vitalisierend auf erkrankte und geschwächte Venen auswirken", zu gelangen. Erschließt sich der Begriffsinhalt aber nur aufgrund einer solchen analysierenden Betrachtung und ist die angemeldete Bezeichnung für sich mehrdeutig und unklar, steht dies der Annahme eines Interesses des Fachverkehrs, auf den im Rahmen des Freihaltungsbedürfnisses maßgeblich abzustellen ist, sich dieser Bezeichnung zur eindeutigen Beschreibung der Waren bedienen zu können, entgegen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 93 mwN).

Soweit in dem angefochtenen Beschluß der Markenstelle ausgeführt ist, ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise würden "VITA" allgemein im Sinne von "vital" oder "Vitamine" verstehen, vermag dies eine Zurückweisung der Anmeldung wegen eines beschreibenden Inhalts nicht zu begründen. Denn eine solche Bedeutung des Wortes "VITA" ist weder durch Nachschlagewerke belegbar noch sind Beispiele für eine übliche Verwendung von "VITA" mit dem von der Markenstelle zugrundegelegten Sinngehalt aus der Werbung aufgezeigt oder sonst bekannt. Der Wortteil "VITA" stellt sich insbesondere nicht als sprachlich selbständige Abkürzung für "Vitamine", etwa in der Form "VITA B", "VITA C" usw, dar (vgl BGH GRUR 1966, 436, 438 "VITA-Malz"), während sich zur Beschreibung einer "vitalisierenden" Wirkung wohl eher die Bezeichnung "vital" anbietet.

Unter diesen Umständen kann dem angemeldeten Zeichen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden, wobei eine noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht (vgl BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION" mwN). Der angemeldeten Wortkombination kann - wie dargelegt - kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden. Vielmehr stellt sich die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit als eine ihrem Inhalt nach noch hinreichend ungewöhnliche und begrifflich unscharfe Wortverbindung dar, welcher nicht die Eignung fehlt, als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden zu werden.

Nach alledem war der angefochtene Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 insgesamt aufzuheben.

Kliems Engels Brandt Ko






BPatG:
Beschluss v. 14.12.2000
Az: 25 W (pat) 233/99


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