Oberlandesgericht München:
Urteil vom 22. Juli 2010
Aktenzeichen: 29 U 4804/09

(OLG München: Urteil v. 22.07.2010, Az.: 29 U 4804/09)

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26. August 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung aus Ziffer I. und II. der Formel des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 100.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte zu 2. kann die Vollstreckung aus Ziffer III. der Formel des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung wegen der Kosten können die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

A.

Die 1980 vom Beklagten zu 2. gegründete Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. und zu 3. sind, vermittelt Finanz - und Immobiliengeschäfte.

Die Klägerin initiiert Immobilienfonds der €.Unternehmensgruppe und ist persönlich haftende Gesellschafterin mehrerer solcher Fonds, so der € 18 KG und der€ Grundbeteiligungs GmbH Gewerbefonds 17 KG. Ab 1994 wurden solche Fonds ausschließlich von der €. Immobilien-Consulting GmbH (die später in €. Finanz- & Immobilien-Consulting GmbH umfirmierte; im Folgenden: C€ vertrieben, deren alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer €.. und der Beklagte zu 2. waren. Die C€ betraute weitere Unternehmen mit dem Fondsvertrieb, darunter - auf der Basis eines Rahmenvertriebsvertrags vom 29. März 1995 (vgl. Anlagen K 12 und B 5) - die Beklagte zu 1. Die so geworbenen Anleger übersandten ihre Zeichnungsscheine unmittelbar an die C..., die deren persönlichen Daten in eine Datenbank einpflegte und die Zeichnungsscheine an die jeweilige Fonds-Gesellschaft weiterleitete.

2002 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Geschäftsführern der C..., in deren Folge der Beklagte zu 2. sein Amt als Geschäftsführer der C... niederlegte. Er kam jedoch mit G€ als Mitgesellschafter überein, dass C...-Vermögensgegenstände auf andere, von G... noch zu erwerbende Gesellschaften übertragen würden und anschließend er die von G... gehaltenen C...-Geschäftsanteile für einen Euro übernehmen werde. Deshalb erhielten der Beklagte zu 2. und Mitarbeiter der Beklagten zu 1. Zugang zu den Geschäftsräumen und -unterlagen der C... Bei dieser Gelegenheit überspielte einer der Mitarbeiter auf Weisung des Beklagten zu 2. die auf einem Server der C... befindliche Datenbank auf einen Server der Beklagten zu 1. Daneben wurde mit Wissen des C...-Geschäftsführers G... eine Sicherungskopie der C...-Datenbestände auf eine vom Beklagten zu 2. gestellte Festplatte gezogen und diesem in einem versiegelten Umschlag zu Aufbewahrung übergeben; unter anderem im Falle des Scheiterns der Übernahme der C...-Geschäftsanteile durch den Beklagten zu 2. sollte die Festplatte an G... zurückgegeben werden.

Zur Übernahme der C...-Geschäftsanteile durch den Beklagten zu 2. kam es nicht. Am 26. September 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C... eröffnet. Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. April 2004 (vgl. Anlage K 42) erstatteten die Beklagten zu 1. und zu 2. Strafanzeige gegen G... und andere. Dabei gaben sie an, die C... habe eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Datenbank über Kunden und Interessenten erstellen lassen, die über einen Zeitraum von neun Jahren erfasst und gepflegt worden sei; die Kosten hierfür hätten etwa 200.000,- € betragen.

Die Beklagte zu 1. wandte sich unter Benutzung der C...-Datenbank mit von den Beklagten zu 2. und zu 3. unterzeichneten Schreiben vom 21. März und 13. Juli 2006 an die Anleger der € Grundbeteiligungs GmbH Gewerbefonds 17 KG und der €. 18 KG und erhob darin Vorwürfe gegen die jeweilige Geschäftsführung und die€-Gruppe.

Mit Vertrag vom 6. November 2006 übertrug die Insolvenzverwalterin der C... der Klägerin die C...-Datenbank, sämtliche mit dieser und deren bisherigen Nutzung im Zusammenhang stehenden möglichen Ansprüche auf die Klägerin.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Landgericht Sachverständigenbeweis über den Datenbestand auf der vom Beklagten zu 2. aufbewahrten versiegelten Festplatte erhoben. Der Beklagte zu 2. ließ dabei vom Sachverständigen eine weitere Kopie der Festplatte erstellen.

Die Klägerin hat vorgetragen, nach dem Erwerb einer Datenbank, an welcher der Beklagten zu 1. Rechte zugestanden haben mochten, sei diese durch Einpflege weiterer Anlegerdaten und individueller Anpassung der Software wesentlich geändert worden. Die C... habe unabhängig von etwaigen Vorversionen mehr als 200.000,- € in den Aufbau ihrer Datenbank investiert und damit die wesentlichen Investitionen in deren Gesamtaufbau getätigt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

I. den Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, die am 27. Februar 2003 angefertigte Kopie wie auch die am 21. September 2007 anlässlich der Übergabe der Festplatte an den Sachverständigen erstellte Kopie der Anlegerdatenbank der C... betreffend die von dieser vermittelten Anleger von "€" Immobilienfonds in Form der in der Anlage K 45 in der Bildschirmansicht und in der Druckansicht im Einzelnen wiedergegebenen Inhalte sowie sämtliche sonstige etwaig bestehende vollständigen und/oder teilweisen Kopien, unabhängig davon, ob diese in einem Datenbank- oder Serversystem, auf externen Datenträgern, in Papierform oder sonstiger eine Verwendung ermöglichenden Form verkörpert sind, zu nutzen, zu vervielfältigen und/oder weiterzugeben, insbesondere, aber nicht ausschließlich um sich unter Verwendung dieser Daten an die betreffenden Anleger zu wenden;

II. die Beklagten zu verurteilen, sämtliche bei ihnen existierenden Kopien der genannten Anlegerdatenbank zu löschen und die Festplatte, auf der diese Datenbank am 27. Februar 2003 gesichert worden sei, an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, die Software der C...-Datenbank habe auf einer Datenbank der Beklagten zu 1. beruht, die der C... ihre Datenbankstruktur seit 1994 zur Nutzung überlassen habe. Wegen einer im Rahmenvertriebsvertrag enthaltenen Kundenschutzklausel hätten die C... und die Beklagte zu 1. ihre jeweiligen Datenbestände ständig abgeglichen. Die Software-Anpassungen seien so abgestimmt gewesen, dass das Arbeiten mit den jeweils anderen Datenbeständen sowohl bei der C... als auch bei der Beklagten zu 1. möglich gewesen sei; beide hätten wechselseitig mit den jeweils anderen Datenbeständen gearbeitet. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Unterlassungsansprüche könnten nicht isoliert abgetreten werden. Da die Beklagte zu 1. einen Teil der Investitionen in die gemeinsam mit der C... genutzten Datenbank getragen habe, hätten die Rechte daran beiden nur gemeinschaftlich zugestanden; die Insolvenzverwalterin der C... habe daher die Datenbankrechte nicht ohne Zustimmung der Beklagten zu 1. der Klägerin übertragen könnten. Außerdem sei die Abtretungsvereinbarung rechtsmissbräuchlich, insbesondere weil sie allein dazu diene, die Beklagten zu schädigen.

Mit Urteil vom 26. August 2009, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht wie folgt entschieden:

I. Den Beklagten wird es bei Meidung [von Ordnungsmitteln] untersagt, die am 27. Februar 2003 angefertigte Kopie wie auch die am 21. September 2007 anlässlich der Übergabe der Festplatte an den Sachverständigen erstellte Kopie der Anlegerdatenbank der C... Finanz- und Immobilienverwaltungs GmbH betreffend die von der C... Finanz- und Immobilienverwaltungs GmbH vermittelten Anleger von "€" Immobilienfonds in Form der in der Anlage K 45 in der Bildschirmansicht und in der Druckansicht im Einzelnen wiedergegebenen Inhalte sowie sämtliche sonstige etwaig bestehende vollständigen und/oder teilweisen Kopien, unabhängig davon, ob diese in einem Datenbank- oder Serversystem, auf externen Datenträgern, in Papierform oder sonstiger eine Verwendung ermöglichenden Form verkörpert sind, zu vervielfältigen.

II. Die Beklagten werden verurteilt, sämtliche bei ihnen existierenden Kopien der Anlegerdatenbank der C... Finanz- und Immobilienverwaltungs GmbH betreffend die von der C... Finanz- und Immobilienverwaltungs GmbH vermittelten Anleger von "€ Immobilienfonds in Form der in der Anlage K 45 in der Bildschirmansicht und in der Druckansicht im Einzelnen wiedergegebenen Inhalte zu löschen.

III. Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, die Festplatte, auf der diese Datenbank am 27. Februar 2003 gesichert worden ist, an die Klägerin herauszugeben.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die C... sei alleinige Herstellerin der streitgegenständlichen Datenbank gewesen. In ihrer Strafanzeige hätten die Beklagten zu 1. und zu 2. die der C... für Erstellung und Pflege der Datenbank erwachsenen Kosten dargestellt und die Richtigkeit dieser Angaben auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht bestritten; demgegenüber hätten sie ihre gemeinschaftliche Herstellereigenschaft nicht beweisen können, weil die zum Beleg von Investitionen vorgelegten Rechnungen entweder vor dem Aktivwerden der C... gestellt worden seien oder nur einen solch geringen Umfang hätten, dass nicht von einer wesentlichen Investition gesprochen werden könne. Es liege nahe, dass die Beklagte zu 1. allenfalls eine eigene, sich von der C...-Datenbank unterscheidende Datenbank aufgebaut habe, in die sie die für ihren Geschäftsbereich relevanten Daten eingepflegt habe; in diese Richtung gehe unter anderem der Vortrag der Beklagten, wonach ein ständiger Abgleich der jeweiligen Datenbestände durchgeführt worden sei. Das bedürfe aber keiner endgültigen Klärung, weil eine solche Datenbank der Beklagten von den Klageanträgen nicht erfasst werde. Die Übertragung der C...-Datenbank samt aller damit zusammenhängenden Rechte und Ansprüche auf die Klägerin sei wirksam. Mangels Mitherstellereigenschaft der Beklagten zu 1. Sei deren Zustimmung nicht erforderlich gewesen. Das Verbot der isolierten Abtretung von Unterlassungsansprüchen greife nicht, da der Klägerin die Datenbankrechte als Grundlage der Unterlassungsansprüche ebenfalls abgetreten worden seien. Es seien auch weder die Abtretung rechtsmissbräuchlich noch das klägerische Berufen darauf eine unzulässige Rechtsausübung gewesen; die Klägerin habe ein legitimes Interesse daran, die Beklagten von der Nutzung der C...-Datenbank auszuschließen, weil diesen dadurch erschwert werde, sich an die Anleger der €Immobilienfonds zu wenden. Die Beklagten hätten die der C... bzw. der Klägerin zustehenden Datenbankrechte verletzt. Der Beklagte zu 2. habe die Datenbank dadurch vervielfältigt, dass er am 27. Februar 2004 und im Rahmen des Rechtsstreits am 21. September 2007 Kopien davon habe anfertigen lassen. Zudem liege auch im Vorfeld der Anlegerschreiben der Beklagten zu 1. vom 21. März 2006 (Anlage K 20) und vom 13. Juli 2006 (Anlage K 23) eine Vervielfältigungshandlung vor, weil zur Ermittlung der Anlegernamen unstreitig die streitgegenständliche Datenbank herangezogen worden sei; das dafür erforderliche vorübergehende Ablegen der Datenbank im Arbeits- oder Zwischenspeicher stelle eine Vervielfältigung dar. Die Vervielfältigungen seien ohne Einwilligung des jeweiligen Datenbankinhabers erfolgt; für die von ihnen behauptete Zustimmung seien die Beklagten beweisfällig geblieben. Die Haftung der Beklagten zu 1. folge für Vervielfältigungshandlungen ihrer Geschäftsführer aus § 31, § 89 BGB und für etwaige Vervielfältigungshandlungen ihrer Arbeitnehmer oder Beauftragten aus § 100 UrhG a. F.; soweit sie nicht bereits als Täter hafteten, ergebe sich die Haftung der Beklagten zu 2. und zu 3. aus deren Geschäftsführerstellung. Da eine Nutzung der Datenbank deren (zumindest vorübergehende) Vervielfältigung voraussetze, sei das entsprechende Klagebegehren bereits durch das Verbot von Vervielfältigungshandlungen erfasst; ein Nutzungsverbot sei daher nicht in den Tenor aufzunehmen, ohne dass das zu einer teilweisen Klageabweisung führte. Abzuweisen sei die Klage indes hinsichtlich des Weitergabeverbots; für eine solche unter den Begriff der Verbreitung zu subsumierende Verwertungshandlung fehle es an der erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Die Löschungsansprüche ergäben sich daraus, dass der Verletzte nicht nur Unterlassung, sondern auch Beseitigung der durch die Vervielfältigungshandlungen eingetretenen Beeinträchtigungen verlangen kann; hierzu sei die Löschung nicht nur geeignet, sondern auch notwendig und den Beklagten zumutbar. Die Klägerin habe auch einen an sie abgetretenen vertraglichen Anspruch gegen den Beklagten zu 2. auf Herausgabe der versiegelten Sicherungskopie, weil das Scheitern der Übernahme der C... durch den Beklagten zu 2. als vertragliche Bedingung für den Rückgabeanspruch unstreitig gegeben sei. Eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zu 1. und zu 3. bestehe nicht, weil der entsprechende Vertrag lediglich vom Beklagten zu 2. mit der C... geschlossen worden sei. Gesetzliche Ansprüche scheiterten daran, dass die Beklagten zu 1. und zu 3. nicht im Besitz der Festplatte seien.

Die Beklagten wenden sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilungen. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und beantragen,

das landgerichtliche Urteil in seinen Ziffern I. - III. aufzuheben und die Klage auch im Übrigen abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 Bezug genommen.

B.

Die zulässigen Berufungen sind unbegründet.

27I. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 87b Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 Satz1 UrhG zu. Danach kann der Inhaber der Herstellerrechte an einer Datenbank die Unterlassung der Verletzung seines ausschließlichen Rechts zu deren Vervielfältigung verlangen. Auf die weiteren im ersten Rechtszug angesprochenen Anspruchsgrundlagen kommt es deshalb nicht an.

1. Das Landgericht ist mit den Parteien ohne weiteres davon ausgegangen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Datenzusammenfassung (vgl. Anlage K 45) um eine Datenbank i. S. d. §§ 87a ff. UrhG handele. Das wird im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

2. Ebenfalls zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die C... alleinige Herstellerin dieser Datenbank war.

a) Grundlage dafür ist die Feststellung des Landgerichts, dass die C... - unabhängig von etwaigen Investitionen der Beklagten zu 1. bis 1994 - seit Beginn ihrer Tätigkeit 1994 wesentliche Investitionen im Hinblick auf den Auf- und Ausbau dieser Datenbank getätigt habe, während die in die Zeit ab 1994 fallenden Investitionen der Beklagten zu 1. gegenüber der von der C... getragenen Investitionssumme von ca. 200.000,- € eine solch geringen Umfang hätten, dass sie nicht wesentlich seien (vgl. S. 25 f. UA).

Diese Feststellungen hat der Senat seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, weil die Beklagten in der Berufung keine konkreten Anhaltspunkte aufzeigen, die Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Vielmehr bestätigt das Vorbringen der Beklagten die landgerichtlichen Feststellungen. So sprechen die Beklagten selbst davon, dass sie die Daten ihrer Anleger in ihre Datenbank eingepflegt habe und diese Daten dann in eine duplizierte Datenbank übernommen worden seien, in welche die C... auch Daten von anderen Kunden als denen der Beklagten zu 1. eingepflegt habe; diese Datenbanken seien sowohl von der C... als auch der Beklagten zu 1. genutzt worden (vgl. S. 13 der Berufungsbegründung = Bl. 310 d. A.). Beide Gesellschaften hätten eigene Daten auf Grund eigener Beschaffungsverträge beschafft, eingepflegt und miteinander abgeglichen (vgl. S. 19 der Berufungsbegründung = Bl. 316 d. A.). C...-Daten seien genauso in die Anlegerdatenbank am Standort der Beklagten zu 1. eingepflegt worden wie umgekehrt Daten der Beklagten zu 1. am Standort der C... (vgl. S. 21 der Berufungsbegründung = Bl. 318 d. A.). Dass die C... selber viele Daten erfasst und in das System eingepflegt habe, werde nicht in Abrede gestellt (vgl. S. 28 der Berufungsbegründung = Bl. 325 d. A.). Dem kann entnommen werden, dass sowohl die C... als auch die Beklagte zu 1. jeweils eigene Datenbanken herstellten und nutzten. Obwohl beide Gesellschaften nach dem Vorbringen der Beklagten auf dieselben Personendaten zugriffen, handelte es sich um zwei getrennte Datenbanken, da sich die zur Herstellung erbrachten Investitionen unterschieden. Die C... betrieb einen als Investition i. S. d. § 87a UrhG anzusehenden Aufwand, um ihre eigenen Anleger zu gewinnen und deren Daten zu beschaffen; durch die Weitergabe der Daten an die Beklagte zu 1. konnte sie diesen Aufwand auch dazu nutzen, die Anlegerdaten der Beklagten zu 1. zu beschaffen und in die eigene Datenbank einzupflegen. Umgekehrt nutzte die Beklagte zu 1. ihren Aufwand bei der Gewinnung der eigenen Anleger dazu, nicht nur deren Daten zu beschaffen, sondern im Austausch mit der C... auch die Daten der C...-Kunden.

Die von der Beklagten mit der Berufungsbegründung zum Beleg ihrer Investitionsleistungen vorgelegten neuen Rechnungen können nicht berücksichtigt werden, weil es auf einer Nachlässigkeit der Beklagten beruht, dass diese Verteidigungsmittel nicht bereits im ersten Rechtszug geltend gemacht worden sind (vgl. § 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Außerdem kann diesen Rechnungen zum Teil kein sicherer Bezug zu Datenbanken entnommen werde; wo das möglich ist, handelt es sich lediglich um vernachlässigbar geringe Beträge; die Rechnungen sind daher auch nicht geeignet, die Annahme zu tragen, die Beklagte zu 1. sei (Mit-)Herstellerin der streitgegenständlichen Datenbank.

b) Auch wenn die C... auf eine von der Beklagten zu 1. angelegte Datenbank als Grundstock zurückgriff, handelt es sich bei der von ihr erstellten gemäß § 87a Abs. 1 Satz 2 UrhG um eine neue Datenbank. Nach dieser Vorschrift gilt eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank als neue Datenbank, sofern die Änderung - wie im Streitfall € eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Welche Rechte der Beklagten zu 1. aus ihrer ursprünglichen Datenbank zustehen mögen, ist für den Rechtsstreit, der lediglich die neue Datenbank gemäß Anlage K 45 betrifft, ohne Belang.

3. Die C... trat durch ihre Insolvenzverwalterin sowohl die Datenbankrechte selbst, als auch alle damit in Zusammenhang stehenden Ansprüche einschließlich der Unterlassungsansprüche aus bereits erfolgten Verletzungen an die Klägerin ab.

Fehl geht die Auffassung der Beklagten, die Insolvenzverwalterin habe der Klägerin nicht die Rechte an der gesamten Datenbank der C... übertragen, sondern lediglich Teildaten. Der in dem Übertragungsvertrag vom 6. November 2006 (vgl. Anlage K 31) verwendete Ausdruck "Datenbank mit den personenbezogenen Daten derjenigen Anleger, die in Immobilienfonds der €-Gruppe investiert haben" diente lediglich der Beschreibung der zu übertragenden Datenbank. Eine Absicht, nicht die gesamte Datenbank, sondern nur die darin enthaltenen näher angeführten Daten zu übertragen, kann dem nicht entnommen werden.

4. Die Auffassung der Beklagten, die Beklagte zu 1. sei auf Grund ihrer Zusammenarbeit mit der C... - auch weiterhin - berechtigt, die Datenbank zu benutzen, geht von der unzutreffenden Vorstellung aus, es bestehe eine einheitliche gemeinsame Datenbank, und ist daher nicht tragfähig. Soweit allerdings die C... der Beklagten zu 1. im Rahmen der Zusammenarbeit die Daten eigener Kunden übermittelte und die Beklagte zu 1. diese in ihre eigene Datenbank einpflegte, mag sie zur Nutzung dieser Datenbank auch über die Beendigung der Zusammenarbeit hinaus berechtigt sein. Das ist indes für den Rechtsstreit ohne Belang; zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass eine solche Nutzung nicht Streitgegenstand ist.

5. Die Ausführungen des Landgerichts zu den Verletzungshandlungen werden von den Beklagten nicht gesondert angegriffen und lassen keine Rechtsfehler erkennen.

II. Auch die Ausführungen des Landgerichts zu den Löschungsansprüchen werden von den Beklagten nicht gesondert angegriffen und lassen keine Rechtsfehler erkennen.

40III. Soweit sich die Berufung gegen die Verurteilung des Beklagten zu 2. zur Herausgabe der Festplatte wendet, weil der entsprechende Anspruch von dem Übertragungsvertrag zwischen der Klägerin und der Insolvenzverwalterin der C... vom 6. November 2006 (vgl. Anlage K 31) nicht abgetreten worden sei, geht sie wiederum von einer unzutreffenden Auslegung des Vertrags aus. Nach der Präambel des Vertrags sollte die im Vertrag verwendete Bezeichnung "Datenbank" nicht nur die Datenbank selbst, sondern auch die im Zusammenhang damit in der Vergangenheit möglicherweise entstandenen Ansprüche erfassen. Die vertragliche Übertragung der Datenbank in diesem Sinn erstreckte sich mithin auch auf alle bereits entstandenen Ansprüche im Zusammenhang mit der Datenbank selbst. Zudem waren sich die Vertragsparteien einig, dass auch sämtlich künftigen mit der Datenbank in Zusammenhang stehenden Ansprüche übertragen seien (vgl. § 1 [2] Abs. 3 des Vertrags). Vor diesem Hintergrund ist die Auslegung des Landgerichts zutreffend, auch der vertragliche Herausgabeanspruch aus der Vereinbarung zwischen der C... und dem Beklagten zu 2. zur Festplatte sei abgetreten worden.

Das Landgericht hat die Einrede des Beklagten zu 2., ihm sei jedenfalls im Gegenzug der Kaufpreis der Festplatte von 299,- € zu erstatten, zu Recht gemäß § 296a Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Dieses Verteidigungsmittel kann daher gemäß § 531 Abs. 1 ZPO auch im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden.

Auch die Einrede der Verjährung greift nicht durch. Zu Recht kommt die Berufung zu dem Ergebnis, dass mit dem Ablauf des 31. Dezember 2006 Verjährung eingetreten wäre. Die Klage, die bereits den Herausgabeanspruch umfasste, wurde indes bereits am 29. Dezember 2006 eingereicht und dem Beklagten zu 2 am 10. Januar 2007 zugestellt. Damit ist die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden.

C.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Erstreckung der Abwendungsbefugnis auf die Hauptsache trägt dem Umstand Rechnung, dass das landgerichtliche Urteil als Folge seiner Bestätigung durch den Senat ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27. August 1993 - IV ZB 14/93, juris, dort Tz. 3; Herget in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 708 Rz. 12, Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 708 Rz. 11; Lackmann in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 708 Rz. 9)..

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.). Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter B. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.






OLG München:
Urteil v. 22.07.2010
Az: 29 U 4804/09


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