Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Mai 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 30/04

(BPatG: Beschluss v. 29.05.2006, Az.: 19 W (pat) 30/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 29. Mai 2006 (Aktenzeichen 19 W (pat) 30/04) eine Beschwerde abgewiesen. Der Anmelder hatte in seiner Patentanmeldung Verfahrenskostenhilfe beantragt, da er keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents sah. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte den Antrag zurückgewiesen, woraufhin der Anmelder Beschwerde eingelegt hat. Das Gericht hat festgestellt, dass die Aussicht auf Erteilung eines Patents zu Recht verneint wurde. Insbesondere wurde festgestellt, dass die Verfahrensschritte zur Herstellung der Wicklung in der Anmeldung nicht ausreichend ersichtlich sind. Der Fachmann konnte jedoch aus den Anmeldungsunterlagen einen Stator mit bestimmten Eigenschaften ableiten. Es wurde auch auf den Stand der Technik verwiesen, der eine ähnliche dreidimensionale Wicklung zeigt. Das Gericht hat entschieden, dass die Polstücke und Fixiermittel in der Anmeldung keinen erfinderischen Überschuss darstellen und somit keine Aussicht auf Erteilung eines Patents eröffnen. Die Beschwerdebegründung konnte zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Entscheidung wurde ohne mündliche Verhandlung getroffen und die beantragte Verfahrenskostenhilfe wurde nicht bewilligt, da die Beschwerde kostenfrei ist.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.05.2006, Az: 19 W (pat) 30/04


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Der Anmelder hatte für seine, am 8. Juli 1999 eingereichte, ein

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betreffende Patentanmeldung, mit einer am gleichen Tag im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Eingabe Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Nach einem ablehnenden Bescheid vom 26. Juni 2001, auf den hin der Anmelder neue Unterlagen eingereicht hat (Eingabe eingegangen am 8. August 2001), hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes den Antrag mit Beschluss vom 14. Januar 2002 zurückgewiesen, weil die Anmeldung keine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents habe.

Gegen den Beschluss hat der Anmelder am 6. März 2002, eingegangen am 7. März 2002 Beschwerde eingelegt und Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

II Die Beschwerde ist statthaft; sie ist form- und fristgerecht eingelegt (PatG § 73 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1).

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde jedoch zurückzuweisen, weil die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts aufgrund der gebotenen aber ausreichenden kursorischen Prüfung die Aussicht auf Erteilung eines Patents zu Recht verneint hat.

Was das Leiterwindungs-Verfahren nach dem einzigen Anspruch betrifft, so hat die Patentabteilung zutreffend festgestellt, dass der Anmeldung Verfahrensschritte zur Herstellung der Wicklung nicht entnehmbar sind.

Der Fachmann - hier ein Diplomingenieur (univ.) der Fachrichtung Elektrotechnik/Energietechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von Elektromotoren und Elektrogeneratoren - wird aber den Anmeldungsunterlagen auch einen Stator für elektrische Maschinen mit folgenden Eigenschaften entnehmen:

1. Eine herkömmliche "zweidimensionale Wicklung" mit in Umfangsrichtung beabstandetem Hin- und Rückleiter (Bezugszeichen 1 und 2 in den beiden oberen Figuren) erfordert einen relativ langen Wickelkopf, der zur Momentenbildung nicht beiträgt, aber den Widerstand erhöht. Deshalb soll eine "dreidimensionale Wicklung" in zwei (radial beabstandeten) "Ebenen" mit direkt radial gegenüberliegendem, nicht in Umfangsrichtung versetztem Hin- und Rückleiter vorgesehen werden (Bezugszeichen 3 in der rechten oberen Figur), woraus eine flache Spule mit der Spulenachse in Umfangsrichtung und sehr kurzem Wickelkopf resultiert (urspr. Beschreibung Bl. 1, Abs. 4 und 5 bzw. Offenlegungsschrift Abs. 0005 und 0006). Der in Umfangsrichtung verlaufende Spulenfluss wird dann in den als "Elektro-Eisenkern 4" bezeichneten Polschuhen in radiale Richtung umgelenkt und tritt dort in den zu beiden Seiten angeordneten Rotor 10 (erschließbar aus den Figuren rechts oben, und links und rechts unten) über.

2. Zum einfacheren Bewickeln ist der Stator zunächst noch nicht befestigt. Er verfügt über Nocken und Senknut bzw. Langloch und Bolzengegenstück 6, 7 zur nachträglichen Befestigung am Maschinengehäuse (Anspruch, urspr. Beschreibung Bl. 2, Z. 7 bis 20 bzw. Offenlegungsschrift Sp. 1, Z. 52 bis 67).

Mit der in der in der Figur eingezeichneten Polarität der Läuferpole 10 könnte ein Motor kein Drehmoment entwickeln, ein Generator keine Leistung abgeben, da sich die elektromagnetischen Kräfte bzw. induzierten Spannungen in Hin- und Rückleiter aufheben würden. Der Fachmann erkennt aber ohne weiteres, dass im Stator die Polarität radial gegenüberliegender Polstücke 4 gleich, nämlich gleich der Polarität des aus der benachbarten Spule 5 austretenden Spulenflusses sein muss, dass folglich auch gegenüberliegende Rotorpole die gleiche Polarität haben müssen.

Stand der Technik:

Die DE 36 29 423 A1 zeigt eine elektrische Maschine mit einem Stator 1 aus bewickeltem Flachbandmaterial. Die Wicklung besteht aus einem praktisch endlosen Draht, der quer zur Bandlängsrichtung aufgewickelt wird (Sp. 8, Z. 7 bis 18, Sp. 11, Z. 23 bis 42). Wie ein Vergleich der Figur 3 mit den Figuren der Anmeldung ohne weiteres zeigt, entsteht dadurch eine "dreidimensionale Wicklung" im Sinne der Anmeldung mit der Spulenachse in Umfangsrichtung. Dadurch soll auch in gleicher Weise der Wickelkopf verkürzt und die Ohm'schen Verluste (Widerstand) reduziert werden (Sp. 4, Z. 60 bis 63, Sp. 10, Z. 44 bis 47). Bei der Bauform mit einer einzigen Wicklung (Sp. 7, Z. 11 bis 13, Fig. 3) sind zwischen den Wicklungsabschnitten unbewickelte Bereiche vorgesehen, in denen der Spulenfluss in den Rotor 31 bis 34 zu beiden Seiten des Stators übertritt (Sp. 6, Z. 38 bis 44, Fig. 4), die also Polbereiche darstellen. Zur einfacheren Bewicklung wird der Stator erst nach der Bewicklung zu einem Ring gebogen und befestigt (Sp. 12, Z. 35 bis 40 und 60 bis 68). Am Stator sind Fahnen 2 als Fixiermittel vorgesehen, mit deren Hilfe der Stator an einer Grundplatte 21 befestigt wird (Sp. 11, Z. 6 bis 11, Sp. 12, Z. 10 bis 15, 60ff.).

Über diesen Stand der Technik hinausgehend offenbart die Anmeldung:

a) die Polstücke 4 b) Nocken und Senknut bzw. Langloch und Bolzengegenstück 6, 7 als Fixiermittel Das stellt aber keinen erfinderischen Überschuss dar, der die Aussicht auf Erteilung eines Patents eröffnen könnte. Polstücke oder Polschuhe sind dem Fachmann seit Beginn des Elektromaschinenbaus geläufig. Ob die Polbereiche des bekannten Stators mit Polstücken belegt werden oder nicht, ist eine reine Abwägungsfrage. Bei dem Stator gemäß DE 36 29 423 A1 hat man sich bewusst dafür entschieden, einen größeren Luftspalt in Kauf zu nehmen (Sp. 7, Z. 23 bis 29). Es liegt im Belieben des Fachmanns sich je nach Anwendungsfall anders zu entscheiden, und mit Polstücken den Luftspalt zu verkleinern. Ähnlich liegt es bei der Wahl der Fixiermittel: bei kleinen Bauformen wird eine Fahnenlösung, wie gemäß der DE 36 29 423 A1, bei größeren Bauformen eher eine Lösung mit Nocken und Senknut bzw. Langloch und Bolzengegenstück in Frage kommen. Das verlässt aber nicht den Bereich fachmännischen Handelns.

Auch die Beschwerdebegründung vom 6. März 2002 konnte zu keiner anderen Beurteilung führen, denn die neue, am 8. August 2001 eingegangene Beschreibung musste bei der Berücksichtigung der Erfolgsaussichten unberücksichtigt bleiben. Wenn sie nur eine Erläuterung der ursprünglichen Unterlagen darstellt, wie der Anmelder meint, so kann sie auch weder den Anmeldungsgegenstand, noch seine Beurteilung ändern. Die früheren Anmeldungen DE 42 39 106 und DE 44 05 308 könnten allenfalls dann Bestandteil der Offenbarung sein, wenn die Verweisung keinen Zweifel darüber lässt, in welchem Umfang das referierte Dokument Teil der Erfindung sein soll (vgl. Schulte "Patentgesetz" 7. Aufl. § 34, Rdn. 396 bis 398). Eine solche Erklärung fehlt aber der Verweisung in den ursprünglichen Unterlagen.

Die Entscheidung erging gemäß § 136 PatG i. V. m. § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung. Da die Beschwerde im Verfahren zur Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe kostenfrei ist (Geschmacksmusterrechtsreformgesetz vom 12. März 2004, Artikel 2, Nr. 7. Gebührenverzeichnis, Nr. 401 300;BlPMZ 2004, 220), brauchte die im Beschwerdeschriftsatz beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt zu werden.






BPatG:
Beschluss v. 29.05.2006
Az: 19 W (pat) 30/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/7855c9321f18/BPatG_Beschluss_vom_29-Mai-2006_Az_19-W-pat-30-04




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