Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 20. Mai 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 7/15

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 5. Februar 2015 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1-3 VwGO) liegen nicht vor.

1. Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Senatsrspr.; vgl. nur Beschluss vom 10. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 55/14, juris Rn. 4 m.w.N.). Entsprechende Zweifel vermag der Kläger mit seiner Antragsbegründung nicht darzulegen.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist. Der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Begründung der Senat Bezug nimmt, hat zutreffend festgestellt, dass diese Voraussetzungen beim Kläger vorgelegen haben. Gegen die diesbezügliche Bewertung wendet sich der Kläger auch nicht. Er macht mit seiner Antragsbegründung vielmehr geltend, der Anwaltsgerichtshof habe zu Unrecht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens - hier Widerspruchsbescheid vom 14. August 2014 - abgestellt. Richtigerweise müssten auch Umstände aus der Zeit danach berücksichtigt werden. Insoweit macht der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe inzwischen seine Alkoholabhängigkeit im Griff und seine familiären Verhältnisse stabilisiert; vor diesem Hintergrund sei zu erwarten, dass sich auch seine finanziellen Verhältnisse, zumal er zusätzlich zum Betrieb seiner Einzelpraxis Kooperationsverträge über eine freie Mitarbeit mit anderen Anwälten abgeschlossen habe, in Zukunft deutlich verbessern würden. Seien aber neue Tatsachen entstanden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem überschaubaren Zeitraum zur Ordnung der Vermögensverhältnisse führen würden und sei für den positiven Ausgang dieses Prozesses die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erforderlich, müsse den in Art. 1, Art. 6 und Art. 12 GG geschützten Rechten Vorrang eingeräumt werden. Ein ausnahmsloses Abstellen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens sei dann verfassungswidrig.

Mit dieser Begründung werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht aufgezeigt. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs nach dem ab dem 1. September 2009 geltenden Verfahrensrecht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 47/12, juris Rn. 6; vom 4. Februar 2013 - AnwZ (Brfg) 31/12, juris Rn. 7 und vom 9. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris Rn. 7). Hierin liegt auch kein unzulässiger Eingriff in die Grundrechte des betroffenen Rechtsanwalts. Denn ein Rechtsanwalt, der sich auf den nachträglichen Wegfall des Widerrufsgrunds beruft, hat jederzeit und uneingeschränkt die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiederzulassung zu stellen und notfalls im Wege der Verpflichtungsklage durchzusetzen. Ein solcher Antrag setzt nicht voraus, dass der Anfechtungsprozess abgeschlossen ist. Sind die Voraussetzungen für die Wiederzulassung erfüllt, ist die Rechtsanwaltskammer vielmehr unabhängig davon zur Wiederzulassung verpflichtet und kann ggfs. der Rechtsanwalt gegen einen ablehnenden Bescheid gerichtlich vorgehen und dieses Verfahren mit dem Anfechtungsprozess verbunden werden. Auf diese Weise kann bei zweifelsfreiem Wegfall des Widerrufsgrunds eine lückenlose Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sichergestellt werden (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011, vom 24. Oktober 2012 und 4. Februar 2013, jeweils aaO; siehe auch BVerwG, NVwZ 1991, 372, 373 zu § 35 Abs. 1 GewO). Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger im Übrigen zwischenzeitlich mit Schriftsatz vom 7. April 2015 bei der Beklagten gestellt.

2. Vor diesem Hintergrund weist der Rechtsstreit auch keine besonderen Schwierigkeiten (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Genauso wenig besteht eine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. Senatsrspr.; vgl. nur Beschluss vom 10. Februar 2015 aaO Rn. 9 m.w.N.). Die insoweit vom Kläger aufgeworfenen Fragen sind in der Rechtsprechung des Senats - wie dargelegt - bereits entschieden. Ein weiterer Klärungsbedarf besteht nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO.

Kayser Lohmann Seiters Quaas Schäfer Vorinstanz:

AGH Stuttgart, Entscheidung vom 05.02.2015 - AGH 15/14 II -






BGH:
Beschluss v. 20.05.2015
Az: AnwZ (Brfg) 7/15


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