Finanzgericht München:
Beschluss vom 14. Dezember 2011
Aktenzeichen: 7 V 2442/11

(FG München: Beschluss v. 14.12.2011, Az.: 7 V 2442/11)

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts (Société à responsabilité limitée = S.à.r.l.) mit Sitz und Geschäftsleitung in Luxemburg. Ihr Gesellschaftszweck ist der Erwerb, die Vermietung, die Entwicklung und die Veräußerung von Immobilien. Die Anteile an der Antragstellerin werden zu 100 % von der X S.à.r.l. (nachfolgend: X), der Initiatorin, gehalten. 17 % dieser Anteile hielt sie im Streitjahr für eigene Rechnung, bezüglich der restlichen Anteile wurde sie treuhänderisch für eine Vielzahl internationaler Investoren tätig.

Zwischen der X und den Investoren wurden gleichlautende Treuhandverträge abgeschlossen. Darin verpflichtete sich X im Wesentlichen wie folgt: Sie wird die Stimmrechte der Anteile einzig und allein zum Vorteil des Unterzeichners (Subscriber) und anderer Subscriber und gemäß der von ihm und anderen Subs-cribern erteilten Vollmachten ausüben. Sämtliche Ausschüttungen und Erträge der Antragstellerin werden von X sofort an den oder die Sub-scriber weitergegeben. X wird mindestens jährlich Subscriber-Versammlungen einberufen. Subscriber können über Telefonschaltung teilnehmen oder jegliche Entscheidung durch schriftliche Beschlüsse treffen (einschließlich per Fax oder E-Mail). X muss seine Funktion als Treuhänder und/oder Vermögensverwalter des Vermögens der Antragstellerin aufgeben und/oder die Entlastung des Managements der Antragstellerin veranlassen, wenn zwei Drittel der beneficial interests aller Subscriber dies fordern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Muster vorgelegten Treuhandvertrag vom 8. November 2006 verwiesen.

Die Geschäftsführer der Antragstellerin und der X waren im Streitjahr identisch. Es handelt sich um die Herren Y und Z. Ende 2010 wurde einer dieser Geschäftsführer abberufen und durch zwei Personen ersetzt, die in keiner Weise mit der Initiatorin verbunden sind. Y hielt alle Anteile an der X, wirtschaftlich waren ihm davon 51,16 % zuzurechnen und Z weitere 21,78 %. Die X hat noch weitere Kapitalgesellschaften gegründet, bei denen jeweils dieselben Personen als Geschäftsführer tätig waren.

Die Antragstellerin erwarb seit 2006 mehrere Grundstücke in A, die sie im Streitjahr vermietet hatte. Der Kauf der Immobilien wurde in einem anfänglich von den Investoren festgelegten Umfang durch € zunächst zinslose € Investorendarlehen und im Übrigen durch bankübliche Darlehen von Kreditinstituten finanziert. Im Streitjahr leistete die Antragstellerin Schuldzinsen in Höhe von 3,3 Mio. € an die .. Bank AG, gleichzeitig erzielte sie Zinseinnahmen. In der Steuererklärung machte sie per Saldo Schuldzinsen in Höhe von 3.2 Mio. € geltend.

Die Antragstellerin ist nach §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mit ihren inländischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Im Körperschaftsteuerbescheid vom 27. April 2011 wurden nach § 8a KStG i.V.m. § 4h EStG abzugsfähige Zinsen in Höhe von € € berücksichtigt. Statt eines Verlusts von € € laut Erklärung ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von € €. Als verbleibender Zinsvortrag nach § 8a Abs. 1 KStG i.V.m. § 4h EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG wurden 2,2 Mio. € festgestellt. Die Antragstellerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese lehnte das Finanzamt mit Verwaltungsakt vom 3. Mai 2011 ganz überwiegend ab. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 als unbegründet zurück.

Vorliegend wendet sich die Antragstellerin gegen die Anwendung der Zinsschranke, aus der die verbleibende Körperschaftsteuerschuld resultiert. Die Ermittlung der Höhe der abzugsfähigen Zinsen sowie die übrigen von dem Antragsgegner (Finanzamt) vorgenommenen Änderungen werden nicht angegriffen.

Die Antragstellerin beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid vom 27. April 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 in Höhe von € € ohne Sicherheitsleistung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit und wegen unbilliger Härte von der Vollziehung auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt, den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Akten und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

II. Der Antrag hat Erfolg.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Derartige Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Im Streitfall sind solche Zweifel hinsichtlich des angefochtenen Bescheids aufgrund der in diesem Verfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung gegeben.

1. Gemäß § 8a Abs. 1 S. 4 KStG ist bei Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermitteln, § 4h EStG sinngemäß anzuwenden. Diese Regelung zielt auf beschränkt steuerpflichtige Objektgesellschaften, die mit ihrem inländischen unbeweglichen Vermögen aufgrund der isolierenden Betrachtungsweise nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Durch die Regelung des § 8a Abs. 1 S. 4 KStG wird sichergestellt, dass § 4h auch auf diese Fälle Anwendung findet (vgl. Gesetzesbegründung in Bundestags-Drucks. 16/5491, S. 22). Das Vorhandensein eines Betriebs (§ 4h Abs. 1 S. 1 EStG) ist nicht erforderlich, die Betriebseigenschaft wird fingiert (vgl. Möhlenbrock/Pung in Dösch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8a KStG (URefG 2008), Rz. 62 f m.w.N.).

Die Rechtsform der Antragstellerin ist der einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbar (vgl. Tab. 1 zu den Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen vom 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076). Sie ist aufgrund von Sitz und Geschäftsleitung im Ausland im Inland nur beschränkt steuerpflichtig. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (in der Fassung vom 14. August 2007) erzielte sie nach der isolierenden Betrachtungsweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Somit hatte sie ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln. § 4h EStG kommt damit im Streitfall sinngemäß zur Anwendung.

2. Nach § 8a Abs. 1 S. 4 KStG i.V.m. § 4h Abs. 1 S. 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs nur in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus bis zur Höhe von 30 Prozent des maßgeblichen Einkommens vor Zinsen und Abschreibungen abziehbar. Allerdings ist Abs. 1 nicht anwendbar, wenn eine der in Abs. 2 normierten Voraussetzungen erfüllt ist.

Die Antragstellerin beruft sich zu Recht auf § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) EStG. Danach greift die Zinsschranke dann nicht, wenn der Betrieb nicht oder nur anteilmäßig zu einem Konzern gehört.

Für die Definition, wann ein Betrieb zu einem Konzern gehört, sind die Sätze 5 und 6 des § 4h Abs. 3 EStG maßgeblich. Danach gehört ein Betrieb zu einem Konzern, wenn er nach dem für die Anwendung des Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) zugrunde gelegten Rechnungslegungsstandard mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wird oder werden könnte. Ein Betrieb gehört für Zwecke des Absatzes 2 auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

Die Antragstellerin wird nicht mit einem anderen Betrieb konsolidiert. Entscheidend ist somit, ob sie konsolidiert werden könnte oder ob die Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann.

a) Nach § 4h Abs. 3 S. 5 EStG ist ein Betrieb konzernzugehörig, wenn er mit anderen Betrieben konsolidiert werden könnte. Es muss somit eine Verpflichtung oder ein Recht dazu bestehen, einen Konzernabschluss zu erstellen. Eine Konzernabschlusspflicht oder ein Abschlussrecht kann nur durch nationale Vorschriften begründet sein. Die Rechnungslegungsstandards bestimmen nur den Konzernkreis, nicht jedoch, wann eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses besteht (Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 487, 489; Heuermann in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4h EStG Rz. 57; Hoyos/Ritter-Thiele in Beck€scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl., § 315a HBG, Rz. 5). Nach nationalem Recht ergibt sich eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung aus § 290 HGB und § 11 PublG, ein Abschlussrecht besteht nach § 296 HGB. Nach § 290 HGB und § 11 Abs. 1 PublG besteht eine Aufstellungspflicht, wenn das Mutterunternehmen seinen Sitz im Inland hat. Dies trifft für die X nicht zu. Auch die Regelungen des § 296 HGB und § 11 Abs. 3 PublG sind im Streitfall nicht einschlägig. Eine Konzernzugehörigkeit nach § 4h Abs. 3 S. 5 EStG besteht somit vorliegend nicht.

b) Für Zwecke der Zinsschranke liegt ein Konzern auch dann vor, wenn die Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden kann, § 4h Abs. 3 S. 6 EStG.

aa) Die im Gesetz gewählte Formulierung €einheitliche Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik€ ist sehr weit gefasst. Es bedarf der Auslegung, welche Fallgestaltungen hierunter zu subsumieren sind.

Ausweislich der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift einen erweiterten Konzernbegriff für Zwecke der Zinsschranke einführen. Zum einen sollten diejenigen Konstellationen erfasst werden, in denen ein Beherrschungsverhältnis nach International Accounting Standard (IAS) 27 vorliegt. Daneben soll diese Vorschrift bei Gleichordnungskonzernen, bei denen eine natürliche Person an der Spitze steht, ebenfalls zur Anwendung kommen (BT-Drucks 16/4841, S. 50; zum erweiterten Konzernbegriff s. a. Frotscher, § 4h EStG, Rz. 166; Ganssauge/Mattern, DStR 2008, 213, 216; Goebel/Eilinghoff, DStZ 2010, 487, 495; Hick in Hermann/Heuer/Raupach, § 4h EStG, Rz. 95; Heuermann in Blümich, § 4h EStG, Rz. 66f; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, § 4h EStG, Rz. 163). Ein Konzern im Sinne des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) EStG liegt demnach dann vor, wenn € unabhängig von einer Konzernrechnungslegungspflicht nach nationalem Recht € nach IAS 27 ein Beherrschungsverhältnis besteht. In IAS 27.4 sind die maßgeblichen Definitionen enthalten. Danach ist ein Mutterunternehmen ein Unternehmen mit einem oder mehreren Tochterunternehmen. Ein Tochterunternehmen ist ein Unternehmen, das von einem anderen Unternehmen beherrscht wird. Beherrschung ist die Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens zu bestimmen, um aus dessen Tätigkeit Nutzen zu ziehen. Nach IAS 27.13 wird die Beherrschung dann angenommen, wenn das Mutterunternehmen entweder direkt oder indirekt über Tochterunternehmen über mehr als die Hälfte der Stimmrechte eines Unternehmens verfügt; es sei denn, unter außergewöhnlichen Umständen lässt sich eindeutig nachweisen, dass ein derartiger Besitz keine Beherrschung begründet.

Aus dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel folgt ebenfalls, dass für die einheitliche Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik eine Beherrschung erforderlich ist. Zweck der Zinsschranke ist die Sicherung des inländischen Steuersubstrats sowie die Vermeidung missbräuchlicher Steuergestaltungen (BT-Drucks 16/4841, S. 35). Durch einen konzernweiten Vergleich der Eigenkapitalquote sollen einseitige Verlagerungen von Fremdfinanzierungsaufwand ins Inland verhindert werden (aaO, S. 48). Es sollen asymmetrische Finanzierungsstrukturen von Konzernen zulasten Deutschlands bekämpft werden (aaO, S. 31). Diese Verlagerung von Fremdfinanzierungsaufwand ohne realen wirtschaftlichen Hintergrund und nur zum Zwecke der Steuerersparnis setzt voraus, dass die inländische Tochter durch eine Mutter beherrscht wird. Nur wenn die inländische Kapitalgesellschaft einer Konzernspitze zu deren Nutzen dient, wird sie bereit sein bzw. muss es hinnehmen, zu Lasten des eigenen Gewinns fremde Kredite zu übernehmen und zu bedienen.

23Die aus der Identität der handelnden natürlichen Personen herrührende faktische Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik verschiedener Kapitalgesellschaften zu steuern, reicht demnach für den Konzernbegriff des § 4h Abs. 3 S. 6 EStG allein nicht aus. Hinzukommen muss die Beherrschung dieser Kapitalgesellschaften durch eine Konzernspitze.

24bb) Im Streitfall liegt keine Beherrschung der Antragstellerin durch die X kraft Stimmrechtsmehrheit vor. Die X hält nur 17 % der Anteile an der Antragstellerin auf eigene Rechnung, die restlichen Anteile hält sie als Treuhänderin. Diese Stimmen sind ihr nicht zuzurechnen, da die Subscriber (Investoren) die damit verbundenen Stimmrechte entweder selbst wahrnehmen können oder die X jedenfalls verpflichtet ist, die Stimmrechte einzig und allein zum Vorteil der Investoren und nach deren Weisung auszuüben. Damit fehlt der X die Möglichkeit, die Geschäftspolitik der Antragstellerin zu ihren eigenen Nutzen zu bestimmen (ebenso Lüdenbach in Haufe IFRS-Komm., 9. Aufl., § 32 Rz. 8, 16).

Nach IAS 27.13 Satz 2 liegt auch ohne Stimmrechtsmehrheit eine Beherrschung vor, wenn das Mutterunternehmen über eine der unter (a) € (d) aufgezählten Möglichkeiten verfügt und damit das Tochterunternehmen beherrscht. Notwendig ist die uneingeschränkte Durchsetzbarkeit des beherrschenden Einflusses (Theile/Pawelzik in Heuser/Theile, IFRS Handbuch, 4. Aufl., D. I. 3.1.1, Rz. 3015). Die Einflussnahme muss rechtlich abgesichert sein (Theile/Pawelzik, aaO, Rz. 3022).

Im Streitfall kommt in Betracht, dass die X gemäß einer Satzung oder einer Vereinbarung die Möglichkeit hat, die Finanz- und Geschäftspolitik des Unternehmens bestimmen (IAS 27.13 S. 2 lit. (b)). Hierzu ist erforderlich, dass das Mutterunternehmen eine rechtlich gesicherte Möglichkeit hat, die Finanz- und Geschäftspolitik des beherrschten Unternehmen zu eigenen Nutzen zu bestimmen. Daran fehlt es hier. Ein Beherrschungsvertrag im Sinne von § 291 Abs. 1 S. 1 Aktiengesetz (AktG) wurde nicht abgeschlossen (vgl. Lüdenbach, aaO, Rz. 38). In den Treuhandvereinbarungen hat sich die X im Gegenteil vertraglich verpflichtet, die Geschäfte ausschließlich zu Nutzen der Investoren und nicht zu ihren eigenen Nutzen zu führen.

Eine Beherrschung ergibt sich auch nicht aus IAS 27.13 Satz 2 lit. (c). Hierfür ist erforderlich, dass das Mutterunternehmen die Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsführungs- und/oder Aufsichtsorgane ernennen oder abberufen kann. Zwar konnte die X als Initiator zunächst die Geschäftsführer der Antragstellerin bestellen. Die Investoren konnten jedoch nach dem Treuhandvertrag jederzeit mit 2/3 Mehrheit verlangen, dass X seine Funktion als Treuhänder und Vermögensverwalter aufgibt und das Management entlastet wird. Die von X gestellten Geschäftsführer konnten damit ihrer Position enthoben werden ohne dass X dies verhindern konnte. Dies ist für eine Beherrschung nicht hinreichend (ebenso IDW, WP Handbuch 2006 Band I, Abschnitt N, Rz. 638).

Ein Rückgriff auf die Grundsätze der Konzernrechnungspflicht nach Handelsrecht (§§ 290ff HGB) würde zu keinem anderen Ergebnis führen. § 290 Abs. 1 HGB (in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 10. November 2007) verlangt, dass die Unternehmen eines Konzerns unter einheitlicher Leitung des Mutterunternehmens stehen. Eine einheitliche Leitung zeigt sich vor allem in der Festlegung der strategischen Unternehmensziele und in einer konzerneinheitlichen Investitions- und Finanzpolitik, in der Letztentscheidung über Maßnahmen von besonderer Bedeutung und in der Besetzung der Führungspositionen (Busse von Colbe in Münchner Kommentar, HGB, 2. Aufl., § 290 Rz. 14). Da die X keine Mehrheitsbeteiligung hielt, an die Weisungen der Investoren gebunden war und die von ihr gestellten Geschäftsführer mit Mehrheitsbeschluss der Investoren abberufen werden konnten, bestand auch nach dieser Definition keine einheitliche Leitung. Eine tatsächliche Unterordnung der Einzelinteressen der Antragstellerin unter die Interessen von X könnte nicht durchgesetzt werden.

In § 290 Abs. 2 HGB a.F. war das Control-Konzept verankert, dass eine sehr ähnlichen Linie folgt wie IAS 27.13 (Busse von Colbe, aaO, Rz. 28). Die oben gemachten Ausführungen gelten entsprechend.

c) Die für Körperschaften normierte Zusatzvoraussetzung nach § 8a Abs. 2 KStG ist vorliegend nach summarischer Prüfung ebenfalls erfüllt. Als Rückausnahme sieht diese Vorschrift vor, dass die Zinsschranke auch bei fehlender Konzernzugehörigkeit entsprechend § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b) EStG dennoch anwendbar ist, wenn eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung vorhanden ist. Eine solche läge vor, wenn die Vergütung für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 EStG betragen und die Körperschaft dies nachweist.

Die Antragstellerin hat nach Aktenlage ihre Zinsaufwendungen ausschließlich an die € Bank AG geleistet. Diese ist nicht an ihrem Stammkapital beteiligt. Nach der Investorenliste gab es im Streitjahr keinen unmittelbaren Anteilseigner, der zu mehr als einem Viertel am Stammkapital der Antragstellerin beteiligt war. Das treuhänderische Halten der Anteile für dritte Investoren bleibt hierbei außer Betracht. Die Antragstellerin gibt an, dass die € Bank AG auch nicht auf einen mittelbaren Anteilseigner, der zu mehr als einem Viertel an ihrem Stammkapital beteiligt war, zurückgreifen konnte. Dieser Angabe kann im summarischen Verfahren gefolgt werden, eine weitere Überprüfung müsste dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

2. Die Kostenscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Beschwerde zum BFH wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen.






FG München:
Beschluss v. 14.12.2011
Az: 7 V 2442/11


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