Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 30/04

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2005, Az.: 6 W (pat) 30/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Februar 2004 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Vorrichtung zur zeitsequentiellen Spülung von sanitärtechnischen Abläufen Anmeldetag: 1. Juni 1995 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

- Ansprüche 1 und 2, eingegangen am 27. Juni 2005,

- Beschreibung Seiten 1 und 2, eingegangen am 27. Juni 2005

- 1 Blatt Zeichnungen mit Figur 1, eingegangen am 27. Juni 2005.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Februar 2004 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden war, dass der Gegenstand des in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2004 überreichten Anspruchs 1 nicht patentfähig sei, da er im Hinblick auf die DE 93 08 680 U1 und das allgemeine Wissen des Fachmannes nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

- DE 43 06 457 A1

- DE 42 37 938 A1

- DE 93 08 680 U1

- DE 92 12 120 U1 Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 1. April 2004, eingegangen am 3. April 2004 Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Eingabe vom 27. Juni 2005 neue Ansprüche 1 und 2, eine neue Beschreibung Seiten 1 und 2 sowie 1 Blatt Zeichnungen (Figur 1) vorgelegt und sinngemäß beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Februar 2004 aufzuheben und das Patent mit den mit Eingabe vom 27. Juni 2005 eingereichten Unterlagen zu erteilen.

Der Anspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zur Auslösung und Steuerung von Wasserspülvorgängen in sanitärtechnischen Anlagen, insbesondere für WC-Anlagen, Urinale, Waschbecken, wobei der Spülvorgang durch elektrische Betätigung eines Absperrventils ausgelöst wird, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Spülvorgang das elektrische Absperrventil für eine frei bestimmbare Zeit geschlossen wird und anschließend für eine Zeit erneut geöffnet wird, die der für die Auffüllung der im Geruchsverschluss befindlichen Wassermenge benötigten Zeit entspricht."

Laut Beschreibung (S. 1, letzter Abs.) soll die Aufgabe gelöst werden, die Mängel des Standes der Technik zu beseitigen.

Hinsichtlich des auf den Anspruch 1 rückbezogenen Anspruchs 2 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 und 2 ergeben sich aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen, sie sind somit zulässig.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis 5 dar.

a. Die Vorrichtung zur zeitsequentiellen Spülung von sanitärtechnischen Abläufen ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine solche Vorrichtung mit sämtlichen im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der DE 93 08 680 U1 ist eine gattungsgleiche Vorrichtung bekannt, bei welcher der Spülvorgang durch elektrische Betätigung eines Absperrventils ausgelöst wird. Zu den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Merkmalen vermag dieser Stand der Technik jedoch keine Anregung zu liefern. Denn dort ist weder das Problem des nur unzureichend funktionierenden Geruchsverschlusses angesprochen noch ist dort ein Hinweis zu entnehmen, wie dieses Problem gelöst werden könnte. Dort geht es allein um die Möglichkeit, zur Senkung des Wasserverbrauchs (vgl. 1, letzter Abs.) wahlweise das Beckenteil oder den Auslauf zu spülen (vgl. Anspruch 1).

Ähnliches gilt auch für die DE 92 12 120 U1. Diese Druckschrift erläutert zwar auch eine gattungsgleiche Vorrichtung, aber dort ist ebenfalls keine Anregung zu den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmalen zu entnehmen. Denn dort geht es nicht um das anmeldungsgemäße Problem, sondern vielmehr um eine Forcierung der Strömung im Siphon, um am Auslauf sich ansammelnde, aufschwimmende Abfälle in den Siphon mit hineinzureißen (vgl. S. 3, Abs. 1).

Die DE 43 06 457 A1 und DE 42 37 938 A1 betreffen beide Einrichtungen, die dafür sorgen, dass nach einer Benutzung das Urinal automatisch gespült wird. Dort ist aber weder das erfindungsgemäße Problem angesprochen, noch sind dort Merkmale beschrieben, welche eine Lösung für dieses Problem beinhalten könnten.

Somit vermögen von diesen Druckschriften keine Hinweise zur Ausgestaltung in der beanspruchten Weise auszugehen.

Zu einer solchen Ausgestaltung vermag der Fachmann - ein Sanitärtechniker - auch nicht durch sein allgemeines Fachwissen angeregt zu werden, da die ihm bekannten Lösungen für das anmeldungsgemäße Problem in eine andere Richtung gegangen sind.

Wie die Anmelderin selbst vorgetragen hat (vgl. Eingabe vom 8. Februar 2001), entspricht es dem Stand der Technik, in die Urinale Gerinne einzubauen, welche den Ablauf des Wassers verzögern, um so das Problem des Leersaugens des Geruchsverschlusses zu verhindern. Diese Ausgestaltung mit einem Gerinne kann aber ebenfalls nicht in die im Anspruch 1 angegebene Lösungsrichtung weisen, da auch durch diese Maßnahme der grundlegende Gedanke, nach Abschluss des Spülvorganges das elektrische Absperrventil erneut eine Zeitlang zu öffnen, um den Geruchsverschluss wieder aufzufüllen, nicht nahegebracht werden kann.

Der Anspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für den auf diesen Anspruch rückbezogenen Anspruch 2, der auf Merkmale zur Weiterbildung der Vorrichtung nach Anspruch 1 gerichtet ist.

Lischke Riegler Schneider Müller Cl






BPatG:
Beschluss v. 19.07.2005
Az: 6 W (pat) 30/04


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