Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 2. Januar 2009
Aktenzeichen: 38 O 116/05

(LG Düsseldorf: Urteil v. 02.01.2009, Az.: 38 O 116/05)

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Zwecken des Wettbewerbs Werbeblätter bzw. Prospekte in Briefeinwürfe bzw. Briefkästen einzuwerfen und/oder einwerfen zu lassen, wenn der Empfänger mit Hinweisen wie „Keine Werbung“ deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine Werbung wünscht.

II.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zum 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

III.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 189,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin überwacht satzungsgemäß die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte betreibt nach eigener Darstellung als Franchisegeber ein Unternehmen, das sich mit dem Vertrieb von Pizza durch selbständige Franchisenehmer unter einheitlichem Marketingkonzept befasst.

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, wettbewerbsrechtliche Verantwortung dafür zu tragen, dass bei einem Endverbraucher in I mehrfach - so am 04.08., 19.10. und 03.12.2004 - Werbefaltblätter für "U" eingeworfen worden sind, obwohl sich am Briefkasten ein Hinweis befindet: Keine Werbung und Zeitschriften einwerfen.

Die Beklagte habe gegen § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG verstoßen und schulde außer zukünftiger Unterlassung Aufwendungsersatz für die Abmahnung.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, nicht für angebliche Werbeverstöße ihres Franchisenehmers aus T verantwortlich zu sein. In den Franchisebestimmungen weise sie darauf hin, dass keine Werbung in entsprechend gekennzeichnete Briefkästen eingeworfen werden dürfe. Der zuständige Franchisenehmer und seine Frau hätten zudem versichert, keine Werbung in den Briefkasten des Verbrauchers C in I eingeworfen zu haben.

Im übrigen fehle der Klägerin die Aktivlegitimation. Allenfalls liege eine Belästigung eines Verbrauchers vor, nicht jedoch eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen, mit Ausnahme des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 13.12.2005.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die grundsätzliche Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlich begründeter Unterlassungsansprüche ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Soweit die Beklagte für den konkreten Wettbewerbsverstoß die Berechtigung der Klägerin bestreitet, die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nehmen zu dürfen, ändert sich die Einschätzung der Prozessführungsbefugnis ebensowenig wie die der materiellrechtlichen Begründetheit.

Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG stellt nicht grundsätzlich nur eine allein den konkreten Verbraucher betreffende Belästigung dar. Auch Interessen der Mitbewerber können erheblich im Sinne von § 3 UWG beeinträchtigt werden. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Wer gezielt Verbraucher anspricht, die den Werbemaßnahmen der Konkurrenz nicht ausgesetzt sind, erhöht die Chance auf den Erfolg eigener Werbung. Schon die Durchführung von Werbemaßnahmen durch Hauswurfzettel ist einfacher und damit kostengünstiger, wenn flächendeckend "ohne Rücksicht auf Einzelweisungen am Briefkasten" vorgegangen werden kann.

Vorliegend ist von einer nicht bloß versehentlichen, sondern gezielten Mißachtung der Anweisung an einem Briefkasten auszugehen. Es handelt sich um insgesamt 3 Verstöße gegenüber demselben Verbraucher über einen mehrmonatigen Zeitraum. Soweit die Beklagte "bezweifelt", dass die Werbefaltblätter eingeworfen worden sind, ist dies Vorbringen nicht als substantiiertes Bestreiten anzusehen. Die Werbezettel sind vorgelegt worden. Es ist nicht im Streit, dass im fraglichen Wohngebiet durch einen Franchisenehmer oder von ihm Beauftragte solche Faltblätter durch Briefkasteneinwurf verteilt worden sind. Dass diese Zettel durch Dritte unberechtigt und mehrfach dem Verbraucher Berg in den Briefkasten gesteckt worden sein können, ist eine ins Blaue aufgestellte Spekulation ohne nachprüfbaren Tatsachenkern. Die Werbefaltblätter sollen ihrer Natur nach in Hausbriefkästen eingeworfen werden. Entsprechendes ist vorliegend geschehen. Für einen anders gelagerten Sachverhalt ist die Beklagte konkret darlegungspflichtig.

Die Beklagte haftet für Wettbewerbsverstöße gemäß § 8 Abs. 2 UWG.

Die Voraussetzungen einer solchen Zurechnung sind entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung (BGH GRUR 1995, 605 ff.) auch im vorliegenden Fall des Franchisevertrages erfüllt. Die Beklagte partizipiert am Erfolg des Franchisenehmers für die von ihm durch seine Umsätze erzielten Lizenzen. Das Unternehmen präsentiert sich in seiner Aufmachung und Werbung insgesamt als "U". Der einzelne Franchisenehmer ist nicht abgrenzbar zu erkennen. Sein Name wird in der Werbung noch nicht einmal angegeben. Es finden sich nur Adressen- und Telefonnummernangaben, so dass bewusst der Eindruck erweckt wird, es handele sich um ein einheitliches Unternehmen mit der Bezeichnung "U". Dies entspricht dem Sinn des korporativen Auftretens im Rahmen des Franchisesystems. Dieses System wird maßgeblich von der Beklagten beeinflusst. Sie gestaltet die Verträge. Mit ihr muss auch konkret jede Werbemaßnahme abgesprochen werden. Alle diese Umstände rechtfertigen es, im wettbewerbsrechtlichen Sinne von § 8 Abs. 2 UWG insgesamt von einem Unternehmen der Beklagten auszugehen, das sich etwaiges Verhalten von Franchisenehmern jedenfalls als solches eines Beauftragten zurechnen lassen muss. Im übrigen trifft sie aber auch ein Organisationsverschulden insoweit, als nicht dargelegt ist, durch welche Maßnahmen sichergestellt wird, dass die Einhaltung der vorgegebenen Wettbewerbsregeln bewacht wird.

Neben dem somit gegebenen Unterlassungsanspruch ist die Beklagte ferner gemäß

§ 12 Abs. 2 UWG zu Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten verpflichtet, deren Höhe mit 189,- € im Hinblick auf die Angemessenheit zwischen den Parteien nicht im Streit ist.

Der Schriftsatz vom 13.12.2005 ist im Sinne von § 296 a ZPO verspätet. Ein Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen besteht nicht. Das Vorbringen ist -erneut- im wesentlichen spekulativ.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Abs. 1 ZPO.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 02.01.2009
Az: 38 O 116/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7728b91553dd/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_2-Januar-2009_Az_38-O-116-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share