Landgericht Detmold:
Urteil vom 12. Oktober 2011
Aktenzeichen: 12 O 153/10

(LG Detmold: Urteil v. 12.10.2011, Az.: 12 O 153/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Detmold hat in einem Urteil vom 12. Oktober 2011 (Aktenzeichen 12 O 153/10) entschieden, dass kein Unterlassungsanspruch besteht, bevor entsprechende Lichtbilder von Google Street-View angefertigt werden. Die Klage wurde abgewiesen und der Kläger wurde dazu verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

In dem Fall war der Kläger Miteigentümer eines Grundstücks in P, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist. Die Beklagte ist eine deutsche Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Firma J., die den Internetdienst Google Street-View betreibt. Dabei werden 360-Grad-Panoramastraßenansichten angezeigt, die seit 2008 von Fahrzeugen mit speziellen Kameras erfasst werden.

Die Parteien stritten darüber, ob die Beklagte für diesen Dienst in Deutschland verantwortlich ist. Die betroffene Straße, in der das Haus des Klägers liegt, wurde bisher nicht für den Dienst erfasst. Der Kläger widersprach der Verwendung von Bildern seines Grundstücks für Google Street-View.

Der Kläger argumentierte, dass die Aufnahme von Fotos seines Hauses und deren Veröffentlichung im Internet seine Privatsphäre beeinträchtigt. Über Street-View sei es Dritten möglich, sein Haus auszuspähen und möglicherweise einen Einbruch zu planen. Außerdem könnten die Bewohner durch die Aufnahmen in ihren Lebensumständen beeinträchtigt werden. Der Kläger beantragte daher, dass die Beklagte es unterlassen soll, die Bilder seines Hauses ohne seine Erlaubnis öffentlich zugänglich zu machen.

Das Gericht entschied jedoch, dass der Kläger derzeit keinen Anspruch auf die Unterlassung der Fotos hat. Es war nicht eindeutig geklärt, wer die Aufnahmen in Deutschland anfertigt und verantwortet, daher konnte auch nicht festgestellt werden, ob die Beklagte passivlegitimiert ist. Außerdem fehlte es dem Kläger an einem Rechtsschutzbedürfnis, da bisher keine Aufnahmen seines Hauses gemacht wurden.

Das Gericht argumentierte weiterhin, dass allein die Möglichkeit einer zukünftigen Rechtsverletzung nicht ausreicht, um ein Rechtsschutzbedürfnis anzunehmen. Da der Kläger bereits seinen Widerspruch gegen die Verwendung seiner Daten bei Street-View eingelegt hatte und dieser von der Beklagten bestätigt wurde, war er nach Ansicht des Gerichts hinreichend geschützt. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich nicht an die Vereinbarungen mit den Datenschutzbehörden halten würde. Das dem Kläger übersandte Schreiben bestätigte diese Vereinbarungen.

Das Gericht entschied abschließend, dass die Klage unbegründet ist und die Kosten des Rechtsstreits vom Kläger getragen werden müssen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergab sich aus den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Detmold: Urteil v. 12.10.2011, Az: 12 O 153/10


Kein Unterlassungsanspruch vor Anfertigung von entsprechenden Lichtbildern durch Google Street-View.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger ist Miteigentümer des mit einem Mehrfamilienhauses bebauten Grundstücks J-Straße G in P.

Die Beklagte ist eine deutsche Tochtergesellschaft der in den USA ansässigen Firma J., die verschiedene Internetdienste, darunter das geodatengestützte Angebot €H€ betreibt. Dabei handelt es sich um im Internet einsehbare 360-Grad-Panoramastraßenansichten. Die entsprechenden Daten werden seit dem Jahr 2008 in Deutschland durch mit speziellen Kameras ausgestattete Fahrzeuge erfasst, von denen aus die Straßenzüge einschließlich der Bebauung abfotografiert werden.

Die Parteien streiten unter anderem darüber, ob und inwieweit die Beklagte in Deutschland für diesen Internetdienst verantwortlich ist.

Die Straße J-Straße G in P, in der das Wohnhaus des Klägers gelegen ist, wurde bislang noch nicht auf die oben beschriebene Weise von einem Mitarbeiter der Firma H für den Dienst S befahren und erfasst. Bildaufnahmen wurden dort bislang nicht gemacht.

Mit Schreiben vom 07. März 2010 wandte sich der Kläger an die Beklagte und widersprach der Verwendung von Bildern seines Hausgrundstücks für den Dienst S. Mit Schreiben vom 16. August 2010 bestätigte die Beklagte J-Straße Namen der J., dass der Widerspruch dort bearbeitet werde. Zugleich wurde dem Kläger die Anlage B 10 übersandt. Auf die Kopie der Anlage wird Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Aufnahme von Fotos seines Grundsbesitzes und deren Veröffentlichung im Rahmen von S im Internet beeinträchtige ihn in seiner Privatsphäre. Über S sei es Dritten möglich, sein Wohnhaus auszuspähen und ggf. einen Einbruch zu planen. Auch die Einschätzung der Lebensumstände der Bewohner sei unberechtigten Dritten auf diese Weise möglich. Jedenfalls seien seine Interessen gegenüber denen der Beklagten im Rahmen der gebotenen Abwägung gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1a und Nr. 2 BDSG schutzwürdig.

Soweit die Beklagte auf sein Widerspruchsschreiben reagiert habe, sei das nicht ausreichend, um seine Interessen hinreichend und dauerhaft zu schützen.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, es zur Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, die im Zusammenhang mit H S gefertigten Bilder der Immobilie des Klägers unter Benennung der Straße und Hausnummer €J-Straße G 14,4 P€, ohne Erlaubnis des Klägers öffentlich zugänglich zu machen, wie es unter dem von der Beklagten zu verantwortenden Internetangebot http.://maps.H.de/€/ erfolgen soll;

2.

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Inanspruchnaheme auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie sei nicht passivlegitimiert. Für den Internetdienst H S sei allein die Firma J. verantwortlich.

Dem Kläger fehle zudem das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Fotos seines Hauses seien bislang nicht gemacht worden. Für die Zukunft sei er hinreichend durch den von ihm erhobenen Widerspruch gegen eine Verwendung seiner Daten bei Street View geschützt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat zumindest derzeit keinen Anspruch auf die mit der Klage geltend gemachten Unterlassungen gegen die Beklagte aus §§ 823, 1004 BGB (analog) i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder aus sonstigen rechtlichen Gründen (KUG oder BDSG).

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte passivlegitimiert ist. Es ist nämlich nicht eindeutig geklärt, wer die Aufnahmen für den Internetdienst S in wessen Namen in Deutschland anfertigt und zu verantworten hat.

Jedenfalls fehlt der Klage derzeit das Rechtsschutzbedürfnis.

Bislang ist der Kläger in seinen Rechten nicht verletzt worden, denn unstreitig sind Aufnahmen durch Mitarbeiter der Firma H für S von der Straße J-Straße G in P, in der der Kläger wohnt, nicht angefertigt worden.

Der Kläger kann auch nicht die Unterlassung der Anfertigung der Fotos für die Zukunft verlangen. Allein die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne eines vorbeugenden Rechtsschutzes reicht für die Annahame eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht aus.

Hinzu kommt, dass der Kläger bereits der Verwendung seiner Daten durch die Firma H für ihren Dienst S widersprochen hat und der Eingang seines Widerspruchs von der Beklagten bestätigt worden ist. Damit ist der Kläger nach Auffassung der Kammer hinreichend auch für die Zukunft geschützt. Die Beklagte bzw. die Firma J. hat sich mit den deutschen Datenschutzbehörden auf eine Durchführungsvereinbarung geeinigt, die eine Widerspruchsmöglichkeit vorsieht. Im Fall des Widerspruchs des Berechtigten darf das betreffende Objekt nicht im Rahmen von S veröffentlicht werden, bzw. muss unkenntlich gemacht werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich daran in Zukunft nicht halten wird, sind nicht ersichtlich und hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem dem Kläger übersandten Schreiben Anlage B10.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.






LG Detmold:
Urteil v. 12.10.2011
Az: 12 O 153/10


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