Landgericht Köln:
Urteil vom 24. Juni 2010
Aktenzeichen: 31 O 504/09

(LG Köln: Urteil v. 24.06.2010, Az.: 31 O 504/09)

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1) und 2) zu vollziehen an dem Chief Executive Officer der Beklagten zu 2), oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, öffentliche Sportwetten zu festen Gewinnquoten, Casino-Spiele sowie Poker einzugehen und/oder abzuschließen, sei es durch Abschluß eines Spielvertrages mit der Beklagten zu 1) und/oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) und/oder zu 2), wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

- Es folgt eine 15seitige Bildeinrückung. -

b) über das Internet Glücksspiele in Deutschland zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wie unter 1.a) und nachstehend wiedergegeben:

- Es folgt eine dreiseitige Bildeinrückung. -

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, daß sie seit dem 20.02.2009 Spielaufträge von Teilnehmern entgegengenommen haben, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.

3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die seit dem 20.02.2009 durch die Entgegennah-me von Spielaufträgen derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.

4. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Klägerin zu 10% und die Beklagten zu 90%.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500.000,00. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin ist die staatliche Lotteriegesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die für das Gebiet dieses Bundeslandes mit behördlicher Erlaubnis Glückspiele organisiert und veranstaltet, wie z.B. die Lotterie "6 aus 49" oder die Sportwetten zu festen Gewinnquoten unter der Bezeichnung "Oddset".

Die Beklagte ist eine in Gibraltar ansässige juristische Person in der Rechtsform einer "Private Company Limited by Shares", die im "Companies House" von Gibraltar unter der Nummer ......1 registriert ist. Ihr einziger Anteilseigner und gleichzeitig "Director" ist ausweislich der dortigen Eintragung die Beklagte zu 2). Diese wiederum ist eine in Gibraltar ansässige "Public Company Limited by Shares", die unter der Nummer ......2 im "Companies House" von Gibraltar registriert ist. Als einer der "Directors" war für sie noch im Juli 2009 der Beklagte zu 3) in der Funktion des "Chief Executive Officers" eingetragen.

Die Beklagte zu 1) betreibt die Internetseiten "#3.de" und "#3.com" und bietet wie aus den Einblendungen im Tenor ersichtlich in deutscher Sprache Sportwetten mit festen Gewinnquoten, Casino-Spiele und Pokerspiele an und bewirbt diese. Um an diesen Spielen teilnehmen zu können, muß sich der Interessent zunächst bei der Beklagten registrieren und per Kreditkarte oder sonstige Zahlungsmethoden Geld auf sein virtuelles Spielkonto einzahlen.

Die Klägerin, die hierin einen wettbewerbsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Glückspielstaatsvertrag sieht, beantragt nach einer Teilrücknahme durch Streichung der Worte "Glücksspiele, insbesondere" zuletzt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, daß bereits die Fassung des Unterlassungsantrages zu unbestimmt sei, da sich aus ihm nicht ergebe, was genau Gegenstand des begehrten Verbotes sei. Der Antrag gehe darüber hinaus auch zu weit, da die Klägerin Unterlassungsansprüche allenfalls beschränkt auf das Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen als ihrem eigenen Wirkungskreis geltend machen könne. In der Sache bestünden aber ohnehin keine Ansprüche. Die Beklagten zu 2) und 3) seien schon nicht passivlegitimiert. Zudem liege auch kein Verstoß gegen den Glückspielstaatsvertrag vor: zum einen verfüge die Beklagte zu 1) über eine Erlaubnis der zuständigen Behörden in Gibraltar, die auch in Deutschland Geltung beanspruche; zum anderen sei aufgrund der vor der Teilnahme erforderlichen Registrierung das Angebot der Beklagten zu 1) ohnehin nicht öffentlich und schließlich sei jedenfalls Poker, das sie überdies ohnehin nicht unter den Domains "#3.de" und "#3.com" veranstalte, bereits der Sache nach kein Glücksspiel sondern ein Geschicklichkeitsspiel. Aber selbst wenn ein Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag vorläge, könnten die geltend gemachten Ansprüche darauf nicht gestützt werden, da der Glückspielstaatsvertrag gegen höherrangiges Recht verstoße. Die deutschen Regelungen zum Glücksspiel seien bei der gebotenen horizontalen Betrachtung insgesamt derart inkohärent, daß sich die durch sie bewirkte Beschränkung der europarechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit sowie der vom Grundgesetz garantierten Berufsfreiheit mit ihrer Hilfe nicht rechtfertigen lasse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist mit den im Rahmen der mündlichen Verhandlung geringfügig beschränkten zuletzt gestellten Anträgen zulässig und begründet.

1. Der Unterlassungsantrag ist ausreichend bestimmt. Indem die Klägerin den Antrag durch die Streichung der Worte "Glücksspiele, insbesondere" auf die konkret genannten Spiele beschränkt hat, ist die Aufzählung abschließend und der Umfang des Verbotstenors in Ansehung der zum Verbotsgegenstand gemachten konkreten Verletzungsform ohne weiteres erkennbar

2. Die Beklagten sind der Klägerin gegenüber zur Unterlassung des Angebots und der Bewerbung von Glückspielen in der konkreten Form gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 4 sowie 5 Abs. 3 und 4 GlückStV verpflichtet.

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Parteien sind Wettbewerber. Hinsichtlich der angebotenen Sportwetten bieten sie gleichartige Dienstleistungen an. Aber auch hinsichtlich der übrigen angegriffenen Spiele liegt ein Wettbewerbsverhältnis vor, da sowohl den von der Klägerin angebotenen Spielen als auch den weiterhin zum Verbotsgegenstand gemachten Spielen der Beklagten gemeinsam ist, daß sie ein Wettelement enthalten und damit vom Grundprinzip und unter der Berücksichtigung des Reizes der Befriedigung des natürlichen Spieltriebes untereinander austauschbar sind (OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09).

Der Unterlassungsanspruch besteht überdies auch bundesweit. Auch wenn die Klägerin Mitbewerberin der Beklagten lediglich für das Gebiet des Bundeslandes NRW ist, beschränkt sich der Unterlassungsanspruch nicht hierauf. Vielmehr kann die Klägerin Unterlassung für das gesamte Bundesgebiet verlangen. Aus den Ausführungen des BGH in der "Oddset"-Entscheidung (Urteil vom 14.02.2008 - I ZR 207/05 -, Rn. 28) folgt nichts anderes. Der BGH hat dort ausdrücklich ausgeführt, dass es sich in dem dort entschiedenen Fall um eine Ausnahme von der Regel handelte, dass es im Interesse der Markteilnehmer und der Allgemeinheit liegt, ein Verhalten, das bundesweit als unlauterer Wettbewerb anzusehen ist, auch bundesweit zu untersagen. Die Ausnahme hat der BGH nur deshalb als gerechtfertigt angesehen, weil das angegriffene Verhalten jedenfalls in dem regional begrenzten Wirkungskreis der dortigen Klägerin gerade nicht als wettbewerbswidrig angesehen wurde. Im Umkehrschluss folgt daraus aber, dass das Verhalten der Beklagten, soweit es in NRW wettbewerbswidrig ist, auch bundesweit zu verbieten ist (vgl. OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09; OLG Köln v. 23.12.2009, 6 W 124/09; Köhler/Bornkamm, UWG, § 8, Rz. 1.56).

b) Die Beklagten sind hinsichtlich des Wettbewerbsverstoßes auch sämtlich passiv legitimiert. Die Beklagte zu 1) ist unstreitig Betreiberin der streitgegenständlichen Internetseiten und damit Veranstalterin der Sportwetten. Als solche hat sie zweifelsohne für die damit im Zusammenhang stehenden Wettbewerbsverstöße einzustehen.

Die Beklagte zu 2) ist nach dem als Anlage CBH 1 vorgelegten Registerauszug aus dem "Companies House" von Gibraltar einerseits Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1). Überdies ist sie deren "Director". Dieser aber ist das nach außen handelnde Vertretungsorgan einer "Private Company Limited by Shares" und mithin dem Geschäftsführer einer deutschen GmbH vergleichbar. Insofern ist die Beklagte zu 2) als Vertretungsorgan haftbar. Dies gilt auch für den Beklagten zu 3). Dieser steht in seiner Funktion als "Chief Exexutive Officer" dem "Board of Directors" der Beklagten zu 2) vor, die als "Public Company Limited by Shares, kurz PLC, einer deutschen AG vergleichbar ist. Er ist damit deren Vertretungsorgan.

c) Die Beklagten verstoßen gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 4 sowie 5 Abs. 3 und 4 GlückStV und sind der Klägerin gegenüber daher gemäß § 8 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Sie veranstalten und bewerben öffentliche Glücksspiele ohne über die erforderliche behördliche Erlaubnis zu verfügen.

aa) Die Beklagte zu 1) bietet im Internet in deutscher Sprache und damit für den deutschen Markt Sportwetten mit fester Gewinnquote, Casino-Spiele und Pokerspiele an. Bezüglich letzterer bestreitet die Beklagte zu 1) lediglich, diese über die Internetseiten "#3.de" und "#3.com" anzubieten; daß das im Unterlassungsantrag wiedergegebene Pokerspiel von ihr veranstaltet wird, bestreitet sie demgegenüber nicht, so daß die Kammer auch insoweit von der Verantwortlichkeit ausgehen kann.

Bei diesem Angebot handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages, was die Beklagten für die Sportwetten und die Casinospiele auch nicht in Abrede stellen. Dies gilt aber auch für die angebotenen Pokerspiele. Die Auffassung der Beklagten, bei den von der Beklagten zu 1) angebotenen Pokerspielen handele es sich nicht um Glücks- sondern um Geschicklichkeitsspiele, teilt die Kammer nicht. Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV). Dies ist hier der Fall. Auch Poker ist grundsätzlich ein zufallsabhängiges Glücksspiel, bei dem der Gewinn eines Spielers sich danach richtet, ob seine Mitspieler früher als er aussteigen oder - falls sie dies nicht tun - welche Karten sie letztlich offenlegen. Der Erfolg beim Pokern hängt damit trotz der nicht zu bestreitenden Möglichkeiten, den Ausgang des Spiels durch das Verhalten des Spieler ( "bluffen") zu beeinflussen, vor allem davon ab, ob die zufällig ausgeteilten Karten eine gewinnträchtige Kombination bilden. Dass die Erfahrung und Auffassungsgabe des Spielers, insbesondere die Fähigkeit, an Hand der ihm bekannten aufgedeckten Karten und aus dem Verhalten der Mitspieler mit einer gewissen Erfolgswahrscheinlichkeit auf deren Karten zu schließen, einen Einfluss auf den Spielerfolg haben, ändert nichts daran, dass beim Pokern das Zufallselement im Vordergrund steht (OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2009 - 1 S 203.8 -, Rn. 7; OVG NW, Beschluss vom 10.06.2008 - 4 B 606/08 -, Rn. 14 jeweils m.w.Nw.). Dies gilt um so mehr für Online-Pokerspiele, bei denen mangels unmittelbaren persönlichen Kontakts der Spieler ein Teil der Geschicklichkeitselemente des "analogen" Spiels fehlt.

Diese Glücksspiele veranstaltet die Beklagte zu 1) auch öffentlich. Die Beklagten wenden sich mit ihrem Angebot an einen unbeschränkten Personenkreis. Daß die jeweilige Einzelperson nur nach Registrierung mitspielen kann, ändert daran nichts, da die Registrierung wiederum jedermann möglich ist.

bb) Nach § 4 Abs. 4 GlückStV ist das Veranstalten öffentlicher Glückspiele im Internet generell verboten.

Darüber hinaus liegt - ohne daß es darauf nach dem Vorstehenden noch ankäme - auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlückStV vor, da die Beklagten keine behördliche Erlaubnis haben. Auf die Erlaubnis aus Gibraltar können sich die Beklagten nicht berufen, da diese nicht durch die nach deutschem Recht zuständige Behörde erteilt wurde. Hiergegen bestehen auch keine europarechtlichen Bedenken. Eine Pflicht zur Anerkennung von Genehmigung aus europäischen Mitgliedsstaaten besteht nicht, jedenfalls nicht für das Online-Glückspiel, vgl. EUGH v. 08.09.2009, C-42/07, Liga Portuguesa, Tz. 73.

Schließlich verstoßen die Beklagten auch gegen die Werbeverbote nach §§ 5 Abs. 3 und 4 GlückStV.

cc) Die vorstehenden Vorschriften des GlückStV stellen auch marktverhaltensregelnde Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Die Klägerin kann daher gemäß § 8 UWG Unterlassung verlangen und die beantragten Annexansprüche geltend machen.

d) Diese Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

aa) Ein Verstoß gegen die europarechtlich geschützte Dienstleistungsfreiheit nach Art 49 EGV liegt nicht vor (OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09). Zwar wird diese durch die Regelungen des GlückStV unzweifelhaft beschränkt. Diese Beschränkung ist allerdings gerechtfertigt, da sie der Durchsetzung vorrangiger, in § 1 GlückStV definierter, Gemeinwohlbelange dient und zur Erreichung dieser Ziele geeignet, verhältnismäßig und diskriminierungsfrei ist.

Die Auffassung der Beklagten, das deutsche Glücksspielrecht sei in seiner Gesamtgestaltung inkohärent und damit nicht geeignet, seine vorgeblichen Ziele zu erreichen, weshalb diese nicht zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dienen könnten, teilt die Kammer nicht. Insbesondere die von den Beklagten angeführte Öffnung des Glücksspielrechtes für andere Spielformen, z.B. Automatenspiele und Pferdewetten, führt nicht zu einer Inkohärenz der gesetzlichen Regelung. Nach Auffassung der Kammer ist der Prüfung der Eignung und Kohärenz nicht das gesamte Glücksspielrecht zugrunde zu legen, sondern es sind die jeweiligen Regelungen für jede Spielform gesondert zu prüfen (vgl. auch: Schlußanträge des Generalanwaltes Mengozzi in den Verfahren C 316/07 - Markus Stoß - Rz. 66ff sowie C 46/08 - Carmen Media - Rz. 53ff). Nur diese Betrachtung wird auch dem Umstand gerecht, daß die verschiedenen Formen der Glückspiele ohnehin nicht in Gänze vergleichbar sind und in Hinblick auf ihr Suchtpotential und ihre Breitenwirkung durchaus unterschiedliche Auswirkungen zeitigen. Gerade bei Internetglückspiel ist die Zahl der potentiellen Kunden deutlich größer als im stationären Glückspiel, die Situation, in der das Glücksspiel stattfindet, ist eine andere und mag die Eingehung höherer Risiken befördern und schließlich bestehen auch in Hinblick auf den Jugendschutz (§ 1 Nr. 3 GlückStV) und die Gefahr krimineller Machenschaften (§ 1 Nr. 2 GlückStV) deutlich höhere Risiken. Dies alles rechtfertigt es, das Internetglückspiel strengeren Regeln zu unterwerfen. Dann aber ist es folgerichtig im Rahmen der gebotenen Kohärenzbewertung nur den Sektor des Internetglückspiels einzubeziehen, der indes für sich betrachtet aufgrund des einschränkungslos und generell geltenden Verbots kohärent ausgestaltet ist.

Auch der Umstand, daß der Glückspielstaatsvertrag die Werbung für Glücksspiele nicht generell untersagt, steht der Eignung der Regelungen zur Erreichung der in § 1 GlückStV definierten Gemeinwohlziele nicht entgegen. Der Generalanwalt Mengozzi hat in seinen Schlußanträgen vom 04.03.2010 in dem Verfahren C 316/07 - Markus Stoß - in Tz. 53ff klargestellt, daß die Werbung für staatlich monopolisierte Glücksspiele für sich betrachtet keineswegs dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht entgegenstehe, sondern - sofern sie in gemäßigter Form ausgeübt werde - auch dazu dienen könne, den vorhandenen Spieltrieb auf das reglementierte und kontrollierte Angebot zu konzentrieren und so über eine kontrollierte Expansion, ausreichende und attraktive Alternativen zu kriminellem Spiel anzubieten. Dieses Ziel verfolgen die Regelungen des GlücksStV (§ 1 Nr. 2 GlückStV) in europarechtlich zulässiger Weise. Die nach dem zum 01.01.2008 in kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag nur noch zulässige Werbung steht zu den mit dem Glücksspielstaatsvertrag europarechtlich unzweifelhaft zulässigen und dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Bekämpfung der Spielsucht, des Jugend- und Spielerschutzes und des Schutzes vor betrügerischen Machenschaften (§ 1 GlüStV) nicht im Widerspruch. Vielmehr ist eine derartige Werbung erforderlich, um die große Nachfrage nach Glücksspielen auf das bestehende, reglementierte legale Angebot zu fokussieren (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV), OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09.

Anlass, das Verfahren auszusetzen besteht im Hinblick auf die europarechtlichen Fragen nicht. Die Kammer vermag keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine Europarechtswidrigkeit des Glücksspielstaatsvertrags zu erkennen; zudem erscheint es angesichts der bisher stets nur schrittweise fortschreitenden Entwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu nationalen Regelungen des Glücksspielrechts auch nicht als hinreichend wahrscheinlich, dass durch die nun anstehenden Entscheidungen eine endgültige Klärung der europarechtlichen Rechtsfragen herbeigeführt wird.

bb) Die Regelungen des GlüStV sind schließlich auch verfassungsgemäß, denn sie dienen in geeigneter und verhältnismäßiger Weise den in § 1 GlüStV niedergelegten legitimen Zwecken. Durch den zum 01.01.2008 in kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag sind die Vorgaben des sog. Sportwettenurteils des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt worden. Dabei verlangt dieses Urteil nicht eine "Kohärenz und Systematik” des gesamten Glücksspielsektors einschließlich des gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiels für die Vereinbarkeit eines staatlichen Wettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG, sondern lässt es aus verfassungsrechtlicher Sicht genügen, dass das beim Staat aus ordnungsrechtlichen Gründen monopolisierte Sportwettangebot konsequent und konsistent ausgestaltet ist (vgl. BVerfG NVwZ 20009, 1221, 1223 - Tz. 17). Dies aber ist der Fall (OLG Köln v. 12.05.2010, 6 U 142/09).

3. Wegen des Wettbewerbsverstoßes sind die Beklagten neben der Unterlassung wie beantragt zur Auskunft verpflichtet. Ferner sind sie dem Grunde nach zur Leistung von Schadensersatz gemäß § 9 UWG verpflichtet, was auf Antrag der Klägerin festzustellen war.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und wegen der in der Antragsbeschränkung liegenden Teilklagerücknahme auf § 269 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

5. Streitwert: EUR 500.000,00






LG Köln:
Urteil v. 24.06.2010
Az: 31 O 504/09


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