Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Januar 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 69/03

(BPatG: Beschluss v. 18.01.2005, Az.: 17 W (pat) 69/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 18. Januar 2005 (Aktenzeichen 17 W (pat) 69/03) einer Beschwerde stattgegeben und den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G07C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 2003 aufgehoben. Dadurch wurde das beantragte Patent erteilt.

Dem Erteilungsverfahren liegen die Patentansprüche 1 bis 5, eine Beschreibung sowie vier Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5 zugrunde. Diese Unterlagen wurden bei der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2005 überreicht.

Die Beschwerde der Anmelderin richtete sich gegen den Beschluss der Prüfungsstelle, die die Anmeldung mit der Begründung abgelehnt hatte, dass dem angemeldeten Gegenstand die erfinderische Tätigkeit fehle.

Die Anmelderin beantragte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Erteilung des Patents auf Basis der vorgelegten Unterlagen.

Die geltenden Ansprüche, insbesondere der Anspruch 1, sind zulässig. Der Übergang von Vorrichtungs- zu Verfahrensansprüchen wurde durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt, insbesondere durch die Figuren 2 und 4 mit zugehöriger Beschreibung. Die Merkmale des Anspruchs 1 lassen sich auch den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 7 und 8 entnehmen. Die Ansprüche 2 bis 5 wurden nur bezüglich ihrer Kategorie geändert.

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Zuordnen eines Betätigungselements zu einem Gerät, bei dem ein Suchsignal von einer Sendeeinrichtung im Gerät abgegeben wird. Bei Übereinstimmung des Suchsignals mit einem vorher festgelegten Referenzsignal gibt eine Verarbeitungseinrichtung im Betätigungselement ein Kontaktsignal aus, nach Ablauf einer bestimmten Wartezeit ab dem Eingang des Suchsignals. Zusätzlich wird von dem Gerät in Verbindung mit einem noch nicht zugeordneten Betätigungselement eine dieses Betätigungselement kennzeichnende Wartezeit festgelegt, um es anzulernen. Das Anlernen des noch nicht zugeordneten Betätigungselements wird nur gestattet, wenn sich ein bestimmtes, bereits zugeordnetes Betätigungselement im Wirkungsbereich des Suchsignals befindet.

Im Erteilungsverfahren wurden auch relevante Druckschriften, wie GB 2 259 227 A und EP 0 285 419 A2, berücksichtigt. Die Erfindung gemäß Anspruch 1 ist gegenüber dem Stand der Technik in diesen Druckschriften neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Zusammenfassend ist das beantragte Patent gewährbar. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 enthalten zweckmäßige Weiterbildungen der Erfindung und sind ebenfalls gewährbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 18.01.2005, Az: 17 W (pat) 69/03


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G07C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung und vier Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5, alle Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2005.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist unter Inanspruchnahme der inneren Priorität vom 7. November 1996 aus der Patentanmeldung 196 45 769.6 am 30. September 1997 beim Deutschen Patentamt mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Zuordnen eines Betätigungselementes zu einem Gerät"

eingereicht worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse G07C hat die Anmeldung mit Beschluß vom 6. Mai 2003 aus den Gründen des Bescheides vom 19. Dezember 1998 zurückgewiesen. In diesem Bescheid wird dem angemeldeten Gegenstand mangels erfinderischer Tätigkeit die Patentfähigkeit abgesprochen.

Gegen den genannten Beschluß ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung und 4 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5, alle Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2005.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Zuordnen eines Betätigungselements (20) zu einem Gerät (10), wobei von einer im Gerät (10) angeordneten Sendeeinrichtung ein Suchsignal abgegeben wird und von einer im Betätigungselement (20) angeordneten Verarbeitungseinrichtung (21 bis 24), die Mittel zum Empfangen von Suchsignalen beinhaltet, bei Übereinstimmung des Suchsignals mit einem vorher festgelegten Referenzsignal ein Kontaktsignal ausgegeben wird, wobei von der Verarbeitungseinrichtung (21 bis 24) das Kontaktsignal nach Ablauf einer vorbestimmten Wartezeit (T2, T6) ab dem Eingang des Suchsignals abgegeben wird, dadurch gekennzeichnet, dass von dem Gerät (10) in Verbindung mit einem noch nicht zugeordneten Betätigungselement (20) eine dieses Betätigungselement (20) kennzeichnende Wartezeit zugeteilt wird, um es anzulernen, wobei das Anlernen des noch nicht zugeordneten Betätigungselements (20) nur gestattet wird, wenn sich ein bestimmtes, bereits zugeordnetes Betätigungselement (20) im Wirkungsbereich des Suchsignals befindet."

Bezüglich der Unteransprüche und der weiteren Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Der Übergang von Vorrichtungs- zu Verfahrensansprüchen stützt sich auf die ursprüngliche Offenbarung, die insbesondere durch die Figuren 2 und 4 mit zugehöriger Beschreibung gegeben ist. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß die in diesen Figuren dargestellten und beschriebenen Flußdiagramme mit Ablaufschritten zur Veranschaulichung des "Zuordnungs"-Betriebes zwischen "Gerät" und "Betätigungselement" zur Formulierung von Verfahrensansprüchen geeignet sind. Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 lassen sich auch den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 7 und 8 entnehmen. Die geltenden Ansprüche 2 bis 5 sind nur bezüglich der Kategorie, nicht jedoch bezüglich ihrer Merkmale geändert worden.

2. Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Zuordnen eines Betätigungselementes zu einem Gerät, mit dem entsprechend der zugehörigen Aufgabenstellung diese Zuordnung mit hinreichender Sicherheit eindeutig und schnell durchzuführen ist.

Eine Lösung dieser Aufgabe wird durch den nachfolgend (in gegliederter Form) wiedergegebenen Anspruch 1 vermittelt:

Verfahren zum Zuordnen eines Betätigungselements (20) zu einem Gerät (10), a) wobei von einer im Gerät (10) angeordneten Sendeeinrichtung ein Suchsignal abgegeben wirdb) und von einer im Betätigungselement (20) angeordneten Verarbeitungseinrichtung (21 bis 24), die Mittel zum Empfangen von Suchsignalen beinhaltet, bei Übereinstimmung des Suchsignals mit einem vorher festgelegten Referenzsignal ein Kontaktsignal ausgegeben wird, c) wobei von der Verarbeitungseinrichtung (21 bis 24) das Kontaktsignal nach Ablauf einer vorbestimmten Wartezeit (T2, T6) ab dem Eingang des Suchsignals abgegeben wird, dadurch gekennzeichnet, d) dass von dem Gerät (10) in Verbindung mit einem noch nicht zugeordneten Betätigungselement (20) eine dieses Betätigungselement (20) kennzeichnende Wartezeit zugeteilt wird, um es anzulernen, e) wobei das Anlernen des noch nicht zugeordneten Betätigungselements (20) nur gestattet wird, wenn sich ein bestimmtes, bereits zugeordnetes Betätigungselement (20) im Wirkungsbereich des Suchsignals befindet.

Das beanspruchte Verfahren ist für den Fachmann, einem FH-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, hinsichtlich der Merkmale a) bis c) und e) ohne weiteres nachvollziehbar.

Die in Merkmal d) enthaltene Teillehre läßt sich unter zusätzlicher Betrachtung der Beschreibung in der Weise ausführen, daß zunächst durch das anzulernende Betätigungselement selbst - nach Erhalt eines vom Gerät (10) ausgesandten Suchsignals - ein Zeitfenster zufallsgesteuert ausgewählt wird (vergl. OS, Sp. 6, Z. 41-49) und daß danach die Festlegung der das besagte Betätigungselement kennzeichnenden, von dem ermittelten Zeitfenster abhängigen Wartezeit vom Gerät (10) bewirkt wird, indem dieses Gerät mit dem in Rede stehenden Betätigungselement (20) in die Anlernphase übergeht (Sp. 6, Z. 54 ff).

3. Im Erteilungsverfahren wurde auf folgende Druckschriften Bezug genommen:

1) GB 2 259 227 A und 2) EP 0 285 419 A2.

In D1 werden Identifikationssysteme beschrieben, bei dem Betätigungselemente mit einem (Zentral-)Gerät in Verbindung stehen (S. 1, 1. Abs.). Solche Systeme sind beispielsweise für die Zugangskontrolle bei Bahn, Flugzeug oder Bus einsetzbar (S. 8, 3. Abs.). Nach dem auf S. 17, 2. Absatz (mit Figuren 2b, 7a, 7b) und auf den Seiten 33 und 34 im Anspruch 13 beschriebenen Zuordnungsverfahren zwischen Gerät ("interrogator") und Betätigungselement ("tag"; "transponder") wird von einer im Gerät angeordneten Sendeeinrichtung ("second transmitting means") ein Suchsignal ("interrogation signal"; "unique word") abgegeben. Wird dieses Signal vom Betätigungselement empfangen ("first receiving means") und detektiert, so wird nach einer speziellen, nur diesem Betätigungselement zugeordneten Wartezeit ("own time slot"; "particular time delay") ein Kontaktsignal ("output signal") von einem betätigungselementeigenen Sender ("first transmitting means") abgegeben. Insoweit ist ein Verfahren zum Zuordnen eines Betätigungselements zu einem Gerät mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmalen aus D1 bekannt.

In dieser Druckschrift wird auch der Anlernvorgang angesprochen. Nach S. 30, 1. Abs. und S. 32, 33, Anspruch 8 dieser Druckschrift können nämlich zur Systemanpassung an unterschiedliche Anforderungen und Anwendungen u.a. die den Betätigungselementen zugeordneten Wartezeiten softwaregesteuert eingestellt werden. Durch D1 ist es allerdings weder bekannt noch nahegelegt, entsprechend Merkmal e) den Anlernvorgang für ein noch nicht zugeordnetes Betätigungselement nur dann zu gestatten, wenn sich ein bestimmtes, bereits zugeordnetes Betätigungselement im Wirkungsbereich des Suchsignals befindet.

Demnach ist das Verfahren nach Anspruch 1 bezüglich D1 neu und beruht gegenüber diesem Stand der Technik auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Auch gegenüber D2 ist das beanspruchte Verfahren patentfähig. Diese Druckschrift offenbart ein Zugangskontrollsystem, bestehend aus einer Abfrageeinheit (IU) und einer Vielzahl von Transpondern (T), denen jeweils ein eigener Identifizierungscode zugeordnet ist, der zwar individuell, aber trotzdem gruppenweise abfragbare Gemeinsamkeiten aufweist (Sp. 3, Z. 8-52; Anspruch 1). Nach Sp. 4, Z. 13-24 können mehrere zu einem Kontrollsystem gehörende Transponder auch zeitsequentiell, d.h. mit individueller Wartezeit antworten. In D2 ist auch der Anlernvorgang angesprochen, denn nach Sp. 5, Z. 40-49 erfolgt das Anlernen neuer Transponder mit einem modifizierten "data exchange protocol". Eine mit Merkmal e) vergleichbare Vorgehensweise ist in D2 nicht angesprochen.

Somit vermag D2 weder allein noch in Verbindung mit D1 das Verfahren nach Anspruch 1 nahezulegen; dieser Anspruch ist somit gewährbar.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 enthalten zweckmäßige, nicht selbstverständliche Weiterbildungen der in Anspruch 1 angegebenen Erfindung und sind demnach ebenfalls gewährbar.

Dr. Fritsch Dr. Schmitt Dr. Kraus Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 18.01.2005
Az: 17 W (pat) 69/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/74ad61e6eaba/BPatG_Beschluss_vom_18-Januar-2005_Az_17-W-pat-69-03




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