Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 7. November 2003
Aktenzeichen: 2 ZU 10/03

(AGH des Landes Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 07.11.2003, Az.: 2 ZU 10/03)

Tenor

Die belehrenden Hinweise der Antragsgegnerin vom 22.07.2003 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Antragstellern entstandenen notwendigen Auslagen werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Die sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.

Der Geschäftswert wird auf 12.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller fuhren in der rechten Randleiste ihres Briefbogens unterhalb der Auflistung der einzelnen Anwaltssozien unter einer ausdrücklich kenntlich gemachten Rubrik "Kooperationspartner" unter anderem den Namen des Architekten xxx unter Angabe der Berufsbezeichnung "Architekt..." auf. In der Fußzeile des Briefbogens findet sich darüber hinaus das Feld der Anschriften, in dem die Anschrift des Rechtsanwaltsbüros, die Anschrift des kooperierenden Steuerberaterbüros und separat die anderslautende Anschrift des sachverständigen Architekten aufgeführt sind.

Die Antragsgegnerin hat mit ihrem belehrenden Hinweis vom 22.07.2003 die Angabe des Architekten xxx als Kooperationspartner der Antragsteller in der Randleiste des Briefbogens beanstandet und als berufsrechtlich unzulässig bezeichnet. In der Begründung dieses belehrenden Hinweises führt die Antragsgegnerin aus, dass zwar auch nach ihrer Auffassung die Kooperation mit einem nicht sozietätsfähigen Berufsträger zulässig sei, sie vertritt jedoch die Ansicht, dass die Kundgabe einer derartigen Zusammenarbeit in Form einer Kooperation nach außen nicht durch § 8 BORA gedeckt und daher unzulässig sei. Wolle man vom Gegenteil ausgehen, wäre die lockerste Form der Zusammenarbeit, nämlich die Kooperation, gegenüber anderen Formen der Zusammenarbeit wie beispielsweise der Bürogemeinschaft ungerechtfertigt privilegiert, da § 8 BORA eine Kundgabe der beruflichen Zusammenarbeit im Falle einer Bürogemeinschaft nur mit sozietätsfähigen Personen erlaube. Außerdem würde im Falle der Kundgabe einer Kooperation mit nicht sozietätsfähigen Personen das rechtssuchende Publikum irregeführt, da der nicht sozietätsfähige Kooperationspartner weder der Verschwiegenheit noch den damit korrespondierenden Aussageverweigerungsrechten und Beschlagnahmeverboten unterfalle.

Demgegenüber vertreten die Antragsteller die Ansicht, eine Kooperation als solche mit nicht sozietätsfähigen Personen sei zulässig; es müsse daher auch im Sinne der Transparenz die Kundgabe einer Kooperation zulässig sein. Ein Irrtum im Rechtsverkehr werde durch eine solche Kundgabe nicht hervorgerufen.

Mit ihrem am 07.08.2003 beim Anwaltsgerichtshof eingegangenen Schreiben vom 05.08.2003 haben die Antragsteller gerichtliche Entscheidung gegen die belehrenden Hinweise der Antragsgegnerin jeweils vom 22.07.2003, den Antragstellern jeweils zugestellt am 24.07.2003, beantragt.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Er ist statthaft gem. § 223 Abs. 1 S. 1 BRAO, da die belehrenden Hinweise in Form einer hoheitlichen Maßnahme i.S.d. § 223 BRAO Rechtsansichten als verbindlich mitteilen, die in die Rechte der Antragsteller eingreifen und diese einschränken (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl. München 2003, § 223 Rz. 5 m.w.N.). Der Antrag ist auch innerhalb der Monatsfrist des § 223 Abs. 1 S. 2 BRAO gestellt worden.

Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Die Antragsgegenerin hat mit den angefochtenen belehrenden Hinweisen zu Unrecht die Gestaltung des Briefbogens der Antragsteller als berufsrechtswidrig bezeichnet.

1. Der Begriff der Kooperation ist gesetzlich nicht definiert. Im Unterschied zur Sozietät werden bei einer Kooperation Mandate nicht gemeinschaftlich angenommen und bearbeitet, die Haftung bezieht sich nur auf das einzelne Kooperationsmitglied, es werden - dies auch in Abgrenzung zur Bürogemeinschaft - keine gemeinsamen Räume unterhalten, es findet auch keine gemeinsame Organisation des Büros statt, Infolge dieser in wesentlichen, charakteristischen Punkten deutlich geringer anzusiedelnden Qualität und Intensität der Form der Zusammenarbeit bei einer Kooperation geht der Senat - mit der wohl überwiegenden Meinung im Schrifttum - davon aus, dass § 59 a BRAO, der nur Sozietäten und Bürogemeinschaften erfaßt, keine Anwendung, auch keine entsprechende Anwendung findet auf Kooperationen und somit eine Kooperation auch mit nicht sozietätsfähigen Personen möglich und zulässig ist.

vgl. Feuerich / Weyland, 6. Auflage, § 9 BORA Rz 7 m.w.N.; einschränkend Feuerich § 59 b BRAO, Rz 39 m.w.N.; ohne Einschränkung Römermann/Hartung, Anwaltliches Berufsrecht, München 2002, § 29 Rz 4f m.w.N.

Auch die Antragsgegnerin geht in der Begründung ihrer belehrenden Hinweise explizit von der Zulässigkeit einer Kooperation mit nicht sozietätsfähigen Personen aus.

Ist eine berufliche Zusammenarbeit in Form der Kooperation standesrechtlich zulässig, kann es keinen rechtlichen Grund geben, den Kooperationspartnern dem Grunde nach den wahrheitsgemäßen und tatsächlich korrekten Hinweis auf eine solche Kooperation mit Dritten nach außen zu untersagen. Eine Tatsache, die standesrechtlich zulässig ist, muss auch bekannt gemacht werden dürfen. Jede andere Entscheidung würde geradezu die Verpflichtung der Kooperationspartner zur Täuschung des Rechtsverkehrs beinhalten.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht § 8 BORA der Kundgabe der Kooperation mit einer nicht sozietätsfähigen Person nicht entgegen. Der Wortlaut der Bestimmung bezieht sich gerade nicht auf Kooperationen mit sozietätsfähigen Personen, sondern spricht generalisierend nur von "Kooperation". Auch eine Auslegung der Vorschrift fuhrt zu keinem gegenteiligen Ergebnis: Mit der Antragsgegnerin ist davon auszugehen, dass in § 8 BORA eine Gleichstellung von verfestigten Kooperationen mit den im ersten Halbsatz der Bestimmung erwähnten Formen der beruflichen Zusammenarbeit herbeigeführt wird, allerdings handelt es sich nur um eine Gleichstellung in der Rechtsfolge, nicht dagegen in dem tatbestandlichen Element der sozietätsfähigen Person. Wäre Letzteres die Absicht des Satzungsgebers gewesen, hätte nach allen Gesetzen der Logik und der sprachlichen Klarheit nichts näher gelegen, als - ebenso wie im ersten Halbsatz dieser Bestimmung - auch den Begriff "verfestigte Kooperation" mit dem Zusatz zu versehen "mit sozietätsfähigen Personen". Daß Letzteres unterblieben ist, ist gerade ein Hinweis darauf, daß auch die Kundgabe verfestigter Kooperationen mit nicht sozietätsfähigen Personen zugelassen werden soll.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist des weiteren mit der Zulassung der Kundgabe einer Kooperation mit nicht sozietätsfähigen Personen auch keine ungerechtfertigte Privilegierung der lockersten Form der Zusammenarbeit gegenüber Sozietäten und Bürogemeinschaften verbunden. Sozietäten und auch Bürogemeinschaften haben eine vollständig anders gelagerte, durchaus weitergehende Intensität und Qualität der Zusammenarbeit zum Gegenstand. Der vordergründigste Umstand liegt darin, dass bei örtlichen Sozietäten und Bürogemeinschaften eine einheitliche Praxis genutzt wird und eine einheitliche Büroorganisation existent ist, die zwangsläufig jedem beteiligten Sozius und Mitglied der Bürogemeinschaft Zugang zu allen Mandantendaten ermöglicht. Bei dieser intensiven Form der Zusammenarbeit schon aus räumlicher Sicht ist es von eminenter Bedeutung, alle Beteiligten den Verschwiegenheitspflichten zu unterwerfen. Genau dies ist im Falle einer bloßen Kooperation mit räumlicher Trennung - wie sie auch ausweislich der Adressenfelder vorliegend gegeben ist - anders zu beurteilen. Von einer Privilegierung der Kooperation kann daher nicht gesprochen werden, da Kooperation einerseits und Sozietät /Bürogemeinschaft andererseits unterschiedliche und nicht mit einander vergleichbare Formen der Zusammenarbeit darstellen, die gerade mit Rücksicht auf ihre Unterschiede auch nicht ohne weiteres gleichbehandelt werden dürfen.

Schließlich liegt auch keine Irreführung des rechtsuchenden Publikums vor. Zum einen versteht der rechtsuchende Laie durchaus die Unterscheidung zwischen den von ihm beauftragten und mandatierten Anwälten, denen er sich anvertraut, und der davon zu unterscheidenden lockeren Zusammenarbeit einer Kooperation, mit der er nichts "zu tun haben" muss, soweit er dies nicht wünscht. Dies gilt umso mehr, als vorliegend die Differenzierung auf dem Briefbogen der Antragsteiler deutlich und gut sichtbar hervorgehoben wird. Zum anderen ist auch in schlichtesten Bevölkerungskreisen bekannt, dass ein Architekt keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Von einer Täuschung des rechtssuchenden Publikums durch Kundgabe einer für zulässig gehaltenen Kooperation ist daher nicht auszugehen.

Die konkrete Ausgestaltung des Briefbogens der Antragsteller wird von der Antragsgegnerin nicht beanstandet.

Die sofortige Beschwerde wird gem. § 223 Abs. 3 BRAO zugelassen, da die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 BRAO, die Festsetzung des Geschäftswertes auf § 202 Abs. 2 BRAO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.






AGH des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 07.11.2003
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