Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 36/10

(BPatG: Beschluss v. 01.12.2010, Az.: 28 W (pat) 36/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um eine Marke, die im Markenregister eingetragen ist. Die Antragstellerin hat im Juli 2008 die teilweise Löschung der Marke beantragt, der das Markenamt stattgegeben hat. Der Markeninhaber hat dagegen Beschwerde eingelegt, jedoch die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig entrichtet. Der Bundesgerichtshof hat den Antrag des Markeninhabers auf Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung hat der Markeninhaber beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig nachgezahlt wurde. Der Markeninhaber erwidert, er habe angenommen, der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe habe aufschiebende Wirkung. Die Beschwerde gilt daher als nicht eingelegt und der Beschluss der Markenabteilung ist bestandskräftig geworden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 01.12.2010, Az: 28 W (pat) 36/10


Tenor

Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die nachfolgend wiedergegebenen Marke 399 64 605, ist seit dem 20. Januar 2000 für die Waren und Dienstleistungen

"Elektronisch oder elektrisch gesteuerte Geräte für die Messund Regelungstechnik, im Wesentlichen zur Verwendung bei Fahrzeuganhängern zur Kontrolle der Fahrstabilität; Fahrzeuge und deren Teile, insbesondere Anhänger und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten; Zubehör für Fahrzeuge, nämlich elektronisch oder elektrisch gesteuerte Geräte zur Kontrolle der Fahrzeugstabilität bei Fahrzeugkombinationen bestehend aus Fahrzeugführerwagen und mindestens einem Anhänger; Transportwesen"

im Markenregister eingetragen. Die Antragstellerin hat im Juli 2008 die teilweise Löschung der Marke nach § 50 i. V. m. § 8 MarkenG für alle Waren beantragt, der die Markenabteilung im beantragten Umfang mit Beschluss vom 12. Januar 2010 stattgegeben hat.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers, der innerhalb der Beschwerdefrist einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt, nicht aber die Beschwerdegebühr entrichtet hatte. Diesen Antrag hat der Senat mangels Erfolgsaussichten der Beschwerde mit Beschluss vom 31. März 2010 zurückgewiesen. Er ist dem Markeninhaber am 16. April 2010 zugestellt worden und enthielt in der Anlage den Hinweis des Rechtspflegers, die Beschwerdegebühr könne binnen einer Frist von einem Monat und 27 Tagen noch entrichtet werden.

Mit Beschluss vom 1. Juli 2010 hat der Bundesgerichthof den Antrag des Markeninhabers vom 28. April 2010 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit der Begründung abgelehnt, die Rechtsbeschwerde habe keine Aussicht auf Erfolg, weil sie gegen den die Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Bundespatentgerichts nicht zulässig sei (Aktenzeichen I ZA 14/10). Die Zustellung dieses Beschlusses ist am 29. Juli 2010 erfolgt. Die Beschwerdegebühr hat der Markeninhaber am 10. August 2010 entrichtet.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2010 hat der Markeninhaber beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung, die Beschwerdegebühr sei nicht rechtzeitig nachgezahlt worden, hat der Markeninhaber erwidert, er habe angenommen, der beim Bundesgerichtshof gestellte Antrag auf Verfahrenskostenhilfe habe aufschiebende Wirkung. Welche Fristen er zu beachten gehabt hätte, sei ihm nicht bekannt gewesen. Bezüglich des Beschwerdevorbringens des Markeninhabers im Übrigen wird auf den Beschluss des Senats vom 31. März 2010 verwiesen.

Die Antragstellerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin nicht erschienen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsbzw. Amtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers gegen den Beschluss der Markenabteilung vom 12. Januar 2010 über die Teillöschung der Marke gilt als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2 PatKostG). Die Beschwerdegebühr ist innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 2 MarkenG nicht entrichtet und auch nicht rechtzeitig nachgezahlt worden. Der angefochtene Beschluss der Markenabteilung ist daher bestandskräftig geworden.

1.

Unstreitig ist die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der nach § 66 Abs. 2 MarkenG i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 PatKostG laufenden Beschwerdefrist von einem Monat entrichtet worden, die mit Zustellung des angefochtenen Beschlusses mittels Übergabeeinschreiben am 28. Januar 2010 begann und am Montag, den 1. März 2010, endete.

2.

Die erst am 10. August 2010 bewirkte Zahlung der Beschwerdegebühr führtnicht zur Aufrechterhaltung des Rechtsmittels.

a) Zwar hat der Markeninhaber noch innerhalb der Beschwerdefrist beim Senat einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt. In diesen markenrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht gelten nach § 82 Abs. 1 MarkenG die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO entsprechend (BGH GRUR 2009, 88, 1. Leitsatz -ATOZ I). Eine Partei, die für ein (beabsichtigtes) Rechtsmittel um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachsucht, ist bis zur Entscheidung über ihren Antrag schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung zu vertrauen. Dieses Hindernis entfällt mit der Entscheidung über das Gesuch. Im Fall der Verweigerung der beantragten Prozesskostenhilfe steht der Partei innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist offen, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will (vgl. BGH v. 20.1. 2009, VIII ZA 21/08, veröffentlicht in JURIS). Die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auf das Markenbeschwerdeverfahren bedeutet, dass nach einer Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durch den Beschwerdesenat sich dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eröffnet, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Der Markeninhaber hätte im vorliegenden Fall nach Zustellung des Beschlusses des Senats vom 31. März 2010, mit dem ihm die Bewilligung verweigert wurde, unter den Voraussetzungen des § 91 MarkenG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und die versäumte Handlung, die Zahlung der Verfahrensgebühr (§ 66 Abs. 2 MarkenG), nachholen können. Zwar hat der Markeninhaber einen solchen Antrag nicht ausdrücklich gestellt, jedoch kann ihm nach § 91 Abs. 4 Satz 2 MarkenG Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden, wenn er die versäumte Handlung innerhalb der Antragsfrist (§ 91 Abs. 2 MarkenG) nachgeholt hat.

b) An dieser Voraussetzung fehlt es aber vorliegend.

aa) Die Antragsfrist nach § 91 Abs. 2 MarkenG beträgt zwei Monate und beginnt mit dem Wegfall des die Fristeinhaltung hindernden Ereignisses. Im Fall der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren entfällt das Hindernis mit der Zustellung des den Antrag zurückweisenden Beschlusses am 16. April 2010. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Markeninhaber nicht mehr darauf vertrauen, dass er von der Zahlung der Beschwerdegebühr befreit ist. Die Entrichtung der Verfahrensgebühr hätte der Markeninhaber ab diesem Datum innerhalb der Antragsfrist von 2 Monaten (§ 91 Abs. 2 MarkenG) noch bis zum Ablauf des 16. Juni 2010 bewirken können. Die tatsächliche Zahlung erfolgte jedoch erst am 10. August 2010.

bb) Ein späterer Wegfall des Hindernisses ergibt sich dabei nicht aus dem Umstand, dass der Markeninhaber am 30. April 2010 beim Bundesgerichtshof Antrag auf Bewilligung von Verfahrenkostenhilfe für das -offenbar beabsichtigte -Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den die Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Bundespatentgerichts gestellt hat und der diesen Antrag ablehnende Beschluss des Bundesgerichtshofs dem Markeninhaber (erst) am 29. Juli 2010 zugestellt worden ist. Denn mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde hätte der Eintritt der Rechtskraft des Patentgerichtsbeschlusses vom 31. März 2010 nicht verhindert werden können. Gegen einen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Bundespatentgerichts ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht statthaft, da das Patentgericht darin nicht über eine Beschwerde nach § 66 MarkenG entscheidet, sondern lediglich eine Nebenentscheidung trifft (vgl. BGH GRUR 2008, 732, Rdn. 10 -Tegeler Floristik; BGH v. 1.7.2010, I ZA 14/10, Rdn. 8). Ein unstatthaftes Rechtsmittel aber hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 83 Rdn. 46; § 66 Rdn. 51; Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., Vorbem. § 511 Rdn. 13, 15), hemmt also nicht den Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung.

cc) Dem Wegfall des Hindernisses mit dem Datum der Zustellung steht ferner nicht entgegen, dass der Beschluss vom 31. März 2010 in der Anlage einen unzutreffenden Hinweis des Rechtspflegers enthielt. Darin wurde mitgeteilt, der Markeninhaber habe in analoger Anwendung von § 134 PatG noch eine Frist von 1 Monat und 27 Tagen zur Verfügung, um die Beschwerdegebühr zu bezahlen.

Für eine analoge Anwendung des § 134 PatG ist im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren jedoch kein Raum. Das MarkenG enthält nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers keine Regelung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und auch keinen Verweis auf eine entsprechende Anwendung der patentrechtlichen Verfahrenskostenhilfebestimmungen der §§ 130 ff. PatG. In markenrechtlichen Registerverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt ist eine Verfahrenskostenhilfe daher ausgeschlossen (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 11 -Tegeler Floristik; vgl. auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 64a Rdn. 19). Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dagegen in markenrechtlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht (vgl. BGH GRUR 2009, 88, Rdn. 10 ff. -ATOZ) und Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 11 -Tegeler Floristik) Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann, richtet sich diese über die Verweisungsnorm des § 82 Abs. 1 MarkenG -allein -nach den Bestimmungen der §§ 114 ff. ZPO über die Prozesskostenhilfe.

Der unrichtige Hinweis ist jedoch schon deshalb unbeachtlich, weil der Patentinhaber dadurch keinen Rechtsnachteil erlitten hat. Denn für ihn bestand jedenfalls im Rahmen der Wiedereinsetzung innerhalb der insofern längeren zweimonatigen Frist des § 91 Abs. 2 MarkenG die Möglichkeit, die Beschwerdegebühr noch rechtzeitig zu entrichten.

dd) Soweit der Markeninhaber sinngemäß vorträgt, er habe keine Kenntnis vom Ablauf der Fristen für die Zahlung der Beschwerdegebühr gehabt, sondern bei Einzahlung der Beschwerdegebühr darauf vertraut, die Handlung zu diesem Zeitpunkt wirksam vornehmen zu können, rechtfertigt dies keine für den Markeninhaber günstigere Beurteilung der Sachund Rechtslage. Mangelnde Rechtskenntnisse schließen das Verschulden im Rahmen einer Wiedereinsetzung nicht aus, sondern verpflichten generell, sich über das geltende Recht zu informieren. Bei einem nicht vertretenen Einzelanmelder bedeutet dies, dass er verpflichtet ist, sich sachkundigen Rat einzuholen.

Im Ergebnis ist daher die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden.

Martens Kirschneck Bayer Bb






BPatG:
Beschluss v. 01.12.2010
Az: 28 W (pat) 36/10


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