Amtsgericht Duisburg:
Urteil vom 2. Januar 2002
Aktenzeichen: 49 C 4055/01

(AG Duisburg: Urteil v. 02.01.2002, Az.: 49 C 4055/01)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 495 a Abs. 2 ZPO abgesehen.

Gründe

die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 707,02 DM.

Zwar besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Werklohn aus dem geschlossenen Vertrag, weil der Beklagte den Kläger unstreitig als Gutachter

beauftragt hat und das Gutachten erstellt wurde. Der Kläger hat aber die Höhe

seines Werklohnes nicht ausreichend schlüssig dargetan.

Die Vergütungshöhe ist nicht stillschweigend durch die vereinbarte Sicherungsabtretung eines Anspruchs gegen die gegnerische Versicherung in Höhe von DM 707,02 anerkannt worden. Eine nachträgliche vertragliche Vereinbarung zur Höhe wäre zwar grundsätzlich möglich und auch durchaus der Sicherungsabtretung zu entnehmen. Allerdings gab der Beklagte seine Anerkenntniserklärung unter der stillschweigenden Bedingung ab, dass die vollen Gutachterkosten als Schaden aus dem Kfz-Unfall von der gegnerischen Versicherung übernommen werden. Dies ließen die Umstände bei Abgabe für den Kläger deutlich erkennen. Die Sicherungsabtretung erfolgte formularmäßig und war vom Kläger vorbereitet. Beide Seiten handelten vor dem Hintergrund der Regulierung durch die gegnerische Versicherung. Ein weitergehender Wille des Beklagten als Laien der Schadensregulierung zur unabhängigen und unbedingten Haftung gegenüber dem Kläger läßt sich der Erklärung nicht entnehmen. Die Bedingung ist jedoch mit der Weigerung der Streithelferin nicht erfüllt.

Im Übrigen stände dem Beklagten eine Einrede gegen das Anerkenntnis und damit gegen die Anspruchshöhe aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zu. Dem Kläger oblag eine Sorgfaltspflicht zur Aufklärung aus dem geschlossenen Vertrag. Aufklärungspflichten bestehen beim Werkvertrag dann, wenn beim Besteller maßgeblicher Beratungsbedarf und beim Unternehmer entsprechendes Fachwissen vorliegt (Vgl. Palandt - Sprau, § 631 BGB Rn. 13). Der Beklagte wollte erkennbar nur ein Gutachten, das von der gegnerischen Versicherung erstattet werden würde. Der Kläger hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass er seinerseits Rechnungen über eine "Grundgebühr" nach Schadenshöhe ausstelle und dabei eine Abrechnungsproblematik bestehe. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihm die Problematik seiner Rechnungen nicht bekannt sei und er seit zwanzig Jahren so verfahre. Der Besteller kann von einem entsprechenden Fachwissen des Unternehmers in erforderlichem Umfang ausgehen. Die Flut der Rechtsstreite vor den Amtsgerichten und die heftige Debatte in der Fachwelt (vgl. Kääb/Jandel, Sachverständigenkosten - ein Faß ohne Boden€, NZV 1998, 268 m.w.N.) in den letzten Jahren verdeutlichen die Zweifelhaftigkeit einer solchen Rechnungsstellung. Das hätte der Kläger als erfahrener Sachverständiger zumindest wissen müssen.

Die geforderte "Grundgebühr" ist nicht als üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Hierfür kommt es darauf an, war zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise für eine Leistung dieser Art zu gewähren sei (vgl. BGH, BB 1969, 1413). Einen festen Marktwert für Gutachten dieser Art gibt es nicht, die Preise unterliegen starken Unterschieden (vgl. Sander/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, S. 51 Rn. 164), was wohl darauf zurück zu führen ist, dass auf der Seite der Geschädigten die Nachfrage sich nicht streng am Preis orientiert, weil Gutachten regelmäßig von der gegnerischen Versicherung bezahlt werden und so das Interesse am Aushandeln oder Vergleichen der Vergütung fehlt.

Die vom Kläger geltend gemachte Berechnung nach Schadenshöhe ist auch nicht deshalb als üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen, weil möglicherweise 97 % aller Sachverständigen nach Schadenshöhe abrechnen. Dabei kann dahinstehen, ob dies heute immer noch der Fall ist, da bei der Beurteilung der "Üblichkeit" im Sinne des Gesetzes nicht nur auf die Sachverständigen, sondern auf den gesamten Verkehrskreis, einschließlich der Auftraggeber und beteiligten Versicherungen, abzustellen ist. Wenn jedoch die Versicherungen in zunehmender Zahl die Berechnungsweise nach Schadenshöhe nicht mehr als selbstverständlich akzeptieren, wie die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Art und Höhe der Sachverständigenkostenabrechnung zeigen, kann diese Methode nicht mehr als üblich angesehen werden. Der Umstand, dass eine bestimmte Berechnung früher als "üblich" akzeptiert worden ist, ist ebenfalls unbeachtlich, weil die "Üblichkeit" der Vergütung nicht für alle Zeiten verewigt werden kann und ständig der Überprüfung durch die Beteiligten auf ihre sachliche Richtigkeit unterliegt.

Die Berechnung der "Grundgebühr" entspricht auch nicht §§ 632 Abs. 2, 315 BGB. Zwar wird dem Auftragnehmer in Fällen einer fehlenden Vergütungsvereinbarung und des Fehlens einer taxmäßigen oder üblichen Vergütung grundsätzlich das Recht eingeräumt, einseitig seine Vergütung durch billiges Ermessen festzulegen. Dabei wird die Billigkeit durch Berücksichtigung der Interessen beider Parteien unter Hinzuziehung des in vergleichbaren Fällen Üblichen und Angemessenen festgestellt. Der Bestimmende hat ein echtes Ermessen, das seine Grenze nur bei beträchtlicher Abweichung von der Billigkeit und damit jedenfalls bei Willkür findet (vgl. Münchener Kommentar - Gottwald, § 315 BGB Rn. 17). Die Gesichtspunkte für die Ermessensausübung müssen sich zumindest im Ansatz der Erklärung entnehmen lassen (vgl. Kääb/Jandel, NZV 1998, S. 268, 269).

Soweit der Kläger zunächst eine Grundgebühr von DM 470,00 in Rechnung gestellt hat, ist diese Form der Bestimmung ohne nähere Erläuterung als willkürlich zu bezeichnen. Da der Adressat der Rechnung vom 02.05.2001 nicht einmal ansatzweise nachvollziehen kann, wie diese Grundgebühr berechnet worden ist. Aber auch die nunmehr im Prozess vorgelegte "Honorartabelle" genügt nicht den oben genannten Kriterien. Der Kläger hat keinen überzeugenden, sachlichen Gesichtspunkt vorgetragen, warum die Berechnung der Vergütung nach der Höhe des Schadens am Fahrzeug stattfindet. Nach dieser Methode erhält der Sachverständige tendenziell eine höhere Vergütung bei gleichem Schaden an einem wertvolleren Fahrzeug als bei einem preiswerteren. Während die Berechnung früher zumindest im Ansatz auch den Zeitaufwand erfasste, weil höhere Schäden in der Regel auch einen höheren Zeitaufwand bei der Schadensermittlung erforderten, ist dies heute bei Anwendung von Computersystemen und der üblichen Standardsoftware nicht mehr der Fall. Als sachlicher Gesichtspunkt ist auch nicht ausreichend, dass der Berechnung eine sogenannte Mischkalkulation zugrunde liegt, weil auch in dieser Hinsicht nicht nachvollziehbar ist, welchen Anteil die Fixkosten einnehmen und in welcher sachlichen Weise die übrigen Kosten ermittelt werden, so dass auch diese Kalkulation im Ergebnis als willkürlich angesehen werden muss. Dem steht nicht entgegen, dass eine ähnliche Berechnung des Honorars bei anderen Berufsgruppen (wie nach BRAGO, HOAI) vorgenommen wird. Insoweit sind diese anderen Berufsgruppen, insbesondere Rechtsanwälte und Architekten, bezüglich der Honorarbestimmung mit den Sachverständigen nicht vergleichbar, weil sie zum einen nicht gesetzlichen Beschränkungen unterliegen und zudem deren Honorare, abgesehen von leichten Nuancen, kalkulierbar bleiben. Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine Methode oder ein bestimmter Betrag auch nicht erst mit einer bestimmten Höhe als willkürlich anzusehen. Auch niedrige Beträge können willkürlich zustande kommen, wenn ihre Bestimmung - wie hier - ohne sachliches Kriterium erfolgt.

Zu der Frage der Billigkeit der geltend gemachten Grundgebühr ist auch nicht dem Beweisangebot des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen. Aufgrund der fehlenden Angaben des darlegungspflichtigen Klägers zum Zeitaufwand und der individuellen Schwierigkeit der Begutachtung würde die Beweisaufnahme der unzulässigen Ausforschung des Sachverhalts dienen.

Die anderen abgerechneten Kosten sind ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt worden, wobei offen bleiben kann, ob die Abrechnung von Aufwendungen stets gewinnneutral erfolgen muss. Für die Üblichkeit dieser Kosten in Rechnungen nach § 632 Abs.2 BGB ist nicht Konkretes dargetan, die pauschale Behauptung des Klägers ist nicht ausreichend. Seine Beweisanträge, die die Angemessenheit der Kosten feststellen sollen, sind nicht durch Angabe der zu begutachtenden Tatsachen untermauert, so dass ihnen ebenfalls nicht nachzugehen ist. Soweit §§ 632 Abs. 2, 315 BGB die Festsetzung von Nebenkosten durch den Sachverständigen erlauben und dabei eine gewisse Pauschalierung aus praktischen Gründen nahelegen, fehlen auch hier jegliche Anhaltspunkte für die Billigkeit der Bestimmung der Höhe der Nebenkosten. Dass der Kläger insoweit sein Ermessen nachvollziehbar ausgeübt hat, kann weder der Rechnung vom 02.05.2001 noch der Klagebegründung entnommen werden. Die pauschalen Angaben des Klägers sind in keiner Weise nachprüfbar. Zwar sind die Nebenkosten auf einzelne Posten verteilt, diese werden jedoch nicht näher konkretisiert. Es ist schon unklar, welche Fahrt der Kläger berechnet hat und durch welche Vorgänge Schreib-, Porto- und Telefongebühren entstanden sind. Angaben zum Zeitaufwand fehlen gänzlich. Auch hier wird in einer Weise pauschaliert, die das erforderliche Mindestmaß an Transparenz vermissen läßt und damit ebenfalls als willkürlich anzusehen ist.

Der Kläger kann sich hier auch nicht darauf berufen, dass die Streithelferin die vorgelegte Gebührentabelle anerkannt habe. Abgesehen davon, dass er selbst vorträgt, dass dies nicht immer geschah und die Streithelferin schon mehrfach in der Vergangenheit die Üblichkeit der Tabellen in Frage gestellt habe, ist ein treuwidriges Verhalten der Streithelferin schon deshalb nicht anzunehmen, weil sich das Honorar des Klägers allein nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestimmt. Hierauf haben jedoch etwaige Vereinbarungen und Anerkenntnisse der Streithelferin keinen Einfluss. Zudem steht es den Versicherungen frei, jederzeit ihre bisherige Praxis zu überprüfen und hiervon abzuweichen, insbesondere dann, wenn jemand - wie hier - sein Honorar und seine Kosten nach eigenem Ermessen bestimmt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf Euro 361,49 (DM 707,02).






AG Duisburg:
Urteil v. 02.01.2002
Az: 49 C 4055/01


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