Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Dezember 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 226/99

(BPatG: Beschluss v. 06.12.2000, Az.: 29 W (pat) 226/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung wird vom Bundespatentgericht abgelehnt. Die angemeldete Wortbildmarke "NetK@uf" wurde für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet angemeldet. Die Markenstelle lehnte die Anmeldung aufgrund der beschreibenden Natur des Ausdrucks ab. Sie argumentierte, dass das Kürzel "Net" häufig synonym für "Internet" verwendet wird und dass die Kombination der beiden Wörter keinen phantasievollen Überschuss enthält. Die graphische Gestaltung der Marke wurde auch nicht als schutzfähig angesehen.

Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle und dass die Argumente der Markenstelle für ein Freihaltebedürfnis unverständlich seien. Sie betont, dass es sich um eine Bildmarke handelt, die das Symbol "@" verwendet, welches nicht mit dem Buchstaben "A" identisch ist und Unterscheidungskraft verleiht.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke aus Zeichen und Angaben besteht, die zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen dienen können und dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Sie fügt die Wörter "Net" und "Kauf" auf sprachübliche Weise zu der Aussage "Kauf im Internet oder unter Verwendung des Internets" zusammen. Das Zeichen "@" verstärkt den beschreibenden Hinweis auf das Internet und verleiht der Marke keine Unterscheidungskraft.

Aufgrund der sprachlichen Gegebenheiten und der steigenden Nutzung des Internets für den Kauf von Waren und Dienstleistungen wird die Marke als Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen angesehen. Die graphische Gestaltung trägt nicht zur Unterscheidungskraft der Marke bei. Aufgrund des beschreibenden Charakters der Marke und der fehlenden Unterscheidungskraft wird die Beschwerde abgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 06.12.2000, Az: 29 W (pat) 226/99


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortbildmarkeist für die Dienstleistungen

"Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet, sowie hiermit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen für Groß- und Einzelhandel"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung gem § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, weil mit der Bezeichnung "NetK@uf" die beanspruchten Dienstleistungen selbst im Sinne von "Kauf im Internet, Kauf mittels Internet" beschrieben würden. Das Kürzel "Net" werde häufig synonym für "Internet" verwendet. Auch wenn es sich um eine bislang nicht gebräuchliche Wortzusammenstellung handeln sollte, sei diese sprachüblich gebildet und als beschreibende Angabe für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres verständlich. Sie werde von den Mitbewerbern benötigt, so daß ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die Kombination der beiden Substantive enthalte keinen über die Sachaussage hinausgehenden phantasievollen Überschuß. Auch die graphische Gestaltung begründe nicht die Schutzfähigkeit der Marke. Für den an die vielfältigste Werbegraphik gewöhnten Verkehr erschöpfe sich die Wiedergabe der angemeldeten Marke in der Verwendung des "Klammeraffen" @ für den Buchstaben "a" sowie in Schattierungen im Hintergrund und Schrift, die sich vom Werbeüblichen nicht abheben. Unter Hinweis auf Rechtsprechung und Spruchpraxis seien im übrigen an die bildliche Gestaltung einer Bezeichnung um so höhere Anforderungen zu stellen, je beschreibender der Begriff sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin unter Hinweis auf Fezer, Kommentar zum Markenrecht § 8 Rdn 26, geltend, daß der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Auch seien die Argumente der Markenstelle zum Bestehen eines Freihaltebedürfnisses völlig unverständlich. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, daß eine bislang nicht gebräuchliche Wortzusammenstellung von den Mitbewerbern der Anmelderin benötigt werde. Die Marke sei für Dienstleistungen angemeldet, für die die Anmelderin eigene Begriffe gewählt habe. Es handele sich um eine Bildmarke, die weder den Begriff "Net-Kauf" wiedergebe noch das Wort "NetKauf" unter Schutz stellen soll. Die angemeldete Marke verwende das Symbol "@", das nicht mit dem Buchstaben A identisch und allenfalls mit dem im kaufmännischen Bereich gebräuchlichen "&" gleichzusetzen sei. Es verleihe der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft. Im übrigen sei es nicht selbstverständlich, daß der Wortteil "Net" der Anmeldemarke vom Verkehr unbedingt als Hinweis auf das Internet erkannt werde, nachdem der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "NetCom" von einem Hinweis auf ein Netzwerk ausgegangen sei.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der Anmeldung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen, weil die angemeldete Marke ausschließlich aus Zeichen und Angaben besteht, die zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen dienen können, und ihr auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Die angemeldete Marke fügt in sprachüblicher Weise die beiden Wörtern "Net" und "Kauf" zu der Gesamtaussage "Kauf im Internet oder unter Verwendung des Internets" zusammen. Denn der Begriff "Net", der zunächst in seiner Bedeutung von "Netz, Netzwerk" in die deutsche Gegenwartssprache eingegangen ist, hat sich mittlerweile zu einem Synonym für das Internet entwickelt (vgl die von der Markenstelle angegebenen Belege Irlbeck, Computer-Lexikon, 3. Aufl, 1998, S 557; Langenscheidts Internet-Wörterbuch Englisch-Deutsch 1997, S 78 sowie PONS Collins Großwörterbuch Deutsch-Englisch, 1997, S 1350; K. Hinner Beck EDV-Berater: Lexikon der Telekommunikation, dtv, 1996, S 221; Knowles/Elliot, The Oxford Dictionary of New Words, Oxford 1998, S 207 f; Rosenbaum, Online-Lexikon, Berlin 1998, S 207; H. Schulze, Computerkürzel, rororo, 1998, S 264; Artikel "SZ on Net" in Beilage der Süddeutschen Zeitung 1999 Nr 60, S IV). Mit der Verbreitung des Internet und der Zunahme der Internetanschlüsse in Privathaushalten geht eine Entwicklung einher, die dieses größte und wirtschaftlich bedeutenste Netzwerk als moderne Vertriebsform propagiert, mit der dem Handel und Dienstleistern neue Absatzmöglichkeiten eröffnet werden sollen (vgl die von der Markenstelle angeführten Beispiele aus der Fach- und Tagespresse zB "Verkaufen ohne Verkaufsraum - Perspektiven für Händler" in SZ v. 11.7.1997 Seite B 10 und SZ-Technik v. 17.3.1999, Seite V2/10 "Tante Emma goes online - Auch Mittelständler leisten sich Geschäfte im Netz"; "Bestellen mit dem letzten Klick" - SZ-Technik, Beilage v. 18.6.1996, Seite T10; "Mit dem Netz auf Shopping-Tour" aus Computer & Co 12/96, S 8/9 ua).

Der Sinngehalt, den die Wortverbindung "NetKauf" zum Ausdruck bringt, ist im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eindeutig und er beschreibt diese unmittelbar, ungeachtet der Bedenken, die außerdem gegen die Unbestimmtheit der von der Anmelderin gewählten Formulierung "Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet sowie hiermit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen für Groß- und Einzelhandel" des Dienstleistungsverzeichnisses bestehen.

Die Verwendung des Zeichens "@" in dem Wortbestandteil "Kauf" nimmt der Bezeichnung "NetKauf" nicht den rein beschreibenden Charakter und sie verleiht der angemeldeten Marke auch nicht den noch so geringen Grad an Eigenart, der für die Eignung zur Unterscheidung der Dienste der Anmelderin von denen anderer Anbieter nach Gesetzeswortlaut, Rechtsprechung und Literatur ausreicht. Das Zeichen ist vielmehr geeignet, den beschreibenden Hinweis auf das Internet zu verstärken, indem es die Aussage "Kauf im Internet" bildhaft verdeutlicht. Zwar trifft es zu, daß der sog. Klammeraffe innerhalb einer Internetadresse als Kürzel für "at" auf die jeweilige elektronische Postanschrift verweist. Wie die zahlreichen von der Markenstelle genannten Beispiele und die Feststellungen des Senats zeigen, wird das Zeichen @ jedoch auf den verschiedensten Gebieten an Stelle des Buchstaben "a" verwendet, als solcher gelesen und in Anzeigen und Berichten ganz allgemein als Hinweis auf die Präsenz, den Zugang oder auf den unmittelbaren Zusammenhang mit dem Internet verstanden (zB Str@nd in Sicht; Pr@xis; @ E-Mail; Treffpunkt @rbeit; Think glob@l; Cybersp@ce; internet c@fe; Sch@ltzentrale; Jetzt neu im Internet: HUK-Autom@rkt - vgl auch Beschluß des 29. Senats v. 29.11.2000, 29 W (pat) 7/00 - WebTr@iner).

Unter Berücksichtigung der sprachlichen Gegebenheiten und der zunehmenden Nutzung des Internets für den Kauf von Waren und Dienstleistungen ist die angemeldete Marke insbesondere im Hinblick auf den weiten und umfassenden Sinngehalt von "NetKauf" als "Kauf via Internet" geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen ihrer Art und Bestimmung nach unmittelbar zu beschreiben. Dem steht nicht entgegen, daß es sich um eine Wortneubildung handelt. Denn auch neue Wortzusammenstellungen unterliegen einem gegenwärtigen Freihaltebedürfnis, wenn sie - wie hier - einen eindeutigen waren- bzw dienstleistungsbeschreibenden Sinngehalt aufweisen.

Die graphische Gestaltung führt in keiner Weise von der beschreibenden Gesamtaussage weg. Die Großschreibung des "K" erleichtert ein schnelles Erfassen des zentralen Begriffs K@uf und der dunkle Hintergrund dient der besseren Lesbarkeit der hellen, goldfarbenen Druckbuchstaben. Da die angemeldete Marke keine Merkmale aufweist, die über den beschreibenden Aussagegehalt hinausgehen, ist sie von der Eintragung gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ausgeschlossen.

Wegen des für den angesprochenen Verkehr, zu dem in erster Linie der Groß- und Einzelhandel aber auch interessierte allgemeine Abnehmerkreise zählen, im Vordergrund stehenden unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt des "Kaufs bzw Vertriebs via Internet" fehlt der angemeldeten Marke außerdem jegliche Unterscheidungskraft. Es kann nämlich davon ausgegangen werden, daß die beteiligten Verkehrskreise in der angemeldeten Marke insgesamt einen dem Internetbereich gemäßen Sachhinweis auf das Dienstleistungsangebot - ähnlich wie NETBANKING, Netguide oder Netsurfer - sehen und ihm keine betriebliche Unterscheidungseignung zumessen.

Aus den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs kann zugunsten der Anmelderin nichts hergeleitet werden. In der "BONUS"-Entscheidung (GRUR 1998, 465) hat der Bundesgerichtshof den Begriff "Bonus" als Angabe über Vertriebsmodalitäten bewertet, die nur mittelbar in Beziehung zu den Waren der Anmeldung stehen. In der "NetCom"-Entscheidung (GRUR 1997, 468) ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, daß der Bezeichnung "NetCom" im Hinblick auf den für mehrdeutig erachteten Bestandteil "Com" kein klarer Bedeutungsgehalt zukomme.

Meinhardt Baumgärtner Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 06.12.2000
Az: 29 W (pat) 226/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/714992b068aa/BPatG_Beschluss_vom_6-Dezember-2000_Az_29-W-pat-226-99




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