Bundesgerichtshof:
Urteil vom 3. Februar 2011
Aktenzeichen: IX ZR 105/10

(BGH: Urteil v. 03.02.2011, Az.: IX ZR 105/10)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Mai 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Immobiliengesellschaft, beauftragte einen Architekten mit Sanierungsarbeiten an einem ihr gehörenden Hausgrundstück. Nach dem Vorbringen der Klägerin standen ihr hieraus wegen fehlerhafter Tätigkeit Schadensersatzansprüche zu. Mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraute sie im Jahre 1998 die Beklagte zu 1, eine in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft geführte Anwaltssozietät. Der Beklagte zu 2 betreute das Mandat. Er beantragte am 5. Juli 2000 gegen den Architekten den Erlass eines Mahnbescheides wegen eines Teilbetrages in Höhe von 527.393,94 €. Der Architekt legte gegen den Mahnbescheid am 10. September 2000 Widerspruch ein. Im September 2002 wurde das Verfahren auf Antrag der Klägerin, vertreten durch den Beklagten zu 2, an das Landgericht abgegeben und dort als Klageverfahren fortgeführt. Mit Urteil vom 26. Februar 2004 wies das Landgericht die Klage wegen nicht hinreichend substantiierter Darlegung des Schadens ab. Die hiergegen vom Beklagten zu 2 eingelegte Berufung wurde mit Urteil vom 17. März 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der geltend gemachte Ersatzanspruch sei spätestens Ende des Jahres 1999 verjährt. Auch die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin nimmt die Beklagten mit Klageschrift vom 21. April 2006 wegen fehlerhafter Beratung auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens in Anspruch. Sie verlangte ursprünglich einen Betrag von 1.663.973,56 €, der sich aus Mehrkosten aus Architektenhaftung (867.914,66 €), Zinslast aus Kreditvertrag (732.567,90 €) und Prozesskosten (63.491 €) zusammensetzt. Das Landgericht hat der Klage, welche den Beklagten am 11. Dezember 2006 zugestellt wurde, nur hinsichtlich der nutzlos aufgewandten Prozesskosten stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten wegen eingetretener Verjährung die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Ersatz der Prozesskosten weiter.

Gründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2010, 2134 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, entgegen der Annahme des Landgerichts sei die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung begründet. Maßgeblich sei die dreijährige Verjährungsfrist des § 51b BRAO aF. Der geltend gemachte Schaden wegen Erhebung einer aussichtslosen Klage sei mit Eingang des Antrags beim Mahngericht, dem 5. Juli 2000, entstanden. Entscheidend sei der Zeitpunkt, an dem der Kläger Schuldner der Gerichtskosten werde, weil hierdurch der erste Teil des Kostenschadens entstehe. Die Gerichtsgebühr falle als Verfahrensgebühr bereits mit Eingang des Mahnbescheidsantrags beim Mahngericht an. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 51b BRAO sei mithin am 5. Juli 2003 abgelaufen. Allerdings habe für die Beklagten Veranlassung bestanden, die eigene Mandatsbehandlung mit Blick auf einen eigenen Pflichtenverstoß zu überprüfen und der Klägerin die Durchsetzbarkeit ihres Regessanspruches zu ermöglichen. Der hierdurch begründete Sekundäranspruch sei jedoch am 5. Juli 2006 ebenfalls verjährt.

Entgegen der Annahme des Landgerichts sei der Lauf der Verjährungsfrist nicht durch Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB gehemmt worden. Dem Schreiben der Beklagten vom 14. April 2005, mit dem sie sich bereit erklärt hätten, den Vorgang ihrer Haftpflichtversicherung vorzulegen, könne nicht die Bereitschaft zum Verhandeln entnommen werden. Die Beklagten hätten in diesem Schreiben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie aus versicherungsrechtlichen Gründen keine Erklärung zur Haftungssituation dem Grunde und der Höhe nach abgeben könnten. Auch sei eine Hemmung durch ein Verhandeln zwischen der Klägerin und dem Haftpflichtversicherer der Beklagten nicht eingetreten. Dieser habe bereits mit seinem ersten Schreiben vom 21. Dezember 2005 eine Haftung abgelehnt. Allenfalls könne eine kurzzeitige Hemmung zwischen der im Schreiben vom 19. Januar 2006 geäußerten Bitte um Fristverlängerung und dem anschließenden Ablehnungsschreiben der Haftpflichtversicherung vom 24. Januar 2006 in Betracht zu ziehen sein.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.

Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der auf Ersatz der aufgewendeten Prozesskosten gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt ist.

1. Die Verjährung richtet sich noch nach dem durch das Verjährungsanpassungsgesetz mit Wirkung vom 15. Dezember 2004 aufgehobenen § 51b BRAO. Die danach maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 2006 (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 253 Abs. 1 ZPO) abgelaufen.

a) Die Regelung des § 51b BRAO ist gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB weiter anzuwenden, falls der primäre Schadensersatzanspruch vor dem 15. Dezember 2004 entstanden ist. Bestimmt sich die Verjährung des Primäranspruchs nach § 51b BRAO, so gilt diese Vorschrift auch für den Sekundäranspruch, weil er lediglich ein Hilfsrecht und unselbständiges Nebenrecht des primären Regressanspruchs bildet (BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 30, 33; vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, WM 2009, 283 Rn. 8; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1265).

b) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist spätestens mit Einreichung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids beim Amtsgericht am 5. Juli 2000 und damit vor dem 15. Dezember 2004 entstanden. Der Kostenschaden verwirklicht sich bereits durch die Erhebung einer aussichtslosen Klage, weil damit ein erster Teil des Schadens in Form der Gerichtskosten entsteht, für die der Kläger als Zweitschuldner haftet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1995 - X ZR 32/93, NJW 1995, 2039, 2041; vom 21. Juni 2001 - IX ZR 73/00, NJW 2001, 3543, 3545, insoweit in BGHZ 148, 156 ff nicht abgedruckt; vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, aaO Rn. 9). Für die Einreichung eines aussichtslosen Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids gilt nichts anderes, weil auch hier die Gerichtskosten mit Zugang beim Gericht fällig werden (§ 6 GKG, vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl. vor § 688 Rn. 20). Der aus dem behaupteten Beratungsfehler der Beklagten erwachsene Kostenschaden ist hierbei als einheitliches Ganzes aufzufassen. Daher läuft für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiterer adäquat verursachter, zurechenbarer und voraussehbarer Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist, sobald irgendein Teilschaden entstanden ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 180/96, WM 1998, 779, 780 mwN; vom 21. Februar 2002 - IX ZR 127/00, WM 2002, 1078, 1080; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 198/06, WM 2008, 1612 Rn. 31). Die dreijährige Verjährungsfrist war gerechnet von der am 5. Juli 2000 bewirkten Einreichung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids bereits am 7. Juli 2003 und damit lange vor der hier am 11. Dezember 2006 erfolgten Klagezustellung abgelaufen.

c) Entgegen der Ansicht der Revision liegt weder in der Einlegung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil durch den Beklagten zu 2 noch in der Vorbefassung der Beklagten bei der Frage, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil eingelegt werden soll, eine einen neuen Primäranspruch auslösende Pflichtwidrigkeit der beklagten Rechtsanwälte. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist hierin lediglich ein auf der ursprünglichen rechtlichen Fehleinschätzung beruhendes weiteres Versäumnis, das - in unverjährter Zeit - die Anknüpfung für eine Sekundärhaftung bilden kann, zu sehen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, aaO Rn. 9).

d) Die in Betracht kommenden Sekundäransprüche der Klägerin sind vor der Klageerhebung ebenfalls verjährt. Sekundäransprüche verjähren, wenn sich die Verjährung des Primäranspruchs nach § 51b BRAO richtet, ebenfalls nach dieser Vorschrift (BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, aaO Rn. 8). Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit der Vollendung der Verjährung des Primäranspruchs, weil damit der durch die sekundäre Pflichtverletzung verursachte Schaden eintritt. Damit ist hinsichtlich der Sekundärhaftung zum 7. Juli 2006 Verjährung eingetreten.

2. Im Rahmen revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung des Prozessstoffes, insbesondere des Schreibens der Beklagten vom 14. April 2005, konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass im Anschluss an das vorgenannte Schreiben keine Verhandlungen zwischen den Parteien einschließlich der Haftpflichtversicherung der Beklagten im Sinne des § 203 BGB geführt wurden.

a) Für ein Verhandeln im vorgenannten Sinn genügt, wie schon bei § 852 Abs. 2 BGB aF, jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein (BGH, Urteil vom 8. Mai 2001 - VI ZR 208/00, NJW-RR 2001, 1168, 1169; vom 26. Oktober 2006 - VII ZR 194/05, NJW 2007, 587 Rn. 10; vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, NJW-RR 2007, 1358 Rn. 32; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, WM 2009, 1597 Rn. 16). Dafür kann zunächst genügen, dass der Anspruchsgegner mitteilt, er habe die Angelegenheit seiner Haftpflichtversicherung zur Prüfung übersandt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982 - VII ZR 334/80, NJW 1983, 162, 163; vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, aaO).

b) Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Entgegen der Ansicht der Revision kann ihm bei seiner Würdigung der einzelnen Umstände weder ein Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO noch eine Verletzung der Auslegungsgrundsätze nach § 133, 157 BGB angelastet werden.

Aufgrund des Erklärungsgehalts des Schreibens vom 14. April 2005 konnte es davon ausgehen, dass die Beklagten - gerade im Hinblick auf ihre versicherungsrechtlichen Obliegenheiten - nicht in einen Meinungsaustausch über den von der Klägerin geltend gemachten Schadensfall eintreten wollten. Aus der Formulierung der Beklagten, dass sie "zur Haftungssituation dem Grunde und der Höhe nach keinerlei Erklärungen abgeben" werden, war für die Klägerin als Handelsgesellschaft eindeutig erkennbar, dass die Beklagten weder gegenwärtig noch zukünftig bereit sind, über die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche zu sprechen. Darin kann eine sofortige und eindeutige Ablehnung im Sinne der vorgenannten Rechtsgrundsätze, wie vom Berufungsgericht angenommen, gesehen werden. Im Hinblick auf diese Erklärung sowie die Ergänzung, dass die Prüfung der Sach- und Rechtslage ausschließlich durch die Haftpflichtversicherung erfolge, war ferner eindeutig geklärt, dass auch etwaige Erörterungen oder gar Verhandlungen zur Sache ausschließlich deren Angelegenheit seien. Die Bereitschaft, den Vorgang der Versicherungsgesellschaft vorzulegen, konnte unter diesen Umständen von der geschäftserfahrenen Klägerin nicht als Beginn von Verhandlungen oder einer entsprechenden Gesprächsbereitschaft gewertet werden.

Soweit die Revision den Aussagegehalt des Schreibens der Beklagten vom 14. April 2005 im Sinne einer unmittelbaren Verhandlungsbereitschaft deutet, ersetzt sie im übrigen die in der Zuständigkeit des Tatrichters liegende Auslegung durch ihre eigene, was revisionsrechtlich nicht zulässig ist. Hinzu kommt, dass die Beklagten mit ihrem Schreiben vom 15. April 2005, mit dem das Telefax der Klägerin vom selben Tag beantwortet wurde, darauf hingewiesen haben, ihnen sei nicht erkennbar, welche Forderung die Klägerin überhaupt geltend machen will. Auch hieraus konnte die Klägerin erkennen, dass mangels hinreichender Konkretisierung eine Gesprächsaufnahme auf Seiten der Haftpflichtversicherung unter diesen Umständen noch nicht in Erwägung zu ziehen war.

Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob unter dem Gesichtspunkt der Schadenseinheit die Verjährung auch für die Prozesskosten zu einem früheren Zeitpunkt als der Eingang des Mahnantrags zu laufen begonnen hat.

Kayser Gehrlein Vill Fischer Grupp Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2009 - 10 O 165/06 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.05.2010 - I-5 U 101/09 -






BGH:
Urteil v. 03.02.2011
Az: IX ZR 105/10


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