Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Januar 2008
Aktenzeichen: 30 W (pat) 287/04

(BPatG: Beschluss v. 11.01.2008, Az.: 30 W (pat) 287/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 11. Januar 2008 das Verfahren zwischen der Widersprechenden und der Inhaberin der angegriffenen Marke entschieden. Die Widersprechende hatte Widerspruch gegen die Eintragung der Wortmarke "Spiru-Spa" eingelegt, da sie eine Verwechslungsgefahr mit ihrer eigenen Marke "SPA" sah. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte den Widerspruch abgelehnt und das Bundespatentgericht bestätigte diese Entscheidung.

Das Gericht stellte fest, dass die beiden Marken für teilweise identische und teilweise ähnliche Waren und Dienstleistungen verwendet werden können. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr spielte die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Rolle. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke niedrig ist, da der Begriff “Spa” beschreibend im Bereich der Kosmetik und Gesundheit verwendet wird. Der identische Bestandteil "Spa" in der angegriffenen Marke prägte die jüngere Marke nicht, da der Bestandteil "Spiru" ebenfalls prägend ist.

Das Gericht verneinte Verwechslungsgefahr, da die beiden Marken sich klar in ihrem Gesamteindruck unterscheiden. Der Bestandteil "Spa" ist kennzeichnungsschwach und kann die Gesamtprägung der Marke nicht beeinflussen. Zudem wurde eine mittelbare Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, da die beteiligten Verkehrskreise die Unterschiede zwischen den Marken erkennen und sie nicht als Serienmarken desselben Unternehmens auffassen.

Das Gericht wies die Beschwerde der Widersprechenden zurück und entschied, dass die angegriffene Marke nicht gelöscht werden muss. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen und das Verfahren wurde nicht ausgesetzt. Es bestand keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen, da der Fortbestand der Widerspruchsmarke kein vorgreifliches Rechtsverhältnis für die vorliegende Entscheidung darstellte. Es wurden keine Kosten aus Billigkeitsgründen auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.01.2008, Az: 30 W (pat) 287/04


Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen unter der Nummer 300 82 542 für die Waren und die Dienstleistung Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel enthaltend Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in Form von Pulver, Dragees, Tabletten; diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke; Beratung auf ernährungswissenschaftlichem Gebietist die Wortmarke Spiru-Spa.

Widerspruch wurde erhoben aus der unter der Nummer 2 106 346 für die Waren und Dienstleistungen Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Sauneneingetragenen Marke SPA.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Bei teilweise identischen, teilweise ähnlichen Waren und Dienstleistungen und einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke werde der erforderliche Abstand eingehalten. Unter Verweis auf neuere Entscheidungen des BPatG sei der Widerspruchsmarke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine verminderte Kennzeichnungskraft zugrundezulegen, da wegen der Bedeutung "Mineralquelle, Badekurort" von einem beschreibenden Begriffsgehalt von "Spa" für den Kosmetik- und Gesundheitsbereich auszugehen sei. Der in der angegriffenen Marke identisch enthaltene Bestandteil "Spa" präge die jüngere Marke nicht. Bei dem Begriff "Spiru" handle es sich nicht um eine unmittelbar beschreibende Sachangabe. Beide Bestandteile stünden gleichwertig nebeneinander und würden vom Verkehr auch als zusammenhängend betrachtet.

Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, eine erhöhte Kennzeichnungskraft leite sich aus der Monopolstellung der Widersprechenden ab, Mineralwasser aus den Quellen der Stadt Spa zu gewinnen und zu vermarkten. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nicht vermindert, da es keine Belege dafür gebe, dass "Spa" beschreibend verstanden werde; sie verweist hierzu auf die Entscheidung des BGH I ZR 120/98 (GRUR 2001, 420 - SPA). Anhand der von der Markenstelle angenommenen Bedeutungen zeige sich vielmehr die Unbestimmtheit und Mehrdeutigkeit des Begriffs "Spa", der als Modebegriff für eine Vielzahl verschiedenster Umstände und Sachverhalte verwendet werde. Daher werde der Begriff "Spa" in Deutschland im Bereich der Heilbäder und auch im Bereich der Pflegeprodukte nicht beschreibend verwendet. Auch die im Beschwerdeverfahren vom Senat übersandten Belege zeigten deutlich, dass der Begriff "Spa" in derart vielfältigen Bedeutungen verwendet werde, dass ein eindeutiger Begriffsgehalt nicht zugeordnet werden könne. Aus der Bekanntheit der Herkunftsangabe und der Monopolstellung der Widerspruchsmarke folge dagegen, dass der Bestandteil "Spa" in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Bedeutung behalte. Es bestehe jedenfalls mittelbare Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle vom 4. April 2003 und vom 27. September 2004 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen, hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zuzulassen sowiedas Verfahren auszusetzen bis zum Erlass einer Entscheidung in dem Rechtsbeschwerdeverfahren zum Löschungsverfahren betreffend die Widerspruchsmarke.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Widerspruch zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die im Beschluss der Markenstelle angeführten Gründe.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die angegriffene Marke ist nicht gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 2, § 42 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG zu löschen, weil sie der Widerspruchsmarke nicht so ähnlich ist, dass die Gefahr von Verwechslungen besteht.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr., vgl. GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; WRP 2004, 1281 - Mustang; WRP 2004, 1043 - NEURO-VIBOLEX / NEURO-FIBRAFLEX; WRP 2004, 907 - Kleiner Feigling).

1. Ausgehend von der Registerlage können die Marken zur Kennzeichnung identischer Waren - nämlich hinsichtlich der Waren Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege -, ansonsten ähnlicher Waren verwendet werden. Hinsichtlich der von den Vergleichsmarken beanspruchten Dienstleistungen ist jedenfalls Ähnlichkeit festzustellen. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen ist entscheidend, ob angesichts objektiver Kriterien wie Art, Erbringung, Einsatzzweck, Inanspruchnahme und wirtschaftlicher Bedeutung die beteiligten Verkehrskreise der Auffassung sein können, die beiderseitigen Dienstleistungen würden üblicherweise von denselben Unternehmen erbracht. Dabei spielen bei Dienstleistungen Gemeinsamkeiten in der Beschaffenheit oder der Erbringungsstätte weniger eine entscheidungserhebliche Rolle als die wirtschaftliche Bedeutung, also die Art und der Zweck der Leistungen, die sich vor allem in dem Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen niederschlagen. Daneben bleibt die branchenmäßige Nähe beider Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 81). Im Hinblick darauf, dass im Gesundheits- und Wellnessbereich Bade- und Saunaanwendungen nicht nur der reinen Körperertüchtigung dienen, sondern auch ein ganzheitlicher Aspekt eine wesentliche Rolle spielt, werden z. B. beim Betrieb von Badeeinrichtungen oder Saunabädern neben Kosmetikbehandlungen auch ernährungswissenschaftliche Beratungen angeboten (vgl. die nachfolgend unter 2. zitierten Belege).

2. Bei seiner Entscheidung geht der Senat - unter Bezugnahme auf seine - die vorliegende Widerspruchsmarke betreffende - Entscheidung vom 7. November 2005 (vgl. 30 W (pat) 180/04 - PLANETSPA/SPA in PAVIS PROMA - CD-ROM) und die aus diesem Verfahren der Widersprechenden bekannten Belege zur Verwendung des Begriffs "Spa" - entgegen der Auffassung der Widersprechenden von einer lediglich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Wie auch aus den Entscheidungen mehrerer Senate des BPatG ersichtlich und in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, finden sich zahlreiche Belege dafür, dass sich - unabhängig von weiteren Bedeutungen - das Wort "SPA/Spa" zu einer allgemein gebräuchlichen Bezeichnung im Wellness- und Beautybereich entwickelt hat im Sinne eines Oberbegriffs für Einrichtungen, (Kur-) Anwendungen und Behandlungen, die in unterschiedlicher Weise die wohltuende oder heilende Wirkung des Wassers nutzen, oft als Kombinationen von Thermenanwendungen, Fitness- und Ernährungsprogrammen sowie Kosmetikbehandlungen (vgl. BPatG in 24 W (pat) 198/01 - MINERAL SPA; 25 W (pat) 161/03 - VITAMIN SPA; 32 W (pat) 298/02 - SPA professionell; 33 W (pat) 193/02 - AQUA SPA, sämtlich in PAVIS PROMA - CD-ROM).

Das englische Wort "spa" bedeutet "Bad, Badeort, Heilbad, Heilquelle, Kurbad, Kurort, Mineralquelle, Wellnesscenter" (vgl. LEO Onlinelexikon der TU München) und leitet sich wohl von dem belgischen Badeort Spa ab. Auch die aus der lateinischen Wendung "salus per aquam" hergeleitete Abkürzung "Spa" wird gelegentlich zitiert.

Der Begriff Spa wird zunehmend auch in Deutschland verwendet, nicht nur um eine Art Heilbad zu bezeichnen. Die Bezeichnung Spa steht auch für Einrichtungen (Wellnessfarmen, Beautyfarmen usw.), die den Einklang und die Harmonie von Körper, Geist und Seele anstreben. Zum Angebot gehören Dienstleistungen im Wellnessbereich wie Körper- und Gesichtsbehandlungen, Regenerations-, Fitness- und Ernährungsprogramme. Zu einem Spa gehören daher z. B. Bäder, Saunalandschaften, Massage- und Pflegebereiche, Entspannungszonen sowie Fitnessbereiche. Spas gibt es in verschiedenen Kategorien wie als Day Spa, Hotel-Spa, Thermen-Spa, Spa-Resort, Privat-Spa (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Spa).

Der Begriff Spa beschränkt sich dabei nicht auf die Wellnesseinrichtung als solche, sondern bezeichnet auch die Gesamtheit der angebotenen Leistungen und Anwendungen. So kann z. B. auch ein reiner Schönheitstag mit verschiedenen kosmetischen Behandlungen als Day Spa bezeichnet werden (vgl. http://www.paradisi.de/Lexikon/D/Day_Spa/).

Daneben wird der Begriff auch verwendet für die dabei verwendeten Produkte aus dem Kosmetik- und Gesundheitsbereich, die auch als Wellnessanwendung zu Hause im oder im Rahmen eines "persönlichen Home Spa" angewendet werden können (vgl. 30 W (pat) 180/04 - SPA/PLANETSPA).

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden lässt sich dabei dem Begriff Spa durchaus ein klarer Bedeutungsgehalt zuordnen. Da der Begriff Spa, wie oben erläutert, ebenso wie der Begriff Wellness im Laufe der letzten Zeit einen umfassenderen Bedeutungsgehalt erlangt hat im Sinne etwa eines luxuriösen Genussbades ebenso wie im Sinne einer ganzheitlichen (Kurzzeit)entspannung für Körper, Seele und Geist, umfasst er auch die ganze Bandbreite der unter diesem Konzept angebotenen Leistungen und Produkte. Das beinhaltet zum einen das Angebot des Reisemarktes und der Hotelbetriebe (vgl. hierzu z. B. "Spa lautet das neue Zauberwort der Wellnessbewegung. ... dient es ... als Bezeichnung des aufgefrischten, gehobenen Kurbetriebes von ehedem ..." aus "Baden und baden lassen" unter http://www.badbad.de/archiv/mm_wellness.htm), die sich insbesondere in der Luxusklasse im Zuge einer "Professionalisierung des Wohlfühlmarktes" von dem Begriff Wellness distanzieren hin zum Begriff Spa, "... um ihrem Kurimage einen neuen Anstrich zu geben und mit guten Spa-Konzepten auch junge Menschen anzusprechen ..." (vgl. "Goethe in der Sauna" unter http://images.zeit.de/ text/2003/41/Well_2fSpa und daher beispielsweise mit Hilfe der sog. European Spa Academy Spa-Konzepte auf der Grundlage der Spa-Philosophie entwickeln und entsprechendes Spa-Fachpersonal bereitstellen (vgl. http://www.spaacademy.de/ philosophie_1.html).

Dabei soll nach diesem Konzept ein Spa alle jene Leistungen integrieren, die früher von Kurbädern, Kliniken, Kosmetiksalons oder Fitnessclubs einzeln angeboten wurden (vgl. aus "Das Spa zum Lebensglück" Nah-Reiseblatt vom 21. Juli 2005 im Archiv der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter http://faz.net).

Dabei steht - entgegen der Ansicht der Widersprechenden - einer beschreibenden Angabe grundsätzlich nicht entgegen, dass dem Begriff "Spa" nicht explizit entnommen werden kann, um welche einzelne Anwendung oder welches einzelne Produkt im Zusammenhang mit der Nutzung einer Badeanlage oder Sauna mit Wellnessbereich es sich handelt. So ist ein Zeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH, MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT; EuGH MarkenR 2004, 111 - BIOMILD). Aber auch die mit einer Aussage einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe ebenso wie die Unkenntnis des durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalts steht einem Verständnis als bloße Sachangabe nicht entgegen (vgl. BGH MarkenR 2000, 330, 332 - Bücher für eine bessere Welt). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insbesondere erforderlich und gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 Cityservice). Für den Begriff "Spa" trifft dies zu, ohne dass er seine Eignung zur allgemein verständlichen Sachinformation verlieren würde. Ebenso wie bei dem allgemein bekannten und ebenfalls für viele Facetten und Anwendungsbereiche der Körper-, Gesundheits- und Schönheitspflege verwendeten Begriff "Wellness" wird der Verkehr den Begriff "Spa" als Sammelbezeichnung für einen modernen und sich fortentwickelnden Bereich der Gesundheits- und Körperpflege verstehen (vgl. dazu ausführlich BPatG GRUR 2005, 865, 866 - SPA).

Dieser Beurteilung stehen die von der Widersprechenden herangezogenen Entscheidungen des LG Köln vom 11. April 2002 Az. 310 817/01 sowie des Berufungsurteils des OLG Köln vom 10. Januar 2003 - 6 U 86/02 - sowie des BGH vom 25. Januar 2001 (WRP 2001, 546) nicht entgegen. Zum einen betrafen diese Entscheidungen die Frage, ob die Angabe "SPA" eine geographische Herkunftsangabe im Sinne der §§ 126 Abs. 1, 127 Abs. 1 MarkenG ist und nicht, ob es sich um eine beschreibende Angabe handelt (s. dazu näher BPatG a. a. O. - SPA), zum anderen stammten die im Verfahren vor dem BGH maßgebenden Unterlagen aus dem Jahre 1996. Inzwischen hat sich aber, wie oben dargelegt, eine deutliche und breite Fortentwicklung auf dem sog. Wellness-Markt ergeben, so dass aus diesen Entscheidungen im Hinblick auf die beschreibende Bedeutung auf der Grundlage früherer, heute nicht mehr geltender tatsächlicher Verhältnisse ergangen sind.

Die Widersprechende hat zu der von ihr beanspruchten Steigerung der ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche in Bezug auf die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht ausreichend vorgetragen. Die von der Widersprechenden geltend gemachte Monopolstellung in bezug auf die Mineralwasserquellen der Stadt Spa ist nicht geeignet, im vorliegenden Fall eine andere Beurteilung zuzulassen. Auch soweit Parfümerien, Kosmetika und Körperpflegemittel unter Zusatz von Mineralwasser hergestellt werden, so handelt es sich nicht um eng verwandte Waren (vgl. BGH Bl. 1978, 326, 327 - SPAR; BPatG GRUR 1997, 293, 294 - GREEN POINT/Der grüne Punkt). Aus der möglicherweise hohen Bekanntheit der Mineralwassermarke Spa lässt sich nicht auf die Kennzeichnungskraft der hier vorliegenden Widerspruchsmarke mit der für sie eingetragenen andersartigen Waren und Dienstleistungen schließen.

3. Den angesichts teils identischer, teils ähnlicher Waren und ähnlicher Dienstleistungen und einer - wie ausgeführt - unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen mittleren Abstand hält die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein.

Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Dabei bleibt auch ein beschreibender Bestandteil bei der Feststellung des Gesamteindrucks nicht außer Betracht, sondern ist mit zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 782 - Zwilling/Zweibrüder; a. a. O. - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken klar und unverwechselbar in allen für die Beurteilung des Gesamteindrucks wesentlichen Kriterien. So verfügt die angegriffene Marke neben dem die Widerspruchsmarke allein ausmachenden identischen Element "Spa" noch über den zusätzlichen, durch Bindestrich verbundenen und vorangestellten Bestandteil "Spiru".

4. Somit kommt Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der in der Widerspruchsmarke sowie in der angegriffenen Marke identische Wortbestandteil "Spa" die angegriffene Marke allein kollisionsbegründend prägt und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; Ströbele/ Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 232 ff. m. w. N.).

Dabei ist zu beachten, dass beschreibende oder kennzeichnungsschwache Markenteile zwar nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben dürfen, ihnen aber grundsätzlich die Eignung fehlt, den Gesamteindruck einer Marke zu prägen. Insoweit scheidet bei schutzunfähigen Bestandteilen eine Verwechslungsgefahr schon aus Rechtsgründen aus, da aus diesen Bestandteilen keine gesonderten Rechte hergeleitet werden können (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 221, 274 m. w. N.).

Bei der Beurteilung der prägenden Bedeutung eines Markenteils stellt sich zunächst die Frage, ob für den Verkehr überhaupt Veranlassung besteht, sich nur an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientieren. Das muss insbesondere bei Marken verneint werden, die sich als einheitliche Gesamtbegriffe darstellen. Dabei wird die Vorstellung eines Gesamtbegriffes gefördert durch die sprachliche Ausgestaltung der Kombinationsmarke, die eine begriffliche Verbindung mit dem folgenden Zeichenteil herstellt (vgl. BGH a. a. O. Kleiner Feigling; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 270, 271 m. w. N).

Von der Frage der Schutzfähigkeit der einzelnen Bestandteile abgesehen, wird im vorliegenden Fall durch die Verbindung der beiden Elemente "Spiru" und "Spa" durch einen Bindestrich eine Klammerwirkung der beiden Worte erzeugt (vgl. BGH WRP 2002, 326, 329 - ASTRA/ESTRA-PUREN). Die Zusammensetzung "Spiru-Spa" lehnt sich an vergleichbar gebildete Kombinationen an wie zum Beispiel "Aroma-Spa, Day-Spa" (vgl. unter dem jeweiligen Begriff www.google.de ); durch den dem beschreibenden Grundelement "Spa" vorangestellten Bestandteil wird das jeweilige Spa näher konkretisiert.

Dem steht entgegen der Ansicht der Widersprechenden auch ein möglicher beschreibender Anklang des Bestandteils "Spiru" nicht entgegen. Zwar mag sich eine Assoziation an das Wort "Spirulina" und damit ein entfernter beschreibender Anklang an den Inhaltsstoff "Spirulina-Alge" ergeben, was jedoch nicht zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Spiru" in der angegriffenen Marke führt. Die angegriffene Marke ist zu einem neuen eigenständigen Phantasiebegriff aus dem kennzeichnungsschwachen Einzelelement "Spa", der aber durch die Verbindung und insbesondere Voranstellung des Bestandteils "Spiru" seine Eigenart erhält, zusammengesetzt und bildet einen einheitlichen Gesamtbegriff. Der Verkehr ist schon daher nicht veranlasst, den Gesamtbegriff "Spiru-Spa" auf den Bestandteil "Spa" zu verkürzen, da er damit der Bezeichnung die besondere Eigenart nehmen würde. Eine Prägung durch den Bestandteil "Spa" und die Gefahr von Verwechslungen scheidet schon aus diesem Grund aus.

Überdies kommt dem Bestandteil "Spa" wegen seines beschreibenden Sinngehaltes keine selbständige kollisionsbegründende Bedeutung in der angegriffenen Marke zu. Bei dem Bestandteil "Spa" handelt es sich - wie oben ausgeführt - um einen erkennbar beschreibenden Hinweis auf die Art und Bestimmung der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen, so dass dieser Bestandteil für sich allein zumindest kennzeichnungsschwach, wenn nicht schutzunfähig ist und damit die angegriffene Marke ohnehin nicht selbständig kollisionsbegründend prägen könnte.

Insoweit liegt hier eine andere Fallgestaltung vor als bei der von der Widersprechenden angeführten Entscheidung des EuGH - THOMSON LIFE (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044), da dort der - in seiner Kennzeichnungskraft nicht geschwächte - übereinstimmende Bestandteil in der jüngeren Marke mit einem Unternehmenskennzeichen verbunden war.

5. Es besteht ebenfalls nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die Annahme einer solchen mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen und insoweit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen. Sie werten gleichwohl einen in beiden Marken identisch oder zumindest wesensgleich enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke, messen diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion bei und sehen deshalb die übrigen abweichenden Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke an (vgl. BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeiChem; GRUR 2002, 542, 544 - BIG; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24). Die zu vergleichenden (abweichenden) Markenteile sprechen auch dann gegen eine mittelbare Verwechslungsgefahr, wenn sie sich mit dem gemeinsamen Bestandteil zu eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriffen verbinden, die von der Vorstellung wegführen, es handele sich um Serienmarken eines Unternehmens (vgl. BGH GRUR 1998, 932, 934 - MEISTER-BRAND; GRUR 1999, 735 - POLYFLAM/MONOFLAM; BGH GRUR 2004, 779 Zwilling/Zweibrüder). Der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter des gemeinsamen Stammbestandteils ist schließlich kennzeichnungsschwachen Markenteilen abzusprechen, so dass beschreibende Angaben bzw. daran angelehnte Bezeichnungen nicht als Stammbestandteile von Serienmarken in Betracht kommen (vgl. BGH a. a. O. - Kinder).

Im vorliegenden Fall führt eine gesamtbegriffliche Verbindung, wie oben ausgeführt, zu dem Phantasiebegriff "Spiru-Spa" von der Vorstellung weg, das Markenelement "Spa" stelle den Stammbestandteil von Serienmarken dar. Es besteht schon daher keine Veranlassung, den Bestandteil "Spiru" zu vernachlässigen.

6. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte. Voraussetzung hierfür ist, dass die beiderseitigen Kennzeichnungen als unterschiedlich und als solche verschiedener Unternehmen aufgefasst werden, aber gleichwohl aufgrund besonderer Umstände darauf geschlossen wird, dass zwischen diesen Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen. Dabei sind aber schutzunfähige Elemente auch unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht kollisionsbegründend (vgl. BGH GRUR 2000, 608, 610 - ARD-1; Ströbele/Hacker a .a. O. § 9 Rdn. 340 m. w. N.).

7. Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG. Da im vorliegenden Fall im Wesentlichen nur tatsächliche Umstände entscheidungserheblich sind, insbesondere die Weiterentwicklung der beschreibenden Bedeutung von "SPA" bis zum Entscheidungszeitpunkt des vorliegenden Verfahrens (im Gegensatz zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der in einem Löschungsverfahren angegriffenen Marke, § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG, vgl. zu alledem BPatG, a. a. O. - SPA) und keine besonderen Rechtsfragen zu klären sind, sieht der Senat weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Rechtsfrage noch den der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung als gegeben.

8. Für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gem. § 82 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung über das hinsichtlich der Löschung der Widerspruchsmarke noch anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren bestand keine Veranlassung, weil der Fortbestand der Widerspruchsmarke sich für die hier vorliegende Entscheidung der Zurückweisung der Beschwerde der Widersprechenden wegen fehlender Verwechslungsgefahr insoweit kein vorgreifliches Rechtsverhältnis darstellt (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 43 Rdn. 64).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.

Dr. Vogel von Falckenstein Paetzold Hartlieb Ko






BPatG:
Beschluss v. 11.01.2008
Az: 30 W (pat) 287/04


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