Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Februar 2000
Aktenzeichen: 23 W (pat) 45/99

(BPatG: Beschluss v. 10.02.2000, Az.: 23 W (pat) 45/99)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse G 21 K - vom 11. Juni 1999 aufgehoben; das Patent 40 14 363 wird mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 und 2 und Beschreibung Seiten 1 bis 5 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung, 1 Blatt Zeichnung in der offengelegten Fassung.

Bezeichnung: UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke Anmeldetag: 4. Mai 1990.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist unter der Bezeichnung "UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke" am 4. Mai 1990 beim Deutschen Patentamt eingereicht worden.

Mit Beschluß vom 11. Juni 1999 hat die zuständige Prüfungsstelle für Klasse G 21 K des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 2. Juli 1998 zurückgewiesen, nachdem der Anmelder innerhalb der - einmal verlängerten - Äußerungsfrist sachlich nicht Stellung genommen hat. In dem Bezugsbescheid ist dargelegt, daß der Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der US-Patentschrift 4 009 382 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder Beschwerde eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder neue Patentansprüche 1 und 2 mit einer angepaßten Beschreibung vorgelegt und die Auffassung vertreten, daß das nunmehr beanspruchte UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm nach dem neugefaßten Hauptanspruch durch den nachgewiesenen Stand der Technik, einschließlich der im Prüfungsverfahren noch genannten DDR-Patentschrift 263152 und der vom Senat aufgegriffenen, in der Beschreibungseinleitung genannten österreichischen Patentschrift 350296, nicht patenthindernd getroffen sei.

Der Anmelder beantragt, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse G 21 K - vom 11. Juni 1999 aufzuheben und das Patent 40 14 363 mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 und 2 und Beschreibung Seiten 1 bis 5 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung, 1 Blatt Zeichnung in der offengelegten Fassung.

Die geltenden Patentansprüche 1 und 2 haben nach Korrektur eines sprachlichen Fehlers im Anspruch 1 (in Zeile 2 wird das Wort "und" durch ",mit" ersetzt): folgenden Wortlaut:

"1. UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm; mit einer Strahlungsquelle (1) mit Emission in diesem Spektralbereich und einer Lichtleiteranordnung aus einem fluorhaltigem Kunststoffschlauch (4) mit einem Brechungsindex kleiner als oder gleich 1,35, der an seinen Enden durch transparente Fenster aus Quarzglas (3, 3') verschlossen und mit einer transparenten Flüssigkeit (5) gefüllt ist, deren Brechungsindex größer ist als der des Kunststoffschlauches und die eine wäßrige Lösung (5) von Natriumdihydrogenphosphat (NaH2PO4) in einer Konzentration von mindestens etwa 7 Mol pro Liter enthält.

2. UV-Polymerisationsgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoffschlauch (4) aus FEP besteht."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als patentfähig.

1.) Die geltenden Patenansprüche 1 und 2 sind zulässig, denn alle Anspruchsmerkmale sind für den Fachmann aus der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart herzuleiten (vgl hierzu BGH GRUR 1990, 510, 511/512 Abschn III.3c - "Crackkatalysator I" mw Nachw).

So stützt sich der geltende Patentanspruch 1 inhaltlich auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 5 iVm der ursprünglichen Beschreibung S 2 le Abs (hinsichtlich der Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm) und S 4 Abs 2 iVm der zum Stand der Technik genannten österreichischen Patentschrift 350296, S 4 Z 49 (hinsichtlich der Verwendung eines fluorhaltigen Kunststoffschlauches mit einem Brechungsindex kleiner oder gleich 1,35 sowie der Verwendung von Fenstern aus Quarzglas). Entscheidend dabei ist, daß die ursprüngliche Offenbarung für den Durchschnittsfachmann erkennen ließ, daß der geänderte Lösungsvorschlag von vornherein von dem Schutzbegehren umfaßt werden sollte (BGH Mitt 1996, 204, 206 liSp - "Spielfahrbahn").

Der geltende Anspruch 2 stimmt mit dem ursprünglichen Anspruch 2 überein.

2.a) Die Patentanmeldung geht nach den Angaben des Anmelders in der mündlichen Verhandlung bzw in der geltenden Beschreibung (S 1 Abs 1 und 2) von einem aus der österreichischen Patentschrift 350 296 bzw der entsprechenden US-Patentschrift 4 009 382 bekannten Polymerisationsgerät mit Flüssigkeits-Lichtleiteranordnung aus, das insbesondere zur Aushärtung von strahlungspolymerisierbaren Dentalkunststoffmassen bestimmt ist, wofür in erster Linie Strahlung im langwelligen Teil des UV-A-Bereiches (ca 330 bis 400 nm) und im kurzwelligen sichtbaren Spektralbereich benötigt wird. Als Füllflüssigkeit für den fluorhaltigen Kunststoffschlauch des Lichtleiters, deren Brechungsindex größer als der des Kunststoffschlauches sein muß, sind wäßrige Salzlösungen, insbesondere von Halogeniden, Nitraten und Phosphaten der Alkali- und Erdalkalimetalle genannt (vgl in der österreichischen Patentschrift 350 296 insbesondere die Figur mit der zugehörigen Beschreibung S 3 Z 5 bis S 4 le Abs sowie die dortigen Ansprüche 1, 3 und 4).

Als nachteilig wird vom Anmelder nach den weiteren Angaben in der Beschreibung (S 1 le Abs bis S 2 Abs 2) angesehen, daß das bekannte Polymerisationsgerät mit den dort verwendeten nicht benetzenden, hygroskopischen Lichtleiter-Flüssigkeiten für industrielle Anwendungszwecke zur Aushärtung von UV-photosensibilisierten Kunststoffen auf Acrylat-, Epoxi- oder Silikon-Basis, wie sie insbesondere zum Schutz und zur Kapselung von Halbleitereinrichtungen sowie zur Aushärtung von Klebern verwendet werden, nicht geeignet ist, weil zur Aushärtung Strahlung im UV-B-Bereich (ca 280 bis 330 nm) und kürzerwelligen Spektralbereich benötigt wird. Denn erst damit wird zum einen der bei Verwendung längerwelligerer Strahlung auftretende unerwünschte Oberflächenschmierfilm vermieden und zum anderen eine kurze Behandlungszeit erreicht.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein UV-Polymerisationsgerät für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm anzugeben, welches mit hohem Wirkungsgrad und ausgezeichneter Langzeitstabilität Strahlung mit Wellenlängen unter 330 nm, also im UV-B-Bereich und gegebenenfalls darunter zu liefern vermag (geltende Beschreibung S 2 le Abs).

Gelöst wird dieses Problem durch die im Patentanspruch 1 angegebene Merkmalskombination.

Wie der Anmelder hierzu in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf den Markterfolg erfindungsgemäßer UV-Polymerisationsgeräte dargelegt hat, wurde überraschenderweise gefunden, daß mit einer wäßrigen Lösung speziell von Natriumdihydrogenphosphat (NaH2PO4) als Lichtleiter-Füllflüssigkeit in einer Konzentration von mindestens etwa 7 Mol pro Liter ein UV-Polymerisationsgerät für die Applikation von Strahlung im UV-B- und kürzerwelligeren Spektralbereich mit hohem Wirkungsgrad und ausgezeichneter Langzeitstabilität zu realisieren ist.

b) Dem vorstehend erläuterten Sachverhalt entsprechend, dient der im geltenden Patentanspruch 1 angegebene Hinweis "für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm" nicht als bloße Zweckangabe, sondern - wie der Anmelder in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - als mittelbare Umschreibung der funktionellen Zurichtung des UV-Polymerisationsgerätes für die Applikation von Strahlung in diesem speziellen Spektralbereich (vgl zur Zulässigkeit von Zweckangaben im Patentanspruch BGH GRUR 1981, 259, 260 reSp - "Heuwerbungsmaschine II"). Mit dem so begründeten "zweckgebundenen Sachschutz", dem eine bestimmte Zweckverwirklichung als finales Element innewohnt, das einen wesentlichen Bestandteil der unter Schutz gestellten Lehre bildet, ist der Gegenstand des Sachpatents vorliegend auf die zweckgerichtete Verwendung des UV-Polymerisationsgeräts für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm, dh UV-B- und kurzwelligere Strahlung, beschränkt (BGH Heuwerbungsmaschine II aaO; BGH GRUR 1987, 794, 796 - "Antivirusmittel"; szBG GRUR Int. 1997, 932, 933 - "Beschichtungsanlage"; Busse, PatG, 5. Aufl, § 9 Rdn 59 bis 61 mwN; Bruchhausen in GRUR 1980, 364, 367 Abschn Nr 6).

3.) Das UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm nach dem Patentanspruch 1 ist neu. Es ist in keiner der im Verfahren befindlichen Vorveröffentlichungen vollständig vorbeschrieben.

Das aus der österreichischen Patentschrift 350 296 - bzw der inhaltlich weitgehend entsprechenden US-Patentschrift 4 009 382 - bekannte Polymerisationsgerät weist eine an eine Strahlungsquelle (10,14) gekoppelte Lichtleiteranordnung (12) aus einem fluorhaltigen Kunststoffschlauch (34) mit einem Brechungsindex kleiner als oder gleich 1,35 auf (der Brechungsindex 1,35 ist derjenige von dem vorzugsweise verwendeten Polytetrafluoräthylenhexafluorpropylen (FEP) - vgl den geltenden Anspruch 2), der an seinem Ende durch transparente Quarzglas-Fenster (38,40) verschlossen und mit einer transparenten Flüssigkeit (36) gefüllt ist, deren Brechungsindex größer ist als der des Kunststoffschlauchs; die Lichtleiter-Füllflüssigkeit besteht aus einer wäßrigen Salzlösung, insbesondere von Halogeniden, Nitraten und Phosphaten der Alkali- und Erdalkalimetalle, vorzugsweise CaCl2 (vgl in der österreichischen Patentschrift insbesondere die Figur mit zugehöriger Beschreibung S 3 Z 5 bis S 4 le Abs, S 2 Z 25 bis 27 sowie die Ansprüche 1 und 3 bis 5).

Das bekannte Polymerisationsgerät ist insbesondere zum Aushärten strahlungspolymerisierbarer Dentalkunststoffmassen bestimmt (österreichische Patentschrift 350 296 S 2 Z 25 bis 27 und S 3 Z 5 bis 7), wofür in erster Linie Strahlung im langwelligen Teil des UV-A-Bereiches (ca 330 bis 400 nm) und im kurzwelligen sichtbaren Spektralbereich benötigt wird, wohingegen die UV-B-Strahlung in der Zahnheilkunde wegen der Gefahr der Erythembildung und Konjunktivitis unerwünscht ist (vgl die geltende Beschreibung S 1 Abs 2 und S 2 Abs 1 le Satz).

Bei der Neuheitsprüfung ist nach ständiger Rechtsprechung zu berücksichtigen, daß zum neuheitsschädlichen Offenbarungsgehalt einer zum Stand der Technik gehörenden Druckschrift nicht nur das ausdrücklich Beschriebene, sondern auch das mit einzubeziehen ist, was für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerläßlich zu ergänzen ist und was er bei aufmerksamer Lektüre ohne weiteres erkennt und in Gedanken gleich mitliest (BGH GRUR 1995, 330 - "Elektrische Steckverbindung").

Im Hinblick auf die in der österreichischen Patentschrift 350 296 allgemein (mit)offenbarten wäßrigen Salzlösungen von Alkaliphosphaten mag der Fachmann, ein mit der Konzeption und Verwendung von UV-Polymerisationsgeräten mit Flüssigkeitslichtleiter befaßter berufserfahrener Physikochemiker mit Universitätsabschluß, der über die relevanten geräte- und anwendungsspezifischen physikalischen und chemischen Kenntnisse verfügt, zwar ohne weiteres die Erkenntnis gewinnen, daß damit zumindest auch die Natriumphosphate und somit auch das beanspruchte Natriumdihydrogenphosphat (NaH2PO4) gemeint sind. Auch mag die beanspruchte Konzentration von mindestens etwa 7 Mol pro Liter, die nach Aussage des Anmelders einem Brechungsindex von mindestens etwa 1,40 entspricht, als Teilmenge von der bekannten Bemessungsregel für den Brechungsindex der Flüssigkeit umfaßt sein, der etwas, zB bis zu einem Zehntel höher ist als der des Materials des Lichtleiterschlauches, dh 1,35 für FEP (österreichische Patentschrift S 4 Z 16/17 iVm S 4 Z 49). Jedoch erschließt sich dem Fachmann aus den genannten Druckschriften nicht die funktionelle Eignung einer derartigen Natriumdihydrogenphosphat-Lösung als Lichtleiter-Füllflüssigkeit speziell für die neuartige Verwendung des UV-Polymerisationsgerätes zur Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm.

Die im Prüfungsverfahren noch genannte DDR-Patentschrift 263 152 betrifft eine Gammabestrahlungsanlage für Flüssigprodukte und weist insoweit keine Gemeinsamkeiten mit dem beanspruchten UV-Polymerisationsgerät auf. Diese Druckschrift wurde im Prüfungsbescheid vom 2. Juli 1998 (S 3 vorle Abs) im übrigen auch nur im Zusammenhang mit der im ursprünglichen Anspruch 7 angegebenen Sterilisierung der Lichtleiter-Flüssigkeit durch Bestrahlung genannt.

4.) Das UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn die Lehre ergibt sich für den vorstehend definierten Durchschnittsfachmann nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik.

Für die im Patentanspruch 1 festgelegte spezielle Verwendung einer wäßrigen Lösung von Natriumdihydrogenphosphat als Lichtleiter-Füllflüssigkeit bei einem UV-Polymerisationsgerät für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm findet sich weder in der österreichischen Patentschrift 350 296 noch in der korrespondierenden US-Patentschrift 4 009 382 eine Anregung. Die dort als Lichtleiter-Füllflüssigkeit genannten wäßrigen Salzlösungen von Halogeniden, Nitraten und Phosphaten der Alkali- und Erdalkalimetalle sind nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Eignung im UV-B- und kürzerwelligen Spektralbereich ausgewählt. Als maßgebliche Eigenschaft wurde dort vielmehr angesehen, daß die Lichtleiter-Füllflüssigkeit hygroskopisch ist und den Kunststoffschlauch nicht benetzt (vgl in entsprechender Reihenfolge den Anspruch 2 bzw den jeweiligen Hauptanspruch der genannten Patentschriften). Auch wird für den konkret genannten Anwendungszweck des bekannten Polymerisationsgerätes in der Zahnheilkunde zur Polymerisation von Kunststoff-Zahnfüllungen - wie dargelegt - in erster Linie Strahlung im langwelligen Teil des UV-A-Bereichs (ca 330 bis 400 nm) und im kurzwelligen sichtbaren Spektralbereich benötigt, wohingegen die kurzwelligere UV-B-Strahlung in der Zahnheilkunde wegen der Gefahr der Erythembildung und Konjunktivitis gerade unerwünscht ist.

Daß bei dem bekannten Polymerisationsgerät die Applikation speziell von kurzwelliger UV-Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm weder angestrebt noch zielgerichtet erreicht wird, ergibt sich im übrigen auch daraus, daß mit der dort als vorteilhaft angesehenen und bevorzugt verwendeten wäßrigen CaCl2-Lösung als Lichtleiter-Füllflüssigkeit die UV-Transmission bei den Wellenlängen 330 und 310 nm bereits nach 50 Stunden UV-Bestrahlung auf fast die Hälfte des Anfangswertes abgefallen ist, vgl die in der ursprünglichen Beschreibung, Tabelle S 5, beschriebenen Vergleichsversuche.

Demgegenüber kommt erst dem Anmelder die Erkenntnis zu, daß speziell mit einer Natriumdihydrogenphosphat-Lösung als Lichtleiter-Füllflüssigkeit überraschenderweise ein für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm verwendbares UV-Polymerisationsgerät mit hohem Wirkungsgrad und ausgezeichneter Langzeitstabilität realisiert werden kann.

Bei der Suche nach einer für den genannten neuen Verwendungszweck geeigneten Lichtleiter-Füllflüssigkeit ist ferner zu berücksichtigen, daß die wäßrige NaH2PO4-Lösung erst in aufwendigen, über ein Jahr dauernden Langzeitversuchen aus einer Vielzahl von Stoffen - ohne eine angemessene Erfolgserwartung (reasonable expection of success) für eine bestimmte Stoffklasse - herausgefunden werden konnte, was eine insoweit die handwerkliche Routine des Durchschnittsfachmanns übersteigende und somit erfinderische Leistung darstellt (vgl ABl EPA, 1992, 268, 282 - "Fusionsproteine/HARVARD"). Wie der Anmelder in der mündlichen Verhandlung hierzu dargelegt hat, haben sich beispielsweise auch die gemäß den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen mituntersuchten Kaliumphosphate als Lichtleiter-Füllflüssigkeit, die nach 50 Stunden UV-Bestrahlung noch keinen nennenswerten Abfall der Transmission bei den Wellenlängen 310 bzw 330 nm zeigten (vgl die Tabelle auf S 5 der ursprünglichen Beschreibung), aufgrund ihres Langzeitverhaltens für den im Anspruch 1 festgelegten neuen Verwendungszweck des UV-Polymerisationsgerätes letztlich als ungeeignet erwiesen.

Die vom Anmelder für die neue Verwendung des UV-Polymerisationsgerätes für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm aufgefundene und inzwischen in der industriellen Praxis seit Jahren bewährte wäßrige Natriumdihydrogenphosphat-Lösung als Lichtleiter-Füllflüssigkeit ist somit als "glücklicher Griff" zu werten, der ein zusätzliches Beweisanzeichen für die erfinderische Qualität der beanspruchten Lehre ist (vgl BGH GRUR 1965, 473, 478 - "Dauerwellen I"; BGH GRUR 1984, 580, 582 - "Chlortoluron"; BGH GRUR 1959, 22, 24 reSp - "Einkochdose").

Das UV-Polymerisationsgerät für industrielle Zwecke für die Applikation von Strahlung mit einer Wellenlänge < 330 nm nach dem geltenden Anspruch 1 ist somit patentfähig.

An den Patentanspruch 1 kann sich der auf ihn zurückbezogene Unteranspruch 2 anschließen, denn er hat eine vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsart des UV-Polymerisationsgerätes nach Anspruch 1 zum Gegenstand; seine Patentfähigkeit wird von derjenigen des Gegenstandes des Hauptanspruchs mitgetragen.

5.) Die geltende Beschreibung erfüllt die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Wiedergabe des Standes der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, und - iVm der Zeichnung - hinsichtlich der Erläuterung des beanspruchten UV-Polymerisationsgerätes.

Dr. Beyer Dr. Meinel Tronser Lokys Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.02.2000
Az: 23 W (pat) 45/99


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