Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 23/03

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2005, Az.: 33 W (pat) 23/03)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. November 2002 teilweise aufgehoben, nämlich soweit der Widerspruch hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Kl. 9: Programme für die Datenverarbeitung und für die Lieferung von Daten; mit Programmen und sonstigen Daten versehene Datenträger, soweit in Klasse 9 enthalten;

Kl. 38: Telekommunikation; Liefern und Übertragen von Daten; Übermitteln von Wertpapierkauf- und Wertpapierverkaufsaufträgen; computergestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste; Bereitstellen von Informationen in elektronischen Netzwerken; interaktive Beratungsdienstleistungen, insbesondere elektronische Abfragen im Zusammenhang mit Börsengeschäften;

Kl. 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung und Implementierung von Programmen für die Datenverarbeitung; Empfangen, Speichern, Sammeln, Zusammenstellen, Verarbeiten, Aktualisieren, Analysieren und Bereitstellen von Daten und Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften; Betrieb von Suchsystemen in Computernetzwerken, einschließlich des Internets; Betrieb eines Informationssystems in elektronischen Netzwerken für Börsengeschäfte; Aufbau, Bereitstellung, Betrieb und Wartung von Netzwerken und von Telekommunikationsnetzen.

2. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 397 30 024 wird die teilweise Löschung der Marke 300 85 674 angeordnet, nämlich für die unter Ziffer 1. aufgeführten Waren und Dienstleistungen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke 300 85 674 XO für Kl. 9: Programme für die Datenverarbeitung und für die Lieferung von Daten; mit Programmen und sonstigen Daten versehene Datenträger, soweit in Klasse 9 enthalten;

Kl. 36: Finanzwesen; Geldgeschäfte; Börsenwesen; Durchführung von Börsengeschäften; Darstellen von Börsen-, Wertpapier- und Kursinformationen; Dienstleistung eines Finanz- und Wertpapiermaklers; Handel und Vermittlung von Wertpapieren; Telebanking;

Kl. 38: Telekommunikation; Liefern und Übertragen von Daten; Übermitteln von Wertpapierkauf- und Wertpapierverkaufsaufträgen; computergestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste; Bereitstellen von Informationen in elektronischen Netzwerken; interaktive Beratungsdienstleistungen, insbesondere elektronische Abfragen im Zusammenhang mit Börsengeschäften;

Kl. 41 Ausbildung; Veranstaltung von Lehrgängen und Seminaren; Veröffentlichung von Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften;

Kl. 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung und Implementierung von Programmen für die Datenverarbeitung; Betrieb eines computerunterstützten Börsenhandels- und Entscheidungssystems; Empfangen, Speichern, Sammeln, Zusammenstellen, Verarbeiten, Aktualisieren, Analysieren und Bereitstellen von Daten und Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften; Betrieb von Suchsystemen in Computernetzwerken, einschließlich des Internets; Betrieb eines Informationssystems in elektronischen Netzwerken für Börsengeschäfte; Aufbau, Bereitstellung, Betrieb und Wartung von Netzwerken und von Telekommunikationsnetzenist Widerspruch eingelegt worden aus der farbig eingetragenen Wort-/Bildmarke 397 30 024 für Kl. 9: Software, insbesondere Individualsoftware; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Kl. 38: Telekommunikationsdienstleistungen;

Kl. 42: Entwicklung von Software, insbesondere von Individualsoftware; Dienstleistungen eines Programmierers; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung) auf dem Gebiet der Datenverarbeitung und der Telekommunikation.

Mit Beschluss vom 27. November 2002 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch ein Mitglied des Patentamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwar Identität zwischen den beiderseitigen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 38 und teilweise, nämlich hinsichtlich "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung und Implementierung von Programmen für die Datenverarbeitung", auch der Klasse 42, während im übrigen keine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bestehe. Zwischen den Zeichen liege jedoch keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit vor. Dies gelte auch für den klanglichen Markenvergleich. Es müsse von einer regelkonformen Aussprache der beiden Markenwörter ausgegangen werden. Bei der jüngeren Marke biete sich dabei die Benennung mit "iksoh" an. Da "XO" kein bekanntes Wort darstelle, werde es als Abkürzung verstanden werden. Bei der Widerspruchsmarke "AIXO" biete sich dagegen die Aussprache "eiksoh" an. Aufgrund der Wortlänge werde das Publikum nicht mehr von einer Abkürzung ausgehen können. Weder aus den Verzeichnissen der Marken noch aus sonstigen Umständen, wie den Verkehrsgepflogenheiten, ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr die Marken englisch aussprechen werde. Die deutlichen Unterschiede zwischen den Klangbildern "iksoh" und "eikso", insbesondere hinsichtlich der Anfangsvokale und der Silbenfolge schlössen eine Verwechslungsgefahr trotz teilweise vorliegender Identität der Waren und Dienstleistungen bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zuverlässig aus.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie erhält den Widerspruch gegen die jüngere Marke nicht mehr aufrecht, soweit folgende Dienstleistungen betroffen sind:

"Finanzwesen, Geldgeschäfte, Börsenwesen".

Nach Auffassung der Widersprechenden umfassen die für sie geschützten Telekommunikationsdienstleistungen sämtliche technischen Abwicklungen von Börsengeschäften und alle damit zusammenhängenden Aktivitäten mittels Telekommunikationsnetzwerken, insbesondere dem Internet, so dass Telekommunikationsdienstleistungen identisch oder unmittelbar ähnlich seien mit "Durchführung von Börsengeschäften", soweit die technische Abwicklung betroffen sei. Insoweit bestehe auch eine Identität oder Ähnlichkeit mit weiteren wertpapier- und börsenbezogenen Dienstleistungen der jüngeren Marke, wie etwa "Darstellen von Börsen-, Wertpapier- und Kursinformationen; Dienstleistungen eines Finanz- und Wertpapiermaklers; Handel und Vermittlung von Wertpapieren; Telebanking; Übermitteln von Wertpapierkauf- und Wertpapierverkaufsaufträgen; computergestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste; Bereitstellen von Informationen in elektronischen Netzwerken; interaktive Beratungsdienstleistungen, insbesondere elektronische Abfragen im Zusammenhang mit Börsengeschäften; Veröffentlichung von Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften; Betrieb eines computerunterstützten Börsenhandels- und -entscheidungssystems; Empfangen ... von Daten und Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften; Betrieb eines Informationssystems in elektronischen Netzwerken für Börsengeschäfte".

Den danach erforderlichen Abstand halte die angegriffene Marke nicht ein. Gerade bei englischer Aussprache seien die Marken phonetisch nicht nur ähnlich sondern sogar identisch. Die Widerspruchsmarke werde nicht, wie die Markenstelle meine, "eiksoh" sondern vielmehr "ä(e)-ksoh" bzw. "eks«o" gesprochen, zumal dem Verkehr Begriffe wie "Aixla-Chapelle" oder "Aixen-Provence" bekannt seien. Die grafische Gestaltung der Widerspruchsmarke lege die Silbentrennung "AIX-O" nahe. Allen möglichen sprachlichen Varianten der beiden Marken sei gemeinsam, dass sie zweisilbig ausgesprochen würden, wobei sich jeweils mittig zwischen zwei vokalischen Lauten die Konsonantenkombination "ks" befinde und die Betonung auf dem Wortanfang liege, während das Wortende deutlich schwächer betont werde. Damit stünden sich, je nach Aussprachevariante, klanglich identische oder hochgradig ähnliche Marken gegenüber, so dass eine Verwechslung auf der Hand liege. Dies gelte auch in begrifflicher Hinsicht, denn "XO" werde beispielsweise als Abkürzung für "extra ordinary" verwendet. Gleich welche Bedeutung der Verkehr der Marke "XO" beimesse, er werde sie auch dem ebenso klingenden Bestandteil der anderen Marke beimessen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragung der angegriffenen Marke zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung weisen die beiderseitigen Marken keinerlei Ähnlichkeit auf. Dies gelte zunächst in schriftbildlicher Hinsicht, da es sich bei den Marken um Kurzzeichen handele, bei denen schon geringfügige Abweichungen zum Ausschluss einer Ähnlichkeit ausreichten. Vorliegend lägen sogar deutliche Abweichungen vor, zumal die Widerspruchsmarke doppelt so lang sei wie die angegriffene Marke. Diese Unterschiede würden durch die grafische Gestaltung und Farbgebung der Widerspruchsmarke noch verstärkt. Insbesondere führe die Hervorhebung der ersten drei Buchstaben und die weiße Ausgestaltung des Schlussbuchstabens "O" mit rot ausgefülltem Innenraum dazu, dass dieser in den Hintergrund trete und verblasse. Die Buchstabenfolge "XO" sei für den Verkehr kaum mehr erkennbar.

Auch in klanglicher Hinsicht seien die Marken nicht ähnlich. Die angegriffene Marke werde als reine Buchstabenkombination aufgefasst und damit "ikso" gesprochen. Die Widerspruchsmarke werde hingegen aufgrund ihrer Länge nicht mehr als Abkürzung aufgefasst und daher zusammenhängend als "aikso" gesprochen. Der Unterschied zwischen den beiden Klangbildern sei offensichtlich. Hinzu komme der unterschiedliche Wortanfang, da die Widerspruchsmarke über den stärker beachteten Anfangsbestandteil "AI" verfüge. Außerdem werde die Widerspruchsmarke auf ihrer Anfangssilbe "AI", insbesondere dem Anfangsvokal "A" betont. Schließlich verändere auch die unterschiedliche Stellung der markanten Konsonantenfolge "ks" das Klangbild.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden sei auch nicht von einer englischen, sondern von einer deutschen Aussprache der Marken auszugehen. Die Buchstabenkombination "XO" und die Widerspruchsmarke "AIXO" seien keine feststehenden und gebräuchlichen Wörter der deutschen Sprache. Eine englische Aussprache sei auch nicht durch die Art der Wortbildung nahe gelegt. Im übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr Namen oder Abkürzungen grundsätzlich englisch ausspreche. Der Verkehr auf dem Gebiet des Wertpapierhandels sei neben zahlreichen deutsch ausgesprochenen Begriffen auch an deutsche Abkürzungen gewöhnt, wie etwa "DAX", "Xetra" oder "NEMAX".

Es bestehe schließlich auch keine begriffliche Verwechslungsgefahr, denn weder der Widerspruchsmarke noch der angegriffenen Marke könne ein Sinngehalt entnommen werden. Insbesondere sei die von der Widersprechenden behauptete Verwendung der Buchstabenkombination "XO" für "extra ordinary" nicht geläufig, was auch durch englischsprachige Wörterbücher bestätigt werde.

Ergänzend verweist die Markeninhaberin darauf, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen nach ihrem Schwerpunkt keine Ähnlichkeit aufwiesen. So umfassten beispielsweise Telekommunikationsdienstleistungen nur das Aussenden, Übermitteln und Empfangen von Inhalten im Internet. Das Anbieten von Inhalten, zum Beispiel die Darstellung von Börsen-, Wertpapier- und Kursinformationen, würden hiervon nicht erfasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. Im Umfang der in Ziff. 1. des Entscheidungsausspruchs genannten Waren und Dienstleistungen besteht zwischen den Marken eine Gefahr von Verwechslungen i.S.d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 = WRP 2002, 537 - BANK 24, m.w.N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte als normal einzustufen.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen teilweise, nämlich im Umfang der in Ziff. 1. des Entscheidungsausspruchs aufgeführten Waren und Dienstleistungen im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich.

Auf Seiten der angegriffenen Marke sind die ausschließlich softwarebezogenen Waren der Klasse 9, d.h. "Programme für die Datenverarbeitung und für die Lieferung von Daten; mit Programmen und sonstigen Daten versehene Datenträger, soweit in Klasse 9 enthalten", sowie die auf Softwareprogrammierung und -implementierung gerichteten Dienstleistungen der Klasse 42 mit den entsprechenden Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke weitgehend völlig identisch, im Übrigen jedenfalls hochgradig ähnlich.

Ebenso sind auf Seiten der angegriffenen Marke sämtliche Dienstleistungen der Klasse 38 vollkommen von dem für die Widersprechende geschützten Oberbegriff "Telekommunikationsdienstleistungen" erfasst, der die gesamte Klasse 38 abdeckt. Auch insoweit besteht damit Identität.

Mit dem Oberbegriff "Telekommunikationsdienstleistungen" überschneiden sich auch die für die jüngere Marke eingetragenen informationstechnischen Dienstleistungen "Empfangen, Speichern, Sammeln, Zusammenstellen, Verarbeiten, Aktualisieren, Analysieren und Bereitstellen von Daten und Informationen im Zusammenhang mit Börsengeschäften" und vor allem "Betrieb von Suchsystemen in Computernetzwerken, einschließlich des Internets; Betrieb eines Informationssystems in elektronischen Netzwerken für Börsengeschäfte; Aufbau, Bereitstellung, Betrieb und Wartung von Netzwerken und von Telekommunikationsnetzen". Diese informationstechnisch orientierten Dienstleistungen überschneiden sich trotz ihrer inhaltlichen Spezialisierung teilweise mit Telekommunikationsdienstleistungen oder kommen ihnen und den weiteren für die Widersprechende geschützten EDV-Waren und -Dienstleistungen so nahe, dass auch insoweit eine Teilidentität, zumindest eine hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit festzustellen ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die genannten Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden nicht auf bestimmte Inhalte beschränkt sind und daher auch den technischen Börsenbereich mit umfassen können.

c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Der Senat folgt dabei im Ansatz der von den Beteiligten und der Markenstelle einheitlich vertretenen Ansicht, dass die jüngere Marke vom Verkehr als Buchstabenmarke, die Widerspruchsmarke bzw. ihr Wortbestandteil hingegen als vollständiges Wort aufgefasst und benannt werden. In klanglicher Hinsicht liegt dann aber bereits eine zumindest mittelgradige Ähnlichkeit vor, selbst wenn der Verkehr die Marken deutsch ausspricht, d.h. die jüngere Marke als "ikso", die Widerspruchsmarke mit "aikso" oder "eikso" (je nach Verkehrsteilnehmer mit mehr oder weniger deutlichem Diphtong). Denn der Anfangsvokal "I" der jüngeren Marke ist auch im Wortanfang der Widerspruchsmarke mit enthalten, der Schlussvokal "O" ist in beiden Marken identisch, ebenso wie die markante Lautfolge "KS". Bei zügiger und nicht übertrieben deutlicher Aussprache wird auch der Stammabsatz vor dem "O" bei der jüngeren Marke nicht so deutlich wahrgenommen, dass sich ihr Sprechrhythmus von dem der Widerspruchsmarke wesentlich unterscheidet. Die Marken weichen damit klanglich im Wesentlichen durch den nur in der Widerspruchsmarke vorhandenen Vokal "A" voneinander ab. Dies ist für sich genommen zwar ein beachtlicher Unterschied, zumal das "A" in einer Hell-/Dunkelkombination mit dem weiteren Vokal "I" auftritt, angesichts der o.g. sonstigen Gemeinsamkeiten der Marken ist jedoch selbst bei deutscher Aussprache noch eine mittelgradige klangliche Ähnlichkeit festzustellen.

Bei den hier relevanten börsen-, EDV- und telekommunikationsbezogenen Dienstleistungen ist jedoch auch damit zu rechnen, dass ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs die Marken in der herrschenden Fachsprache auf diesem Gebiet, also englisch, ausspricht. Während die Buchstabenmarken deutscher Unternehmen zumeist deutsch gesprochen werden ("SAP", "MLP"), was allerdings keineswegs einheitlich geschieht ("O"), werden Buchstabenmarken angloamerikanischer Unternehmen von der heutigen Generation berufstätiger Verkehrsteilnehmer hingegen zumeist englisch ausgesprochen ("IBM", "AT & T"), sofern sich nicht im Einzelfall noch eine traditionelle deutsche Sprechweise erhalten hat (z.B. "BP" für "British Petroleum"). Nachdem aus der jüngeren Marke nicht erkennbar ist, aus welchem Sprachraum das dahinter stehende Unternehmen bzw. der dahinter stehende Gesamtausdruck entstammt, ist sowohl mit deutscher als auch mit englischer Benennung zu rechnen.

Ähnliches gilt für die Widerspruchsmarke. Bei ihr kommt hinzu, dass sie mit dem Diphtong "AI" am Wortanfang und dem nachfolgenden Buchstaben "X" für deutsche Wortbildungen besonders fremdartig wirken würde. Unabhängig davon, welche Nationalität der Verkehr hinter dem Unternehmen vermutet, wird er schon aus diesem Grunde in einem jedenfalls nicht unbeachtlichen Umfang geneigt sein, sie von vornherein fremdsprachlich auszusprechen. Dabei wird im hier relevanten Waren- und Dienstleistungsbereich in der Regel die englische Sprache in Betracht kommen, selbst wenn die Wortbildung auch dieser Sprache nicht entspricht (vgl. "Exxon", "EuroStoxx"). Ob hierbei auch ein französischer Einschlag mit in Betracht kommt, soll dahingestellt bleiben, da sich dies klanglich nicht entscheidend auswirkt (vgl. z.B. "Aixtron").

Spricht man die Marken also englisch aus, so liegen sie noch näher beieinander als bei deutscher Aussprache. Denn hierbei wird der Diphtong am Anfang der Widerspruchsmarke weniger deutlich ausgesprochen (vgl. z.B. "aid", "AIDS", "aim", "air"), so dass sich die jüngere Marke "ekso" und die Widerspruchsmarke "äkso" (oder allenfalls "ejkso") gegenüberstehen.

d) Angesichts der insoweit mittelgradig bis hochgradigen klanglichen Ähnlichkeit, der oben festgestellten teilweise vorliegenden Identität, zumindest aber hochgradigen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in einem jedenfalls noch beachtlichem Umfang mit Verwechslungen zu rechnen. Der Beschwerde war damit im Umfang der in Ziff. 1. genannten Waren und Dienstleistungen stattzugeben.

2. Hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke kann eine Verwechslungsgefahr schon mangels jeglicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden.

Zwar können die in der Klasse 36 für die angegriffene Marke eingetragenen finanzbezogenen Dienstleistungen, soweit sie noch angegriffen sind, mit Hilfe der für die Widersprechenden geschützten EDV- und Telekommunikationsdienstleistungen erbracht werden, jedoch sind letztere nur ein technisches Hilfsmittel für die Erbringung der erstgenannten Dienstleistungen. Dies reicht für die Feststellung einer auch nur geringen Dienstleistungsähnlichkeit nicht aus (vgl. BPatG GRUR 2001, 518 - d3.net/d.3). Der Grundsatz, dass Dienstleistungen generell weder mit den für ihre Erbringung benötigten Waren noch mit den damit erstellten Ergebnissen ähnlich sind, lässt sich insoweit auch auf das Verhältnis von Dienstleistungen untereinander übertragen. Dies zeigt auch die Weite, mit der die Widersprechende in ihrer Beschwerdebegründung vom 17. Dezember 2002 eine Identität oder Ähnlichkeit mit nahezu jeder Dienstleistung herzuleiten versucht, die irgendwie mit Hilfe von Computern oder Telekommunikation erbracht wird. Angesichts der Verbreitung elektronischer Hilfsmittel in vielen Dienstleistungsbereichen kann dies kein brauchbares Kriterium für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr sein. Da ansonsten keine wirtschaftlichen Berührungspunkte ersichtlich sind, die für eine auch nur geringe Ähnlichkeit sprechen können, besteht insoweit keine Verwechslungsgefahr.

Dies gilt ebenso für die in der Klasse 41 eingetragenen Dienstleistungen der jüngeren Marke.

Aus ähnlichen Gründen kann auch hinsichtlich der für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistung "Betrieb eines computerunterstützten Börsenhandels- und Entscheidungssystems" keine ausreichende Ähnlichkeit mit den EDV- und Telekommunikationsdienstleistungen der Widersprechenden festgestellt werden. Es kann dahinstehen, ob die Waren und Dienstleistungen der Widersprechenden mit dem Aufbau eines solchen Börsenhandels- und Entscheidungssystems ähnlich wären. Betrieben werden solche Systeme jedenfalls nicht von EDV-, Internet- oder Telekommunikationsunternehmen sondern von Börsen, ggf. auch Banken oder sonstigen Wertpapierhandelsunternehmen, so dass die Erbringer der beiderseitigen Dienstleistungen verschieden sind. Ebenso ist der Zweck der Waren und Dienstleistungen verschieden. Auch die wirtschaftliche Bedeutung der Dienstleistungen ist unterschiedlich. Damit kann auch insoweit keine Ähnlichkeit festgestellt werden, so dass der Widerspruch und damit die Beschwerde teilweise unbegründet sind.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2005
Az: 33 W (pat) 23/03


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