Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 140/99

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 28 W (pat) 140/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 14. Juni 1999 aufgehoben.

Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Eingetragen ist die farbige dreidimensionale Marke 398 08 756 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren Milch und Milcherzeugnisse; Desserts, im wesentlichen bestehend aus Milch, Buttermilch, Sauermilch, Joghurt, Quark, Sahne, Milchpulver, Zucker, Zuckerwaren, Fruchtzubereitungen, Getreidezubereitungen, Konditorwaren, Backwaren, feinen Backwaren, Kakao, Kakaoerzeugnissen, Schokolade, Schokoladewaren und/oder Kaffee, soweit erforderlich hergestellt unter Verwendung von Gelatine und/oder Stärke oder modifizierter Stärke enthaltenden Bindemitteln sowie Verdickungsmitteln und unter Zugabe von Gewürzen sowie anderen geschmacksgebenden Zutaten; Kakao, Kakaoerzeugnisse, Back- und Konditorwaren, feine Backwaren, Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladewaren; im wesentlichen aus Reis, Mehl und/oder Getreide hergestellte Nahrungsmittel, auch in Form von Fertiggerichten, Frühstücksgetreidepräparate; Getreidepräparate für Nahrungszwecke; Speiseeis, Pudding.

blau, grün, gelb, rot, violett, rosa, orange, braun, weiß Dreidimensionale Marke Dagegen wurde Widerspruch erhoben aus der am 11. Juni 1993 für die Waren Konserviertes, tiefgefrorenes, gekochtes oder zubereitetes Obst und Gemüse; konservierte, tiefgefrorene, getrocknete, gekochte oder zubereitete Kartoffeln; Füllungen für Back- und Konditorwaren; frisches, tiefgefrorenes oder konserviertes Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; verarbeitete pflanzliche und tierische Meeresfrüchte für Nahrungszwecke, Mehl, Getreideerzeugnisse für die menschliche Ernährung; Reis, auch in Kochbeuteln sowie vorgekocht oder dehydriert; Teigwaren, Gewürze, Gewürzmischungen, getrocknete Kräuter, im wesentlichen aus vorstehenden Waren bestehende Fertig- oder Halbfertiggerichte, Suppen, Füllungen und Mischungen; Milch, Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt, Quark, Buttermilch, Kefir, Dickmilch, sowie auf der Basis von Milch zubereitete Milchmischgetränke; aus pflanzlichen Eiweißstoffen hergestellte fertige Nahrungsmittel oder Zusatzmittel für Gerichte in Form von Stücken, in texturierter Form oder als Pulver; Marmelade, Konfitüre, Pickles, Speiseöle und -fette; Brotaufstrich, im wesentlichen aus Speisefetten bestehend, mit Schokoladen-, Mandel- und Nugatgeschmack; Tee (ausgenommen für medizinische Zwecke), Kaffee, Kaffee-Ersatz, Kakao, Trinkschokolade, vorgenannte Waren in Extraktform (flüssig oder trocken) als Fertiggetränk sowie in Portionsabpackungen, auch zur Abgabe mittels Waren- und Verkaufsautomaten; Melassesirup, Zucker, Honig; Soßen (einschließlich Salatsoßen), Speiseeis, Eiskremkonfekt, gefrorene Back-, Konditor-, Zucker- und Schokoladewaren; Brot, Kuchen, Biskuits, feine Back- und Konditorwaren, Zuckerwaren, Schokolade, Schokoladewaren, aus den vorgenannten Waren hergestellte Füllungen für Gebäck und Knabbererzeugnisse; Knabbererzeugnisse und kleine Imbisse, in der Hauptsache aus Getreide, Reis, Kartoffeln, Teigwaren, Pizzas (auch gekühlt oder gefroren), Fleisch, Fisch, Gemüse, Käse, Schokolade, Kakao, Kuchen und/oder Gebäck bestehend. GK. 30, 29.

eingetragenen Bildmarke 2 038 097 siehe Abb. 2 am Ende Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ist bestritten. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 29 des DPMA hat den Widerspruch "in Sachen der unter der Nummer 398 08 756 eingetragenen Marke der Societe des Produits Nestle S.A., betreffend die Bildmarke" zurückgewiesen und dabei - wie sich aus den weiteren inhaltlichen Ausführungen ergibt - ausschließlich die sich gegenüberstehenden Marken als Bildmarken geprüft und auf dieser Grundlage ihren Beschluß begründet.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde beantragt die Widersprechende die Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das DPMA.

Die Markeninhaberin beantragt Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Verfahren ist gem § 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG an die Markenstelle des DPMA zurückzuverweisen, da diese noch nicht in der Sache selbst entschieden hat.

Gegenstand der Prüfung in einem registerrechtlichen Kollisionsverfahren sind die sich gegenüberstehenden Marken in ihrer registrierten Form. Diese Markenform kann weder vom Anmelder nach der Anmeldung des Zeichens in einer bestimmten Form nachträglich geändert werden (BPatGE 39, 65 - Zahnpastastrang), noch kann die Markenstelle den Widerspruch auf einer registerrechtlich falschen Grundlage prüfen, mögen auch die materiellrechtlichen Prüfungsvoraussetzungen vordergründig ähnlich erscheinen, wie das vorliegend bei einer Bild- bzw dreidimensionalen Marke der Fall ist (BGH WRP 97,755 - Autofelge; Jahresbericht BPatG 1998 und 1999, GRUR 1998, 606; GRUR 2000, 368). Darüber hinaus sind jedoch im Rahmen des Kollisionsverfahrens mit einer dreidimensionalen Marke hinsichtlich deren Schutzumfanges ganz besondere Voraussetzungen in die Abwägung aller nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Faktoren (EuGH GRUR 98,922 - Canon; GRUR 98 387 - Sabel/Puma) miteinzubeziehen. Dies können die besonderen, sich gerade aus der Registrierung als dreidimensional abgeleiteten, kennzeichnenden Teile der Marke (BGH Urt v 3. November 1999 - I ZR 136/97 - Maglite) sein. Wird die jüngere angegriffene Marke aber nicht als solche, sondern als Bildmarke geprüft, fehlt es naturgemäß an der Abwägung gerade dieser Besonderheiten. Damit hat die Markenstelle noch nicht in der Sache selbst entschieden.

Der Beschluß war daher aufzuheben und das Verfahren an das DPMA zurückzuverweisen. Zwar sieht § 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG die Möglichkeit vor, daß der Senat aufgrund des ihm vom Gesetz eingeräumten Ermessens in der Sache selbst entscheidet. Diese Ermessensabwägung ist jedoch im vorliegenden Fall auf Null reduziert. Es handelt sich hierbei nämlich nicht nur um eine Frage der Abwägung zwischen den Vorteilen eines Instanzverlusts oder einer Verfahrensverzögerung (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 5. Aufl, § 70 Rdn 6), sondern der Instanzverlust ist zugleich mit der Frage der vom Gesetz vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeitsregelung für Entscheidungen über das Bestehen eines Schutzrechtes verknüpft und tangiert insoweit den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit.

Für eine Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs 1 MarkenG) besteht keine Veranlassung.

Stoppel Grabrucker Martens Hu/prö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D33310.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/28W(pat)140-99.2.3.gif






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Beschluss v. 28.06.2000
Az: 28 W (pat) 140/99


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