Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Oktober 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 176/04

(BPatG: Beschluss v. 31.10.2006, Az.: 33 W (pat) 176/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 IR vom 4. Mai 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Schutz der für die Dienstleistungen 35 Recruitment of personnel; temporary staff deployment; advice in the personnel field; employment of personnel; advice in the field of staff matters; services rendered in the field of administration, in particular salary and personnel administration; commercial management services; interimmanagement services; outplacement of personnel; services of a recruitment and selection agency; rental of office machines; business management and organisation consultancy; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

41 Education, in particular instruction of administrative personnel, training and continuing education in the medical sector and technical professions, courses in the field of automation; publication of printed matter, in particular books; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

42 Advisory services with respect to the choice of profession; vocational guidance; automation services; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

international registrierten Marke 741 145 YACHT durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 IR vom 4. Mai 2004 für die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6quinquies B Nr. 2 PVÜ, §§ 107 Abs. 1, 113 Abs. 2, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses verweigert.

Nach Auffassung der Markenstelle handele es sich bei einer Yacht um ein schnell fahrendes Sport- und Vergnügungsschiff. Für die Tätigkeiten auf einem Schiff/einer Yacht gebe es besondere Jobangebote und -vermittlungen. Somit weise die IR-Marke im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 35 lediglich auf den Ort hin, an dem die Arbeitsleistung erbracht werde. In Verbindung mit den Ausbildungstätigkeiten der Klasse 41 bringe die Bezeichnung "YACHT" nur zum Ausdruck, dass Personal für den Yachtbetrieb, also unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen auf See, ausgebildet werde. Bezüglich der Druckschriften und Bücher beschreibe sie - wie die deutsche Fachzeitschrift "Yacht" belege - deren Inhalt. Schließlich sei der gegenständlichen Marke in Zusammenhang mit den die Berufswahl und -beratung betreffenden Dienstleistungen der Klasse 42 nur eine Aussage zum Inhalt der Beratung zu entnehmen. Auch die von der Markeninhaberin zitierten Voreintragungen führten mangels Bindungs- und Indizwirkung zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der international registrierten Marke vom 16. Juni 2004, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Mit der Begründung vom 19. Oktober 2004 ist jede einzelne Klasse am Ende um "(Non being maritime or marine services nor related to the recruitment of ship crews)" ergänzt worden. Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass aufgrund dieser Beschränkung keine Verbindung mehr zu den eventuell auf einer Yacht oder im maritimen Bereich angebotenen Dienstleistungen bestehe. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat die Inhaberin der IR-Marke des Weiteren ausgeführt, dass die Bezeichnung "Yacht" zu unbestimmt sei, um ihr einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt entnehmen zu können. Dies setze voraus, dass die beanspruchten Dienstleistungen üblicherweise auf einer Yacht erbracht würden, was jedoch nicht der Fall sei. Zudem fahre derjenige, der die Dienstleistungen in Anspruch nehme, nicht mit einer Yacht zum Ort ihrer Erbringung.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde die Markeninhaberin darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Rechtsauffassung des Senats Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der gegenständlichen Bezeichnung und gegen die Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses bestehen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin der Markeninhaberin erklärt, dass sie die mit der Beschwerdebegründung erfolgte Beschränkung zurücknehme und stattdessen folgendes Verzeichnis der IR-Marke zugrunde legen wolle:

35 Recruitment of personnel; temporary staff deployment; advice in the personnel field; employment of personnel; advice in the field of staff matters; services rendered in the field of administration, in particular salary and personnel administration; commercial management services; interimmanagement services; outplacement of personnel; services of a recruitment and selection agency; rental of office machines; business management and organisation consultancy; all aforementioned services exclusively in the field of finances, banking, bookkeeping, information and communication technology as well as business management, however not related to maritime or marine services; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

41 Education, courses in the field of automation; publication of printed matter, in particular books; all aforementioned services exclusively in the field of finances, banking, bookkeeping, information and communication technology as well as business management, however not related to maritime or marine services; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

42 Advisory services with respect to the choice of profession; vocational guidance; automation services; all aforementioned services exclusively in the field of finances, banking, bookkeeping, information and communication technology as well as business management, however not related to maritime or marine services; all aforementioned services also via telecommunication, such as Internet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Senat hält die gegenständliche Marke nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderung des Dienstleistungsverzeichnisses für ausreichend unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig.

1. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses ist dem Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen.

a) Die Einschränkungen sind wirtschaftlich nachvollziehbar und damit rechtlich relevant, so dass sie auch mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Nr. 114 und 115 - Postkantoor) als zulässig anzusehen sind (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 207). Durch den Zusatz "all aforementioned services exclusively in the field of finances, banking, bookkeeping, information and communication technology as well as business management" erfolgt eine Eingrenzung auf Verkehrskreise aus den Bereichen Finanzen, Bankwesen, Buchhaltung, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Geschäftsführung. Der Zusatz "however not related to maritime or marine services" schließt demgegenüber die Schifffahrt oder das Meer betreffende Dienstleistungen aus. Damit werden besondere Adressatenkreise angesprochen und die Tätigkeiten von ihrer Art her spezifiziert. Die Zusätze führen zu einer sachlich gerechtfertigten und nicht als willkürlich erscheinenden Konkretisierung der Zweckbestimmung.

b) Auch eine Zurückweisung der in der mündlichen Verhandlung erklärten Beschränkungen kommt nicht in Betracht, da mit ihnen keine ersichtliche Täuschungsgefahr verbunden ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG). Die Frist zur Geltendmachung neu eingetretener Schutzhindernisse gemäß Art. 5 Abs. 2 MMA ist im vorliegenden Fall bereits abgelaufen. Folglich können nur Änderungen zugelassen werden, die kein neues Schutzhindernis begründen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 208, und § 39, Rdnr. 4):

Der Begriff "YACHT" wird sowohl im Deutschen als auch im Englischen verwendet (vgl. Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache, 21. Auflage, Seiten 838 und 381; Pons-Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Seite 1058) und wird somit einem Großteil des inländischen Verkehrs geläufig sein. Mit ihm wird ein Wasserfahrzeug für Freizeitzwecke mit einer Kajüte ab einer Länge von sieben Metern bezeichnet, wobei zwischen Motor- und Segelyachten unterschieden wird (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Yacht").

Durch den Zusatz "however not related to maritime or marine services" werden alle Tätigkeiten betreffend die Schifffahrt oder das Meer und damit auch alle Dienstleistungen im Hinblick auf Yachten ausgeschlossen. Entsprechend den Ausführungen der Markenstelle kann mit "YACHT" jedoch der Gegenstand bzw. Inhalt der Dienstleistungen und Druckwerke als auch der Ort, an dem die Markeninhaberin insbesondere ihre Einstellungs- und Vermittlungstätigkeiten erbringt, benannt werden. So gibt es spezielle Angebote zur Rekrutierung von Yacht-Mannschaften (vgl. beispielsweise Yacht Crew Agency Germany unter "www.crewagency.de"). Die IR-Marke bezeichnet zudem das Schiff, das von den eingestellten oder vermittelten Mitarbeitern erstellt werden soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Bezeichnung "YACHT" ausweislich der Internet-Präsentation der deutschen Tochter der Inhaberin der IR-Marke tatsächlich in Zusammenhang mit der Tätigkeit "Ship Building" (vgl. Branchenübersicht unter "http://www.yachtgroup.de/facts_figures.php"), die sich auch auf Yachten beziehen kann, verwendet wird. Auch die Zweckbestimmung der Ausbildungstätigkeiten findet ihren Ausdruck in der IR-Marke. Vor allem im Hinblick auf die beanspruchte Dienstleistung "training and continuing education in the medical sector" weist die Bezeichnung darauf hin, dass es Krankenpfleger oder -schwestern sowie Ärzte an Bord einer Yacht geben kann, die direkt vor Ort ausgebildet werden, um sie mit den Besonderheiten des jeweiligen Schiffstyps vertraut zu machen.

Der Zusatz "however not related to maritime or marine services" lässt somit zwar den sachlichen Bezug zu einer Yacht entfallen, würde jedoch alleine unrichtige Vorstellungen über Merkmale der mit "YACHT" gekennzeichneten Dienstleistungen vermitteln. Auch würde in diesem Fall mit der IR-Marke - selbst wenn sie in Zusammenhang mit Personaldienstleistungen weniger gebräuchlich ist - ein verkehrswesentlicher, vom Publikum als mitbestimmend für die Inanspruchnahme der von ihr umfassten Dienstleistungen angesehener Umstand zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 377). Aus diesem Grund würde die in der Beschwerdebegründung enthaltene Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses mit der Ergänzung "Non being maritime or marine services nor related to the recruitment of ship crews", die inhaltlich weitgehend mit dem Zusatz "however not related to maritime or marine services" übereinstimmt, zu einer ersichtlichen Täuschungsgefahr führen, so dass sie als unzulässig angesehen wird. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte weiter beschränkte Fassung weist jedoch noch den Zusatz "all aforementioned services exclusively in the field of finances, banking, bookkeeping, information and communication technology as well as business management" auf, der nach Auffassung des Senats den sachlichen Abstand zu der Bezeichnung "YACHT" so weit vergrößert und einem irreführenden Eindruck der IR-Marke so stark entgegengewirkt, dass eine Täuschungsgefahr in entscheidungserheblichem Umfang nicht mehr zu befürchten ist. Durch ihn wird nicht lediglich ein bestimmter Gegenstand der Dienstleistungen, nämlich Yachten, ausgenommen, vielmehr ordnet er die im ursprünglichen Verzeichnis enthaltenen Dienstleistungen neuen Fachgebieten zu:

Dienstleistungen aus dem Bereich der Finanzen, des Bankwesens, der Buchhaltung, der Informations- und Kommunikationstechnologie oder der Geschäftsführung weisen zu einer Yacht keine offenkundigen Berührungspunkte mehr auf. Selbst wenn die Bezeichnung "YACHT" in Zusammenhang mit dem Zusatz "however not related to maritime or marine services" Assoziationen im Hinblick auf die Finanzierung eines solchen Wasserfahrzeugs hervorrufen sollte, so ist den ursprünglichen Dienstleistungen ein solcher Bezug zum Finanzwesen nicht zu entnehmen. Sie haben weiterhin die Einstellung und Beschäftigung von Mitarbeitern, die Personal-, Organisations- und Berufsberatung, die Verwaltung, die Betreuung und Vermittlung von Personal, die Vermietung von Büromaschinen, die Ausbildung sowie die Veröffentlichung von Druckwerken und die Automatisierung zum Gegenstand. Durch die Kombination der beiden Zusätze kommt die IR-Marke als Merkmalsbeschreibung und folglich als Anknüpfungspunkt für den Tatsachen nicht entsprechende Vorstellungen nicht mehr in Betracht.

c) Die Formulierung "in particular instruction of administrative personel, training and continuing education in the medical sector and technical professions" ist in dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Dienstleistungsverzeichnis entfallen. Damit ist jedoch keine unzulässige Erweiterung gegenüber dem ursprünglichen Verzeichnis verbunden, da es sich lediglich um beispielhafte Aufzählungen im Hinblick auf den Oberbegriff "Ausbildung" handelte. Die zunächst ebenfalls hinter "in particular" stehende und damit zu den Aufzählungen gehörende Angabe "courses in the field of automation" ist nunmehr lediglich durch ein Komma von "Education" getrennt. Damit ist sie weiterhin als Konkretisierung der davor befindlichen Dienstleistungsbezeichnung anzusehen. Selbst wenn jedoch dem Komma die Funktion eines Semikolons beigemessen werden sollte, so führt die Alleinstellung nicht zu einer Ausweitung des ursprünglichen Schutzumfangs. Bereits vor der Änderung in der mündlichen Verhandlung waren die Kurse im Bereich der Automatisierung in dem Begriff "Education" enthalten.

2. Die IR-Marke weist die notwendige Unterscheidungskraft auf, so dass ihrer Schutzbewilligung nicht das absolute Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke, gleich welcher Kategorie, innewohnende (konkrete) Eignung, die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEM-LICHKEIT). Insbesondere fehlt einer Marke, die Merkmale von Dienstleistungen beschreibt, zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Dies ist nach der Änderung des Dienstleistungsverzeichnisses in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht mehr der Fall.

Wie bereits unter 1.) dargelegt, ist der von der Markenstelle noch zutreffend für die Begründung des Fehlens der Unterscheidungskraft angenommene Sachbezug der ursprünglich beanspruchten Dienstleistungen zu Yachten entfallen. Auch kann die IR-Marke nicht generell als Synonym für die besondere Schnelligkeit, mit der die Dienstleistungen erbracht werden, angesehen werden. Zwar stammt die Bezeichnung "YACHT" von dem Begriff "Jagdschiff" ab und wird auch heutzutage mit einem schnellen Schiff in Verbindung gebracht. Doch konnten keine Fundstellen ermittelt werden, die die Verwendung der IR-Marke in dem oben genannten Sinne belegen. Vielmehr wird das mit dem Ausdruck "YACHT" verbundene maritime und exklusive Flair in phantasievoller Weise auf nichtmaritime Dienstleistungen übertragen.

3. Schließlich liegt auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor. Insbesondere ließen sich keine Belege finden, aus denen sich ergibt, dass die IR-Marke tatsächlich bereits in Verbindung mit den Dienstleistungen, die in dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verzeichnis genannt sind, von Mitbewerbern im Verkehr gebraucht wird. Anhaltspunkte für einen späterenEinsatz sind ebenfalls nicht ersichtlich, so ein gegenwärtiges als auch zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zu verneinen sind.

Der Beschwerde war demnach stattzugeben.






BPatG:
Beschluss v. 31.10.2006
Az: 33 W (pat) 176/04


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