Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Februar 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 243/02

(BPatG: Beschluss v. 06.02.2003, Az.: 25 W (pat) 243/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat am 6. Februar 2003 in einem Beschluss entschieden, dass der Antrag des Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zurückgewiesen wird. Die Beschwerde wird als nicht eingelegt betrachtet und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet.

In dem Fall ging es um den Widerspruch gegen eine Marke. Die Markenstelle für Kl 5 hatte den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr abgelehnt. Gegen den Beschluss der Markenstelle wurde von der Vertreterin des Widersprechenden Beschwerde eingelegt, jedoch wurde die Beschwerdegebühr erst verspätet gezahlt. Der Widersprechende beantragte daraufhin Wiedereinsetzung in die versäumte Frist.

Das Gericht entschied, dass die Fristversäumung vom Vertreter des Widersprechenden verschuldet war und somit kein Anspruch auf Wiedereinsetzung besteht. Die Zahlung der Beschwerdegebühr mittels Scheck war nicht mehr zulässig, da zum 1. Januar 2002 Änderungen der Patentkostenzahlungsverordnung in Kraft getreten sind. Die Vertreterin hätte sich über die geänderten Regelungen informieren können und müssen. Auch ein Telefonat mit einem Mitarbeiter des Deutschen Patent- und Markenamts konnte die verspätete Zahlung nicht rechtfertigen. Das Schreiben des Amts, das erst am 12. Juni 2002 bei der Vertreterin eingetroffen ist, konnte ebenfalls nicht als Ausrede dienen, da es nicht unverzüglich übermittelt wurde.

Da keine Wiedereinsetzung gewährt wurde, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt. Die abgebuchte Beschwerdegebühr muss zurückgezahlt werden.

-Kliems Engels Sredl Fa




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 06.02.2003, Az: 25 W (pat) 243/02


Tenor

1. Der Antrag des Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die Marke 396 03 911 Ulbusist ua aus der Marke 828 730 Ullus Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Kl 5 hat durch einen Beamten des gehobenen Dienstes den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die vom Widersprechenden hiergegen eingelegte Erinnerung hat ein Beamter des höheren Dienstes ebenfalls zurückgewiesen, und zwar wegen unzureichender Glaubhaftmachung der Benutzung nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG. Der Beschluss wurde der Widersprechenden am 10. Mai 2002 zugestellt.

Mit Fax vom 4. Juni 2002 hat die Vertreterin der Widersprechenden Beschwerde eingelegt und dem am 5. Juni 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Original-Beschwerdeschriftsatz einen Scheck über 200,- € beigefügt. Dieser Scheck ist am 5. Juni 2002 an die Vertreterin zurückgesandt worden, wie sich aus einem auf dem Original-Schriftsatz vom 4. Juni 2002 angebrachten handschriftlichen Vermerk ergibt.

Mit Fax vom 14. Juni 2002 wurde eine Einzugsermächtigung in Höhe der Beschwerdegebühr in Höhe von 200,- € erteilt.

Nachdem der Rechtspfleger die Vertreterin des nunmehr als Inhaber der Marke 828730 "Ullus" eingetragenen Widersprechenden mit Bescheid vom 15. November 2002 darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist von 1 Monat nach der am 10. Mai 2002 bewirkten Zustellung, sondern erst am 14. Juni 2002 gezahlt worden ist, beantragt der Widersprechende mit Schriftsatz vom 21. November 2002 vorsorglich Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr.

Zur Begründung führt die Vertreterin unter Vorlage einer Eidesstattlichen Versicherung vom 22. November 2002 aus, dass wegen des in der Zwischenzeit erfolgten Wechsels der Vertreter des Widersprechenden Beschwerde erst am 4. Juni 2002 habe eingelegt werden können. Da zu befürchten gewesen sei, dass eine Überweisung der Beschwerdegebühr nicht mehr rechtzeitig beim Deutschen Patent- und Markenamt (im folgenden: DPMA) eingehen würde, habe sie ausnahmsweise dem Beschwerdeschriftsatz einen Scheck über 200,- € beigefügt. Zwar habe das DPMA den Scheck mit Mitteilung vom 5. Juni 2002 zurückgeschickt und darauf hingewiesen, dass seit dem 1. Januar 2002 die Einreichung eines Schecks nicht mehr möglich sei. Dieses Schreiben sei jedoch erst am 12. Juni 2002 in der Kanzlei eingegangen. Gleichzeitig sei sie telefonisch darauf aufmerksam gemacht worden, dass eine per Fax an das DPMA übermittelte Einzugsermächtigung die rechtzeitige Zahlung der Beschwerdegebühr bewirken könne, was sie unverzüglich veranlasst habe. Die Gebühr sei auch abgebucht worden. Wäre das Schreiben des DPMA vom 5. Juni 2002 vorab per Fax an die Vertreterin übersandt worden, hätte noch die Möglichkeit bestanden, die Beschwerdegebühr rechtzeitig einzuzahlen.

Die Inhaberin der jüngeren Marke hat dem Antrag auf Wiedereinsetzung mit der Begründung widersprochen, die Fristversäumnis sei wegen mangelnder Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften, hier der Änderungen des Patentkostengesetzes und der Patentkostenzahlungsverordnung, die beide zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten sind, nicht unverschuldet eingetreten.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 91 Abs 2 - 4 MarkenG). Gleichwohl war Wiedereinsetzung nicht zu gewähren, weil die Fristversäumung durch die Verfahrensbevollmächtigte des Widersprechenden nicht als unverschuldet im Sinne des § 91 Abs 1 MarkenG anzusehen war und dieses Verschulden dem Widersprechenden zuzurechnen ist, § 85 Abs 2 ZPO iVm § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG. Die an die Sorgfaltspflichten von Anwälten zu stellenden strengen Anforderungen sind nicht erfüllt (vgl Althammer/ Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl, § 91, Rdnr 12).

Die gemäß § 1 Nr 4 iVm § 2 Nr 4 der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Patentkostenzahlungsverordnung - PatKostZV - (BlPMZ 2002, 70) gezahlte Beschwerdegebühr ist erst am 14. Juni 2002 und damit verspätet beim DPMA eingegangen, § 66 Abs 5 S 2 MarkenG.

Die Zahlung der Beschwerdegebühr mittels Scheck wurde nach dem Vortrag der Anmelderin durch deren Verfahrensbevollmächtigte bewusst so gewählt, um sicherzustellen, dass der Betrag noch innerhalb der Rechtsmittelfrist beim DPMA einginge. Die Zahlung von Gebühren des DPMA oder des Bundespatentgerichts mit Scheck ist jedoch seit dem Inkrafttreten der Patentkostenzahlungsverordnung zum 1. Januar 2002 entfallen. Die fehlende Kenntnis der Änderung der hier maßgeblichen Bestimmungen schließt eine Wiedereinsetzung grundsätzlich aus, weil die hierauf beruhende Handlungsweise, die zur Fristversäumnis geführt hat, nicht unverschuldet ist (vgl Fezer, MarkenG, 3. Aufl, § 91, Rdnr 4 mwN; Althammer/ Ströbele/Klaka, aaO, § 91, Rdnr 10 aE). Zum einen enthält die dem angefochtenen Beschluss des DPMA beigefügte Rechtsmittelbelehrung eine ausführliche Darstellung der geltenden Zahlungsarten, aus denen die Vertreterin die für ihren Fall am besten passende hätte herausfinden können. Zum anderen waren zum Zeitpunkt der fehlerhaften Gebührenzahlung bereits gut sechs Monate vergangen, in denen die Möglichkeit bestanden hätte, sich mit den geänderten Regelungen vertraut zu machen. Ob dies anders zu bewerten wäre, wenn die Fristversäumnis in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Gesetzesänderung gestanden hätte, braucht hier nicht erörtert zu werden.

Das Telefongespräch mit einem Mitarbeiter des DPMA kann im vorliegenden Fall keinen Entschuldigungsgrund bieten, da das Amt nicht verpflichtet ist, von sich aus auf ablaufende Fristen oder vergleichbare Sachverhalte aufmerksam zu machen (vgl BPatG GRUR 1999, 150).

Insoweit kann auch das Schreiben des DPMA vom 5. Juni 2002, das die Vertreterin nach ihrem Vorbringen erst am 12. Juni 2002 erreicht hat, die verspätete Zahlung der Gebühr nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang bleibt der Vortrag lückenhaft. So trägt die Vertreterin einerseits vor, dass ihr der Scheck mit Schreiben vom 5. Juni 2002 zurückgeschickt worden sei, aber erst am 12. Juni 2002 in der Kanzlei eingetroffen sei. Gleichzeitig sei sie telefonisch auf die Möglichkeit hingewiesen worden, die Gebühr mittels einer per Fax übermittelten Einzugsermächtigung zu zahlen. Soweit sich der Begriff "gleichzeitig" auf das Datum des 12. Juni beziehen sollte, wäre es erstaunlich, dass ein Mitarbeiter des DPMA erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei der Vertreterin anruft, um auf die Gebührenzahlung mittels Einzugsermächtigung hinzuweisen, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fristgerecht hätte erfolgen können. Dieser Handlungsablauf hätte außerdem vorausgesetzt, dass die Akte nach Rücksendung des Schecks am 12. Juni 2002 wieder herangezogen worden wäre, um die Vertreterin anzurufen. Plausibler wäre es gewesen, die Vertreterin noch am 5. Juni 2002 anzurufen, nachdem die Einreichung des Schecks bemerkt worden war. Dann wäre auch die Mitteilung erklärbar, dass eine mit Fax an das Amt übermittelte Einzugsermächtigung die Beschwerdefrist noch wahren könne, was nach Fristablauf am 12. Juni 2002 keinen Sinn ergäbe. Darüber hinaus wurde das Fax nicht unverzüglich, wie in der Eidesstattlichen Versicherung der Vertreterin vom 22. November 2002 angegeben, sondern erst am 14. Juni 2002 und somit zwei Tage später übermittelt.

Es sind im vorliegenden Fall auch keine außergewöhnlichen Umstände festzustellen, bei denen zB wegen einer unklaren Rechtslage oder unterschiedlicher Entscheidungen eine Fristversäumnis möglicherweise als entschuldbar gelten könnte, denn die wirksamen Zahlungsmodalitäten ergeben sich klar aus der PatGebZV und der dem angefochtenen Beschluss des DPMA beigefügten Rechtsmittelbelehrung, so dass die tatsächliche Rechtslage damit feststand.

Da Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht gewährt werden kann, gilt die Beschwerde gemäß § 66 Abs 5 Satz 2 als nicht eingelegt mit der Folge, dass die abgebuchte Beschwerdegebühr zurückzuzahlen ist, § 71 Abs 3 MarkenG.

Kliems Engels Sredl Fa






BPatG:
Beschluss v. 06.02.2003
Az: 25 W (pat) 243/02


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