Amtsgericht Hamm:
Urteil vom 1. August 2007
Aktenzeichen: 17 C 115/07

(AG Hamm: Urteil v. 01.08.2007, Az.: 17 C 115/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: 1.000,00 EUR.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Großhandel unter anderem mit Gaststättengeschirr, die Beklagte verkauft Sammlerporzellan. Mit Schreiben vom 02.08.2006 hat die Klägerin die Beklagte abgemahnt. Darin heißt es: "Sie haben über die entsprechenden unterschiedlichen Rechtsfolgen von Widerrufs-/Rückgaberecht zu informieren; hierzu gehört u. a. ein Hinweis auf Ausübungsfristen und wer unter welchen Bedingungen mit welchen Kosten belastet ist. Gefordert ist weiterhin, dass die Belehrung in räumlicher Nähe zum Angebot erfolgt, so dass selbst ein ausreichender Hinweis allein auf der Mich-Seite nicht genügt (vgl. OLG I2, Urteil vom 14.04.2005, 2 U 4/05).

Des Weiteren fehlen Angaben zur Anbieterkennzeichnung nach Maßgabe des § 6 TDG. Sie haben Angaben zu machen, die eine unmittelbare Kommunikation mit Ihnen ermöglichen. Hierzu gehört die Benennung Ihrer Postanschrift, E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer (vgl. auch OLG L2, Urteil vom 13.02.2004, 6 U 109/03).

Auch haben Sie Informationen über die Versandkosten nach § 312 c Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 8 BGB-Info-V zu erteilen. Ein Hinweis Ihrerseits erfolgt nicht."

Gleichzeitig forderte die Klägerin von der Beklagten die Abgabe der folgenden Unterlassungserklärung

Die Beklagte hat nach anwaltlicher Beratung eine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnet. Diese unterscheidet sich lediglich unter Ziffer 3 hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe (anstelle von 3.000,00 € 1.000,00 €) und unter Ziffer 4 bei der Höhe des Gegenstandswertes (anstelle von 15.000,00 € 3.000,00 €).

Die Beklagte hat danach folgende Widerrufserklärung bei ihren Verkäufen über eBay verwendet:

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung der Vertragsstrafe.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe gegen die von ihr abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen. Das Widerrufsrecht betrage 1 Monat, weil die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt werden könne. Die Textform sei zuvor nicht gewahrt, da die Belehrung erst nach Vertragsschluss per Email versandt werden könne. Der Fristbeginn für das Widerrufsrecht sei falsch, weil nicht klar gemacht werde, dass die Widerrufsfrist erst nach Erhalt einer in Textform übersendeten Belehrung beginne. Eine Email-Adresse sei nicht unmittelbar neben der Widerrufsanschrift angegeben, sondern lediglich auf derselben Seite. Die Einräumung eines Rückgaberechtes neben einem Widerrufsrecht verwirre.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 05.12.2006 sowie 75,25 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie räume ihren Kunden lediglich zusätzlich ein Rückgaberecht ein. Die Belehrung könne auch bereits von der Angebotsseite her ausgedruckt oder gespeichert werden. Die Email-Adresse sei deutlich sichtbar. Im übrigen entspreche ihre Belehrung der BGB-Infoverordnung.

Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Vertragsstrafe verlangen. Die Beklagte hat nicht schuldhaft gegen das Vertragsstrafeversprechen verstoßen, weil dieses zu unbestimmt ist und die Klägerin sie dazu verleitet hat, Bedingungen zu verwenden, welche den hohen Anforderungen der Klägerin nicht entsprechen.

Obwohl zweifelhaft ist, ob die Parteien überhaupt in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, weil die Klägerin einen Großhandel mit Gastrobedarf unterhält, die Beklagte hingegen mit Sammlerporzellan handelt, hat die Beklagte die allgemein gehaltene Unterlassungserklärung nach der Vorgabe der Klägerin (mit Ausnahme der Höhe der zu zahlenden Beträge) unterzeichnet. Sie hat zuvor den Rat eines Rechtsanwalts eingeholt, der gegen die Verwendung der Widerrufsbelehrung entsprechend Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV keine Bedenken hatte. Die Beklagte hat die Erklärung am 11.08.06 unterzeichnet. Bedenken, die Widerrufsfrist könne 1 Monat betragen, sind erstmals durch das Urteil des KG vom 18.08.06 aufgetreten. Die Bedenken werden vom LG G - 6 O 107/06 - und LG Q - 6 O 70/06 - nicht geteilt. Das LG N, MMR 06, 762 räumt der BGB-InfoV sogar Gesetzesrang ein. Auf dieser Grundlage liegt ein schuldhafter Verstoß gegen das allgemein gehaltene Vertragsstrafeversprechen nicht vor, wenn die Beklagte sich an das Muster der BGB-InfoV hält. Dies ist hier der Fall. Der aus einem Satz bestehende Zusatz wird als solcher von der Klägerin auch gar nicht beanstandet.

Dass die Beklagte den Kunden in den AGB daneben noch zusätzlich ein Rückgaberecht eingeräumt hat, schmälert deren Rechte nicht. Sie können vielmehr ohne Angabe von Gründen auch die Ware einfach zurücksenden. Die Beklagte hat auch nicht etwa ihre Identität - wie andere Internetanbieter - verschleiert. Die Widerrufsanschrift ist ausdrücklich aufgeführt. In der rechtlichen Information über den Verkäufer sind zudem Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben.

Wenn daher objektiv eine nicht gesetzeskonforme Belehrung vorliegen sollte, so liegt jedenfalls kein schuldhafter Verstoß der Beklagten gegen die Unterlassungserklärung vor. Das Gericht ist vielmehr davon überzeugt, dass die Klägerin die Beklagte durch die allgemein gehaltene Erklärung veranlassen wollte, dagegen zu verstoßen, um die Zahlung der Vertragsstrafe verlangen zu können.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Richter am Amtsgericht






AG Hamm:
Urteil v. 01.08.2007
Az: 17 C 115/07


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