Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 233/00

(BPatG: Beschluss v. 02.08.2000, Az.: 29 W (pat) 233/00)

Tenor

Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die farbige Wort-Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endesoll für (näher bezeichnete) Dienstleistungen der Klasse 42 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die an den Anmelder adressierte Ausfertigung des Beschlusses eines Beamten des höheren Dienstes vom 23. März 1999, mit dem die Erinnerung zurückgewiesen worden ist, hat die Geschäftsstelle am 13. April 1999 der Postabfertigungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts zugeleitet, die den Beschluß am 16. April 1999 zur Post gegeben hat. Am selben Tag (16. April 1999) ist beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Schriftsatz mit einer Vollmacht einer Rechtsanwaltskanzlei eingegangen. Nach vorheriger schriftsätzlicher Ankündigung ist am 26. Mai 1999 eine Zahlung der Beschwerdegebühr durch die I... AG beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen. Auf einen Hinweis der Markenstelle, dass dieses Schreiben wohl nicht als Beschwerde gewertet werden könne, wurde um Rückzahlung der Beschwerdegebühr gebeten, die auch erfolgte.

Gegen den Beschluß vom 23. März 1999 richtet sich ein per Fax am 22. März 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangener Beschwerdeschriftsatz. Eine erneute Zahlung der Beschwerdegebühr ist nicht erfolgt. Der Anmelder trägt vor, er habe erst jetzt erfahren, dass sein Anwalt das Mandat niedergelegt habe. Die angemeldete Marke sei schon wegen der phantasievollen graphischen Ausgestaltung schutzfähig. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Amtsakte 398 18 868.8 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gilt als nicht erhoben, weil eine Zahlung der Beschwerdegebühr nicht fristgemäß erfolgt ist.

Nach § 66 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 MarkenG ist die Beschwerdegebühr innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses zu zahlen. Andernfalls gilt die Beschwerde als nicht eingelegt. Der angegriffene Beschluß, der mit am 16. April 1999 zur Post gegebenen Einschreibebrief übersandt worden ist, gilt als am 19. April 1999 zugestellt (§§ 94 Abs. 1 MarkenG, 4 Abs. 1 VwZG), so dass die Beschwerdefrist und die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr am 19. Mai 1999 abliefen. Eine Zahlung innerhalb dieser Frist ist nicht eingegangen.

Die Zustellung des Beschlusses ist formgerecht erfolgt und hat die Beschwerdefrist und die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr in Lauf gesetzt. Insbesondere liegt kein Fehler darin, dass der Beschluß an den Anmelder selbst adressiert war und ihm persönlich, nicht aber seinem Vertreter, zugestellt worden ist. Zwar ist am 16. April 1999, also am Tag der Übergabe des Beschlusses an die Post, eine schriftliche Vollmacht der Rechtsanwaltskanzlei U... und Kollegen ein gegangen, und nach §§ 94 Abs. 1 MarkenG, 8 Abs. 2 Satz 2 VwZG muß zwingend an einen Rechtsanwalt zugestellt werden, wenn dieser eine schriftliche Vollmacht einreicht. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschluß aber bereits wirksam geworden und konnte daher auch hinsichtlich des Adressaten nicht mehr geändert werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Wirksamwerden eines nicht verkündeten Beschlusses von der Zustellung an den oder die Verfahrensbeteiligten zu unterscheiden. Wirksam wird ein Beschluß mit der ersten Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbereich, also sobald er die Akten endgültig verlassen hat, um nach außen zu dringen (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 58. Aufl., § 329, 24; Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 329, Rn. 18; Thomas-Putzo, ZPO, 21. Aufl. § 329 Rn. 5 mit Nachweisen), wobei diese für das Verfahren vor den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze wegen der gerichtsähnlichen Ausgestaltung des patentamtlichen Verfahrens im Wesentlichen auch für die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts gelten (vgl. BGH GRUR 1967, 435, 436 "Isoharnstoffäther"; GRUR 1997, 223 "Ceco"; vgl. auch Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 61 Rn. 9). Während die Rechtsprechung bei gerichtlichen Verfahren allgemein auf den Zeitpunkt der Absendung des Beschlusses durch die Geschäftsstelle abstellt, kommt es jedenfalls bei Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt auf den konkreten Zeitpunkt der Herausgabe der Ausfertigung des Beschlusses durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle an, denn damit ist die Verlautbarung der Entscheidung eingeleitet und der Beschluß hat die Akten verlassen, um nach außen zu dringen. Dieser Zeitpunkt, der in der Akte vermerkt wird, kann wegen der Besonderheiten des Ablaufs des Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt alleine in Betracht kommen, denn dort gelangt der Beschluß bereits mit der Herausgabe der Ausfertigung an die Postabfertigungsstelle in ein Stadium, in dem er dem Einflußbereich der erlassenden Prüfungs- oder Markenstelle so weit entzogen ist, dass das Bemühen, die Postabfertigung zu unterbrechen, bei dem umfangreichen Geschäftsverkehr, wie er beim Deutschen Patent- und Markenamt herrscht, mit erheblichen, den Betrieb störenden Schwierigkeiten verbunden und daher unzumutbar und in seinem Erfolg überdies sehr ungewiß ist. In vielen Fällen ist es in der Praxis unmöglich, einen Beschluß, der einmal an die Postabfertigungsstelle gegeben worden ist, zurückzuhalten (BGH GRUR 1967, 435, 437 "Isoharnstoffäther", vgl. auch BGH GRUR 1982, 406 "Treibladung"; BGH Beschluß vom 28. März 2000 - X ZB 36/98 "Graustufenbild").

Zwar wurden diese Grundsätze vor allem in Verbindung mit der Verletzung rechtlichen Gehörs entwickelt. Es erscheint jedoch geboten, sie auch auf die Änderung des Zustellungsadressaten anzuwenden, denn auch bei dieser Fallgestaltung geht es um die Frage einer Abänderung des Beschlusses, weil Name und Anschrift des Zustellungsadressaten Bestandteile des Beschlusses sind.

Eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist und in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr kann nicht gewährt werden, weil der Anmelder nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn kein Verschulden an der Fristversäumnis trifft (§ 91 Abs. 1 und 2 MarkenG). Der Wiedereinsetzungsantrag lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, aus welchen Gründen der Anmelder Beschwerdefrist und Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ohne Verschulden versäumt hat, zumal ihm selbst der Erinnerungsbeschluß mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde, der Anmelder also trotz Niederlegung des Mandats durch den Vertreter Kenntnis von dem Beschluß, dem dagegen statthaften Rechtsmittel und dessen formellen Voraussetzungen hatte. Im Übrigen fehlt es auch an einer Glaubhaftmachung eventueller Wiedereinsetzungsgründe in der Form von § 91 Abs. 3 Satz 2 MarkenG i.V.m. § 294 ZPO.

Meinhardt Baumgärtner Guth Cl/Hu Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)237-00.3.gif






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