Bundespatentgericht:
Urteil vom 9. Mai 2007
Aktenzeichen: 1 Ni 8/07

(BPatG: Urteil v. 09.05.2007, Az.: 1 Ni 8/07)

Tenor

I. Das deutsche Patent 43 40 696 wird für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 43 40 696 (Streitpatent), das am 30. November 1993 angemeldet und dessen Erteilung am 29. Juni 1995 veröffentlicht worden ist. Das Patent führt die Bezeichnung "Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze, insbesondere Kraftfahrzeugsitze" und umfasst 7 Patentansprüche, die sämtlich mit der Klage angegriffen werden.

Anspruch 1 des Streitpatents hat in seiner erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze, insbesondere Kraftfahrzeugsitze, die zu beiden Seiten des Sitzes je einen Verstellbeschlag aus einem dem Sitzteil zugeordneten festen Beschlagteil und einem der Rückenlehne zugeordneten verstellbaren Beschlagteil aufweist, welche über ein die Ver- und Feststellung der Rückenlehne bewirkendes Exzenterumlaufgetriebe mit einem dieses antreibenden Stellglied miteinander verbunden sind, wobei zur drehfesten Verbindung mit einer die beiden Stellglieder der Verstellbeschläge des Sitzes miteinander kuppelnden Übertragungsstange sowohl jedes Stellglied als auch die beiden Enden der Übertragungsstange einen profilierten Umfang aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass an einer Umfangsfläche (32) abweichend vom regelmäßigen Verlauf statt einer Erhebung bzw. einer Ausnehmung das Profil auf den Kernquerschnitt (35) der Übertragungsstange (29) - zu deren nur jeweils in einer bestimmten Lage zueinander möglichen Verbindung mit den Stellgliedern (27), - reduziert ist.

Auf den Patentanspruch 1 sind die Patentansprüche 2 bis 7 zurückbezogen.

Die Klägerin trägt vor, die Lehre des Streitpatents beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Auch die untergeordneten Ansprüche 2 bis 5 und 7 seien nicht erfinderisch, Patentanspruch 6 fehle die Neuheit.

Sie stützt ihr Vorbringen u. a. auf folgende Druckschriften:

(WUE3) DE 30 13 304 C2,

(WUE6) HILDEBRAND S.: Feinmechanische Bauelemente, Carl Hanser Verlag München, 1968, Seite 482,

(WUE12/13) JP 56-147924 A, mit Abstract und Übersetzung dazu.

Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 43 40 696 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt der klägerischen Auffassung in allen Punkten entgegen. Der Nichtigkeitsklage fehle bereits die Zulässigkeit, da der am 11. Oktober 2005 vor dem LG Mannheim geschlossene Vergleich im Verletzungsstreit zwischen der damaligen Beklagten H... GmbH und der Inhaberin des Streitpa- tents eine Nichtangriffsabrede enthalte, die auch die hiesige Klägerin nach § 242 BGB an einer Nichtigkeitsklage hindere. Auch wenn sie nicht Partei im damaligen Verletzungsstreit gewesen sei, so bilde die hiesige Klägerin als Zulieferer von Kfz-Teilen mit der H... GmbH eine wirtschaftliche Einheit und handle quasi als deren verlängerter Arm.

Der im Verfahren befindliche Stand der Technik gibt nach Ansicht der Beklagten dem Fachmann keinen Hinweis, eine Synchronisation der Stellglieder und der Übertragungsstange auf zwei Fahrzeugsitzseiten vorzunehmen, um so zur erfindungsgemäßen Lösung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe zu kommen.

Gründe

I.

Die Nichtigkeitsklage ist zulässig, denn die Nichtangriffsabrede, die die H... GmbH in dem vor dem Landgericht Mannheim ge- schlossenen Vergleich eingegangen ist, steht ihr nicht entgegen.

Zur Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung eines Patents ist - außer im Fall der widerrechtlichen Entnahme (§ 81 Abs. 3 PatG) und nach dem Erlöschen des Patents - grundsätzlich jedermann befugt. Ausnahmsweise ist die Klage aber unzulässig, wenn sich der Kläger vertraglich verpflichtet hat, das Patent nicht anzugreifen. Eine solche Nichtangriffsabrede ist zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits nicht getroffen worden. Die hiesige Klägerin ist nicht Vertragspartnerin des Vergleichs vom 11. Oktober 2005. Aus ihm erwachsen ihr jedenfalls keine unmittelbaren Rechte und Pflichten, auch wenn sie an den Vergleichsverhandlungen beteiligt gewesen ist und die patentverletzenden Rückenlehnenverstellvorrichtungen von ihr hergestellt worden sind.

1. Die Klägerin ist nicht als "Strohmann" der H... GmbH anzusehen und muss sich daher deren Nichtangriffspflicht nicht entgegenhalten lassen, da sie nicht in deren Auftrag und Interesse gehandelt hat, sondern ein eigenes Interesse an der Patentvernichtung besitzt (vgl. BGH GRUR 1963, 253, 254 - Bürovorsteher; GRUR 1998, 904 - Bürstenstromabnehmer).

Ein die Strohmanneigenschaft ausschließendes ins Gewicht fallendes Eigeninteresse des Nichtigkeitsklägers liegt vor, wenn dieser Erzeugnisse vertreibt, die nach der Behauptung des Patentinhabers patentverletzend sind (BGH GRUR 1987, 900, 903 - Entwässerungsanlage; BGH GRUR 1998, 904, 905 - Bürstenstromabnehmer). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar die angeblich patentverletzenden Gegenstände im Inland - soweit ersichtlich - nicht selbst vertrieben. Jedoch ist die Beklagte gegen die H... GmbH als Importeur von Fahrzeugen, in die die Vorrichtungen eingebaut worden waren, wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich vorgegangen. Dies führte dazu, dass die H... GmbH in dem gerichtlichen Vergleich eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, wodurch das Interesse der Klägerin, ihre Rückenlehnenverstellvorrichtungen auch weiterhin an den Hersteller der Fahrzeuge zu liefern, beeinträchtigt worden ist. Die Klägerin muss außerdem damit rechnen, dass sie die patentgemäßen Vorrichtungen während der Laufzeit des Patents auch nicht an andere Fahrzeughersteller, soweit diese den inländischen Markt beliefern, absetzen kann. Es kann ihr demnach ein eigenes Interesse am Widerruf des Patents nicht abgesprochen werden.

2. Die Nichtigkeitsklage ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise deshalb unzulässig, weil sich ihre Erhebung etwa unter dem Gesichtspunkt eines arglistigen Verhaltens als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. Benkard/Rogge, PatG, 10. Aufl., § 22 Rdn. 43 ff. m. w. N.). Angesichts des Charakters der Nichtigkeitsklage als einer Popularklage bedarf es für eine solche Annahme aber ganz besonderer Umstände (vgl. BGH GRUR 1958, 177, 178 - Aluminiumflachfolien), die vorliegend nicht gegeben sind.

Die Klage kann nicht allein deshalb als treuwidrig angesehen werden, weil neben den anwaltlichen Vertretern der Parteien lediglich Mitarbeiter der Nichtigkeitsklägerin an der mündlichen Verhandlung, die zum damaligen Vergleichsschluss führte, teilgenommen haben, oder weil die jetzt erhobene Nichtigkeitsklage auf einem Entwurf basiert, den die damalige Verfügungsbeklagte dem LG Mannheim vorgelegt hatte. Zwar mögen diese Umstände - ebenso wie die Identität der Vertreter der damaligen Verfügungsbeklagten und der jetzigen Nichtigkeitsklägerin - geeignet sein, die Erhebung der Nichtigkeitsklage aus Sicht der jetzigen Beklagten als Umgehung des Vergleichs erscheinen zu lassen. Nachdem aber die Nichtigkeitsklägerin seinerzeit nicht in den Vergleich eingebunden wurde, kann es angesichts ihres erheblichen wirtschaftlichen Eigeninteresses nicht als arglistiges Verhalten angesehen werden, wenn sie nun ihrerseits die Nichtigerklärung des Streitpatents erreichen will.

II.

Die Klage, mit der der in § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist auch begründet.

1. Das Streitpatent betrifft nach seiner Beschreibungseinleitung und seinem Patentanspruch 1 eine Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze, insbesondere Kraftfahrzeugsitze, die zu beiden Seiten des Sitzes je einen Verstellbeschlag aus einem dem Sitzteil zugeordneten festen Beschlagteil und einem der Rückenlehne zugeordneten verstellbaren Beschlagteil aufweist, welche über ein die Ver- und Feststellung der Rückenlehne bewirkendes Exzenterumlaufgetriebe mit einem dieses antreibenden Stellglied miteinander verbunden sind, wobei zur drehfesten Verbindung mit einer die beiden Stellglieder der Verstellbeschläge des Sitzes miteinander kuppelnden Übertragungsstange sowohl jedes Stellglied als auch die beiden Enden der Übertragungsstange einen profilierten Umfang aufweisen.

Bei der Sitzmontage derartiger Rückenlehnenverstellvorrichtungen werden die Verstellbeschläge auf beiden Sitzlängsseiten durch die Übertragungsstange verbunden. Dabei kann es vorkommen, dass infolge ungleichmäßiger Lage der Stellglieder hinsichtlich ihrer Drehwinkel der auf der einen Sitzlängsseite mit der Rückenlehne verbindbare Beschlagteil gegenüber dem auf der anderen Sitzlängsseite angeordneten mit der Rückenlehne verbindbaren Beschlagteil einen Winkelversatz aufweist. Der Winkelversatz wird von der Montageperson nicht immer bemerkt, da die Winkelabweichung je nach Profilgestaltung nur wenige Grad betragen kann. Die Beschreibung des Streitpatents bemängelt, dass die Winkelverlagerung der Beschlagteile gegeneinander erst nachträglich auffällt.

Diese Winkelverlagerung bei der Fehlmontage sofort sichtbar zu machen, oder, objektiv gesehen, bei der Montage gleiche Winkelstellungen der Beschlagteile auf den beiden Fahrzeugsitzseiten zu gewährleisten, soll durch den Streitpatentgegenstand erreicht werden. Winkelverstellte Beschlagteile sollen erst gar nicht montiert werden. Die weitergehende Aufgabenstellung, dass der Aufnahmequerschnitt des mit der Übertragungsstange verbindbaren Antriebelementes vollsymmetrisch verbleiben kann, hängt mit dem Problem der Fehlmontage nicht zusammen.

Zur Lösung des Problems der Fehlmontage soll an einer Umfangsfläche der Übertragungsstange abweichend vom regelmäßigen Verlauf statt einer Erhebung bzw. einer Ausnehmung das Profil auf den Kernquerschnitt der Übertragungsstange - zu deren nur jeweils in einer bestimmten Lage zueinander möglichen Verbindung mit den Stellgliedern - reduziert werden.

Anspruch 1 des Streitpatents lautet in der von der Klägerin vorgelegten Merkmalsanalyse, die von der Beklagten nicht in Frage gestellt wird, wie folgt:

Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze, insbesondere Kraftfahrzeugsitze,

(1) die Rückenlehnenverstellvorrichtung weist zu beiden Seiten des Sitzes je einen Verstellbeschlag aus einem dem Sitzteil zugeordneten festen Beschlagteil und einem der Rückenlehne zugeordneten verstellbaren Beschlagteil auf;

(2) die Beschlagteile sind über ein die Ver- und Feststellung der Rückenlehne bewirkendes Exzenterumlaufgetriebe mit einem dieses antreibenden Stellglied miteinander verbunden;

(3) zur drehfesten Verbindung mit einer die beiden Stellglieder der Verstellbeschläge des Sitzes miteinander kuppelnden Übertragungsstange weisen sowohl jedes Stellglied als auch die beiden Enden der Übertragungsstange einen profilierten Umfang auf;

(4) an einer Umfangsfläche (32) ist abweichend vom regelmäßigen Verlauf statt einer Erhebung bzw. einer Ausnehmung das Profil auf den Kernquerschnitt (35) der Übertragungsstange (29) - zu deren nur jeweils in einer bestimmten Lage zueinander möglichen Verbindung mit den Stellgliedern (27), - reduziert.

2. Die mit Patentanspruch 1 definierte Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze mag neu und gewerblich anwendbar sein. Sie ergibt sich für einen Durchschnittsfachmann allerdings in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

a). Als Durchschnittsfachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau (Fachhochschule oder Universität) mit mehrjähriger Berufserfahrung bei einem Kraftfahrzeugzulieferer oder -hersteller anzusehen, der für die Konstruktion und die Adaption von Sitzen in Fahrzeugen zuständig ist. Er ist mit den allgemeinen Prinzipien der Konstruktionslehre vertraut. Diese Prinzipien sind unabdingbarer und wesentlicher Bestandteil seiner Ausbildung.

b). Aus der in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift genannten DE 30 13 304 C2 (WUE3) ist unwidersprochen eine Rückenlehnenverstellvorrichtung für Sitze, insbesondere Kraftfahrzeugsitze bekannt (vgl. Bezeichnung i. V. m. Fig. 1). Die Rückenlehnenverstellvorrichtung weist zu beiden Seiten des Sitzes je einen Verstellbeschlag aus einem dem Sitzteil zugeordneten festen Beschlagteil 13 und einem der Rückenlehne zugeordneten verstellbaren Beschlagteil 14 auf (Merkmal 1; vgl. Fig. 1 bis 3). Die Beschlagteile 13, 14 sind über ein die Ver- und Feststellung der Rückenlehne bewirkendes Exzenterumlaufgetriebe mit einem dieses antreibenden Stellglied miteinander verbunden (Merkmal 2; vgl. Fig. 2, 3; Innenverzahnung 18 auf Beschlagteil 14, Außenverzahnung 17 auf Beschlagteil 13; Beschreibung Sp. 7, Z. 51 bis Sp. 8, Z. 3, insb. Z. 60; an Schwenkachsenabschnitt 23 drehfeste Mitnehmerscheibe 27 als Stellglied; Anspruch 1). Zur drehfesten Verbindung mit einer die beiden Stellglieder der Verstellbeschläge des Sitzes miteinander kuppelnden Übertragungsstange weisen sowohl jedes Stellglied als auch die beiden Enden der Übertragungsstange einen profilierten Umfang auf (Merkmal 3). Dieses Merkmal ist nicht explizit beschrieben. Für den Fachmann ist allerdings selbstverständlich, dass die Stellglieder der Verstellbeschläge auf beiden Seiten des Sitzes synchron betätigt werden und daher auch synchron gekuppelt sein müssen, weil nur auf diese Weise eine beiderseits gleichmäßige Verstellung der Sitzlehne erfolgen kann. Der drehfest mit der Mitnehmerscheibe 27 verbundene Schwenkachsenabschnitt 22 weist dazu ein Innensechskantprofil auf, das offensichtlich mit einem komplementären Sechskantprofil einer nicht gezeigten Übertragungsstange zusammenwirkt (vgl. Fig. 2 u. 3). Insoweit offenbart die DE 30 13 304 C2 (WUE3) eine Rückenlehnenverstellvorrichtung für Kraftfahrzeugsitze mit den Merkmalen 1 bis 3, die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 des Streitpatents enthalten sind.

Wenn sich in der Praxis der Sitzherstellung durch eine Winkelabweichung der beiderseitigen Verstellbeschläge eine zu große Fehlerquote ergibt, ist der eingangs definierte Durchschnittsfachmann aufgerufen, hier Abhilfe zu schaffen.

Durch eine Problemanalyse erschließt sich ihm ohne Weiteres, dass nur durch eine tordierte/winkelversetzte Montage der Stellglieder auf der Übertragungsstange eine abweichende Winkelstellung der Verstellbeschläge entstehen kann. Die sich daraus zwingend ergebende Lösung muss deshalb darauf ausgerichtet sein, die Montage der Übertragungsstange in nur einer definierten Einbaustellung zuzulassen. Lösungen für derartige Problemstellungen sind dem Fachmann aus seinem Fachwissen geläufig, insbesondere kennt er verschieden gestaltete formschlüssige Wellen-Naben-Verbindungen der im Fachbuch von Hildebrand (WUE6) dargestellten Art. Zur Festlegung einer eindeutigen Winkellage zweier miteinander drehmomentübertragend gekoppelter Bauteile können demnach unverwechselbare Profile genutzt werden (z. B. Betätigungsglied an Wellenende Fig. 3.349 c). Diese bieten sich geradezu an, wenn die Welle als Profilwelle gestaltet ist (Kerbzahnwelle, Keilwelle, Polygonwelle). Dazu muss zwangsläufig auf irgendeine Art und Weise vom regelmäßigen Profil abgewichen werden, d. h. es muss an der Welle Material an zumindest einer Stelle entfernt oder hinzugefügt werden; an der Nabe muss dann entsprechend umgekehrt vorgegangen werden. Welle und Nabe des unverwechselbaren Profils sind dabei Informationsträger im Sinne des Vorbringens der Patentinhaberin.

Übertragen auf die bekannten Rückenlehnenverstellvorrichtungen nach WUE3 bedeutet dies, dass zum Vermeiden eines Winkelversatzes das Profil der Übertragungsstange und das der korrespondierenden Stellglieder nicht regelmäßig sein darf, sondern an einer Umfangsfläche abweichend vom regelmäßigen Verlauf - zu deren nur jeweils in einer bestimmten Lage zueinander möglichen Verbindung - gestaltet sein muss. Folglich muss sich der Fachmann lediglich für eine von zwei sich anbietenden gleichwertigen konstruktiven Lösungen entscheiden: an der Stelle einer Erhebung des sechskantigen Profils den Querschnitt reduzieren, oder an der Stelle einer Ausnehmung den Querschnitt erweitern; an den Stellgliedern umgekehrt. Zweckmäßigerweise bleibt der Kernquerschnitt von Welle und Nabe unberührt.

Der Einwand der Patentinhaberin, dass es sich bei den in WUE6 gezeigten Beispielen um feinmechanische Bauelemente handele, kann nicht überzeugen, denn auch Sitzlehnenverstelleinrichtungen sind eher der Feinmechanik zuzuordnen, wie dies die Abmessungen der Teile des vorgelegten Verstellbeschlags belegen. Wellen-Nabenverbindungen gibt es schließlich nicht nur in der Feinmechanik, sondern sind als Maschinenelemente allgemein bekannt.

Die Beklagte hat außerdem die Auffassung vertreten, es sei viel naheliegender gewesen, an den beiden Beschlagteilen jedes Beschlags feine Markierungen anzubringen, so dass die Beschläge bei gegenüberliegenden Markierungen über eine definierte Winkelstellung ihrer Beschlagteile für die Montage verfügten. Demgegenüber sehe die Lösung gemäß Streitpatent vor, die beiden Stellglieder und die Übertragungsstange zur Informationsübertragung zu nutzen. Das sei mehr als nur das unverwechselbare Verbinden zweier Teile und damit erfinderisch.

Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Die Beschlagteile jedes Beschlags mit Markierungen zu versehen, kann dem Monteur beim Erkennen von Winkelstellungen zwar grundsätzlich hilfreich sein. Das Anbringen der Markierungen kann jedoch die Fehlmontage bei Nichtbeachtung der Markierung nicht verhindern, zumal bei der Montage Markierungen beider Beschläge nicht gleichzeitig in das Blickfeld des Monteurs fallen. Die Unzulänglichkeit der Sichtprüfung beim Anbringen von Markierungen erörtert im Übrigen die japanische Druckschrift JP 56-147924 A (WUE 12/13), die eine Wellen-Naben-Verbindung betrifft, bei der es wie im Streitpatent auf die Winkellage von Welle und Nabe ankommt. Diese Druckschrift nimmt ausdrücklich von einer Lösung mit Markierungen Abstand (vgl. Figuren, S. 3, mittleren Absätze, S. 4, unterer Absatz). Stattdessen werden Profilerhebungen der Welle bis auf einen Kernquerschnitt entfernt.

Patentanspruch 1 des Streitpatents hat daher keinen Bestand.

Mit ihm fallen die hierauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7, die keinen eigenen erfinderischen Gehalt aufweisen. Die Beklagte hat diese weder zum Gegenstand eines Hilfsantrags gemacht noch hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, so dass sich weitere Erörterungen hierzu erübrigen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Lutz Bork Bülskämper Martens Dr. Höchst Pü






BPatG:
Urteil v. 09.05.2007
Az: 1 Ni 8/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6a943da0fdfb/BPatG_Urteil_vom_9-Mai-2007_Az_1-Ni-8-07




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share