Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 48/03

(BPatG: Beschluss v. 03.03.2004, Az.: 28 W (pat) 48/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.

Der Widerspruch aus der Marke 954313 wird zurückgewiesen.

Der Widersprechenden werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe I.

Gegen die am 5. März 1998 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 12, 37 und 42 eingetragene und am 9. April 1998 veröffentliche, leicht graphisch gestaltete Marke "ematec" ist Widerspruch erhoben aus der älteren, am 31. Januar 1977 für Waren der Klassen 7 und 8 eingetragenen Wort-Bild-Marke 954 313 mit dem Kennwort "imatec".

Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Hiergegen hat der Inhaber der angegriffenen Marke Beschwerde erhoben und mit Schriftsatz vom 14. April 2003 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Dieser Schriftsatz ist der anwaltlich vertretenen Widersprechenden mit Empfangsbekenntnis übersandt worden und dort am 18. Juni 2003 eingegangen. Eine Erwiderung der Widersprechenden in der Sache ist nicht erfolgt, insbesondere ist eine Benutzung der Widerspruchsmarke nicht behauptet oder gar glaubhaft gemacht worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der nach § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG erhobene Widerspruch war gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen. Der Widerspruch kann hier schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Widersprechende nach Erhebung der Benutzungseinrede im Beschwerdeverfahren eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im maßgeblichen Benutzungszeitraum nicht glaubhaft gemacht hat und somit auf Seiten der Widerspruchsmarke bei der Entscheidung keine Waren berücksichtigt werden können, § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG.

Da die am 31. Januar 1977 eingetragene Widerspruchsmarke sowohl im Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke wie im Zeitpunkt der Entscheidung länger als fünf Jahre im Markenregister eingetragen war, greift hier die Einrede mangelnder Benutzung nach § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG ein. Danach hätte die Widersprechende eine ernsthafte Benutzung ihrer Marke für den danach relevanten Zeitraum glaubhaft machen müssen. Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren jedoch weder zur Einrede der Nichtbenutzung noch sonst in der Sache geäußert.

Der Senat war nicht gehalten, der Widersprechenden eine Äußerungsfrist zu setzen oder einen beabsichtigten Entscheidungstermin mitzuteilen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die jeweiligen Schriftsätze dem Gegner übersendet werden und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, sich hierzu innerhalb einer angemessenen Frist zu äußern (vgl BGH GRUR 1997, 223, 224 "Ceco"). Der seit dem 18. Juni 2003, d.h. dem Zeitpunkt des Erhalts der Nichtbenutzungseinrede, vergangene Zeitraum von nunmehr über acht Monaten reicht ohne Zweifel aus, um zumindest die Benutzung der Widerspruchsmarke geltend zu machen.

Gerichtliche Aufklärungshinweise nach § 82 Abs 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 139, 278 ZPO waren ebenfalls nicht veranlasst. Insbesondere war der Senat nicht gehalten, die Widersprechende konkret auf die nötige Vorlage von Mitteln zur Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung hinzuweisen. Denn ein derartiger Hinweis hätte zu einer Verlagerung der ausschließlich der Widersprechenden obliegenden Verpflichtung zur Beibringung geeigneter Tatsachen und Beweismittel auf das Gericht zu Lasten der Verfahrensgegnerin geführt und damit im Widerspruch zu dem für Benutzungsfragen geltenden Beibringungsgrundsatz sowie der Neutralitätspflicht des Gerichts gestanden.

Zwar obliegt nach § 139 Abs 1 ZPO dem Gericht die Pflicht, auf die Beibringung der zur Rechtsfindung notwendigen Tatsachen- und Beweismittel hinzuwirken. Diese Fürsorgepflicht findet jedoch dort ihre Grenzen, wo - wie vorliegend - die darlegungs- und beweisbelastete Beteiligte ihrer Pflicht zur vollständigen Erklärung (§ 128 Abs 2 ZPO) nicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachkommt und sich darauf verlässt, dass das Gericht bei der Ermittlung des Sachverhalts und der Auswahl der Glaubhaftmachungsmittel ihr im wesentlichen die insoweit bestehende Verpflichtung abnimmt, obwohl entsprechende Hinweise an eine Partei deren verfahrensrechtliche Stärkung und gleichzeitig eine Schwächung der anderen Partei nach sich ziehen würden (Althammer/Ströbele, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 43 Rdn 71 ff).

Nachdem die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke bereits im Hinblick auf die durchgreifende Nichtbenutzungseinrede Erfolg hat, kommt es auf die Frage, ob zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr besteht, nicht mehr an.

Bei dieser Sachlage entspricht es den Grundsätzen der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, § 71 Abs 1 MarkenG.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Ko






BPatG:
Beschluss v. 03.03.2004
Az: 28 W (pat) 48/03


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