Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2010
Aktenzeichen: 24 W (pat) 5/09

(BPatG: Beschluss v. 22.06.2010, Az.: 24 W (pat) 5/09)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt durch Beschluss vom 7. August 2007, und vom 29. Oktober 2008 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 242 833 hinsichtlich der von der angegriffenen Marke IR 800 560 erfassten Waren

"01 Produits chimiques destines à l'industrie, aux sciences, à la photographie, ainsi qu'à l'agriculture, l'horticulture et la sylviculture; resines artificielles à l'etat brut; engrais pour les terres; compositions extinctrices; preparations pour la trempe et la soudure des metaux; produits chimiques destines à conserver les aliments; matières tannantes preparees; adhesifs (matières collantes) destines à l'industrie.

03 savons à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle.

05 Produits pharmaceutiques et hygieniques; empl‰tres, materiel pour pansements"

zurückgewiesen worden ist. In dem genannten Umfang wird der Marke IR 800 560 der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls verweigert.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die für Waren der Klassen 1, 3, 5 und 21 am 20. März 2003 international registrierte Marke 800 560 ARVOR

(Ursprungsland Frankreich)

begehrt die Schutzerstreckung auf Deutschland.

Widerspruch erhoben ist u. a. aus der am 15. Juli 1999 angemeldeten und am 23. August 2000 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 1 242 833 FAVOR die für folgende Waren Schutz genießt:

"1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere als Hilfsmittel für die Textilindustrie, für die Chemiefaserindustrie, für die Lederund Pelzindustrie, für das Reinigungsgewerbe, für die Aufbereitung und für die chemischtechnische Industrie; chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche, photographische, land-, gartenund forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze, sämtlich im Rohzustand (in Form von Pulvern, Flüssigkeiten oder Pasten); Kunststoffe im Rohzustand, Polymere, einschließlich absorbierende, superabsorbierende und lösliche Polymere, insbesondere Absorberpolymere zur Verwendung in der Hygieneindustrie zur Herstellung von Hygieneartikeln und -materialien, Absorberpolymere zur Verwendung in der Verpackungsindustrie zum Binden wässriger Flüssigkeiten aller Art; Düngemittel (natürliche oder künstliche); Feuerlöschmittel; Härtemittel und chemische Präparate zum Löten; Gerbmittel.

3: Schleifmittel; Parfümerien; ätherische Öle; Mittel zur Körperund Schönheitspflege, insbesondere Hautreinigungsmittel und Hautschutzsalben (ausgenommen Rasierseifen, Rasiercreme, Rasierwasser, Haarwässer, Zahnputzmittel)".

Der Widerspruch richtet sich gegen alle gleichen und ähnlichen Waren.

Die Inhaberin der IR-Marke hat im Jahr 2004 ein in Klasse 3 eingeschränktes Warenverzeichnis vorgelegt. Das Verzeichnis hat insgesamt nunmehr folgende Fassung:

"1 Produits chimiques destines à l'industrie, aux sciences, à la photographie, ainsi qu'à l'agriculture, l'horticulture et la sylviculture; resines artificielles à l'etat brut; engrais pour les terres; compositions extinctrices; preparations pour la trempe et la soudure des metaux; produits chimiques destines à conserver les aliments; matières tannantes preparees; adhesifs (matières collantes) destines à l'industrie.

3 Preparations pour blanchir et autres substances pour lessiver, à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle; preparations pour nettoyer, polir, degraisser et abraser, à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle; savons à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle; produits de droguerie, à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle.

5 Produits pharmaceutiques, veterinaires et hygieniques; substances dietetiques à usage medical, aliments pour bebes; empl‰tres, materiel pour pansements; matières pour plomber les dents et pour empreintes dentaires; desinfectants; produits pour la destruction des animaux nuisibles; fongicides, herbicides.

21 Ustensiles et recipients pour le menage ou la cuisine (ni en metaux precieux, ni en plaque); peignes et eponges et autres accessoires de toilette; brosses (à l'exception des pinceaux); materiaux pour la brosserie; materiel de nettoyage; paille de fer; verre brut et miouvre (à l'exception du verre de construction); verrerie, porcelaine et fa•ence non comprises dans d'autres classes."

Am 14. März 2007, berichtigt am 20. Dezember 2007, ist die IR-Marke auf die jetzige Inhaberin umgeschrieben worden.

In einem ersten Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt mit Beschluss vom 7. August 2007, ist der angegriffenen IR-Marke der Schutz in Deutschland teilweise verweigert worden, nämlich für folgende Waren:

"preparations pour nettoyer, polir, degraisser et abraser, à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle; produits de droguerie, à l'exception des produits nettoyants pour la vaisselle".

Während sich die "chemischen Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" an ein spezielles Fachpublikum aus dem Kreis der chemischen Industrie richteten, das aufgrund seiner berufsmäßigen Kenntnisse auch den markenmäßigen Kennzeichnungen der in diesem Produktbereich verwendeten Vorprodukte mit gesteigerter Aufmerksamkeit begegne und Abweichungen eher bemerke, seien die sonstigen Waren auch für den breiten Verkehr bestimmt. Trotz eines beschreibenden Anklangs (im Hinblick auf die Wortbedeutung im Lateinischen und im Spanischen) komme der Widerspruchsmarke "FAVOR" eine normale Kennzeichnungskraft zu (unter Hinweis auf BPatG 30 W (pat) 123/00 -Salor/FAVOR). Der Ähnlichkeitsgrad der sich gegenüberstehenden Waren sei unterschiedlich; teilweise -hinsichtlich der Waren in den Klassen 5 und 21 -bestehe keine relevante Ähnlichkeit. Die Vergleichszeichen stimmten in der Lautund Buchstabenfolge "-VOR" überein und wiesen zudem dieselbe Vokalfolge auf. Die Abweichungen in den Anfangssilben "FA" und "AR" seien zwar nicht sehr prägnant, da beide Silben übereinstimmend den Vokal "A" enthielten und es sich bei den Konsonanten "R" und "F" um klangschwache Laute handele. Jedoch müsse berücksichtigt werden, dass Vokal und Konsonant getauscht seien, was sich auf den Sprechrhythmus auswirke, und dass sich diese Abweichung auf den allgemein stärker beachteten Wortanfang beziehe. Zudem handele es sich um relativ überschaubare Markenwörter. Der Annäherungsgrad liege daher in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht im unteren Durchschnitt. Somit ergebe sich nur teilweise, bei einer Begegnung der Marken als Kennzeichnung identischer und an den breiten Verkehr gerichteter Waren eine Verwechslungsgefahr, im Übrigen aber nicht.

Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und diese eingehend begründet;

u. a. hat sie ausgeführt, eine mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende deutsche Marke sei bereits im Jahr 1976 registriert worden und in der Folgezeit vornehmlich für superabsorbierende Polymerisate für die Hygieneindustrie umfangreich benutzt worden. Sie, die Widersprechende, sei (nunmehr wieder) der weltweit führende Superabsorberhersteller und genieße in Fachkreisen einen sehr guten Ruf. Unter der Widerspruchsmarke "FAVOR" seien im Jahr 2006 weltweit 400 000 t superabsorbierende Polymerisate verkauft worden; der Warenwert der in Deutschland gekennzeichneten Produkte habe in jenem Jahr ... € betragen, wobei allein in Deutschland ein Umsatz von ... € erzielt worden sei.

Die Markeninhaberin hat mitgeteilt, dass auf die Erinnerung keine Äußerung eingereicht werde.

In einem zweiten Beschluss der mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzten Markenstelle vom 29. Oktober 2008 ist die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen worden. Die Angaben zu Umsatz und Marktführerschaft der Widerspruchsmarke reichten nicht aus, um von einer erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Voraussetzungen müssten bei Anmeldung der angegriffenen Marke vorgelegen haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestehen. Frühere Entscheidungen seien daher nicht relevant. Die im Allgemeinen stärker beachteten Wortanfänge der Vergleichsmarken seien unterschiedlich. Als wesentlicher Gesichtspunkt, der einer Verwechslungsgefahr entgegenstehe, sei anzusehen, dass sich die verfahrensgegenständlichen Waren an den Fachverkehr richteten. Auch der Umstand, dass es sich im Marktsegment der Personal-Care-Produkte um einen sehr sensiblen Bereich handele, spreche gegen eine Verwechslungsgefahr.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Ihrer Ansicht nach kann angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen der Zeichen die alleinige Abweichung am Wortanfang eine Verwechslungsgefahr nicht sicher ausschließen. Es sei unverständlich, warum die Markenstelle dem stimmlosen Konsonanten "F" eine derart große Bedeutung beimesse, dass trotz der vorhandenen Vielzahl an Übereinstimmungen eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt werde. Nicht zutreffend sei auch die Verneinung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Es handele sich um eine besonders bekannte Marke, der von daher ein weitreichender Schutz zukommen müsse. Sie, die Widersprechende, sei der weltweit führende Superabsorberhersteller. Die Auffassung der Markenstelle führe zu der nicht hinnehmbaren Folge, dass kein Markeninhaber in sensiblen Produktbereichen, sei es im Marktsegment der PersonalCare-Produkte, sei es im Pharmabereich, seine Marken adäquat verteidigen könnte. Vorliegend seien vielmehr strengste Anforderungen an den Abstand der Vergleichsmarken zu stellen, insbesondere, um den erworbenen wertvollen Besitzstand der Widerspruchsmarke zu schützen.

In der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2010 hat die Widersprechende ihre Argumentation vertieft. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt mit Beschluss vom 7. August 2007, und vom 29. Oktober 2008 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 242 833 teilweise zurückgewiesen worden ist, und der IR-Marke 800 560 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt zu verweigern.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme in der Sache abgegeben und auch an der mündlichen Verhandlung -gemäß vorheriger Mitteilung -nicht teilgenommen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Die Beschwerdeführerin, die "E... GmbH", ist durch Umfirmierung aus der "S... GmbH" hervorgegangen, diese wiederum ist -durch gesellschaftsrechtliche Umwandlung -Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Widersprechenden, der "S1... GmbH & Co. KG". Im Gemeinschaftsmarkenregister ist die Widerspruchsmarke jeweils umgeschrieben worden.

2.

Die Beschwerde ist auch teilweise, im Umfang der in der Beschlussformel enthaltenen Waren, begründet. Denn die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen in einem weitergehenden Umfang, als von der Markenstelle angenommen, der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 114, § 125b MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 -Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 -BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 -SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33).

a) Was die registrierten Erzeugnisse in Klasse 1 anbetrifft, so liegt -weitgehend -Warenidentität vor. Hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren in Klasse 3 werden "savons ..." (= Seifen) ebenfalls von dem -weiten -Oberbegriff "Mittel zur Körperund Schönheitspflege" umfasst. Dass insoweit nur ein "entferntes Ähnlichkeitsverhältnis" (so der Erstprüfer) bestehen soll, ist unzutreffend. Dagegen liegen "preparations pour blanchir et autres substances pour lessiver, ..." (= Bleichund Waschmittel) nicht mehr im Ähnlichkeitsbereich zu Mitteln zur Körperund Schönheitspflege (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl. S. 339/340).

Von den Waren der IR-Marke in Klasse 5 sind "produits pharmaceutiques et hygieniques; empl‰tres, materiel pour pansements" mit Mitteln zur Körperund Schönheitspflege ähnlich (vgl. Richter/Stoppel a. a. O., S. 145/146, 236, 239), im Übrigen aber -unbeschadet der unterschiedlichen Fertigungsstufe -auch zu den superabsorbierenden Materialien der Widerspruchsmarke in Klasse 1.

Hinsichtlich der Waren der IR-Marke in Klasse 21 ist keine Warenähnlichkeit vorhanden.

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "FAVOR" ist von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, durchschnittlich. Die deutsche Sprache kennt zwar die Wörter "Favorit" und "favorisieren", nicht aber "Favor". Eine Verminderung des Schutzumfangs im Hinblick auf die Wortbedeutung im Lateinischen und Spanischen anzunehmen, liegt bei den hier betroffenen Produkten fern (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 29.01.2001, 30 W (pat) 123/00 -Salor/ FAVOR).

Die Widersprechende hat sich bereits im patentamtlichen Erinnerungsverfahren und erneut im Beschwerdeverfahren auf einen infolge umfangreicher Benutzung und Bekanntheit der Marke "FAVOR" erhöhten Schutzumfang (zumindest für superabsorbierende Polymere in Klasse 1) berufen. Die Markeninhaberin, der die betreffenden Schriftsätze übermittelt worden sind, ist diesem Vorbringen weder im Erinnerungsverfahren noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Von daher kann nicht beanstandet werden, dass die Widersprechende ihre -unbestrittenen -Behauptungen nicht durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung zusätzlich glaubhaft gemacht hat. Zwar beziehen sich die Angaben zu den Produktionsund Umsatzzahlen nicht auf die maßgeblichen Zeitpunkte der Kollision im Jahr 2003 und der (abschließenden) Entscheidung des Senats (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 121, 147), sondern auf das Jahr 2006, jedoch hat der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in tatsächlicher Hinsicht; diese sprechen dafür, dass der Widerspruchsmarke zumindest hinsichtlich eines Teils der Erzeugnisse in Klasse 1 ein deutlich über dem durchschnittlichen Bereich liegender Schutzumfang zukommt, und zwar auch schon im Zeitpunkt der Kollision.

c) Die sich gegenüberstehenden Marken weisen beträchtliche Ähnlichkeiten auf. Sie stimmen in der Anzahl der Silben und Buchstaben sowie in der Vokalfolge A-O überein, außerdem in der jeweiligen zweiten Silbe, d. h. in den letzten drei Buchstaben "VOR". Die Anfangssilben unterscheiden sich vom Schriftbild her allerdings deutlich ("AR" zu "FA"). Somit lässt sich schriftbildlich eine verwechslungsbegründende Ähnlichkeit nicht feststellen, wohl aber im phonetischen Eindruck (und zwar nicht nur unter ganz ungünstigen Übermittlungsbedingungen), weil sich hier angesichts der Übereinstimmung im tontragenden Vokal "A" die Umstellung der jeweils klangschwachen Konsonanten "R" und "F" nicht hinreichend verwechslungsmindernd auswirkt.

d) Die Markenstelle hat dem Umstand, dass sich die jeweiligen Erzeugnisse in Klasse 1 an Fachkreise richten, eine Bedeutung beigemessen, die dieser -jedenfalls im Rahmen der Gesamtabwägung aller Einzelfaktoren, die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblich sind -nicht zukommt. Denn nach dem maßgeblichen Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 173 m. w. Nachw.) ist bereits generell auf normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher im Bereich der einschlägigen Waren abzustellen. Von daher ist heute -anders als unter der Geltung des Warenzeichengesetzes -bei der Wahrnehmung von Marken im Bereich von Spezialprodukten, die sich an Fachkreise richten (wie hier bzgl. der Waren in Klasse 1), kein nochmals deutlich gesteigerter Aufmerksamkeitsgrad zugrunde zu legen. Eine derartige Annahme würde -wie die Widersprechende zu Recht geltend macht -dazu führen, dass (auch kennzeichnungsstarken) Marken in wirtschaftlich bedeutsamen Produktbereichen kein angemessenerer Schutz mehr zu Teil würde. Im Übrigen unterliegt bei einer nicht unbeträchtlichen phonetischen Zeichenähnlichkeit -wie hier -auch das generell aufmerksame Fachpublikum der Gefahr des Sich-Verhörens. Wenn zudem -wie im vorliegenden Fall -sämtliche anderen Faktoren, die im Rahmen der Gesamtabwägung von Bedeutung sind (d. h. Identität und Ähnlichkeit der Waren, erhöhter Schutzumfang der Widerspruchsmarke, klangliche Zeichenähnlichkeit), für eine Verwechslungsgefahr sprechen, so kann allein der Gesichtspunkt, dass ein Teil der beanspruchten Waren für den Fachverkehr bestimmt ist, eine solche nicht sicher ausschließen.

e) Hinsichtlich der sonstigen noch verfahrensgegenständlichen Waren der IR-Marke in Klasse 5 und der Produkte in Klasse 21 besteht mangels Warenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr.

Der Beschwerde ist somit teilweise -im oben dargelegten Umfang -stattzugeben, teilweise ist sie zurückzuweisen.

3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Dr. Hacker Eisenrauch Viereckbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 22.06.2010
Az: 24 W (pat) 5/09


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