Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 301/99

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2000, Az.: 30 W (pat) 301/99)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung NETPOINT ist als Marke für

"Computerhardware und Computersoftware; EDV-Schulungen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Computerberatungsdienste"

am 27. November 1997 in das Markenregister eingetragen worden. Nach der Veröffentlichung der Eintragung am 30. Dezember 1997 ist am 24. März 1998 Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 911 198 siehe Abb. 1 am Endedie seit dem 18. August 1995 eingetragen ist für die Waren/Dienstleistungen:

"Erstellung von Konzepten für digitale Kommunikationsmedien für den Einsatz im Bereich neue Kommunikations-Technologien; Netzwerke und CD-Roms für den Einsatz im Bereich neue Kommunikations-Technologien".

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 31. Januar 2000 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat wegen klanglicher Identität der Marken und der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen die Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Sie meint mit näheren Ausführungen, daß Verwechslungen nicht ernsthaft zu befürchten seien. Insbesondere verweist sie darauf, daß sie schon seit Oktober 1993 unter der Bezeichung NETPOINT tätig sei. Ihrer Marke gebühre daher der Vorrang.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Oktober 1999 aufzuheben.

Die Widersprechenden beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten mit näheren Ausführungen die Entscheidung der Markenstelle für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf den angefochtenen Beschluß der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig. Der angefochtene Beschluß des Patentamts ist ihren damaligen Bevollmächtigten am 22. Oktober 1999 zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 22. November 1999 beim Patentamt eingegangen, nachdem die Beschwerdegebühr dem Konto des Patentamts bereits am 8. November 1999 gutgeschrieben worden war.

In der Sache ist die Beschwerde indessen ohne Erfolg. Es besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, so daß die Markenstelle zu Recht wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 911 198 die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet hat.

Bedenken gegen die Zulässigkeit des Widerspruchs bestehen entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht: Nach Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 30. Dezember 1997 ist der Widerspruch am 24. März 1998 beim Patentamt eingegangen; die Frist des § 42 Abs 1 MarkenG ist damit gewahrt. Die Widersprechenden waren auch zur Erhebung des Widerspruchs berechtigt: Auf den Umschreibungsantrag vom 4. März 1997 ist die Umschreibung der Widerspruchsmarke auf die Widersprechenden vom Patentamt am 10. Februar 1998 verfügt worden.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeitder Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB EuGH MarkenR 1999, 22 - CANON; BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA).

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter sind allerdings im Klang identisch. Unter diesen Umständen bedarf es erheblicher Abweichungen im Bereich der sich gegenüberstehenden Waren und Diestleistungen, um die Verwechslungsgefahr verneinen zu können. Diese erheblichen Abweichungen liegen aber nicht vor:

Nach der maßgeblichen Registerlage - die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist gemäß § 43 Abs 1 MarkenG derzeit nicht zulässig - können sich die Marken auf identischen und ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen. Die "Computerhardware" der angegriffenen Marke kann die "Netzwerke und CD-Roms" der Widerspruchsmarke umfassen; zwar ist im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke die von der jüngeren Marke beanspruchte "Computersoftware" nicht aufgeführt; "Netzwerke" können aber ohne Software nicht betrieben werden, so daß schon der Begriff "Netzwerk" eher Hard- und Software umfassen dürfte; bei Hardware und Software handelt es sich vor allem aber um Waren, die aufeinander bezogen und häufig aufeinander abgestimmt sind, sich also gegenseitig ergänzen, wie auch durch die Fassung des Warenverzeichnisses der jüngeren Marke zum Ausdruck gebracht ist. Es liegt daher nahe, daß der Verbraucher wegen der Bezogenheit der Waren aufeinander von der Verantwortlichkeit ein und desselben Unternehmens für die Qualität der jeweiligen Waren ausgeht (vgl EuGH aaO - CANON; BGH MarkenR 1999; 242 - Canon II). Die Dienstleistung "Computerberatungsdienste" der jüngeren Marke kann wegen des weiten Oberbegriffs die "Erstellung von Konzepten für digitale Kommunikationsmedien für den Einsatz im Bereich neuer Kommunikations-Technologien" umfassen, so daß insoweit Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen möglich ist. Bei den Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; EDV-Schulungen" kann wegen der Nähe zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke wegen der Bezogenheit aufeinander ebenso der Eindruck aufkommen, sie stammten aus demselben Unternehmen; von Ähnlichkeit ist daher auch hier auszugehen, wenn auch möglicherweise nur im mittleren Bereich. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebend ist der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher (vgl BGH MarkenR 2000; 140 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Soweit im Bereich identischer Waren von strengen Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand auszugehen ist, liegt unter den gegebenen Umständen die Gefahr von Verwechslungen auf der Hand. Selbst wenn aber im Hinblick auf einen gewissen Abstand im Bereich der genannten Dienstleistungen an den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Markenabstand zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke eher weniger strenge Anforderungen gestellt werden, wird die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht diesen Anforderungen nicht gerecht. Wegen der klanglichen Identität der Markenwörter besteht Verwechslungsgefahr, so daß die weitere Frage einer schriftbildlichen Verwechslungsgefahr dahingestellt bleiben kann (vgl BGH MarkenR 1999, 57, 59 - LIONS).

Die klangliche Identität der Marken stellt die Inhaberin der angegriffenen Marke im Grunde auch gar nicht in Abrede. Sie macht vielmehr geltend, sie habe durch Vorbenutzung einen Besitzstand an der Bezeichnung "NETPOINT" erlangt. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Markenrecht kennt keinen Schutz der Vorbenutzung eines Zeichens, wobei eine Markenanmeldung selbst in Kenntnis der Vorbenutzung des Zeichens durch einen Dritten nicht ohne weiteres als unlauter anzusehen ist (vgl BGH GRUR 1998, 412 - ANALGIN).

Zu einer Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Schramm Winter Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)301-99.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 07.08.2000
Az: 30 W (pat) 301/99


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