Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 25. Januar 2007
Aktenzeichen: 1 K 7668/04

(VG Köln: Urteil v. 25.01.2007, Az.: 1 K 7668/04)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.

Es wird festgestellt, dass die Auflage in Ziffer 6.1 des Tenors des Beschlusses der Regulierungsbehörde vom 29.09.2004 ( ) rechtswidrig gewesen ist.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt bundesweit ein ADSL-Netz. Die ADSL-Anschlüsse bestehen aus dem hochbitratigen Teil der Teilnehmeranschlussleitung, deren Verkehr im DSLAM (Digital Subscriber Line Access Multiplexer) konzentriert, sodann über das sog Konzentratornetz der Klägerin zu einem der bundesweit 74 Breitband-Points of Presence (BB-PoP) Standorte der Klägerin geführt und von dort in das Netz eines Internet Providers (IP) geleitet wird. Das von der Klägerin vertriebene ADSL- Endkundenprodukt trägt die Bezeichnung T-DSL.

Mit dem Vorleistungsprodukt T-DSL-ZISP Basic ermöglicht die Klägerin ihren Wettbewerbern mit eigener IP-Plattform die Zuführung des Online-Datenverkehrs von Endkunden, welche T-DSL oder Resale DSL der Klägerin nutzen (Online- Nutzer), zu einem oder mehreren der vom Wettbewerber gewünschten Übergabepunkte (T-DSL-ZISP Basic Anschlüsse) am entsprechenden BB-PoP-Standort. Das Vorleistungsprodukt umfasst die Installation und Überlassung von T-DSL-ZISP Basic Anschlüssen in verschiedenen Versionen sowie den Transport des Verkehrs der Online-Nutzer über das Konzentratornetz und die regionalen BB-PoP`s zu den dort angeschalteten T-DSL-ZISP-Basic Anschlüssen.

Unter dem 22.07.2004 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Entgelte für die Leistung T-DSL ZISP-Basic ab dem 01.10.2004.

Mit Beschluss vom 29.09.2004 ( ) entsprach die Regulierungsbehörde diesem Antrag für die Zeit vom 01.10.2004 bis 31.10.2005 nur teilweise. Unter anderem genehmigte sie unter Ziffer 3 des Beschlusstenors das Entgelt für die Nutzung der T-DSL ZISP Basic Anschlüsse lediglich in Höhe von monatlich 0,52 EUR (beantragt:1,55 EUR) je angefangene 10 kbit/s, wobei sie sich auf § 150 Abs. 1 i.V.m. §§ 35 Abs. 3 und 4 TKG berief. Außerdem gab sie der Klägerin unter Ziffer 6.1 des Beschlusstenors auf, bis zum 30.11.2004 nachzuweisen, dass sie ihre Verträge über die Leistungen T-OnlineConnect (T-OC) und ISP-Gate mit Wirkung ab dem 01.12.2004 in der Art geändert habe, dass der jeweilige Kunde für die Nutzung des Konzentratornetzes ein das hier genehmigte Entgelt nicht unterschreitendes Entgelt zu zahlen hat. Diese Auflage sei erforderlich, um eine gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG unzulässige Ungleichbehandlung von Nachfragern der Leistung T-DSL-ZISP Basic gegenüber Kunden der Leistungen T-OC und ISP-Gate zu verhindern. Alle drei Leistungen nutzten in gleicher Weise das Konzentratornetz der Klägerin und seien Produkte, mit denen Wettbewerber den Verkehr von Kunden des T-DSL-Vorprodukts zugeführt bekämen. Sie unterschieden sich von T-DSL-ZISP dahingehend, dass zusätzlich zur Nutzung des Konzentratornetzes in unterschiedlichem Umfang das IP- Backbone der Klägerin im Leistungsumfang enthalten sei. Die Klägerin hat am 27.10.2004 Klage erhoben, welche zunächst auch auf die Genehmigung eines Entgelts für die Nutzung der T-DSL-ZISP Basic Anschlüsse in Höhe von monatlich 0,7944 EUR je angefangene 10 kbit/s gerichtet war. Diesen Teil der Klage hat sie jedoch am 25.01.2007 zurückgenommen. Nunmehr macht die Klägerin allein geltend, die Auflage unter Ziffer 6.1 des Beschlusstenors habe sich zwar dadurch erledigt, dass sie - die Klägerin - ihr nachgekommen sei. Sie habe nämlich in den T-OC- und ISP-Gate-Verträgen eine dynamisierte Klausel aufgenommen, wonach das einheitliche Entgelt für die Nutzung von Konzentratornetz und IP-Backbone mindestens das genehmigte Entgelt enthalte. Für die somit statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage bestehe das nötige Feststellungsinteresse in der Form von Wiederholungsgefahr. Die Nebenbestimmung sei auch rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten, da sie sich auf Entgelte beziehe, die nicht der Regulierung unterlägen.

Die Klägerin beantragt.

1. festzustellen, dass die Auflage in Ziffer 6.1 des Tenors des Beschlusses der Regulierungsbehörde vom 29.09.2004 ( ) rechtswidrig gewesen ist,

2.

3. hilfsweise, die Auflage in Ziffer 6.1 des Tenors des vorgenannten Beschlusses aufzuheben.

4.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend: Die angegriffene Nebenbestimmung bedeute keine Regulierung der Entgelte für T-OC und ISP-Gate, sondern sei lediglich Voraussetzung für die Genehmigung des Entgelts für die Nutzung von T-DSL-ZISP Basic.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Regulierungsbehörde verwiesen.

Gründe

Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.

Der noch anhängige Teil der Klage ist zulässig und begründet.

Der Klageantrag zu 1) ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, da sich die Auflage in Ziffer 6.1 des Beschlusstenors erledigt hat und Wiederholungsgefahr besteht. Erledigung ist dadurch eingetreten, dass die Klägerin die Auflage erfüllt hat. Sie hat nämlich unwidersprochen vorgetragen, dass sie die T-OC- und ISP-Gate- Verträge in nicht rückabwickelbarer Weise auflagengemäß angepasst und dies der Regulierungsbehörde mitgeteilt habe. Eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass nach dem ebenfalls unwidersprochenen Vortrag der Klägerin eine entsprechende Auflage auch im Anschlussbeschluss vom 27.10.2005 enthalten und angesichts der Auflagen- und Klagebegründung damit zu rechnen ist, dass sie auch künftig Verwendung finden wird.

Die Auflage war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten.

Nach § 36 Abs. 1 VwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den - wie bei einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung - ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschriften zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Die allenfalls in Betracht zu ziehende zweite Alternative dieser Vorschrift ist nicht erfüllt.

Mangels Vorliegens einer Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 3 TKG können sich die Genehmigungsbedürftigkeit und die Genehmigungsmaßstäbe des Entgelts für die Nutzung von T-DSL-ZISP Basic nur aus der Übergangsvorschrift § 150 Abs. 1 TKG ergeben. Danach bleiben die von der Regulierungsbehörde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen wirksam, bis sie durch neue Entscheidungen nach Teil 2 ersetzt werden (Satz 1). Dies gilt auch dann, wenn die Feststellungen marktbeherrschender Stellungen lediglich Bestandteil der Begründung eines Verwaltungsaktes sind (Satz 2). Satz 1 gilt entsprechend für Verpflichtungen nach den §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 25.07.1996 - TKG a.F. - (Satz 3).

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Übergangsbestimmungen dazu führen, dass in Bezug auf Entgelte für T-DSL-ZISP-Basic die Genehmigungsvorschriften des TKG a.F. wirksam geblieben sind,

vgl. BVerwG, EuGH-Vorlagebeschlüsse vom 17.05.2006 - 6 C 14.05 - und vom 30.08.2006 - 6 C 17.05 -

oder ob dies nur für die Durchführung der - allein - angeordneten Zusammenschaltungen vom 26.02.2003 (gegenüber der U. E. GmbH) und 29.09.2003 (gegenüber der G. D. GmbH) gilt, im Übrigen aber das jetzt geltende TKG Anwendung findet

- so die Regulierungsbehörde in ständiger Praxis; VG Köln, Beschluss v. 18.05.2005 - 1 L 3263/04 -.

Denn die umstrittene Auflage, welche allein der Verhinderung ungleicher Entgelte für die Nutzung des Konzentratornetzes dienen soll, lässt sich weder auf § 24 Abs. 2 Nr. 2 TKG a.F. noch auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG stützen.

Diese Bestimmungen betreffen schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich das der Regulierung unterliegende Entgelt. Dieses Entgelt darf - nur - keine „Vorteile" gegenüber Nachfragern gleichartiger oder ähnlicher Telekommunikationsdienstleistungen bzw. Telekommunikationsdienste einräumen. Die Auflage soll aber nicht verhindern, dass die Klägerin für T-DSL-ZISP-Basic niedrigere (vorteilhaftere) Entgelte verlangt als für T-OC und ISP-Gate, sondern sie soll umgekehrt bewirken, dass die T-OC- bzw. ISP-Gate-Entgelte hinsichtlich der Nutzung des Konzentratornetzes das genehmigte Entgelt (0,52 EUR je angefangene 10 kbit/s) nicht unterschreiten.

Auch die Gesetzessystematik spricht für diese Sichtweise. Die genannten Bestimmungen stehen in dem mit „Entgeltregulierung" überschriebenen Dritten Teil des TKG a.F. bzw. im „Abschnitt 3. Entgeltregulierung" des jetzt geltenden TKG. Sie können daher mangels ausdrücklicher abweichender Regelung keine Anforderungen an Entgelte enthalten, die - wie unstreitig diejenigen für T-OC und ISP-Gate - gar nicht der telekommunikationsrechtlichen Regulierung unterworfen sind.

Soweit die Beklagte einwendet, sie habe nur die Genehmigungsfähigkeit des Entgelts für T-DSL-ZISP Basic erreichen wollen, verkennt sie den Inhalt der Auflage (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Denn damit wird von der Klägerin verlangt, dass sie bereits geschlossene Verträge über T-OC und ISP-Gate an das genehmigte Niveau anpasst. Sie schränkt damit die Möglichkeit der Klägerin ein, für die Nutzung des Konzentratornetzes im Rahmen von T-OC und ISP-Gate ein niedrigeres, unter 0,52 EUR liegendes Entgelt zu vereinbaren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht , §§ 135 S. 3 i.V.m. 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 25.01.2007
Az: 1 K 7668/04


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