Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. August 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 180/01

(BPatG: Beschluss v. 06.08.2003, Az.: 26 W (pat) 180/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der ursprünglich für die Dienstleistungen

"Reparatur-, Wartungs- und Kundenberatungsservice auf dem Gebiet der Endoskopie über Video, Telekommunikation und Internet"

bestimmten Wortmarke E-SERVICE zurückgewiesen, weil sie ausschließlich aus einer beschreibenden, freihaltebedürftigen Angabe bestehe. Der Begriff "eservice" sei im Bereich Internet und neue Medien völlig üblich und verbreitet und weise auf ein umfassendes elektronisches (Internet-)Angebot hin, also etwa Auftrags-, Bestell- oder reine Informationsmöglichkeiten. Für die vorliegend angemeldeten Dienstleistungen wiese der Begriff "E-SERVICE" glatt beschreibend darauf hin, daß man diese über das Internet ordern bzw sich über das Internet über diese informieren könne. Er beschreibe damit die Beschaffenheit dieser Dienstleistungen, weil es zu deren Wesen gehöre, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Die Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auf das Gebiet der Endoskopie ändere nichts an dieser Beurteilung, weil auch Reparatur-, Wartungs- und Kundenberatungsservices auf diesem Fachgebiet sich eines "eservice" bedienen könnten. Der angemeldeten Bezeichnung fehle zudem jegliche Unterscheidungskraft, denn sie sei wie die Begriffe "ebusiness" oder "ecommerce" in aller Munde, so daß die angesprochenen Verkehrskreise darin keine phantasievolle, einem einzigen Wettbewerber vorbehaltene Marke, sondern lediglich einen Hinweis auf einen elektronischen Service sehen würden. Als Beleg fügt die Markenstelle zwei Seiten einer Internet-Recherche, die die Verwendung des angemeldeten Begriffs nachweisen, bei.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie gibt dem Dienstleistungsverzeichnis in der mündlichen Verhandlung folgende Fassung:

"Reparatur und Wartung von endoskopischen Instrumenten und Geräten auf dem Gebiet der Endoskopie über Video".

Damit sei die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen nicht mehr beschreibend, denn eine Reparatur und Wartung auf dem Gebiet der Endoskopie sei über das Internet nicht möglich. Sie weise auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf, denn maßgebend sei der Gesamteindruck, den die Marke biete, und nicht deren Einzelteile. Es möge grundsätzlich zutreffen, daß das Präfix "E" vor einem Wort zunehmend als Kennzeichen bzw Abkürzung für "elektronisch" auf dem Feld des Internet benützt werde, und zweifelsohne sei das Wort "Service" in Alleinstellung als allgemeine Bestimmungs- und Beschaffenheitsangabe schutzunfähig. Die Kombination beider Elemente führe aber zu einem neuen Begriff, der dem Buchstaben "E" in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen den Sinngehalt von "endoskopisch" bzw "Endoskopie" gebe. Damit werde der Verkehr keine unmittelbare Beschreibung der Merkmale der Dienstleistungen erkennen. Sie weist auf die Entscheidungen "EDIRECTIONS" und "eCHARGE" werde hingewiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der angemeldeten Bezeichnung fehlt jedenfalls die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Einer Wortmarke kann danach eine ausreichende Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn ihr kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht lediglich um einen vielfach gebräuchlichen allgemeinen Ausdruck und Sachhinweis handelt (vgl BGH WRP 1998, 495 - TODAY; MarkenR 1999, 349 - YES). Allerdings kann auch einer nicht beschreibenden Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen, wenn die maßgebenden Verkehrskreise darin keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware bzw Dienstleistung erkennen können (Eug GRUR Int. 2003, 234 - UltraPlus).

Hiervon ausgehend steht nach Auffassung des Senats der begehrten Eintragung das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen. Ein ganz überwiegender und damit markenrechtlich relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs wird in der Bezeichnung "E-SERVICE" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern allenfalls einen vielfach gebräuchlichen allgemeinen Ausdruck und Sachhinweis sehen. Wie die von der Markenstelle und dem Senat der Anmelderin übermittelten Nachweise und Internetauszüge belegen, wird die Bezeichnung "E-SERVICE" vielfach von inländischen Anbietern von Dienstleistungen oder Waren als Hinweis darauf verwendet, daß das betreffende Unternehmen eine spezielle Kontaktstelle eingerichtet hat, an die sich seine Kunden oder Interessenten per Internet wenden können, um Informationen oder Auskünfte über die betreffenden Dienstleistungsangebote oder sonstige Leistungen zu erhalten. Die Einrichtung eines "E-Service" ist in Bezug auf sämtliche auch nach Einschränkung von der Anmelderin beanspruchten Dienstleistungen sinnvoll und vorstellbar. Außerdem ist der angemeldete Begriff als solcher so gebräuchlich, dass der angesprochene inländische, durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, auf dessen Verständnis es allein ankommt (vgl BGH WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND), die Bezeichnung "E-SERVICE" regelmäßig nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen erkennen wird, sondern allenfalls als übliche Information über die Möglichkeit einer leichten Kontaktaufnahme mit dem Anbieter der betreffenden Dienstleistungen oder als Hinweis auf zusätzliche Serviceleistungen des Anmelders mittels Internet auffassen wird. Wegen der Geläufigkeit des angemeldeten Begriffs wird der angesprochene Verkehr deshalb auch nicht der Versuchung unterliegen, Überlegungen oder Interpretationen über den Bedeutungsgehalt des vorangestellten Buchstabens "E" anzustellen und diesem womöglich die Bedeutung "endoskopisch" bzw "Endoskopie" zu geben. Bereits die von der Markenstelle der Anmelderin zur Verfügung gestellten Nachweise zeigen den auf den elektronischen Verkehr beschränkten Bedeutungsgehalt des vorangestellten Buchstabens "E", wenn er - wie vorliegend - mit einem weiteren englischsprachigen Wort kombiniert wird. Dies zeigen auch Begriffe wie email oder ecommerce.

Soweit die Anmelderin auf die Eintragung angeblich vergleichbarer Marken verweist, kommt solchen Voreintragungen grundsätzlich keine präjudizierende Bedeutung zu (vgl überdies BGH GRUR 1995, 732 - Flugkörper); so ist im vorliegenden Fall zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um ähnlich gelagerte Sachverhalte handelt.

Die Beschwerde war mithin zurückzuweisen.

Albert Kraft Eder Na






BPatG:
Beschluss v. 06.08.2003
Az: 26 W (pat) 180/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6a04c9248c18/BPatG_Beschluss_vom_6-August-2003_Az_26-W-pat-180-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share