Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 8. Februar 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 96/09

(BGH: Beschluss v. 08.02.2010, Az.: AnwZ (B) 96/09)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des 1. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 27. Juli 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, dem Antragsteller die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht aus dem Grund des Bescheids vom 11. Mai 2009 zu versagen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde erstmals mit Urkunde des Justizministeriums B. vom 14. November 1975 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid des Justizministeriums B. vom 4. April 1989 wurde die Zulassung wegen Vermögensverfalls widerrufen.

Am 6. April 1997 stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft. In der Zwischenzeit war er durch Urteile des Amtsgerichts U. wegen Untreuehandlungen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Antragsgegnerin setzte das Wiederzulassungsverfahren mit der Begründung aus, dass wegen der strafgerichtlichen Verurteilungen des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Versagung der Zulassung gemäß § 7 Nr. 5 BRAO vorlägen. Die dagegen eingelegten Rechtsmittel des Antragstellers hatten keinen Erfolg (Senatsbeschluss vom 25. Januar 1999 - AnwZ (B) 47/98).

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Januar 2002 wurde der Antragsteller erneut zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung bereits mit Verfügung vom 6. Juli 2004 wiederum wegen Vermögensverfalls und darüber hinaus wegen fehlender Berufshaftpflichtversicherung. Der Widerruf wegen Vermögensverfalls wurde bestandskräftig (Senatsbeschluss vom 22. November 2006 - AnwZ (B) 60/05).

Am 22. Januar 2007 beantragte der Antragsteller seine Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft mit der Begründung, seine Vermögensverhältnisse seien wieder geordnet. Mit Bescheid vom 11. Juli 2007 wies die Antragsgegnerin den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft unter Berufung auf den Versagungsgrund nach § 7 Nr. 5 BRAO zurück, nachdem gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen (§ 132 a StGB) bekannt geworden war. Der Widerruf erwuchs in Bestandskraft (Senatsbeschluss vom 21. Juli 2008 - AnwZ (B) 12/08).

Mit Antrag vom 28. Januar 2009 begehrte der Antragsteller erneut seine Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft. Dieser wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Mai 2009 nach § 7 Nr. 5 BRAO zurückgewiesen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Versagungsbescheid der Antragsgegnerin aufgehoben und diese verpflichtet, den Antragsteller zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO), hat in der Sache jedoch im Wesentlichen keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist trotz der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 21. Juli 2008 (AnwZ (B) 12/08), die den ebenfalls auf den Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 BRAO gestützten Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Juli 2007 bestätigt hatte, zulässig. Zwar versperrt die Rechtskraft dieser Entscheidung den Weg für eine sachliche Prüfung des Zulassungsantrags, solange sich die Sachlage gegenüber dem zum Zeitpunkt der getroffenen Entscheidung gegebenen Sachverhalt nicht wesentlich verändert hat (BGHZ 102, 252, 256). Hier hat der Antragsteller jedoch neue Tatsachen vorgetragen, die neben dem weiteren Zeitablauf für die Bewertung des Versagungsgrundes des § 7 Nr. 5 BRAO erheblich sein konnten, so dass über den Zulassungsantrag neu zu befinden war (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14. Februar 2000 - AnwZ (B) 12/99, MDR 2000, 1036).

2. Der Anwaltsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 BRAO nicht mehr fortbesteht.

a) Seit der letzten Untreuehandlung, deretwegen der Antragsteller durch das Amtsgericht U. verurteilt worden ist, sind bereits über 20 Jahre vergangen. Das gegen ihn geführte Strafverfahren wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen ist gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Der Antragsteller hat nach der Senatsentscheidung vom 21. Juli 2008 das beanstandete Kanzleischild unverzüglich beseitigt. Auch im Übrigen war er bestrebt, Beanstandungen der Antragsgegnerin, etwa in Bezug auf seinen Internetauftritt, sofort Rechnung zu tragen. Er hat sein früheres Verhalten sowohl gegenüber der Antragsgegnerin als auch im gerichtlichen Verfahren grundlegend geändert und Einsicht in Bezug auf früheres Fehlverhalten gezeigt. Dass es sich insoweit nur um bloße, von taktischen Erwägungen geleitete Lippenbekenntnisse handelt, vermag der Senat nicht festzustellen.

b) Für den von der Antragsgegnerin erhobenen Vorwurf der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten fehlt ein entsprechender Nachweis. Der Antragsteller hat hierzu substantiiert und unwiderlegt vorgetragen, lediglich in vier amtsgerichtlichen Verfahren aus Gefälligkeit und unentgeltlich in Untervollmacht für den seine früheren Mandate fortführenden Rechtsanwalt tätig geworden zu sein. In einem weiteren Fall habe er als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 ZPO einen Termin für einen ehemaligen Mandanten wahrgenommen.

c) Schließlich hat der Anwaltsgerichtshof in seine Abwägung zu Recht auch das fortgeschrittene Alter des Antragstellers von 62 Jahren in seine Abwägung mit eingestellt. Die ohnehin nur eingeschränkten Chancen des Antragstellers für einen beruflichen Neuanfang würden sich mit zusätzlichem Zeitablauf noch deutlich weiter verschlechtern.

3. Dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin bleibt daher im Kern der Erfolg versagt. Allerdings ist der Verpflichtungsausspruch im Tenor des angefochtenen Urteils - dem Verfahrensgegenstand entsprechend - dahin einzuschränken, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, dem Antragsteller die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht aus dem Grund ihres Bescheides vom 11. Mai 2009, das heißt wegen Unwürdigkeit (§ 7 Nr. 5 BRAO), zu versagen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2009 - AnwZ (B) 113/08).

Tolksdorf Ernemann Roggenbuck Wüllrich Braeuer Vorinstanz:

AGH München, Entscheidung vom 27.07.2009 - BayAGH I - 12/09 -






BGH:
Beschluss v. 08.02.2010
Az: AnwZ (B) 96/09


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