Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 23. Oktober 2006
Aktenzeichen: II ZR 298/05

(BGH: Beschluss v. 23.10.2006, Az.: II ZR 298/05)

Tenor

1. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 75.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1. Die Rechtsfrage, wegen der das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch sind sonstige Revisionszulassungsgründe erfüllt.

Ein wichtiger Grund, aus dem der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied gemäß § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG abberufen kann, liegt nach ganz herrschender Meinung dann vor, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist (vgl. etwa Hüffer, AktG 7. Aufl. § 84 Rdn. 26). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen (Sen.Urt. v. 7. Juni 1962 - II ZR 131/61, WM 1962, 811, 812). Ob die Forderung einer finanzierenden Bank, ein bestimmtes Vorstandsmitglied abzuberufen, andernfalls eine für die Gesellschaft lebenswichtige Kreditlinie nicht verlängert werde, einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, ist danach keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, sondern kann nur für den jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

a) Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Dabei kann offen bleiben, ob durch den Beschluss des Aufsichtsrats vom 6. Juli 2005 die Prozessführung genehmigt und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine wirksame Prozessvollmacht erteilt worden ist. Denn etwaige Mängel sind jedenfalls durch den nachfolgenden Aufsichtsratsbeschluss vom 29./30. Juni 2006 rückwirkend geheilt worden. Dieser Beschluss ist von drei Aufsichtsratsmitgliedern gefasst worden, und keine dieser Personen unterlag einem Stimmverbot.

b) Auch in der Sache ist dem Berufungsgericht zu folgen. Anders als in der von der Revision herangezogenen Entscheidung des Senats BGHZ 34, 392 geht es hier nicht um die Kündigung des Anstellungsvertrags des Vorstandsmitglieds, sondern um den Widerruf seiner Bestellung zum Organmitglied. Die Annahme des Berufungsgerichts, angesichts der Insolvenzreife der Beklagten am 20./21. Juli 2004 habe die Weigerung der D. Bank, ohne vorherige Abberufung des Klägers die Kreditlinie zu verlängern, einen wichtigen Grund i.S. des § 84 AktG dargestellt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt der Abberufung war bereits Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt. In dieser Situation hatte der Aufsichtsrat keine andere Möglichkeit, als auf das Verlangen der Bank einzugehen, wollte er nicht den Untergang der Gesellschaft im Rahmen des Insolvenzverfahrens riskieren.

Ob die D. Bank ihre Drohung ernst gemeint hat, ist entgegen der Auffassung der Revision im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Bei der Überprüfung der Abberufung kommt es allein auf die Erkenntnismöglichkeiten des Aufsichtsrats zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung an. Dazu hat das Berufungsgericht festgestellt, dass dem Aufsichtsrat zu jenem Zeitpunkt ein möglicher abweichender Wille der Bank nicht bekannt oder erkennbar war. Die Revision zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf. Der bloße Umstand, dass die Kredite der D. Bank ungesichert waren, lässt noch nicht zwingend auf einen entsprechenden Willen der Bank schließen, die Kreditlinien auch bei einem Verbleib des Klägers im Vorstand zu verlängern.

Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart Vorinstanzen:

LG München II, Entscheidung vom 26.01.2005 - 1 HKO 4535/04 -

OLG München, Entscheidung vom 13.10.2005 - 23 U 1949/05 -






BGH:
Beschluss v. 23.10.2006
Az: II ZR 298/05


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