Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 16. Juli 2003
Aktenzeichen: XII ZB 193/02

(BGH: Beschluss v. 16.07.2003, Az.: XII ZB 193/02)

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Oktober 2002 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 98,42

Gründe

I.

Die Antragsteller haben den Antragsgegner in einem Mahnverfahren vertreten. Mit Beschluß vom 8. Mai 2002 hat das Landgericht gemäß § 19 BRAGO die vom Antragsgegner an die Antragsteller zu zahlende Vergütung festgesetzt. Die Festsetzung verauslagter Gerichtsgebühren in Höhe von 192,50 DM hat es mit der Begründung abgelehnt, Gerichtskosten gehörten nicht zur gesetzlichen Vergütung im Sinne von § 19 BRAGO. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Gegen die Zurückweisung wenden sich die Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Die Frage, ob im Kostenfestsetzungsverfahren die vom Rechtsanwalt für seine Partei verauslagten Gerichtskostenvorschüsse festgesetzt werden können, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur verweist den Rechtsanwalt zur Durchsetzung der ihm gemäß §§ 675, 670 BGB entstandenen Aufwendungsersatzansprüche, zu denen auch die von ihm verauslagten Gerichtskostenvorschüsse zählen, auf den Klageweg bzw. das Mahnverfahren (OLG Frankfurt -4. Zivilsenat -JurBüro 1989, 1545; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 341; OLG Koblenz MDR 1995, 104; OLG Hamm NJW-RR 1996, 763; OLG Naumburg Rpfleger 2002, 333; v. Eicken in Gerold/Schmidt BRAGO 15. Aufl. § 19 Rdn. 16; Hartmann Kostengesetze 32. Aufl. § 19 Rdn. 6). Diese Auffassung stützt sich vor allem auf den Wortlaut des § 19 Abs. 1 BRAGO i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, wonach neben den Gebühren nur solche Auslagen zur "gesetzlichen Vergütung" im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu zählen seien, die in § 25 ff. BRAGO ausdrücklich genannt seien. Andere Aufwendungen, die der Rechtsanwalt in Wahrnehmung seines Mandates zugunsten seines Mandanten tätige, gehörten nicht zur "gesetzlichen Vergütung" im Sinne des § 19 BRAGO und seien deshalb nicht festsetzungsfähig.

Die Gegenmeinung (OLG München Rpfleger 87, 176; OLG Frankfurt -12. Zivilsenat -MDR 89, 751; OLG Köln JurBüro 1991, 1063; OLG Nürnberg Anw.Bl. 1994, 423; LG Köln Anw.Bl. 1997, 46) will auch andere materiellrechtliche Aufwendungen wie z.B. Gerichtskostenvorschüsse in das Festsetzungsverfahren mit einbeziehen. Sie hält es aus verfahrensökonomischen Gründen für geboten, den Begriff "Auslagen" erweiternd auszulegen und möchte es dem Rechtsanwalt ersparen, den Gerichtskostenvorschuß im Erkenntnisverfahren geltend machen zu müssen. Damit könnten die Gerichte vor überflüssigen Verfahren bewahrt werden, weil der Auftraggeber wegen der Auslagen meist keine Einwendungen habe.

Der Senat schließt sich der ersten Auffassung an. Gegenstand der Festsetzung im Verfahren nach § 19 BRAGO ist die "gesetzliche Vergütung". Sie umfaßt nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 BRAGO die "Gebühren und Auslagen" des Rechtsanwalts. Was die BRAGO als Auslagen ansieht, ist in §§ 25 ff. BRAGO abschließend aufgeführt (allgemeine Geschäftsunkosten, Postgebühren, Schreibauslagen, Reisekosten und Abwesenheitsgelder). Verauslagte Gerichtsgebühren sind nicht erwähnt.

§ 19 BRAGO gibt dem Rechtsanwalt ein einfaches, billiges und schnelles Verfahren an die Hand, um seine "gesetzliche Vergütung" gegen seinen Mandanten geltend zu machen; es enthebt ihn der grundsätzlichen Notwendigkeit, seine Rechte in einem ordentlichen Klageverfahren geltend machen zu müssen. Von daher stellt die Vorschrift eine Ausnahmeregelung dar, die ihrem Wesen nach entsprechend eng auszulegen ist und nicht auf sonstige Aufwendungen des Rechtsanwalts für seinen Mandanten ausgedehnt werden kann (OLG Koblenz aaO).

Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, die zweifelsohne vorliegen (zweifelnd aber v. Eicken aaO) rechtfertigen es nicht, entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes sonstige in §§ 25 ff. BRAGO nicht genannte Auslagen in das Festsetzungsverfahren einzubeziehen (OLG Koblenz aaO). Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung. Im Festsetzungsverfahren entscheidet der Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges. Über nicht nach den Vorschriften der BRAGO zu beurteilende Ansprüche, die dem Rechtsanwalt nach §§ 675, 670 BGB zustehen, ist der Rechtspfleger des ersten Rechtszuges nicht zur Entscheidung berufen (v. Eicken aaO). Der Zuständigkeitsbereich des Rechtspflegers kann daher nicht durch erweiternde Auslegung einer engen Norm oder durch Analogie verändert werden. Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben, in welchem Umfang er dem Rechtspfleger Aufgaben zuweist. Obwohl er sich mit Gesetzesänderung vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I 2847, 2860) mit § 19 BRAGO befaßt hat, hat der Gesetzgeber trotz der bekannten Problematik davon abgesehen, weitere Ansprüche in das Festsetzungsverfahren einzubeziehen (OLG Hamm aaO). Das muß hingenommen werden.






BGH:
Beschluss v. 16.07.2003
Az: XII ZB 193/02


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