Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 3. April 2002
Aktenzeichen: 7 Ta 116/01
(LAG Köln: Beschluss v. 03.04.2002, Az.: 7 Ta 116/01)
Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem gerichtlichen Vergleich zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses für ein beendetes Arbeitsverhältnis und hat er diese Verpflichtung trotz zwischenzeitlicher Aufforderung mit Fristsetzung durch den Arbeitnehmer mehr als einen Monat nach Rechtskraft des Vergleichs ohne Angabe von Gründen immer noch nicht erfüllt, darf der Arbeitnehmer die Einleitung der Zwangsvollstreckung für erforderlich halten.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 11.01.2001 (4 Ca 4309/00) teilweise abgeändert: Die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO werden auf 65,48 Euro (128,06 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 22.09.00 neu festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Kosten tragen die Parteien je zur Hälfte. Etwaige durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts entstandenen Mehrkosten fallen dem Kläger zur Last.
Gründe
1. Die Beklagte hat dem Kläger die durch das anwaltliche Aufforderungsschreiben vom 25.07.2000 entstandenen Kosten als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO zu ersetzen.
a. Das anwaltliche Aufforderungsschreiben vom 25.07.2000 fällt als Maßnahme zur unmittelbaren Vorbereitung einer Zwangsvollstreckung unter § 57 BRAGO. Der Kläger als Gläubiger des in Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleiches vom 13.06.2000 titulierten Zeugnisanspruchs durfte das Aufforderungsschreiben zur Durchsetzung seines Anspruchs für erforderlich halten. Der Vergleich vom 13.06.2000 und damit auch die darin enthaltene Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses waren seit dem 21.06.2000 rechtskräftig. Der Kläger hatte der Beklagten mit Schreiben vom 27.06.2000 - welches seinerseits noch nicht den Kostenerstattungsanspruch nach § 57 BRAGO auslöste -zur Erfüllung der im Vergleich vom 13.06.2000 titulierten Ansprüche eine angemessene Frist bis zum 11.07.2000 gesetzt. Bis zum Ablauf dieser Frist hatte die Beklagte seit Rechtskraft des Vergleiches drei Wochen Zeit, das geforderte Zeugnis zu erteilen. Bis zur kostenauslösenden Androhung der Zwangsvollstreckung mit Schreiben vom 25.07.2000 vergingen weitere zwei Wochen. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeugnisanspruch des Klägers bereits über einen Monat überfällig.
b. Aus dem Umstand, dass die Beklagte zuvor ihre Zahlungspflicht aus dem Vergleich erfüllt hat, konnte der Kläger keinen Rückschluss auf ihre Bereitschaft ziehen, auch die Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses pflichtgemäß zu erfüllen. Dies gilt um so mehr, als die Beklagte den Kläger nicht auf angebliche Schwierigkeiten wegen des Urlaubs von Personalsachbearbeitern hingewiesen hatte.
c. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Urlaub einer Personalsachbearbeiterin die verspätete Erteilung des Zeugnisses sollte rechtfertigen können. Die Erteilung qualifizierter Arbeitszeugnisse ist eine Angelegenheit der Personalleitung, bzw. der Geschäftsleitung, nicht irgendeiner untergeordneten Personalsachbearbeiterin. Abgesehen davon hat die Beklagte in keiner Weise deutlich gemacht, von wann bis wann die fragliche Personalsachbearbeiterin in Urlaub gewesen sein soll und warum gerade deren Mitarbeit für die Formulierung des Zeugnisses unabdingbar war. Dies alles gilt um so mehr, als das Arbeitsverhältnis der Parteien gerade durch arbeitgeberseitige Kündigung der Beklagten beendet wurde: Der Arbeitgeber, der eine Kündigung ausspricht, muss sich ohnehin darauf einstellen, dass er mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Regel ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen haben wird.
2. Die Beschwerde ist jedoch teilweise begründet, nämlich soweit sie sich gegen die Höhe der festgesetzten Zwangsvollstreckungskosten richtet. Zwar ist die Berechnung des Kostenerstattungsanspruchs als solche nicht zu beanstanden, jedoch ist der Kläger und ihm folgend das Arbeitsgericht bei der Kostenfestsetzung von einem fehlerhaften Streitwert ausgegangen.
a. Das Arbeitsgericht hat in seinem Streitwertbeschluss vom 13.06.2000 den Mehrwert des Vergleichs vom 13.06.2000 auf 9.250,00 DM (46.250,00 DM minus 37.000,00 DM) beziffert. Zur Begründung dieses Mehrwerts hat es sowohl auf Ziffer 3 des Vergleichs wie auch auf Ziffer 4 des Vergleichs Bezug genommen. Die in Ziffer 3 des Vergleichstextes aufgenommene Erklärung der Beklagten, dass die in der fristlosen Kündigung enthaltenen Vorwürfe gegenüber dem Kläger nicht aufrechterhalten werden, hat streitwertmäßig eine eigenständige Bedeutung. Sie erfüllt zum einen eine immaterielle Genugtuungsfunktion, besitzt aber auch vermögensrechtliche Bedeutung, da sie z. B. für etwaige sozialrechtliche Forderungen des Klägers relevant sein kann. Bei der Bezifferung der Höhe der in den Ziffern 3 und 4 des Vergleichs verkörperten Vergleichsmehrwerte kommt dem Arbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zu. Das Arbeitsgericht hat in seinem Streitwertbeschluss klargestellt, dass sich der von ihm angesetzte Vergleichsmehrwert von 9.250,00 DM auf beide Vergleichsziffern bezieht, jedoch keine nähere Differenzierung in seinem Beschluss vorgenommen. Im Zweifel und in Ermangelung anderweitiger eindeutiger Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass sich der vom Arbeitsgericht angesetzte Vergleichsmehrwert je zur Hälfte auf die Regelungen in Ziffer 3 und 4 des Vergleichs erstreckt. Da sich die in dem anwaltlichen Aufforderungsschreiben vom 25.07.2000 enthaltene vorbereitende Zwangsvollstreckungsmaßnahme nur auf die in Ziffer 4 des Vergleichs geregelte Zeugniserteilung bezieht, war der entsprechenden Kostenerstattung somit nur der hälftige Streitwert in Höhe von 4.625,00 DM zu Grunde zu legen.
b. Ziffer 4 des Vergleichs vom 13.06.2000 war auch einer Zwangsvollstreckung, nämlich einer solchen nach § 888 ZPO, zugänglich. Vorliegend ging es darum, dass die Beklagte überhaupt ihrer Pflicht zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses nachzukommen hatte, nicht jedoch um eine inhaltliche Korrektur eines bereits erteilten Zeugnisses. Nur auf diesen Fall bezieht sich die von der Beklagten im Beschwerdeverfahren zitierte Entscheidung des LAG Düsseldorf, DB 1973, 1853 f.
c. Auf der Grundlage eines Streitwerts von 4.625,00 DM für die Zeugniserteilung ergibt sich somit folgende Neuberechnung: 3/10 von 320,00 DM gemäß §§ 57, 31 BRAGO = 96,00 DM zuzüglich 15 % Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO = 14,40 DM ergibt insgesamt 110,40 DM. Unter Einbeziehung der Mehrwertsteuer in Höhe von 16 %
(= 17,66 DM) errechnet sich der neu festzusetzende Erstattungsbetrag auf 128,06 DM, bzw. in heutiger Währung 65,48 Euro.
Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.
(Dr. Czinczoll)
LAG Köln:
Beschluss v. 03.04.2002
Az: 7 Ta 116/01
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