Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 25. August 2005
Aktenzeichen: 5 U 94/04

(OLG Hamburg: Urteil v. 25.08.2005, Az.: 5 U 94/04)

1. Zwar ist die Ausübung des Markenrechts grundsätzlich auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Gewährleistung der Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann. Eine "ernsthafte" markenmäßige Benutzung einer Marke setzt aber nicht notwendigerweise voraus, dass mit den eingetragenen Waren und Dienstleistungen ausnahmslos unmittelbar auf das konkret geschützte Produkt selbst bezogene wirtschaftliche Interesse verfolgt werden, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder sichern.

2. Als rechtserhaltend sind auch solche Markenverwendungen anzuerkennen, die sich nicht im Kern der eigentlichen Geschäftstätigkeit des Markeninhabers bewegen, sondern in einem Randbereich zur Unterstützung des Hauptgeschäfts der Marke nutzen, wie dies z.B. bei Merchandisingprodukten oder Kundenbindungsmaßnahmen (hier: Kundenkarten in Form sog. LOTTO-Cards) der Fall ist, selbst wenn diese ohne unmittelbare Gewinnerzielungsabsicht ausgegeben bzw. vertrieben werden.

3. In diesem Fall bedarf der Schutz im Rahmen eines weiten Obergriffs des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses allerdings einer sachgerechten Beschränkung auf den tatsächlich verwirklichten Nutzungsumfang.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 30.04.04 wird nach dem Hauptantrag zurückgewiesen.

Auf den zweitinstanzlich gestellten Hilfsantrag werden die Beklagten verurteilt,

einzuwilligen, dass die in das Register beim DPMA unter der Registernummer/Aktenzeichen 39638296.7 eingetragene Marke LOTTO für die Waren und Dienstleistungen

- Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten;

- wirtschaftliche und/oder organisatorische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs;

- finanzielle Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs;

- technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs;

jeweils um den Zusatz "im Lotteriewesen und für andere Geld- und Glücksspiele" ergänzt wird.

Der weitergehende Hilfsantrag wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 60 %, die Beklagten tragen 40 % als Gesamtschuldner, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin in vollem Umfang.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 25.000-, die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000.- abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine im Bereich der gewerblichen Lottospielgemeinschaften tätige Dienstleistungsgesellschaft, die für Spielgemeinschaftstreuhänder die Kundenbeziehungen abwickelt. Die Beklagten sind Mitglieder des Deutschen Lotto und Toto-Blocks. Für die Beklagten ist bei dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Priorität vom 02.09.1996 die Wortmarke 396 38 296.7 LOTTO eingetragen (Anlage A3).

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten ihre Marke in Teilbereichen nicht rechtserhaltend genutzt. Soweit die Beklagten die Bezeichnung LOTTO im Anwendungsbereich dieser Waren und Dienstleistungen nutzten, geschehe dies nur in beschreibender Form und nicht der Hauptfunktion einer Marke entsprechend, im Wettbewerb Marktanteile im Vertrieb der hiermit bezeichneten Gegenstände zu erringen. Die Marke sei dementsprechend zum Teil löschungsreif. Hiervon betroffen seien die im Antrag genannten, von der Markenanmeldung umfasste Waren- und Dienstleistungen.

Die Klägerin hat im April 2003 bei dem DPMA einen Löschungsantrag gestellt (Anlage A1). Nach Widerspruch der Beklagten ist die Klägerin mit Schreiben des DPMA vom 06.08.03 auf den Klageweg verwiesen worden.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der in das Register beim DPMA unter der Registernummer/Aktenzeichen 39638296.7 für

Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten; wirtschaftliche und/oder organisatorische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; finanzielle Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten

eingetragenen Marke "LOTTO" einzuwilligen

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.04.04 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagebegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter. Sie wiederholt den bereits in erster Instanz gestellten Antrag auf Vollstreckungsschutzanordnungen.

Die Klägerin hat in der Senatssitzung am 30.06.05 hilfsweise beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der in das Register beim DPMA unter der Registernummer/Aktenzeichen 39638296.7 für

Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten; wirtschaftliche und/oder organisatorische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; finanzielle Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten

eingetragenen Marke "LOTTO" insoweit einzuwilligen, als die im Hauptantrag genannten Waren und Dienstleistungen jeweils beschränkt werden durch den Zusatz "im Lotteriewesen".

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Klagabweisungsantrags. Sie beantragen auch die Abweisung des zweitinstanzlichen Hilfsantrages.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage nach dem erstinstanzlich allein gestellten Hauptantrag abgewiesen. Der Klägerin steht der Löschungsanspruch in dem zunächst geltend gemachten weiten Umfang nicht zu. Die Beklagten haben ihre Marke LOTTO mit der Nr. 396 38 296 auch für diejenigen Waren- und Dienstleistungsklassen rechtserhaltend genutzt, die Gegenstand des Klageantrags sind.

Das Klagebegehren hat allerdings zum Teil Erfolg, soweit die Klägerin in zweiter Instanz mit ihrem Hilfsantrag eine Beschränkung der aus ihrer Sicht dem Verfall unterliegenden Teile des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses auf solche mit Bezug "im Lotteriewesen" begehrt. Jedenfalls soweit es um Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem "bargeldlosen Zahlungsverkehr" geht, steht den Beklagten ein weitergehender Markenschutz nicht zu.

1. Im Kern streiten die Parteien um die Frage, wie eng (oder weit) konkrete Sachbezeichnungen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor dem Hintergrund der geschäftlichen Aktivitäten der Beklagten zu verstehen bzw. zu fassen sind. Die Beantwortung dieser Frage hat Rückwirkungen auf die Feststellung, durch welche Handlungen die Marke LOTTO für die streitigen Schutzelemente rechtserhaltend i.S.d. § 26 Abs. 1 MarkenG benutzt werden kann und tatsächlich benutzt worden ist. Ist dies nicht oder nicht ausreichend geschehen, so steht jeder Person das Recht zu (§ 55 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 MarkenG), eine Löschungsklage wegen Verfalls (§ 49 Abs. 1 MarkenG) anhängig machen, wie dies im vorliegenden Fall durch die Klägerin geschehen ist. Die Klägerin hatte zunächst einen auf das gleiche Rechtsschutzziel gerichteten Löschungsantrag nach § 53 MarkenG bei dem DPMA gestellt. Nachdem die Beklagten widersprochen hatten, verfolgt sie ihr Begehren gem. § 53 Abs. 4 MarkenG nunmehr im Klageverfahren vor dem Verletzungsgericht weiter. Mit ihrem Begehren hat die Klägerin allerdings nur mit ihrem Hilfsantrag und auch insoweit nur zu einem Teil Erfolg.

2. Der Klägerin kann schon im Ausgangspunkt nicht beigetreten werden, wenn sie sich auf den Standpunkt stellt, die Beklagten hätten eine kennzeichnende und markenrechtserhaltende Benutzung ihrer Marke überhaupt nicht - auch nicht in ihrem Kerngeschäft - dargelegt. Unabhängig von der Frage, welcher Prozesspartei der Nachweis einer solchen Nutzung obliegt, kann die Klägerin auf der Grundlage ihres Rechtsstandpunkts mit ihrer dahingehenden Behauptung im vorliegenden Rechtsstreit nicht gehört werden. Denn der Senat ist als Verletzungsgericht an die Eintragung einer Marke in dem Sinne gebunden, dass ihm versagt ist, der Marke jeglichen Schutz zu verweigern (BGH WRP 02, 987, 990 - Festspielhaus; BGH GRUR 98, 412, 413 - Analgin).

a. Die Marke LOTTO ist von dem Deutschen Patent- und Markenamt am 27.08.97 eingetragen worden. Die Marke steht - trotz anhängiger Löschungsverfahren - weiterhin in Kraft. Das Markenamt hat im Eintragungsverfahren die Eintragungsfähigkeit der Marke u. a. auch für die Waren/Dienstleistungen "Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und anderen Geld- und Glücksspielen" bestätigt. An diese Würdigung ist der Senat gebunden, solange die Marke im Markenregister eingetragen ist. Damit kann im Verletzungsfall nicht erfolgreich in Zweifel gezogen werden, dass die Marke LOTTO selbst für den Kernbereich ihrer Verwendung - nämlich die Veranstaltung von Lotterien - über eine hinreichende Kennzeichnungskraft verfügt und sich nicht lediglich als dienstleistungsbeschreibende Bezeichnung darstellt.

b. Die Ausführungen der Klägerin, welche Assoziationen die angesprochenen Verkehrskreise mit dem Begriff LOTTO verbinden, sind vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits, solange nicht konkret dargelegt worden ist, dass die Beklagten für bestimmte der eingetragenen Waren bzw. Dienstleistungen den Begriff LOTTO zwar verwenden, dies jedoch nicht in einer herkunftshinweisenden, kennzeichnenden, sondern schlicht beschreibenden Art und Weise geschieht. Entsprechender Sachvortrag der Klägerin ist nicht erfolgt, sodass der Senat keine Veranlassung hat, im vorliegenden Rechtsstreit auf ein beschreibendes Begriffsverständnis der Bezeichnung LOTTO näher einzugehen. Der vorliegende Rechtsstreit, bei dem es allein um die Frage der Nichtbenutzung geht, ist auch nicht das geeignete Forum, eine derartige Frage zu klären. Dies hat dem Löschungs- bzw. Nichtigkeitsverfahren vorbehalten zu bleiben, die sich mit dem Bestehen absoluter Schutzhindernisse befassen.

2. Die von den Beklagten in Anlagen in B1 bis B3 vorgelegten Beispiele dokumentieren im markenrechtlich relevanten Anwendungsbereich dieser Handlungen eine Benutzung des Begriffs LOTTO in einer zweifelsfrei herkunftshinweisenden Verwendungsform.

a. Der Begriff LOTTO wird - etwa in der Anlage B1 - nicht nur in allgemeiner Form zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Glücksspielen verwendet. Vielmehr erkennen die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres, dass die beworbene Kundenkarte von einem konkreten Anbieter herausgegeben worden ist, der LOTTO-Veranstalter für einen bestimmten räumlichen Bereich ist. Da die Beklagten selbst - auf der Grundlage der eigenen Darstellung der Klägerin - bei der Veranstaltung von LOTTO-Dienstleistungen keiner Konkurrenz unterliegen, kann der angesprochene Verbraucher nicht im Unklaren darüber sein, dass die Bewerbung das Spielangebot eines ganz konkreten Anbieters betrifft, welches durch die Bezeichnung LOTTO in Verbindung mit dem genannten Unternehmen ihm herkunftshinweisend gegenübertritt. Es mag sein, dass weitere Verwendungsformen denkbar sind, in denen der Begriff LOTTO lediglich allgemein dienstleistungsbeschreibend verwendet wird, ohne dass hiermit die Zuordnung zu der konkreten Leistung eines Anbieters vermittelt wird. Die im Rahmen dieses Rechtsstreits als Anlage B1 vorgelegten Unterlagen gehören nicht zu solchen Verwendungsformen.

b. Ebenfalls ohne Bedeutung ist der Umstand, dass die 16 Beklagten den Begriff LOTTO zu einem erheblichen Teil auch in ihrer Unternehmensbezeichnung führen. Dies führt nicht dazu, dass die streitgegenständliche Verwendung dieses Wortes lediglich einen Hinweis auf die Geschäftsbezeichnung, nicht jedoch auf die Marke beinhaltet. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass die Mitglieder des Deutschen LOTTO-Blocks im Außenverhältnis zwar im Wesentlichen gleichartig auftreten, den Begriff LOTTO jedoch nicht einheitlich in ihrer Unternehmensbezeichnungen führen. Schon deshalb hat der Verkehr keine Veranlassung, lediglich einen Bezug zu einem konkreten Unternehmenskennzeichen bzw. Teilen davon herzustellen. Im Übrigen wäre es für eine markenmäßige Benutzung des Begriffs LOTTO auch unschädlich, wenn hierbei zugleich der Hinweis auf eine gleichnamige Geschäftsbezeichnung assoziiert wird.

3. In gleicher Weise erweisen sich die markenrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Kennzeichnungskraft bzw. Markenrechtsfähigkeit der Bezeichnung LOTTO bzw. deren kennzeichnende/herkunftshinweisende Verwendung durch die Beklagten bei der Bezeichnung ihrer Dienstleistungen und/oder Produkte als unbegründet.

a. Die Beklagten haben ihre Marke auch - wenngleich nicht umfassend - für solche Waren und Dienstleistungen rechtserhaltend benutzt, die Gegenstand des Klageantrags sind. Insoweit vermag die Klägerin ebenfalls mit ihren zum Gegenstand des Hauptantrages gemachten Einwänden nicht durchzudringen.

aa. Es ist der Klägerin schon nicht gelungen, ihren gegenteiligen Standpunkt hinreichend substantiiert vorzutragen und zu beweisen. Zwar geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass an ihre Darlegungslast keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind, ihr insbesondere nicht abzuverlangen ist, zu solchen Umständen substantiiert vorzutragen, die sich ihrer Kenntnis entziehen, weil es sich um Interna der Beklagten handelt. Darum geht es indes im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Die Beklagten haben mit den Anlagen B1 bis B3 ihre Aktivitäten in dem von der Klägerin angegriffenen Geschäftsfeld offen gelegt. Auf Grund dieser Darlegungen hatte die Klägerin zahlreiche Anhaltspunkte für konkrete Nachforschungen bzw. ergänzende Erklärungen. Von dieser Gelegenheit hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Erfüllung der Darlegungsobliegenheit der Beklagten zu Unrecht zu bestreiten. In Abwesenheit eigener konkreter Darlegungen der Klägerin waren die Beklagten insbesondere nicht veranlasst, auch ihre mit den streitgegenständlichen Produkten bzw. Dienstleistungen erzielten Umsätze u.ä. offen zulegen. Allein die Art und Weise der offenbarten Werbemaßnahmen lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass die daraus ersichtlichen Waren bzw. Dienstleistungen ernsthaft im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG und nicht nur aus formalen Gründen zur Erhaltung der Zeichenrechte angeboten werden. Wenn bei der Klägerin insoweit gleichwohl Zweifel verblieben sind, hätte es ihr oblegen, hierzu konkret vorzutragen. Auch in der Sache stellen sich die von den Beklagten dargelegten geschäftlichen Aktivitäten als ausreichend dar, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke in den konkreten Geschäftsfeldern zu belegen.

bb. Die Frage, ob die Beklagten ihre Marke LOTTO auch für die von der Klägerin angegriffenen Waren und Dienstleistungen rechtserhaltend i.S.v. § 26 Abs. 1 MarkenG benutzt haben, ist vor dem Hintergrund der gesetzlichen Zielrichtung dieser Norm zu beantworten. Der Benutzungszwang findet seine Rechtfertigung einmal in dem Zweck der Marke, der Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen zu dienen und zum anderen in dem Interesse der Allgemeinheit daran, die Zeichenrolle von unbenutzten Zeichen freizumachen, um andere Gewerbetreibende in die Lage zu versetzen, diese oder ähnliche Zeichen selbst zu benutzen oder für sich eintragen zu lassen (BGH WRP 00, 743, 744 - IMMUNINE/IMUKIN; BGH GRUR 97, 747, 748- Cirkulin). Zweck dieser Gesetzesregelung ist es, die Geltendmachung bloß formaler Zeichenrechte zu verhindern (BGH GRUR 80, 52 - Contiflex). Hierzu haben in der bisherigen Rechtsprechung in erster Linie Fallgestaltungen im Vordergrund gestanden, bei denen es nicht um die Frage ging, ob eine Nutzung für eingetragene Waren/Dienstleistungen überhaupt erfolgt ist bzw. als rechtserhaltend anerkannt werden kann, sondern der hierfür erforderliche Umfang Streitpunkt war. In diesem Rahmen ist anerkannt, dass es bei der Beurteilung des Ausmaßes der Zeichenverwendung darauf ankommt, ob unter Zugrundelegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verwenders bei objektiver Betrachtung die als Benutzung in Anspruch genommene Vertriebshandlung auch ohne Berücksichtigung des Zwecks, den Bestand der Marke zu erhalten, als wirtschaftlich sinnvoll zu beurteilen sind (BGH GRUR 02, 59, 63 - ISCO; BGH GRUR 86, 543, 544 - King II; BGH GRUR 85, 926 - topfit/topfitz; BGH GRUR 86, 168, 169 - Darcy). In Fällen ungewöhnlich geringer Umsätze unter der Marke muss von dem Berechtigten aus der Marke die Darlegung von Tatsachen verlangt werden, die die aus so geringer Benutzung erwachsende tatsächliche Vermutung zu widerlegen geeignet sind, dass die Benutzung keinen anderen Zweck verfolgt als den, den Rechtsfolgen der Nichtbenutzung des Zeichens zu entgehen, sondern den Vertrieb gleichwohl auch als sinnvoll erscheinen lassen (BGH GRUR 86, 543, 544 - King II).

b. Diese Grundsätze lassen sich entsprechend auf die hier streitgegenständliche Frage übertragen, ob eine - unstreitige bzw. nachgewiesene - Nutzung im Rahmen der angemeldeten Waren/Dienstleistungen ihrer konkreten Nutzungsart nach überhaupt geeignet sein kann, als markenrechtserhaltende Nutzung zu gelten.

aa. Auch insoweit steht die Überlegung im Vordergrund, dass das Markenregister von rein formalen Zeichenrechten freigehalten werden soll. Danach sind nach Auffassung des Senats auch solche Markenverwendungen ohne weiteres als rechtserhaltend anzuerkennen, die sich in Ansehung der streitigen Waren und Dienstleistungen nicht im Kern der eigentlichen Geschäftstätigkeit des Markeninhabers bewegen, sondern eher in einem Randbereich zur "Unterstützung" des Hauptgeschäfts die streitgegenständliche Marke nutzen. Auch insoweit kommt es allein darauf an, ob die Nutzung der Marke für diese Dienstleistungen als zweckentsprechend und wirtschaftlich sinnvoll zu beurteilen ist. Diesen Erfordernissen werden die angegriffenen Waren/Dienstleistungen - wie nachfolgend in Bezug auf die einzelnen Registereintragungen darzulegen ist - entgegen der Auffassung der Klägerin gerecht, so dass ihre Löschungsklage nach dem Hauptantrag im Ergebnis vollständig erfolglos bleibt.

"Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten"

Die Beklagten haben mit der Anlage B1 dargelegt, dass alle bzw. die überwiegende Zahl ihrer Mitglieder in Form so genannter "LOTTO-Cards" Kundenbindungsmaßnahmen auflegen, die an den jeweiligen (regionalen) Anbieter geknüpft sind. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei diesen Karten in erster Linie um Kundenkarten handelt, die mit den üblichen Karten zur Durchführung umfassender Zahlungsvorgänge (wie sie etwa von Banken/Sparkassen im Vollgeschäft ausgegeben werden) nicht vergleichbar sind. Dies ändert indessen nichts daran, dass die Beklagten mit derartigen Kundenkarten ihre Marke für den streitigen Geschäftsbereich rechtserhaltend benutzt haben. Ein "Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs" sind die Kundenkarten nach der Beschreibung der Anlage B1 schon deshalb, weil ihr Einsatz dazu führt, dass der jeweilige LOTTO-Veranstalter einen Gewinn des Spielers bargeldlos auf ein von diesem angegebenes Konto transferieren kann. Diese Möglichkeit besteht nach der aus der Anlage B1 ersichtlichen Darstellung ausschließlich dann, wenn die LOTTO-Karte vorgelegt wird. Schon auf Grund dieser Funktion handelt es sich bei der LOTTO-Karte zumindest auch um ein Zahlungsmittel. Dafür ist es nach Auffassung des Senats nicht erforderlich, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr mit der Karte in beiden Richtungen abgewickelt werden kann, um den Erfordernissen des § 26 Abs. 1 MarkenG Genüge zu tun und ein Löschungsverfahren abwehren zu können. Ein derartiges Verständnis vermag der Senat der Klassifizierung in dem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis nicht zu entnehmen. Bei den Karten handelt es sich auch ohne weiteres um Chipkarten bzw. Magnetkarten, weil auf ihnen Kundendaten gespeichert sind. Damit ist durch diese Karten die rechtserhaltende Benutzung für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen dem Grunde nach ohne weiteres erfüllt. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Karten nur eine dienende Funktion im Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft der Beklagten haben, steht dies der Tatsache einer rechtserhaltenden Benutzung aus Sicht des Senats nicht entgegen. Entscheidend ist allein, dass der Markenrechtsinhaber seine Marke für konkrete Waren bzw. Dienstleistungen als Herkunftshinweis verwendet. Es ist nicht erforderlich, dass dies im Rahmen eines selbstständigen, von dem Kernbereich der Geschäftstätigkeit - die Anlass für die Markenanmeldung war - abgesonderten Betätigungsfeld erfolgt, das wirtschaftlich für sich genommen profitabel ist. Die Frage, ob die rechtserhaltende Markennutzung in der konkreten Ausgestaltung als "wirtschaftlich sinnvoll zu beurteilen" ist, beantwortet sich vielmehr in der Relation der angegriffenen Nutzungsform zum Hauptgeschäft des Markeninhabers. Insoweit kann nicht zweifelhaft sein, dass die aus der Anlage B1 ersichtlichen Kundenbindungssystem der Beklagten mit sog. LOTTO-Cards ohne weiteres geeignet und aussichtsreich sind, den wirtschaftlichen Erfolg des Kerngeschäfts nachhaltig zu stützen bzw. auszubauen.

"Wirtschaftliche, organisatorische, finanzielle und/oder technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs"

(Zusammenfassende Betrachtung dreier gesonderter Dienstleistungsbereiche)

Auch für dieses Geschäftsfeld liegt eine (hinreichende) rechtserhaltende Benutzung der Marke LOTTO vor. Die Beklagten weisen zutreffend darauf hin, dass sie im Zusammenhang mit dem Angebot ihrer "LOTTO-Karte" erweiterte Servicedienstleistungen anbieten, die Interessenten in Anspruch nehmen können, wenn sie Fragen zur Beantragung, Durchführung und Abwicklung der Kartenbenutzung haben. Da die Kartennutzung jedenfalls auch - wie dargelegt - der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs zwischen dem LOTTO-Unternehmen und dem Kunden im Falle eines entstandenen Gewinnanspruchs dient, ergibt sich schon aus der Natur der Sache, dass der Einsatz der Karte eine flankierenden Beratung des Unternehmens über die damit verbundenen Rahmenbedingungen in finanzieller, technischer und organisatorischer Weise erfordert. Auch soweit teilt der Senat die Auffassung der Klägerin nicht, dass sie rechtserhaltende Benutzung der Marke für diese Dienstleistung zwingend voraussetzt, dass die Beklagten auch in diesem Geschäftsfeld mit Gewinnerzielungsinteresse unternehmerisch eigenständig für Dritte tätig sind. Eine derartige Zielrichtung vermag der Senat allein der Eintragung für dieser Dienstleistung nicht zu entnehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es einer weit verbreiteten Üblichkeit entspricht, zusätzliche Waren und/oder Dienstleistungen zulässigerweise zu registrieren, die lediglich das Umfeld des Hauptprodukts abdecken sollen, um dieses etwa im Wege der Promotion, der Werbung, der Handelsplatzierung usw. unter Bezugnahme auf die herstellerhinweisende Marke optimal einzusetzen, ohne dass insoweit zugleich Gewinnerzielungsinteressen bestehen. Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage hält der Senat auch dieses Dienstleistungsmerkmal als (noch) erfüllt, um eine rechtserhaltende Benutzung zu rechtfertigen.

"Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten"

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend auch für dieses Dienstleistungsmerkmal. Die Auffassung der Klägerin, die Beklagten seien verpflichtet, zur rechtserhaltenden Benutzung als "Voll-Veranstalter" für beliebige Aktivitäten Dritter zur Verfügung zustehen bzw. aufzutreten, ist lebensfremd. Denn die Markeneintragung für dieses Dienstleistungsmerkmal soll erkennbar verhindern, dass unbefugte Dritte bei Veranstaltungen in unzulässiger Weise auf die geschützte Marke der Beklagten hinweisen und sich deren Bekanntheit bzw. guten Ruf als "Zugpferd" für ihre Veranstaltung zu Nutze machen. Den Beklagten als Markeninhabern muss es vorbehalten bleiben, darüber zu entscheiden, für welche Wettbewerbsaktivitäten sie ihre Marke LOTTO zur Verfügung stellen wollen, wenn sie die hiermit verbundenen Herstellerassoziationen ausdrücklich wünschen bzw. nicht unterbinden wollen. Dementsprechend handelt es sich auch bei der Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben bzw. kulturellen Aktivitäten erkennbar um "dienende" Annex-Dienstleistungen, die der Unterstützung desjenigen Geschäftsbereichs dienen, der in erster Linie Gegenstand der Markenanmeldung gewesen ist. Schon aus der Interessenlage der Beklagten bei der Anmeldung der Marke war erkennbar nichts dafür ersichtlich, dass diese irgend eine Veranlassung hätten haben können, als unabhängiger Drittveranstalter unter der Marke LOTTO-Veranstaltungen anzubieten, die in keinem Verhältnis zu ihrem Kerngeschäft, nämlich der Veranstaltung von Glücksspielen stehen. Denn die Beklagten sind Unternehmen, die von den jeweiligen Bundesländern initiiert worden sind und deren vorrangiger Zweck in der Durchführung des Glücksspiels LOTTO besteht. Auch insoweit entspricht es nach Kenntnis des Senats durchaus gängiger Praxis der Markeneintragung, dass Merchandisingaktivitäten Gegenstand einer erweiterten Markenanmeldung sind, ohne dass damit notwendigerweise ein gesonderter, profitorientierter Geschäftszweig verbunden sein muss. Die markenrechtliche Interessenlage gebietet es zudem, dass markenrechtlicher Schutz auch insoweit gegen unbefugte Störungen der zugewiesenen Rechtsposition eröffnet sein muss.

bb. Soweit sich die Klägerin für ihre gegenteilige Rechtsauffassung auf den Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 27.01.04 in der Rechtssache C-259/02 beruft, vermag ihr der Senat auch insoweit nicht zu folgen. Zwar lautet der erste Leitsatz dieser Entscheidung (zitiert nach JURIS) u.a.: "dass eine Marke "ernsthaft benutzt" wird, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern,...". Dieser Formulierung ist nach Auffassung des Senats hingegen nicht zu entnehmen, dass bei einer umfassenden und im Vordergrund stehenden markenmäßigen Benutzung des Zeichens eine unmittelbare Zielrichtung auf Gewinnerzielung auch für jeden einzelnen Aspekt der geschützten Waren und Dienstleistungen zu fordern ist. Vielmehr reicht es zumindest für die Rechtserhaltung aus, wenn für die neben dem Hauptprodukt markenrechtlich ebenfalls geschützten und auch genutzten Waren und Dienstleistungen ein Absatzmarkt erschlossen und gesichert werden soll, der zwar seinerseits keine nennenswerten eigenständigen Gewinne mit sich bringt, diese aber für das Hauptprodukt sichert und erhöht. Eben dieser Effekt ist ein klassischer Anwendungsfall von Kundenbindungssystemen bzw. Merchandisingprodukten, die nach Auffassung des Senats an dem von dem Markengesetz intendierten Schutz teilhaben. Gegenstand der von der Klägerin angeführten Entscheidung des EuGH war in erster Linie die Frage nach den Anforderungen einer quantitativen Nutzungsintensität zur Rechtserhaltung. Der EuGH hat auch in diesem Zusammenhang als Erwägungsgrund 19 unter Bezugnahme auf die Erwägungsgründe 38/39 des L'arêt Ansul festgestellt, dass es für die Beurteilung stets auf die Umstände des Einzelfalls und die Besonderheiten des betroffenen Marktes ankommt:

"38. Enfin, il convient de prendre en consideration, dans l'appréciation du caractère sérieux de l'usage de la marque, l'ensemble des faits et des circonstances propres à établir la réalité de son exploitation commerciale, en particulier les usages concidérés com justifies dans le secteur économique concerné pour maintenir ou créer des parts de maché au profit des produits ou des services protégés par la marque.

39. L'appréciation des circonstances de l'espèce peut ainsi justifier la prise an compte, notamment, de la nature du produit ou du service en cause, des caractéristiques du marché concerné, de l'étendue et de la fréquence de l'usage de la marque. Ainsi, il n'est pas nécessaire que l'usage de la marque soit toujours quantitativement important pour être qualifié de sérieux, car un telle qualification depend des caractéristiques du produit ou du service concerné sur la marché correspondent."

Auf Grund der Besonderheiten der vorliegend zur Entscheidung stehenden Schutzkonstellation verbietet sich nach Auffassung des Senats die von der Klägerin verfolgte generalisierende Betrachtungsweise zu den Erfordernissen einer rechtserhaltenden Benutzung.

4. Der Umstand, dass das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 31.03.04 eine Teil-Löschung der Marke LOTTO 396 38 269 u.a. für die hier streitgegenständlichen Dienstleistungsbereiche angeordnet hat, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss (Anlage 1) ist nicht rechtskräftig, sondern mit der Rechtsbeschwerde angegriffen worden (Anlage 2). Der Verfahrensausgang ist von der Klägerin ebenso wenig vorgetragen worden wie sonstige Verfahrensinhalte. Zwar ist der Senat grundsätzlich gehalten, sich bei seiner Entscheidung im Löschungsverfahren auch mit der Argumentation des DPMA und BPatG im markenrechtlichen Nichtigkeitsverfahren auseinander zu setzen. Dies setzt allerdings eine Kenntnis der tragenden Entscheidungsgründe voraus. Diese hat die darlegungsbelastete Klägerin auch zweitinstanzlich nicht vorgelegt, sondern sich darauf beschränkt, den nicht begründeten Protokollbeschluss einzureichen. Allerdings lässt die Begründung des Beschlusses des BGH (I ZR 305/01) im Rechtsbeschwerdeverfahren (Anlage 2) vom 04.07.02 erkennen, dass eine Nichtigerklärung (nur) deshalb ausgesprochen worden ist, weil eine Verkehrsdurchsetzung der Wortmarke LOTTO für bestimmte Waren und Dienstleistungen zweifelhaft ist. Dieser Umstand hat für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung, denn der Senat hat als Verletzungsgericht bis zu deren Löschung von der Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke auszugehen. Der Verletzungsrichter ist - wie bereits ausgeführt - an die Eintragung einer Marke in dem Sinne gebunden, dass ihm versagt ist, der Marke jeglichen Schutz zu versagen (BGH WRP 02, 987, 990 - Festspielhaus; BGH GRUR 98, 412, 413 - Analgin). Da es vorliegend nicht um Fragen der Verwechslungsgefahr, sondern um den Fortbestand der Marke geht, kommt es auf die vor dem BPatG offenbar allein streitige Frage der Verkehrsdurchsetzung nicht an.

5. Die Klage hat allerdings insoweit überwiegend Erfolg, als die Klägerin mit dem zweitinstanzlich gestellten Hilfsantrag zumindest eine Beschränkung der Eintragung auf Waren und Dienstleistungen "im Lotteriewesen" begehrt.

a. Der Hilfsantrag ist zulässig. Er unterfällt nicht einer Zurückweisung wegen Verspätung, da es sich bei einem neuen Antrag nicht um ein Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.v. §§ 146, 530, 531 Abs. 2 ZPO handelt. Mit dem Hilfsantrag ist auch keine Klageänderung verbunden, da das damit verfolgte Begehren letztlich nur eine sachliche Beschränkung des zuvor gestellten Hauptantrags bedeutet und von diesem inhaltlich umfasst ist. Im Übrigen wäre ein geänderter (Hilfs)antrag auch i.S.v. § 533 ZPO als sachdienlich zuzulassen. Die für seine Entscheidung heranzuziehende Tatsachengrundlage ist unverändert.

b. Der Hilfsantrag ist weitgehend auch begründet, soweit die Klägerin eine Beschränkung der Registereintragung für die klagegegenständlichen Waren und Dienstleistungen - mit Ausnahme von "Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten" - durch eine Aufnahme des Zusatzes "im Lotteriewesen" zu der jeweiligen Ware/Dienstleistung begehrt. Materiell handelt es sich bei dieser Beschränkung um eine Teillöschung der Marke.

aa. Die Frage, ob bzw. in welchem Umfang eine Teillöschung wegen Nichtbenutzung in Betracht kommt, wenn im Rahmen eines umfassenden Oberbegriffs nur für Teile der eingetragenen Waren und Dienstleistungen rechtserhaltende Benutzungshandlungen dargelegt bzw. nachgewiesen sind, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig und zum Teil noch nicht abschließend geklärt (vgl. etwa Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 49 Rdn. 26 ff). Der Senat hat hierzu in seiner Entscheidung "Ichthyol/Ethyol II" (GRUR-RR 2003, 312; nur Leitsatz) eingehend Stellung genommen. Auf die Erwägungen dieser Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen. Für den vorliegenden Fall stellt sich vor dem Hintergrund dieser Rechtslage die Überlegung, ob mit einer rechtserhaltenden Nutzung der Marke LOTTO im Zusammenhang mit zu Zahlungszwecken geeigneten Kundenkarten der markenrechtliche Schutz vor einer Verfallslöschung nach § 49 Abs. 1 MarkenG zugleich auf wesentliche Kernfelder des allgemeinen Bankgeschäfts erstreckt ist, die von der (zusammenfassenden) Formulierung "wirtschaftliche, organisatorische finanzielle und/oder technische Beratung zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs" sowie "Sachmittel zur Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, nämlich Chipkarten und Magnetkarten" erfasst sind. Diese Frage ist auf Grund der Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation zu verneinen, ohne dass der Senat Veranlassung hat, im Allgemeinen zu dem Streitpunkt der Löschung teilbenutzter Oberbegriffe Stellung zu nehmen.

bb. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass die Beklagten mit der Nutzung der antragsgegenständlichen Waren und Dienstleistungen - unstreitig - unter der Marke LOTTO in wirtschaftlicher Hinsicht kein eigenständig gewinnorientiertes Erwerbsgeschäft betreiben, sondern die von ihnen dargelegten Einsatzformen z.B. in Form einer LOTTO-Card letztlich in dienender Funktion als Kundenbindungsmaßnahmen dazu einsetzen, ihr "Kerngeschäft" - die Veranstaltung der LOTTO-Auslosungen - zu fördern. Diese Zweckrichtung reicht zwar aus, um in diesem Rahmen - wie oben dargelegt - eine rechtserhaltende Benutzung zu rechtfertigen. Die Reichweite dieser rechtserhaltenden Benutzung muss sich der Sache nach aber auf den konkreten Betätigungsbereich beschränken, den die Klägerin zutreffend mit den Worten "im Lotteriewesen" umschrieben hat. Jedenfalls dann, wenn die Teilnutzung von Waren und Dienstleistungen im Rahmen eines weiten Oberbegriffs ihrerseits keine eigenständig wirtschaftlich relevante Nutzungshandlung im Rahmen der Kernfunktion der geschützten Marke zur Gewinnung und/oder Erhaltung von Marktanteilen der konkreten Verwertungsart (Magnetkarten/Chipkarten/Zahlungssysteme) verwirklicht, sondern als Annex nur dienend zur Verwirklichung der wirtschaftlichen Entfaltung eines gesondert markenrechtlich geschützten Waren- und Dienstleistungsbereichs eingesetzt wird (Veranstaltung und Durchführung von Lotterien usw.), muss nach Auffassung des Senats eine (noch) weitere Erstreckung durch die Teilnutzung auf den gesamten weiten Oberbegriff ausscheiden. Denn hierdurch würde dem Markenrechtsinhaber auch nach Ablauf der Benutzungsschonfrist ein Schutzumfang zur Seite gestellt, den er noch nicht einmal in Ansätzen selbst für sich in Anspruch nimmt bzw. tatsächlich benötigt. Ein schützenswertes Interesse ist insoweit nicht mehr ersichtlich. Die Beklagten haben auch nichts dafür behauptet oder gar dargelegt, dass sie außerhalb der von ihnen behaupteten Aktivitäten im Bereich der LOTTO-Cards am Bank- bzw. Geldgeschäft zur Abwicklung allgemeinen Zahlungsverkehrs teilnehmen oder dies konkret zu tun beabsichtigen.

cc. Die Richtigkeit der vorstehenden Erwägungen wird im konkret zur Entscheidung stehenden Fall auch durch die eigene Markenanmeldung der Beklagten bzw. eine hiervon abweichende Eintragsentscheidung des DPMA belegt. Die Beklagten haben außerhalb der hier streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen den Umfang ihrer Anmeldung ebenfalls entweder selbst eingeschränkt oder sind vom DPMA entsprechend beschränkt worden. So gewährt die Marke Schutz nicht umfassend für "Druckerzeugnisse, nämlich Spielkarten, Zeitschriften, Zeitungen, Poster, Fotografien", sondern für diese ebenfalls nur "(im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung)". Auch ansonsten haben die Beklagten ihre Markeneintragung eng auf den von ihnen in Anspruch genommenen Bereich der Lotterien beschränkt, z.B. "... Gegenstände für die Durchführung von Lotterien, nämlich Glücksspieltrommeln und -ziehgeräte..", "Verteilung von Lotterielosen und sonstigen Teilnehmerunterlagen", "Beratung in technischer Hinsicht von Lotterie- und anderen Geld- und Glücksspielern" (Alle Unterstreichungen vom Senat hinzugefügt). Hieraus ergibt sich, dass die Markenanmeldung der Beklagten von vornherein letztlich auf die Sicherung und Förderung ihres Kerngeschäfts mit nahe liegenden Erweiterungen beschränkt war. Vor diesem Hintergrund fehlt jedenfalls im vorliegenden Fall der Ausdehnung auf alle unter die weiten Oberbegriffe zu fassenden Handlungen die sachliche Rechtfertigung. Allerdings erscheint dem Senat eine Beschränkung auf "im Lotteriewesen", wie von der Klägerin beantragt, als zu eng. Der Bereich anderer "Geld- und Glücksspiele" ist wegen der unmittelbaren Nähe derartiger Aktivitäten von dem Umfang rechtserhaltender Benutzung mit umfasst. Die Tenorierung trägt diesem Umstand Rechnung.

c. Demgegenüber ist der Hilfsantrag unbegründet, soweit die Klägerin diesen mit dem Hauptantrag pauschal auch auf die Dienstleistung "Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten" zu beziehen versucht. Zu diesem Betätigungsfeld passt die verbale Beschränkung "im Lotteriewesen" weder sprachlich noch inhaltlich. Der von der Klägerin gewünschte Bezug zum Lotteriewesen wird im Übrigen schon dadurch hergestellt, dass die Beklagten bei einer derartigen Veranstaltung unter ihrer Marke LOTTO auftreten. Die Beklagten können aus den oben dargelegten Gründen insoweit einen umfassenden Schutz beanspruchen.

6. Ihren erstinstanzlichen Antrag auf Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH hat die Klägerin in zweiter Instanz nicht ausdrücklich wiederholt. Der Senat hat auch deshalb keine Veranlassung, eine Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 234 EG-Vertrag einzuholen, weil die von der Klägerin formulierten Vorlagefrage letztlich ausschließlich auf dem Gebiet der tatrichterlichen Würdigung liegt, so dass nach der bisherigen Entscheidungspraxis schon nicht zu erwarten ist, dass der EuGH diese Frage in der von der Klägerin erwarteten Weise beantworten wird. Es besteht auch keine Vorlagepflicht des Senats aus Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag, denn der Senat entscheidet nicht letztinstanzlich.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Klägerin waren entsprechend § 97 Abs. 2 ZPO die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, obwohl sie in zweiter Instanz teilweise obsiegt hat. Die rechtzeitige Stellung des Hilfsantrags bereits im ersten Rechtszug hätte das Rechtsmittelverfahren voraussichtlich überflüssig gemacht. Die Kostenverteilung für die erste Instanz entspricht dem Verhältnis des Obsiegens/Unterliegens auf der Grundlage des für begründet erwiesenen Hilfsantrags bei Abweisung des Hauptantrags. Eine Schutzanordnung zu Gunsten der Klägerin gem. § 712 ZPO kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass eine Zwangsvollstreckungen ihr einen nicht zu ersetzenden Nachteil i.S.v. § 712 Abs. 1 ZPO bringen würde.

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil zu. Die Entscheidung hat gem. § 543 Abs. 2 ZPO grundsätzliche Bedeutung. Die angesprochenen Fragen der rechtserhaltenden Benutzung und Löschung teilgenutzter Oberbegriffe sind in Rechtsprechung und Literatur noch nicht ausreichend geklärt. Es bedarf hierfür zur Fortbildung des Rechts einer Entscheidung des Revisionsgerichts.






OLG Hamburg:
Urteil v. 25.08.2005
Az: 5 U 94/04


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