Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Februar 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 233/99

(BPatG: Beschluss v. 11.02.2000, Az.: 33 W (pat) 233/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 11. Februar 2000 (Aktenzeichen 33 W (pat) 233/99) die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts vom 21. Januar 1999 und vom 22. Juni 1999 aufgehoben. In dem Verfahren ging es um die Eintragung einer Marke mit der Bezeichnung "H2O Fresh" für "Wasseraufbereitungsmittel". Die Markenstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da sie den erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht erfülle und zudem unter das Eintragungsverbot des MarkenG falle. Die Anmelderin legte dagegen Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung der Beschlüsse des Patentamts.

Das Bundespatentgericht stimmte der Anmelderin zu und hob die Beschlüsse der Markenstelle auf. Es sah in der Kombination aus der chemischen Formel für Wasser ("H2O") und dem englischen Wort "Fresh" eine ungewöhnliche und sprechende Marke. Zwar seien beide Bestandteile für sich genommen beschreibend, jedoch ergebe sich aus der Kombination eine Eigenart, die über die werblichen Anpreisungen hinausgehe. Zudem sei die Verbindung von "H2O" mit "Fresh" ungewöhnlich und weise auf die Beschaffenheit der Waren hin. Das Gericht führte weiter aus, dass der Begriff "Fresh" in Bezug auf die beanspruchten Aufbereitungsmittel für Aquarienwasser einen gewissen Verfremdungseffekt habe, da Aquarienwasser nicht frisch gemacht, sondern auf die Bedürfnisse der Fische angepasst werde. Daher könne der angemeldeten Marke weder jegliche Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis abgesprochen werden.

Insgesamt sind somit für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren keine Eintragungshindernisse nach dem MarkenG gegeben. Die Beschwerde wird daher begründet und die Beschlüsse des Patentamts werden aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.02.2000, Az: 33 W (pat) 233/99


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts vom 21. Januar 1999 und vom 22. Juni 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Patentamt ist die Bezeichnung

"H2O Fresh"

für die Waren

"Wasseraufbereitungsmittel"

zur Eintragung als Marke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen der zweite im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Die Erstprüferin hat die Auffassung vertreten, die angemeldete Bezeichnung entbehre ungeachtet der Frage, ob sie als beschreibende Angabe zugunsten der Mitbewerber freizuhalten sei, jedenfalls des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Sie bestehe ohne weiteres verständlich aus der chemischen Formel für Wasser und dem allgemein bekannten englischen Wort "Fresh". Die beiden Bestandteile ergäben in ihrer Bedeutung von "wasserfrisch" eine rein beschreibende Aussage, die auf den Verwendungszweck der angemeldeten Waren hinweise. Der Verkehr messe einem derartigen werbeüblich gebildeten Ausdruck keinerlei betriebliche Herkunftsfunktion zu. Die Erinnerungsprüferin hat ergänzend ausgeführt, daß die angemeldete Bezeichnung als beschreibender Hinweis auf Waren, die dem Wasser seine Frische wiedergäben, auch einem starken Freihaltungsbedürfnis unterliege und damit unter das Eintragungsverbot des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG falle.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie beantragt, die Beschlüsse des Patentamts unter Zugrundelegung des auf die Waren

"Nährstoffhaltige Aufbereitungsmittel für Aquarienwasser"

beschränkten Warenverzeichnisses aufzuheben. Sie regt ferner die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Zur Begründung trägt die Anmelderin vor, daß die angemeldeten Bezeichnung ungeachtet der beschreibenden Bedeutung ihrer Einzelbestandteile jedenfalls in ihrer Gesamtheit, auf die bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit allein abzustellen sei, eine ungewöhnliche Kombination darstelle. Die Verbindung der chemischen Formel für Wasser mit dem englischen Wort "Fresh" ergebe eine sog sprechende Marke, deren Zweck es gerade sei, die Beschaffenheit der Waren zwar anzudeuten, dies jedoch in einer sprachlich eigentümlichen, über die werbeüblichen Anpreisungen hinausgehenden Form zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen komme dem Begriff "Fresh" in bezug auf die beanspruchten Aufbereitungsmittel für Aquarienwasser ein gewisser Verfremdungseffekt zu, weil das Wasser von Aquarien nicht frisch gemacht, sondern im Gegenteil mit Nähr- und Schwebstoffen fischspezifisch angereichert und getrübt werde. Der angemeldeten Marke könne daher weder jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch bestünden konkrete Anhaltspunkte für ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke stehen für die nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren Eintragungshindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Die angemeldete Bezeichnung ist zwar, wie auch die Anmelderin einräumt, aus den für sich betrachtet beschreibenden Angaben "H2O" und "Fresh" gebildet. Der Ansicht der Markenstelle, die beiden Bestandteile entbehrten auch in ihrer Gesamtheit, die allein Gegenstand der Prüfung und Eintragung bildet (vgl BPatGE 37, 98, 101 "VISA-Streifenbild"), jeglicher noch so geringen Unterscheidungskraft, kann jedoch unter Berücksichtigung des gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstabs (vgl BGH GRUR 1999, 728 "PREMIERE II"; 1999, 1086 "ABSOLUT"; 1999, 1089 "YES") nicht gefolgt werden. Eine zumindest gewisse Eigenart der Bezeichnung "H2O Fresh" liegt einerseits in dem jedenfalls in dieser Wortverbindung ungewöhnlichen Ersatz des Begriffs "Wasser" durch seine chemische Formel und andererseits in dem für die beanspruchten Aufbereitungsmittel für Aquarienwasser unspezifischen Begriff "Fresh".

In der chemischen Fachsprache werden die Namen chemischer Elemente und Verbindungen zwar häufig durch ihre jeweilige chemische Formel zum Ausdruck gebracht. Das gilt auch in Textzusammenhängen und fachsprachlichen Wortzusammensetzungen wie CO2-Wert, NO2-Test, Mg-Gehalt, O2 -Filter. Nicht üblich ist es dagegen, Begriffe des täglichen Sprachgebrauchs wie Wasser, Sauerstoff, Eisen, Aluminium, die zugleich chemische Stoffe sind, in beliebigen Wortkombinationen durch ihre chemische Formel zu ersetzen. Insbesondere mit einem Adjektiv, wie hier "Fresh", wirkt die Formel "H2O" anstelle des Wortes "Wasser" eigenartig, auch wenn der angesprochene Verkehr den durch "H2O Fresh" vermittelten Sinngehalt von "wasserfrisch" ohne weiteres verstehen wird.

Zu berücksichtigen ist ferner, daß die in sprachlich eigenartiger Weise formulierte Aussage "H2O Fresh" auch von ihrem gedanklichen Inhalt her keinen unmittelbar verständlichen beschreibenden Charakter hat, denn das Wasser für die Fischhaltung in Aquarien darf nicht in herkömmlichem Sinne frisch wie Trinkwasser, dh klar, rein und frei von Bakterien sein, wie jeder Aquarienbesitzer weiß. Es bedarf vielmehr einer den Lebensbedingungen in natürlichen Gewässern entsprechenden fischspezifischen Aufbereitung. Erforderlich ist neben der Einstellung eines bestimmten pH-Wertes, der Neutralisierung der im Wasser enthaltenen Salze, Metallionen und Phosphate insbesondere auch die Förderung des Wachstums von Mikroorganismen und die Zugabe schleimhautschützender Stoffe. Die beanspruchten Waren machen das Wasser daher nicht frisch, sondern eher trüb und sorgen dafür, daß frisches Wasser, das in ein Aquarium (nach-)gefüllt wird, fischgerecht umgewandelt und damit im übertragenen Sinne für die Fische frisch gemacht wird. Unter diesen Voraussetzungen kann die angemeldete Bezeichnung nicht als ausschließlich beschreibende Angabe ohne jegliches Mindestmaß an phantasievollem Überschuß angesehen werden.

Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Kombination "H2O Fresh" von dem Mitbewerbern zur Beschreibung der Beschaffenheit und des Bestimmungszwecks der beanspruchten Waren ernsthaft benötigt wird (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). In der Werbung für Produkte und Zubehör für die Aquaristik sind nach den Ermittlungen des Senats vergleichbare sprachliche Kombinationen von chemischer Formel und deutschen oder fremdsprachigen Adjektiven nicht nachweisbar. Im übrigen steht der Anerkennung eines Freihaltungsbedürfnisses zusätzlich entgegen, daß die Aussage "wasserfrisch" zur Beschreibung nährstoffhaltiger Aufbereitungsmittel für Aquarienwasser für die angesprochenen Abnehmer nicht unmittelbar verständlich ist, sondern erst einige Überlegungen erfordert, welche Aussage damit gemeint sein könnte.

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BPatG:
Beschluss v. 11.02.2000
Az: 33 W (pat) 233/99


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