Landgericht Bochum:
Urteil vom 3. Juli 2012
Aktenzeichen: I-12 O 47/12

(LG Bochum: Urteil v. 03.07.2012, Az.: I-12 O 47/12)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 20.03.2012 wird bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Am 24.02.2012 klingelte die Außendienstmitarbeiterin M der Verfügungsbeklagten an der Wohnungstür des Kunden E, der Verfügungsklägerin in der X Straße, um für einen Wechsel zur Verfügungsbeklagten zu werben. Der Inhalt des sich anschließenden Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Dies gilt gleichermaßen für ein Gespräch, dass der Außendienstmitarbeiter Q am 25.02.2012 mit dem Kunden M1 der Verfügungsbeklagten und dessen Mutter in der C-Straße 18 führte.

Die Verfügungsklägerin hat am 20.03.2012 eine einstweilige Verfügung des Vorsitzenden der Kammer erwirkt, in der der Verfügungsbeklagten Ordnungsmittel bewährt untersagt worden ist,

im geschäftlichen Verkehr, im Versorgungsgebiet der T C1 GmbH Verbraucher/Kunden aufzusuchen und/oder aufsuchen zu lassen und gegenüber diesen wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder behaupten zu lassen,

a.

die T Bochum GmbH sei im Gegensatz zu S kein Strom-Erzeuger,

und/oder

b.

bei der Strombelieferung durch die T C1 GmbH würden im Gegensatz zu einer Belieferung durch S zusätzliche Zählergebühren anfallen,

wenn dies wie in dem Gespräch vom 24.02.12 gegenüber dem Kunden E geschieht,

und/oder

c.

die T C1 GmbH seien nur Zwischenlieferant, der Stromlieferant sei S,

und/oder

d.

die Zähler würden ausgetauscht, weil der Kunde nicht mehr von den T C1 beliefert würde,

und/oder

e.

der Presse sei zu entnehmen gewesen, dass die Strompreise gesenkt wurden, hierfür müsse der Kunde aber zwingend zu S wechseln,

wenn dies wie in dem Gespräch vom 25.02.12 gegenüber den Kunden M1 geschehen.

Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Beklagten.

Die Verfügungsklägerin verteidigt die ergangene einstweilige Verfügung. Sie behauptet hierzu, in den Gesprächen seien die aus dem Tenor der einstweiligen Verfügung ersichtlichen Äußerungen der Außendienstmitarbeiter der Verfügungsbeklagten gefallen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte bestreitet mit eingehendem weiteren Vorbringen, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, dass die beanstandeten Äußerungen der Außendienstmitarbeiter gefallen seien. Die Verfügungsbeklagte verweist insoweit insbesondere auf umfangreiche Schulungsmaßnahmen, bei denen die eingesetzten Außendienstmitarbeiter umfassend und vollständig für die von ihnen zu führenden Kundengespräche geschult würden. Insbesondere spreche die Positionsgestaltung gegen unwahre Angaben der Außendienstmitarbeiter, da diese ihre Provision nur erhielten, wenn die jeweiligen Kunden den Versorgungsvertrag nicht widerrufen würden. Denkbar sei allenfalls ein Missverständnis in Form einer Fehlvorstellung bei dem Kunden.

Im Hinblick auf etwaige Zählergebühren sei davon auszugehen, dass die Außendienstmitarbeiterin M wahrheitsgemäß darauf hingewiesen habe, dass der Basistarif der Verfügungsklägerin einen Grundpreis einschließlich Wechselstrom- und Dreistromzähler Mitte beinhalte, der unabhängig vom Verbrauch monatlich anfalle, während der Tarif der Verfügungsbeklagten keinen Grundpreis vorsehe.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlagen - insbesondere die eingereichten eidesstattlichen Versicherungen - und die Sitzungsniederschrift.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet, die bereits erlassene einstweilige Verfügung war daher zu bestätigen. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens ist davon auszugehen, dass der Klägerin in dem aus dem Verfügungstenor ersichtlichen Umfang ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8, 3, 5 UWG zusteht. Durch die von ihr eingereichten eidesstattlichen Versicherungen hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht, dass die beanstandeten Äußerungen gefallen sind. Es ist kein Grund erkennbar, warum die Zeugen M und E die Unwahrheit erklärt haben sollten. Ein gesteigertes Interesse daran, die Verfügungsklägerin unzulässig zu unterstützen, ist nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass die Zeugen sich selbst aus eigenem Antrieb an die Klägerin gewandt haben und zeitnah die eidesstattlichen Versicherungen unterschrieben haben. Die von ihnen wiedergegebenen Erklärungen der Vertriebsmitarbeiterin der Verfügungsbeklagten sind auch so prägnant, dass sie im Gedächtnis haften bleiben konnten. Aus diesem Grund gibt es auch keinen Grund für die Annahme der Verfügungsbeklagten, es könne zu einem Fehlverständnis gekommen sein.

Der Beweiswert der durch die Verfügungsklägerin eingereichten eidesstattlichen Versicherungen wird durch die eidesstattlichen Versicherungen der Vertriebsmitarbeiter der Verfügungsbeklagten nicht entscheidend erschüttert. An das konkrete Geschehen können sich die Zeugen verständlicherweise ohnehin nicht erinnern. Allein aus der in Erinnerung gebliebenen üblichen Vorgehensweise kann nicht geschlossen werden, dass nicht im Einzelfall andere Angaben gemacht worden sind. Darüber hinaus besteht bei den Vertriebsmitarbeitern der Verfügungsbeklagten trotz der Regelungen zur Provisionsgestaltung eine anders gelagerte Interessenlage. Bei ihnen liegt ein Eigeninteresse am Ausgang dieses Rechtsstreits nicht fern.

Die beanstandeten Aussagen der Vertriebsmitarbeiter sind auch falsch und damit irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts. Dies gilt auch für die Aussage zu den zusätzlichen Zählergebühren. Denn auch bei den Tarifen der Verfügungsklägerin fallen keine gesondert ausgewiesenen Zählergebühren an.

Die Beklagte hat gem. § 8 Abs. 2 UWG für das Verhalten der Außendienstmitarbeiter einzustehen. Daran ändert auch der eingehende Vortrag der Verfügungsbeklagten zur Vertriebsstruktur, zu den Kooperationsverträgen und zu den Schulungen nichts. Denn die Zurechnungsvorschrift des § 8 Abs. 2 UWG will erreichen, dass die arbeitsteilige Organisation eines Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Es soll verhindert werden, dass sich der Unternehmensinhaber, dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zu Gute kommen, sich bei einer wettbewerbswidrigen Handlung hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken könnte (BGH, GRUR 2008, 186). Die Haftungszurechnung ist daher nicht zu eng zu fassen. Zur Begründung des erforderlichen inneren Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des Vertreters vor Ort und dem Unternehmen der Verfügungsbeklagten reicht es aus, dass der Vertreter für eine Vertriebspartnerin der Beklagten handelte, die das Produkt der Beklagten absetzen sollte.

Insgesamt war daher die ergangene einstweilige Verfügung kostenpflichtig zu bestätigen.






LG Bochum:
Urteil v. 03.07.2012
Az: I-12 O 47/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/652f323441a8/LG-Bochum_Urteil_vom_3-Juli-2012_Az_I-12-O-47-12




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share