Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 13. Januar 1993
Aktenzeichen: 6 U 141/92
(OLG Köln: Urteil v. 13.01.1993, Az.: 6 U 141/92)
1. Die Anforderungen, die an die im Rahmen der Umweltwerbung gebotene Aufklärung der Verbraucher zu stellen sind, richten sich nach der Art des beworbenen Produktes. Festzustellen ist, ob das beworbene Produkt ein Verständnis des Umweltbezuges nahelegt, das der Wirklichkeit nicht entspricht. 2. Bei der Werbung für ein Gerät zur elektrostatischen Wasserbehandlung, durch die Kalkablagerungen und Korrosionen verhindert sowie Verkrustungen gelöst werden sollen, bringt der Verkehr den hierbei benutzten Hinweis auf eine angebliche "Umweltfreundlichkeit" mit der Funktion und Wirkungsweise des so beworbenen Gegenstandes, nicht hingegen auch ohne weiteres mit Gesichtspunkten in Verbindung, die dem Bereich der Herstellung und Entsorgung zuzuordnen sind. Ein solches weiterreichendes Verständnis hat der Angreifer dezidiert darzulegen und ggfls. zu beweisen (glaubhaft zu machen).
Gründe
Die Berufung des Antragstellers ist zulässig; sie hat aber in
der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß
einer einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht
zurückgewiesen.
Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die beanstandete
Werbung stamme nicht von der in der Antragsschrift sowie in der
Berufungsschrift als Partei angegebenen - einzelkaufmännischen -
Firma "I.", sondern von der "I. Handels GmbH für
innovationstechnische Produkte", vermag dies die Zurückweisung des
Antrags allerdings nicht zu rechtfertigen. Nach den Umständen ist
davon auszugehen, daß von Anfang an die im Rubrum dieses Urteils
angegebene Antragsgegnerin Partei des Verfahrens gewesen ist.
Die Bestimmung, wer Partei eines Rechtsstreits ist, ist objektiv
vom Standpunkt des Antragsgegners aus vorzunehmen. Ist die
Parteibezeichnung in Einzelheiten falsch oder ungenau, so kann sie
jederzeit berichtigt werden (vgl. Thomas-Putzo, 17. Aufl., Anm. III
1) vor § 50 ZPO m.w.N.). Im Streitfall war bereits aus der
Antragsschrift zu ersehen, daß das die Firmenbezeichnung "I."
führende Unternehmen in Anspruch genommen werden sollte, das seinen
Sitz in der A.Straße 8 in L. hat und das die beanstandete Werbung
unter der Bezeichnung "I." geschaltet hatte. Damit war der
Antragsgegner hinreichend präzise festgelegt, die nachträgliche
Ànderung des Passivrubrums stellt lediglich die Berichtigung einer
falschen Parteibezeichnung dar.
In der Sache ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung aber nicht gerechtfertigt.
Der Antragsteller stützt sein Begehren in erster Linie auf einen
gesetzlichen Anspruch aus § 3 UWG. Insoweit fehlt es jedoch
jedenfalls an der Glaubhaftmachung der Irreführung eines nicht
unerheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise durch die
beanstandete Werbeanzeige.
Soweit der Antragsteller geltend gemacht hat, die angegriffene
Ankündigung der "Umweltfreundlichkeit" erwecke den Eindruck, als
sei das Produkt in jeglicher Hinsicht umweltfreundlich, d.h. völlig
umweltunschädlich, sind hierfür der Anzeige selbst keine
hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Daß das von der
Antragsgegnerin angebotene Gerät in jeder nur denkbaren Hinsicht
umweltfreundlich sei, ist in der Werbeanzeige nämlich weder
ausdrücklich noch sinngemäß angekündigt.
Der Antragsteller hat zur Begründung seines Begehrens darauf
hingewiesen, daß das Produkt der Antragsgegnerin im Rahmen seiner
Herstellung sowie bei der Entsorgung nicht umweltunschädlich sei,
da es zum Teil aus Kunststoffteilen bestehe. Daß ein nicht
unbeachtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher die Verwendung
des Begriffs "Umweltfreundlichkeit" in der beanstandeten Anzeige
als Hinweis darauf versteht, daß Herstellung und Ensorgung des
beworbenen Produkts umweltunschädlich seien, ist jedoch allein
durch die Vorlage des Zeitschrifteninserats nicht hinreichend
glaubhaft gemacht. Im Text sind diese Gesichtspunkte an keiner
Stelle direkt oder indirekt angesprochen.
Auch das Produkt selbst legt die Annahme nicht nahe, der Hinweis
auf "Umweltfreundlichkeit" beziehe sich auf die Herstellung oder
die Entsorgung des Erzeugnisses.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmen sich
die Anforderungen, die an die im Rahmen der Umweltwerbung gebotene
Aufklärung der Verbraucher zu stellen sind, im Einzelfall
maßgeblich nach der Art des Produkts (vgl. BGHZ 105, 277, 281 -
"Umweltengel" -). Es kommt mithin im Rahmen des § 3 UWG wesentlich
darauf an, ob die Art des Produkts ein Verständnis des Umweltbezugs
in der Werbeaussage nahelegt, das der Wirklichkeit nicht
entspricht. Demgemäß hat der erkennende Senat auch im Zusammenhang
mit der werblichen Verwendung des Umweltzeichens präzise Aufklärung
über den Grund für die Verleihung des Zeichens in den Fällen
gefordert, in denen es über den konkreten Verleihungsgrund hinaus
aufgrund der Art der beworbenen Ware naheliegende Gesichtspunkte
gibt, die den Verkehr zu der Annahme besonderer
Umweltfreundlichkeit der so gekennzeichneten Erzeugnisse
veranlassen könnten (ZWRP 1992, 504).
Im Streitfall geht es um die Werbung für ein Produkt, das dazu
bestimmt ist, Leitungswasser elektrostatisch so zu behandeln, daß
die sonst üblicherweise vom Wasser ausgehenden negativen
Auswirkungen in Form der Verkalkung und Korrosion von Rohrleitungen
verhindert werden. Wird in einer Anzeige für ein solches Gerät das
Erfordernis der "Umweltfreundlichkeit" für derartige Produkte
herausgestellt, so bringt der Verkehr dies ohne weiteres mit der
Funktion des beworbenen Gegenstandes, die in der physikalischen
Einwirkung auf das Wasser liegt, in Verbindung, wobei es im übrigen
nicht darauf ankommt, ob der Begriff "Umweltfreundlichkeit" als
eine der an derartige Geräte zu stellenden Anforderungen
dargestellt wird oder ob er in anderer Weise zum Gegenstand der
Werbeaussage gemacht wird. Dafür, daß der Verbraucher beim Lesen
des Begriffs "Umweltfreundlichkeit" auch an Umwelteinflüsse denkt,
die mit Funktion und Wirkungsweise des beworbenen Produkts nicht
unmittelbar zu tun haben, etwa an Gesichtspunkte, die mit der
Herstellung oder Entsorgung des zum Teil aus Kunststoff bestehenden
Gerätes zusammenhängen, ergeben sich aufgrund der Art des
Erzeugnisses ebensowenig wie aus dem Anzeigentext
Anhaltspunkte.
Ist nach alledem der Werbung selbst nicht zu entnehmen, daß ein
nicht unerheblicher Teil der Verbraucher den dort verwendeten
Begriff der "Umweltfreundlichkeit" in einer Weise versteht, die
über Funktion und Wirkungsweise des beworbenen Gerätes hinausgeht,
so hätte der Antragsteller die behauptete Irreführung des Verkehrs
in anderer Weise glaubhaft machen müssen. Während im Rahmen eines
Hauptsacheverfahrens das behauptete Verbraucherverständnis ggfls.
durch Verkehrsbefragung festgestellt werden müßte, hätte im
Verfügungsverfahren beispielsweise glaubhaft gemacht werden können,
daß der angegriffene Werbetext bei einzelnen Verbrauchern bereits
zur Irreführung in dem vom Antragssteller behaupteten Sinne geführt
hat. Im Streitfall sind jedoch außer der Zeitschriftenanzeige
selbst keine Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt worden. Aus diesem
Grunde kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg auf § 3 UWG als
Anspruchsgrundlage berufen.
Der Antragsteller stützt sein Begehren weiter auf § 1 UWG unter
dem Gesichtspunkt der gefühlsbetonten Werbung. Insoweit hat das
Landgericht zutreffend ausgeführt, daß der Appell an das Gefühl des
Verbrauchers nur dann einen Verstoß gegen die guten Sitten im
Wettbewerb bedeutet, wenn dadurch seine Entschließung zum Erwerb
einer Ware in einer dem Leitbild des Wettbewerbs widersprechenden
Weise unsachlich beeinflußt wird (vgl. Baumbach-Hefermehl, 16.
Aufl., Rdnr. 185 zu § 1 UWG). Das ist einmal dann der Fall, wenn
die Werbung geeignet ist, den Kunden irrezuführen. Insoweit kann
auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Ist die
Werbeaussage wahr, so verstößt sie unter dem vorgenannten Aspekt
nur dann gegen § 1 UWG, wenn sich der Werbende das Mitgefühl der
Umworbenen für eigennützige Zwecke planmäßig zu Nutze macht, ohne
daß irgendein sachlicher Zusammenhang mit der Leistung besteht
(Baumbach-Hefermehl a.a.O. Rdnr. 186). Davon kann im Streitfall
keine Rede sein, denn die Umweltfreundlichkeit wird als besondere
Eigenschaft der Ware herausgestellt und mit der Funktionsweise des
Gerätes begründet.
Auch aufgrund Vertrages ist das Unterlassungsbegehren nicht
begründet. Die nunmehr beanstandete Werbung ist nicht dem
Kernbereich des am 28. Oktober 1990 zur Unterlassung erklärten
Verhaltens zuzurechnen. Zwar ging es dort ebenfalls um
Umweltwerbung für das Produkt "M." der Antragsgegnerin. Beanstandet
wurde aber ausdrücklich die drucktechnisch hervorgehobene
Ankündigung "umweltfreundlich". In der Klagebegründung war
maßgeblich darauf abgestellt, daß es sich um einen "blickfangartig
angebrachten Hinweis" handele, "der gegenüber dem übrigen Fließtext
hervorgehoben" sei. Dem stand seinerzeit eine kleiner gedruckte
Erklärung der Werbeaussage gegenüber. Im Streitfall ist hingegen in
einer gänzlich anders aufgemachten Anzeige die
"Umweltfreundlichkeit" des beworbenen Gerätes im Fließtext ohne
jede Hervorhebung angesprochen. Anders als in dem Fall, der zur
Abgabe der Unterlassungsverpflichtung geführt hat, geht es hier
nicht um eine "Blickfangwerbung". Unter diesen Umständen kann nicht
angenommen werden, daß die vorliegend angegriffene
Wettbewerbshandlung der zur Unterlassung erklärten in ihren
charakteristischen Merkmalen entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig, § 545 Abs. 2
ZPO.
OLG Köln:
Urteil v. 13.01.1993
Az: 6 U 141/92
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/648a23d753dd/OLG-Koeln_Urteil_vom_13-Januar-1993_Az_6-U-141-92