Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Mai 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 196/01

(BPatG: Beschluss v. 12.05.2004, Az.: 26 W (pat) 196/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 12. Mai 2004 (Aktenzeichen 26 W (pat) 196/01) die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. September 2001 aufgehoben.

Die Markenstelle hatte der ursprünglichen Markenanmeldung, die eine farbige, dreidimensionale Marke für verschiedene Waren der Klassen 20, 21 und 32 darstellt, den Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt. Insbesondere für die Waren der Klasse 20 (Flaschen-Transportkästen, nicht aus Metall) hielt die Markenstelle die angemeldete dreidimensionale Marke "Flaschenkasten" für unmittelbar beschreibend. Sie stellte fest, dass der Transportkasten eine übliche Form habe und sich seit langer Zeit im Getränkehandel etabliert habe. Die gewählte Farbgebung sei ebenfalls nicht markenfähig. Die Anmelderin reichte daraufhin eine Beschwerde ein und beschränkte ihre Anmeldung auf die Waren der Klasse 20, "Flaschen-Transportkästen, nicht aus Metall".

Das Bundespatentgericht gab der Beschwerde in Bezug auf die Flaschen-Transportkästen statt. Zunächst stellte es fest, dass die angemeldete dreidimensionale Form grundsätzlich markenfähig ist und keine warenbedingten, technisch erforderlichen oder wertverleihenden Elemente enthält. Weiterhin argumentierte das Gericht, dass der angemeldeten Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.

Die Unterscheidungskraft einer Marke ist die konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel wahrgenommen zu werden. Diese Voraussetzung dient dem Allgemeininteresse, den freien Warenverkehr zu gewährleisten. Die Buchstabenfolge "GDB" auf dem angemeldeten Transportkasten weist auf die Anmelderin, die Genossenschaft Deutscher Brunnen, hin und erfüllt somit den Zweck der betrieblichen Zuordnung. Da die übrigen Elemente der Marke nicht dominierend sind, reicht es aus, dass die Buchstabenfolge erkennbar ist und als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden kann.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass keine Eintragungshindernisse gemäß § 8 Absatz 2 des Markengesetzes vorliegen und gibt der Beschwerde der Anmelderin statt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 12.05.2004, Az: 26 W (pat) 196/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. September 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die vorgenannte Markenstelle hat der zunächst für verschiedene Waren der Klassen 20, 21 und 32 als farbige, dreidimensionale Marke angemeldete Kennzeichnungsiehe Abb. 1 am Endeden Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt. Zur Begründung hat sie ua ausgeführt, in Bezug auf die Waren der Klasse 20 (Flaschen-Transportkästen, nicht aus Metall) sei die angemeldete dreidimensionale Marke "Flaschenkasten" unmittelbar beschreibend. Sie stelle einen typischen Träger zum Transport von 12 Getränkeflaschen dar, der sich gerade auch in seiner äußeren Gestaltung im Rahmen des Üblichen halte. Derartige Behältnisse hätten sich seit langer Zeit im Getränkehandel durchgesetzt. Die Tatsache, daß dieser Träger für PET-1-Ltr.-Flaschen konzipiert sei, begründe keinen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller. Der Umstand, daß der Träger ua keine Ecksäulen besitze, stelle eine vergleichsweise geringfügige Abweichung vom normalen Erscheinungsbild ähnlicher Kästen dar, denn angesichts der Formenvielfalt von Getränketrägern orientiere sich der Verkehr erfahrungsgemäß kaum an der Gestaltung der Ware, sondern an den markenmäßig herausgestellten Produktkennzeichnungen. Dies gelte auch für die gewählte Farbgebung. Für die beanspruchten Getränkeflaschen und Getränke würden diese Überlegungen in gleicher Weise zutreffen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihre Anmeldung auf die Waren der Klasse 20, "Flaschen-Transportkästen, nicht aus Metall", beschränkt. Sie hält die Anmeldung jedenfalls insoweit für schutzfähig, denn diese bestehe aus einem sehr eigenwillig aufgebauten, stahlblauen Flaschenkasten, der durchaus in der Lage sei, auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb hinzuweisen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Flaschenkästen weise die angemeldete Kastenform keine Ecksäulen auf; auch die vier vertikalen Strebenverbindungen zum oberen Kastenrand seien völlig neu und eigentümlich gestaltet. Bereits gegenüber der Markenstelle hatte die Anmelderin darauf hingewiesen, daß sich auf dem beanspruchten Transportkasten eine auf die Anmelderin hinweisende Bezeichnung "GDB" (als Abkürzung für: Genossenschaft Deutscher Brunnen) in Form einer bereits eingetragenen Marke befinde.

Demgemäß beantragt die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in Bezug auf die nur noch beanspruchten "Flaschen-Transportkästen" als begründet, denn der Anmeldung stehen insoweit die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Zunächst ist festzustellen, daß hinsichtlich der grundsätzlichen Markenfähigkeit (§ 3 Abs 1 MarkenG) der angemeldeten dreidimensionalen Waren-Form keine Bedenken bestehen. Es spricht auch nichts dafür, daß die angemeldete Warenabbildung ausschließlich aus einer Form besteht, die warenbedingt, technisch erforderlich oder wertverleihend ist (§ 3 Abs 2 MarkenG).

2. Entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung kann der noch beanspruchten Anmeldung nicht die erforderliche Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft iSd vorgenannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (vgl BGH GRUR 2001, 1153 - antiKalk; BlPMZ 2004, 30 - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (vgl EuGH GRUR 2002, 804 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl EuGH 2001, 1148 - BRAVO). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus der Form der Ware bestehen, ist kein strengerer Maßstab anzulegen als bei anderen Markenformen (vgl EuGH GRUR 2003, 514 - Linde, Winward und Rado).

Wenn auch der Markenstelle hinsichtlich der Beurteilung der Form des beanspruchten Getränkekastens zuzustimmen sein dürfte, so ist, von dem oben Gesagten ausgehend, der angemeldeten Formmarke dennoch Schutz zu gewähren, weil die damit beanspruchte Warenform den schutzbegründenden Markenbestandteil "GDB" aufweist. Dieser ist auf der unteren Schmalseite einer der beiden mit der Anmeldung eingereichten photographischen Ansichten des sogenannten Flaschenkastens hinreichend deutlich erkennbar. Soweit die in den Akten befindlichen unzulänglichen schwarzweißen Kopien der Anmeldung diesen Markenteil kaum oder gar nicht erkennen lassen, kann dies der Anmelderin nicht nachteilig angelastet werden.

Der auf der beanspruchten Vormarke erkennbaren Buchstabenfolge "GDB", bei der es sich ersichtlich um die Abkürzung des Firmennamens der Anmelderin handelt, stehen die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 nicht entgegen. Der Buchstabenfolge "GDB" kann kein ein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Ebensowenig handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Schließlich gilt auch bei dreidimensionalen Darstellungen der Grundsatz, daß beim Zusammentreffen schutzfähiger mit schutzunfähigen Markenbestandteilen es nicht erforderlich ist, daß der schutzfähige Teil die Marke dominiert. Er hat lediglich so unübersehbar hervorzutreten, daß er noch als betrieblicher Herkunftshinweis erkannt werden kann (vgl dazu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 132). Soweit die Buchstabenfolge "GDB" im Verhältnis zur gesamten Marke (= Transportkasten) auf den eingereichten Ablichtungen nur wenig hervortritt, ist im übrigen zu berücksichtigen, daß diese Kennzeichnung auf den Kästen in Originalgröße kaum zu übersehen ist.

Da für das Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses ebenfalls keine Anhaltspunkte vorliegen, war der Beschwerde der Anmelderin stattzugeben.

Albert Richterin Eder kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben.

Albert Kraftbr/Fa Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)196-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 12.05.2004
Az: 26 W (pat) 196/01


Link zum Urteil:
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