Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. März 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 263/01

(BPatG: Beschluss v. 06.03.2002, Az.: 32 W (pat) 263/01)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenabteilung 3.4. - vom 27. Juni 2001 aufgehoben.

Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Hinsichtlich der am 17. März 1997 für "Schokolade, Schokoladewaren, Fein- und Dauerbackwaren, Zuckerwaren" eingetragenen farbigen Marke 396 10 403 siehe Abb. 1 am Endehat die Antragstellerin am 2. März 2000 Antrag auf Löschung gestellt.

Dieser Antrag wurde per Einschreiben an die Markeninhaberin am 12. April 2000 versendet. Sie hat ihm am 9. Juni 2000 widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4. hat mit Beschluss vom 27. Juni 2001 die Löschung der Marke 396 10 403 angeordnet und dazu ausgeführt, die Marke weise auf die besondere Eignung der Produkte für Kinder hin. Schrift und Farbe verfremdeten das Wort nicht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Die Antragsgegnerin macht geltend, die Marke weise jedenfalls in ihrer farblichgraphischen Gestaltung ein beträchtliches Maß an Originalität auf. Die "tanzenden" Buchstaben ergäben ein ungewöhnliches und einprägsames Gesamtbild.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss vom 27. Juni 2001 aufzuheben und den Antrag auf die Löschung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat sich nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg, weil sie dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen hat (§ 54 Abs. 3 MarkenG) und weil die angegriffene Marke im Zeitpunkt der Eintragung schutzfähig war.

Nach §§ 50, 54 Abs. 1 MarkenG ist eine eingetragene Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden ist und das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung fortbesteht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Senat konnte nicht feststellen, dass der angegriffenen Marke in ihrer bildlichen Ausgestaltung zum Zeitpunkt der Eintragung die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) fehlte.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer aufgefasst zu werden. Bereits eine geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).

Dem Wort "Kinder" fehlt für die beanspruchten Waren als Bestimmungsangabe grundsätzlich die Unterscheidungskraft. Dass insoweit 1997 Durchsetzung gegeben war, ist nicht behauptet und auch sonst nicht feststellbar.

Die graphische Gestaltung ist jedoch zur betrieblichen Herkunftsbezeichnung geeignet. Einer bildhaft ausgestalteten Marke fehlt jegliche Unterscheidungskraft nämlich nur, wenn neben dem Wortbestandteil auch die Graphik warenbeschreibend oder ein übliches Dekor ist. Hier ist nicht feststellbar, dass die unterschiedlichen Farben der Buchstaben und ihre unterschiedliche Ausrichtung zur Beschreibung von Süßwaren etc. geeignet sind. Auch die Antragstellerin hat dazu keine Belege vorgelegt.

Es ist nicht erforderlich, dass die Graphik den Eindruck eines Wortes aufhebt; eine nicht verkehrsübliche und nicht einfache Gestaltung der Buchstaben, die Abstand vom bekannten Formenschatz hält, genügt. "Tanzende" Buchstaben in Kombination mit den hier verwendeten Farben konnte weder der Senat auf dem Warengebiet "Süßwaren" als übliche Ausgestaltung feststellen, noch konnten Antragstellerin und Markenabteilung dies belegen.

Die Farbenvielfalt im Süßwarenbereich weist zwar grundsätzlich darauf hin, dass der Verkehr bunten Schriftzügen keinen Herkunftshinweis entnimmt; etwas anderes gilt jedoch hier, weil die Anordnung der Buchstaben hinzutritt. Dass dies in seiner Kombination Dritten bislang schon verwendet haben, ist nicht belegt. Der optische Gesamteindruck der angegriffenen Marke vermittelt bereits beim ersten Anschauen einen wiedererkennbaren Effekt und erlaubt es so, die damit gekennzeichneten Waren einem bestimmten Anbieter zuzuordnen.

Damit fiel und fällt die angemeldete Form auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der durch eine Eintragung als Marke gewährte Schutz führt zwar bei den Konkurrenten der Markeninhaberin zu einer Einengung des Gestaltungsspielraums. Wenn aber - wie hier - den Mitbewerbern die Möglichkeiten, Buchstaben zu kippen und einzufärben, nahezu unbeschränkt erhalten bleiben, ist ein schutzausschließendes Freihaltungsbedürfnis nicht gegeben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Schutzbereich der angegriffenen Marke nach Maßgabe ihrer die Eintragungsfähigkeit begründenden Eigenprägung bemisst, ohne dass ein hiervon losgelöster Schutz für das Wort "Kinder" (in abweichenden Farben) oder für Farbkombinationen jeglicher Art beansprucht werden kann (vgl. BGH GRUR 1989, 264 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; 1991, 136 - NEW MAN; BlPMZ 1989, 192 - KSÜD).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Ju Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/32W(pat)263-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 06.03.2002
Az: 32 W (pat) 263/01


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