Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 73/03

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2004, Az.: 30 W (pat) 73/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung KAMPO ist unter der Nummer 397 19 857 für die Waren

"Pharmazeutische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; diätetische Nahrungsmittelpräparate für medizinische Zwecke; medizinische Gewürze und Pflanzenextrakte; diätetische Nahrungsmittelzusatzpräparate für medizinische Zwecke; Vitaminpräparate; diätetische Nahrungsmittelzusatzpräparate nicht für medizinische Zwecke, hauptsächlich bestehend aus natürlichen Kräutern."

eingetragen worden.

Dagegen hat unter anderem die Inhaberin der für die Waren

"Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Hypnotika/Sedativa, Psychopharmaka, Spasmolytika, Analgetika;"

geschützten Marke Nr 2 106 538 Tanpo Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch aus der Marke 2 106 538 in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - zurückgewiesen.

Die Vergleichsmarken hielten den bei identischen Waren und einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu fordernden deutlichen Abstand ein. Die relativ kurzen Wörter unterschieden sich durch den ohnehin stark beachteten Wortbeginn ausreichend deutlich, wobei es sich in beiden Fällen um einen, jeweils anderen, klangstarken Konsonanten und Sprenglaut handele. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr könne aufgrund der typischen Umrißcharakteristik von "K-M" gegenüber "T-N" ebenfalls ausgeschlossen werden.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt und beantragt nunmehr (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Zur Begründung führt sie aus, aufgrund der überwiegenden Anzahl von Gemeinsamkeiten und der geringen Abweichung zwischen den Zeichen entstehe ein sehr ähnlicher Gesamteindruck. Beide Marken bestünden aus fünf Buchstaben, seien zweisilbig, hätten einen identischen Sprech- und Betonungsrhythmus sowie die identische prägende Vokalfolge. Die Schlußsilbe präge aufgrund ihres starken Klanges, dagegen falle der minimale Unterschied zwischen den sehr ähnlichen Buchstaben "n" und "m" in der wenig beachteten Wortmitte wenig ins Gewicht, da "n" und "m" als stimmhafte Nasallaute leicht verwechselbar seien, insbesondere dann, wenn sie zwischen den in beiden Marken identischen Buchstaben "-a-" und "-p-" eingebettet seien. Bei den unterschiedlichen Konsonanten "T-K handele es sich um starke, stimmlose Verschlußlaute, die aufgrund ihrer harten Aussprache nicht so deutlich unterschieden werden könnten.

Die Widersprechende verweist hierzu auf Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, wonach Verwechslungsgefahr auch bei abweichenden Anfangsbuchstaben in Kurzwörtern angenommen wurde, da gerade Anfangssprenglaute rasch verklingen würden. Zu dem wirke sich der Bedeutungsgehalt von "KAMPO" nicht aus, da dieser den hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen nicht bekannt sei.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so daß die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr., vgl. GRUR 2004, 235, 236 - DAVIDOFF II; GRUR 2002, 1067, 1068 - DKV/OKV).

Bei seiner Entscheidung geht der Senat wie bereits die Markenstelle von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus.

Ausgehend von der Registerlage und der weitgefaßten Warenoberbegriffe der Waren der angegriffenen Marke können die Marken zur Kennzeichnung identischer ansonsten sehr ähnlicher Waren verwendet werden, welche sich uneingeschränkt an allgemeine Verkehrkreise richten, da eine Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen nicht festgeschrieben ist und auch in tatsächlicher Hinsicht keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung besteht. Dabei ist im Arzneimittelbereich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen (vgl. BGH MarkenR 2000, 140, 144 - ATTACHÉ/TISSERAND), der allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH, GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).

Auch bei Anwendung eines damit erforderlichen strengen Maßstabes ist ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand noch eingehalten. Der Gesamteindruck der Marken, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 152) ist nämlich so verschieden, daß selbst bei Kennzeichnung identischer Waren nicht mit rechtserheblichen Verwechslungen zu rechnen ist.

In klanglicher Hinsicht stimmen die Marken zwar in Silbenzahl, Buchstabenzahl, Sprech- und Betonungsrhythmus überein, haben jedoch durch die markanten Abweichungen in der stärker beachteten ersten Silbe einen ausreichend unterschiedlichen klanglichen Gesamteindruck.

Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, wird der Wortanfang der beiden Marken durch einen unterschiedlichen jeweils klangstarken Konsonanten und Sprenglaut gebildet. Im Gegensatz zur weiteren Abweichung "m" statt "n" in der ersten Silbe liegt dieser Unterschied am stärker beachteten Wortanfang eines relativ kurzen Wortes. Angesichts der Übereinstimmungen im zweiten Buchstaben "-a-" und der Endsilbe "-po" der zweisilbigen Markenworte handelt es sich zwar um einen Grenzfall, nach Auffassung des Senates reichen die Unterschiede im Anfangsbuchstaben und Endbuchstaben der ersten Silbe aber aus, um den Marken ein unterschiedlich klangliches Gepräge zu verleihen. Dabei unterscheiden sich die beiden Anfangssprenglaute "K" und "T" in ihrem Klang und in ihrer Lautbildung so stark, daß man nicht annehmen kann, daß ihr unterschiedlicher Eindruck rasch verklingen wird, zumal kurze Wörter besser und genauer in Erinnerung bleiben. Der von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidung (vgl. 30 W (pat) 23/96 TENA - PENA, PAVIS PROMA, Knoll) lag eine nicht vergleichbare Situation zugrunde, da zum einen dieser Widerspruchsmarke im Gegensatz zum vorliegenden Fall eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zugute kam, zum anderen die Sprenglaute "K" und "P" lautlich etws stärker differieren als die Sprenglaute "P" und "T", die dort auch der einzige Zeichenunterschied sind.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich der in Bezug auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren beschreibende Sinngehalt der Bezeichnung "KAMPO" zusätzlich kollisionsmindernd auswirkt. Im Gegensatz zu "Tanpo" handelt es sich bei der Bezeichnung "KAMPO" nicht um eine reine Phantasiezusammensetzung, sondern um den Hinweis auf den Begriff "Kampomedizin", der japanischen Variante der chinesischen Pflanzenmedizin, die im bereich der komplementären Medizin einen festen Stellenwert hat.

Trotz Übereinstimmung in der zweiten Worthälfte ist der mehr beachtete Wortanfang damit noch ausreichend deutlich abweichend.

In schriftbildlicher Hinsicht ergibt sich ebenfalls in den mehr beachteten unterschiedlichen Wortanfängen ein hinreichend unterschiedliches Schriftbild. Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild.

Andere Arten der Verwechslungsgefahr sind weder dargelegt noch ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 14.06.2004
Az: 30 W (pat) 73/03


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