Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. September 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 199/02

(BPatG: Beschluss v. 23.09.2003, Az.: 27 W (pat) 199/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juli 2002 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 399 39 854 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 396 34 978 teilweise für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" und aufgrund der Widersprüche aus den Marken 398 41 888 und 399 12 002 in vollem Umfang angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die farbige Eintragung (rot, gelb, orange, weiß, schwarz, dunkelblau, hellblau, türkis) der Wort-Bildmarke 399 39 854 Grafik der Marke 39939854.6 für die Waren und Dienstleistungen

"25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; 41: Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; 42: Verpflegung"

ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der Marke 396 34 978 K2 die neben Waren der Klassen 9, 12, 18, 22 und 28 eingetragen ist für

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Handschuhe";

2. aus der Marke 398 41 888 K2 SKATE COLLEGE ua eingetragen für die Waren und Dienstleistungen

"25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Schutzhandschuhe für Rollschuhläufer; Knie- und Ellenbogenschoner, Handgelenkschoner; 41: Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von Sportcamps; Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen";

3. aus der Marke 399 12 002 K2 PRO eingetragen für die Waren und Dienstleistungen

"25: Bekleidungsstücke; 41: Unterhaltung, nämlich Organisation und Durchführung von Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen vor Publikum, für Fernsehübertragungen und für Videoaufnahmen".

Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Widersprüche zurückgewiesen, weil der Abstand zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken trotz teilweiser Identität oder jedenfalls beachtlicher Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und Zugrundelegung einer infolge gesteigerter Verkehrsbekanntheit erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausreichend groß sei, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Von der Widerspruchsmarke 396 34 978 "K2" weiche die grafisch auffällig gestaltete angegriffene Marke in schriftbildlicher Hinsicht ohnehin deutlich ab. Es bestehe aber auch in klanglicher Hinsicht keine Ähnlichkeit, weil sich die zur mündlichen Benennung der angegriffenen Marke dienende Buchstaben-Zahlkombination "K 2 A" aufgrund ihres zusätzlichen Vokals "A" im Klangbild in nicht zu überhörender Weise von der kurzen Kombination "K2" der Widerspruchsmarke unterscheide. Von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil "K2" könne wegen der eine Einheit bildenden Anordnung zweier Buchstaben mit einer dazwischen befindlichen Zahl nicht ausgegangen werden, zumal die Einheitlichkeit durch die grafische Gestaltung optisch noch unterstrichen werde. Im Hinblick auf die Gleichwertigkeit und Einheitlichkeit der Elemente "K 2 A" scheide auch eine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke "K2" aufgrund gedanklicher Verbindung aus, denn der Verkehr habe keinen Anlass, aus der Gesamtkombination "K 2 A" den Bestandteil "K2" herauszulösen und anzunehmen, es handele sich bei "K 2 A" um ein weiteres Zeichen aus dem Unternehmen der Inhaberin der Widerspruchsmarke. Mit entsprechender Begründung hat die Markenstelle auch die Gefahr von Verwechslungen der angegriffenen Marke mit den Widerspruchsmarken 398 41 888 "K2 SKATE COLLEGE" und 399 12 002 "K2 PRO" verneint, deren Gesamteindruck wegen der erkennbar beschreibenden Zusätze "SKATE COLLEGE" und "PRO" jeweils durch den Bestandteil "K2" geprägt werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei der mit ihrem Firmennamen identischen Widerspruchsmarke "K2" um ein stark beworbenes und in zahlreichen weiteren Marken verwendetes Zeichen mit hoher Kennzeichnungskraft handele. Im Hinblick darauf könne nicht ausgeschlossen werden, dass die für identische oder jedenfalls ähnliche Waren und Dienstleistungen bestimmte angegriffene Marke "K 2 A" die Gefahr von Verwechslungen sowohl mit der Widerspruchsmarke "K2" als auch mit den durch den Bestandteil "K2" geprägten Widerspruchsmarken "K2 SKATE COL-LEGE" und "K2 PRO" begründe. Es treffe schon nicht zu, dass die angegriffene Marke vom Betrachter als Kombination der Buchstaben "K" und "A" mit der Ziffer "2" in der Mitte aufgefasst werde, denn es seien nur die Elemente "K" und "2" als solche deutlich erkennbar, während das darauf folgende grafische Element den Eindruck zweier ineinander gestellter Dreiecke erwecke. Aber auch dann, wenn die angegriffene Marke wie "K 2 A" wiedergegeben werde, sei jedenfalls die Gefahr klanglicher Verwechslungen zu befürchten, denn der unbetonte Laut "A" falle gegenüber dem akustisch markant hervortretenden Markenanfang "K 2" kaum ins Gewicht, so dass er bei undeutlicher Aussprache oder ungünstigen akustischen Übermittlungsbedingungen leicht unbemerkt bleiben könne. Im übrigen erwecke der Buchstabe "A" lediglich den Eindruck einer für die Kennzeichnung unbeachtlichen Durchnummerierung oder Serienangabe. Der Verkehr werde sich daher in erster Linie an der Kombination "K 2" orientieren.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke 399 39 854 aus dem Register zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat keine Anträge gestellt und sich auch im übrigen nicht geäußert.

In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende zur Bekanntheit der Marke "K2" ergänzend vorgetragen, dass sie für Inline-Skates in Deutschland über einen Marktanteil von 40% verfüge und auch für Ski Umsätze von jährlich mindestens ... Euro und für Skischuhe von ... Euro erziele.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken die Gefahr von Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Löschung der angegriffenen Marke ist daher nach § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG wegen des Widerspruchs aus den Marken 398 41 888 und 399 12 002 in vollem Umfang und wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 34 978 teilweise anzuordnen.

1. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Marken sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere der Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Dabei besteht zwischen diesen Faktoren eine Wechselbeziehung in der Weise, dass in dem Fall starker Ähnlichkeit oder gar Identität der Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen schon bei einer geringeren Ähnlichkeit der Marken gegeben sein kann. Das gilt erst recht, wenn die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erhöht ist (stRspr., EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 -EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 542, 543 - BIG).

2. Im vorliegenden Fall beansprucht die angegriffene Marke mit "Bekleidungsstükken, Schuhwaren Kopfbedeckungen" Schutz für Waren, die in den Waren/Dienstleistungsverzeichnissen sämtlicher Widerspruchsmarken identisch enthalten sind. Auch die Dienstleistungen "Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten" der angegriffenen Marke sind mit den in Klasse 41 geschützten Dienstleistungen der Widerspruchsmarken 398 41 888 und 399 12 002 überwiegend identisch; im übrigen besteht eine enge Ähnlichkeit. Was die weitere Dienstleistung "Verpflegung" der angegriffenen Marke betrifft, steht diese ebenfalls in einem relativ engen sachlichen Bezug zu den Dienstleistungen "sportliche und kulturelle Aktivitäten" der Widerspruchsmarke 398 41 888 und den Dienstleistungen "Unterhaltung, nämlich Organisation und Durchführung von Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen" der Widerspruchsmarke 399 12 002, denn bei sportlichen und kulturellen Ereignissen zu Unterhaltungszwecken werden Teilnehmer und Zuschauer bzw Gäste häufig zugleich mit Speisen und Getränken bewirtet. Die Verpflegung von Gästen hat sich zu einem wesentlichen Teil vieler sportlicher und kultureller Events entwickelt, so dass wegen der engen organisatorischen und wirtschaftlichen Verknüpfung zwischen der Verpflegung einerseits und der Veranstaltung und Organisation kultureller und sportlicher Ereignisse andererseits für die angesprochenen Verkehrskreise die Annahme nahe liegt, die Dienstleistungen würden unter der Verantwortlichkeit ein und desselben Unternehmens erbracht (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - Canon; BGH GRUR 2002, 544, 546 - BANK 24).

3. Die Widersprechende hat auch - unwidersprochen - vorgetragen, dass es sich bei der zugleich ihren Firmennamen bildenden Marke "K2" um ein bekanntes Kennzeichen handelt, das sie zugleich als Bestandteil einer Markenserie verwendet. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ferner dargelegt, dass ihr Marktanteil im Inline-Skate-Bereich bei 40% liegt und dass sie auch mit Skiern und Skischuhen auf dem deutschen Markt in erheblichem Umfang präsent ist, wie auch die Warenkataloge der großen Sporthäuser bestätigen, in denen sämtlich die Sportgeräte der Widersprechenden aufgeführt sind. Ferner veranstaltet die Widersprechende Kurse für Inline-Skater. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme einer zumindest im Bereich Inline-Skates und Ski deutlich über dem Durchschnitt liegenden Kennzeichnungskraft der Marke "K2", die auch auf entsprechende Sportbekleidung sowie in gewissem Umfang auf sportliche Events in Zusammenhang mit dem Inline-Skaten ausstrahlt.

4. In Anbetracht des erheblich verwechslungsfördernden Faktors der erhöhten Kennzeichnungskraft der Marke "K2" hält der Senat den Abstand, den die angegriffene Marke zu den Widerspruchsmarken hält, nicht mehr für ausreichend, um Verwechslungen auszuschließen, zumal die unbeschränkt beanspruchten "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" der angegriffenen Marke auch solche für den Sport umfassen können. Gleiches gilt für die Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die ebenfalls im Bereich des Sports erbracht werden oder, soweit es sich um kulturelle Aktivitäten handelt, jedenfalls mit Bezug zum Sport erbracht werden können.

a.) Es spricht schon einiges für die Ansicht der Widersprechenden, dass ein noch beachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs das aus zwei ineinander verschachtelten Dreiecken bestehende bildliche Element der angegriffenen Marke bei unbefangener Betrachtung nicht oder jedenfalls nicht mit Sicherheit als "A" erkennt und daher annimmt, nur die Kombination "K 2" vor sich zu haben. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass das Dreieck-Element auch farblich deutlich von der in einheitlichen Rottönen gehaltenen Kombination "K 2" abgesetzt ist.

b.) Im Ergebnis kann die Frage, ob der Verkehr der angegriffenen Marke nur die Buchstaben-Zahlkombination "K 2" entnimmt, aber dahingestellt bleiben, denn auch wenn er das zusätzliche Dreieck-Element als Buchstabe "A" erfasst, besteht jedenfalls die Gefahr, dass er die Marken wegen ihres übereinstimmenden Bestandteils "K 2" im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 Halbs 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung bringt. Die Gefahr von Verwechslungen aufgrund gedanklicher Verbindung ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, wenn der Verkehr die Unterschiede der Marken insgesamt zwar erkennt, sie aber aufgrund eines gleichen Bestandteils, der in beiden Marken mit eigenständig kennzeichnender Wirkung hervortritt, irrtümlich demselben Unternehmen zuordnet. Eine solche Zuordnung liegt besonders nahe, wenn der übereinstimmende Bestandteil das Firmenschlagwort des Inhabers der älteren Marke bildet und von diesem auch bereits als Stammbestandteil einer Markenserie verwendet wird (vgl BGH GRUR 2002, 542, 543 - BIG).

Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn bei "K2" handelt es sich nicht nur um die im Sportbereich über eine beachtliche Bekanntheit verfügende Firmenkennzeichnung der Widersprechenden, sondern auch um den Bestandteil einer Markenserie zur Kennzeichnung verschiedener Produktserien der Widersprechenden im Bereich der Sportgeräte und zugehöriger Sportbekleidung. Hierzu hat die Widersprechende vorgetragen, dass sie neben den Widerspruchsmarken "K2 SKATE COLLEGE" und "K2 PRO" ua Inhaberin der Marken 2 072 918 "K2 EXO-TECH", 396 54 842 "K2 THE SKATEMAKER" und 300 73 404 "K2 K2 Cruiser" ist. Unter diesen Umständen liegt für beachtliche Teile des Verkehrs der Gedanke nahe, auch die angegriffene Marke sei ein Zeichen der Widersprechenden, weil sie ebenfalls die Kombination "K 2" enthält und zwar als eine gegenüber dem "A" optisch eigenständig hervortretende Einheit. Der Buchstabe "A" wirkt demgegenüber nur als Zusatz, der auf einen bestimmten Produkttyp oder eine Produktserie hinweist, die unter dem Stamm- und Unternehmenskennzeichen "K2" vertrieben wird. Die Gefahr von Verwechslungen wird auch nicht durch die besondere grafische Gestaltung der angegriffenen Marke ausgeschlossen, denn die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren anhand von Prospekten belegt, dass sie die Kombination "K2" in mehreren grafischen Abwandlungen hinsichtlich Schrift- und Hintergrundgestaltung verwendet. Die angesprochenen Abnehmerkreise werden durch die Grafik der angegriffenen Marke daher nicht von der Vorstellung weggeführt, es handele sich um eine weitere Darstellungsform der bekannten Sportmarke "K2" mit dem Zusatz "A" für einen bestimmten Produkttyp oder eine neue Produktserie.

III.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Beteiligten aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Schermer Eder Richter Schwarzkann wegen Ur-

laubs nicht unter-

schreiben.

Dr. Schermer Pü






BPatG:
Beschluss v. 23.09.2003
Az: 27 W (pat) 199/02


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