Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 31. Oktober 2001
Aktenzeichen: 18 W 17/01

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 31.10.2001, Az.: 18 W 17/01)

Tenor

Im Rechtsstreit...

wird auf die sofortige Beschwerde der Beklagten der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Gießen vom 26.10.2000 abgeändert.

Der Kläger hat 2.705,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.09.2000 an die Beklagte zu erstatten.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

Beschwerdewert: 1.545,70 DM

Wert des zurückgewiesenen Beschwerdeteils: 213,20 DM

Gründe

1.

Die von der Beklagten geltend gemachte Erörterungsgebühr ist entstanden, weil im Verhandlungstermin vom 15.09.2000 eine Sacherörterung stattfand, bevor die Rücknahme der Berufung erklärt wurde (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO).

1.1

Dem Protokoll (Band II, Bl. 283 d.A.) zufolge wurde zwar die Berufung "vor einer Erörterung der Sache" zurückgenommen. Diese Feststellung hat jedoch keine Bindungswirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren, denn in ihm ist eigenständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für das Entstehen einer Erörterungsgebühr erfüllt sind, und somit auch, ob eine Sacherörterung stattgefunden hat.

1.2

Laut Protokoll wies der damals erkennende Senat zunächst "den Vertreter des Klägers darauf hin, daß die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht", woraufhin dann die Rücknahme der Berufung erklärt wurde.

Es ist als selbstverständlich anzunehmen, daß sich der "Hinweis" des Berufungsgerichts auf den Mangel der Erfolgsaussicht nicht in dem bloßen Satz, die Berufung "verspreche" "keine Aussicht auf Erfolg", erschöpfte, sondern mit einer Darstellung der Erwägungen verbunden war, aus denen sich nach Auffassung des Berufungsgerichts der Mangel der Erfolgsaussicht ergab. Andernfalls wäre nicht verständlich, warum der Vertreter des Klägers anschließend sogleich die Berufung zurücknahm. Dies kann er vernünftigerweise nur getan haben, weil er offensichtlich durch nähere Ausführungen des Berufungsgerichts zum Mangel der Erfolgsaussicht zur Überzeugung gekommen war, die Berufung werde keinen Erfolg haben.

1.3

Daß das Berufungsgericht damals seine Auffassung vom Mangel der Erfolgsaussicht mittels Erläuterung näher begründete, ergibt sich auch aus dem von der Beklagten in der Beschwerdeschrift vom 14.12.2000 (S. 2 = Band II, Bl. 300) insoweit vorgetragenen Sachverhalt, den der Kläger nicht bestritten hat. Danach erläuterte das Berufungsgericht "über zwanzig Minuten ... im einzelnen ..., warum, wieso und weshalb es die Berufung für unbegründet" hielt.

1.4

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 18.12.1991 - 18 W 2/91) ist deshalb der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Mangel der Erfolgsaussicht als Sacherörterung anzusehen, die für den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten eine Erörterungsgebühr entstehen ließ. Es ist davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte während des Hinweises die Ausführungen des Gerichts pflichtgemäß gedanklich überprüfte, um sich ergänzend zu äußern, falls ihm dies erforderlich erschienen wäre. Diese Annahme steht ebenfalls in Einklang mit dem von der Beklagten vorgetragenen und vom Kläger auch insoweit nicht bestrittenen Sachverhalt. Dem Vorbringen der Beklagten (a.a.O.) zufolge mußte ihr Prozeßbevollmächtigter "die Ausführungen des Gerichts prüfen und verarbeiten, ohne daß es einer gesonderten Stellungnahme nach außen" bedurfte.

1.5

Der zugunsten der Beklagten festgesetzte Kostenbetrag von 1.372,50 DM erhöht sich mithin um 1.332,50 DM, den Betrag der Erörterungsgebühr, auf 2.705,-- DM.

2.

Soweit die Beklagte mit der Beschwerde auch den Umsatzsteuerbetrag, der auf die Erörterungsgebühr entfällt, geltend macht, ist der Kostenfestsetzungsbeschluß nicht zu beanstanden. Der Umsatzsteuerbetrag war nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsantrags vom 18.09.2000 (Band II, Bl. 285).

Der Beklagten steht es frei, den Umsatzsteuerbetrag mittels Antrags auf Nachfestsetzung erneut geltend zu machen. Allerdings steht dieser gegenwärtig der Umstand entgegen, daß im vorgenannten Kostenfestsetzungsantrag bei der vorgedruckten Frage, ob der "Antragsteller ... vorsteuerabzugsberechtigt" ist, die "Ja"-Spalte angekreuzt ist (§ 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

3.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Beschwerdewert (1.545,70 DM) ist der Gesamtbetrag der Erörterungsgebühr (1.332,50 DM) und der auf sie entfallenden Umsatzsteuer (213,20 DM).






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 31.10.2001
Az: 18 W 17/01


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