Landgericht Hamburg:
Urteil vom 10. Dezember 2010
Aktenzeichen: 406 O 50/10

(LG Hamburg: Urteil v. 10.12.2010, Az.: 406 O 50/10)

Tenor

I. Den Beklagten zu 1) bis 6) wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden. Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verboten,

1. Software gegenüber Verbrauchern gegen Zahlung einer Registrierungsgebühr zum Download anzubieten und/oder zu bewerben, sofern dabei

a) vor Vertragsschluss nicht deutlich und in gut wahrnehmbarer Weise auf die Zahlungspflicht hingewiesen wird,

und/oder

b) vor Vertragsschluss nicht deutlich und in gut wahrnehmbarer Weise auf die Mindestvertragsdauer von 2 Jahren hingewiesen wird,

jeweils dergestalt, dass die für den Verbraucher relevanten Informationen gemäß Ziffer 1 a) und Ziffer 1 b) jeweils lediglich in einer Schriftgröße und Gestaltung dargestellt sind, die im Verhältnis zur übrigen Gestaltung der Informationen des gesamten Internetangebots nicht ausreichend deutlich als vertragserhebliche Information hervorgehoben ist, sondern als untergeordnete Information wahrgenommen wird, gemäß den folgenden Gestaltungsformen:

hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 3):

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hinsichtlich der Beklagten zu 2) bis 6):

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2. Downloads von Software unter den Bezeichnungen "FIREFOX" und/oder "THUNDERBIRD" ohne Zustimmung der Klägerin zu 1) gegen Zahlung einer Registrierungsgebühr anzubieten und/oder zu bewerben,

insbesondere, sofern es sich dabei um Angebote zum Download von Software wie im Folgenden abgebildet handelt:

hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 3):

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hinsichtlich der Beklagten zu 2) bis 6):

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II. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägerinnen unter Vorlage gut lesbarer Belege über Registrierungen, Auftragsbestätigungen und Rechnungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die von ihnen vorgenommenen Handlungen gemäß des Klageantrags zu I. und insbesondere über:

1. die URLs sämtlicher Internetseiten, die ausweislich ihres Impressums von der Beklagten zu 1) und/oder der Beklagten zu 2) betrieben werden und/oder auf einen der Beklagten registriert sind, und über die die Beklagten rechtsverletzende Angebote gemäß des Verbotes. zu I. veröffentlichen oder veröffentlicht haben;

2. den jeweiligen Zeitraum des Betriebs der Internetseiten ..., ..., ..., ... und ... sowie sämtlicher weiterer Internetseiten nach Ziffer II.1;

2. die Anzahl der erfolgten Registrierungen auf den in Ziffer II.1 genannten Internetseiten und die Anzahl der registrierten Nutzer, die die Registrierungsgebühr tatsächlich gezahlt haben;

3. die Anzahl der über die in Ziffer II.1 genannten Internetseiten erfolgten Downloads der Software-Programme "Mozilla Firefox" und "Mozilla Thunderbird";

4. die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, insbesondere die Benutzung der Bezeichnungen "MOZILLA", "FIREFOX" und/oder "THUNDERBIRD" als Adwords, Keywords und/oder Metatags, unter Angabe der Benutzungszeiträume, der konkreten Benutzungsform sowie der Suchmaschinen, bei denen jeweils mittels der genannten Adwords und/oder Keywords Werbung betrieben wurde;

5. die URLs sämtlicher auf Dritte registrierten Internetseiten, über die die Beklagten, insbesondere im Rahmen ihres Partnerprogramms, Software unter den Bezeichnungen "FIREFOX" und/oder "THUNDERBIRD" zum Download anbieten und/oder angeboten haben, unter Angabe der Zeiträume, während derer die genannte Software auf den jeweiligen Internetseiten angeboten wird und/oder angeboten wurde;

wobei sich die vorgenannten Verpflichtungen hinsichtlich derjenigen Internetseiten, die laut Impressum von der Beklagten zu 1) betrieben werden, auf die Beklagten zu 1) und 3) beziehen und hinsichtlich derjenigen Internetseiten, die laut Impressum von der Beklagten zu 2) betrieben werden, auf die Beklagten zu 2) bis 6) beziehen.

III. ...

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägerinnen sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagten Handlungen entsprechend der Ziffer I. vorgenommen haben, wobei die Beklagten zu 1) und zu 3) als Gesamtschuldner für den Schaden aus Handlungen im Zusammenhang mit denjenigen Internetseiten haften, die laut Impressum von der Beklagten zu 1) betrieben werden oder wurden, und die Beklagten zu 2) bis 6) als Gesamtschuldner für den Schaden aus Handlungen im Zusammenhang mit denjenigen Internetseiten haften, die laut Impressum von der Beklagten zu 2) betrieben werden oder wurden.

V) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen,

VI) Die Beklagten haben die Kosten des Rechtstreites wie Gesamtschuldner zu tragen.

VII) Das Urteil ist zu I) und II) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 350.000,00 € vorläufig vollstreckbar, zu VI) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) ist eine gemeinnützige Stiftung nach US-amerikanischem Recht mit Sitz in Californien. Die Klägerin zu 2) ist eine 100 %ige Tochter der Klägerin zu 1) und für die Vermarktung von Software zuständig, die die Klägerinnen entwickeln. Zu der von Klägerseite entwickelten bzw. vermarkteten Software gehört insbesondere der Internet-Browser Firefox und das E-Mail-Programm Thunderbird. Die Klägerinnen stellen ihre Software privaten Nutzern kostenlos zur Verfügung und gestatten deren Weiterverbreitung durch die Nutzer nur mit der Maßgabe, dass auch die Weiterverbreitung jeweils kostenlos erfolgt. Die Kosten für die Entwicklung und Vermarktung der Software werden über eine Kooperation mit der Suchmaschine "Google" finanziert.

Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin verschiedener Markenrechte an den Bezeichnungen Mozilla, Firefox und Thunderbird (Anlagenkonvolut K 10).

Die Beklagten befassen sich ebenfalls mit der Verbreitung von Software und bieten dabei über verschiedene Internetseiten in der aus der Entscheidungsformel zu I. ersichtlichen Art und Weise Internetnutzern die Möglichkeit zum Download auch von Mozilla-Software "Firefox" und "Thunderbird" bzw. verweisen auf Downloadmöglichkeiten hinsichtlich dieser Software. In diesem Zusammenhang fordern die Beklagten von ihren Nutzern ein Entgelt.

Dies beanstanden die Klägerinnen als wettbewerbswidrig, weil die Hinweise auf die Entgeltpflicht nach Auffassung der Klägerinnen von Beklagtenseite bewusst nicht hinreichend deutlich gehalten seien, sodass sie dem eine unentgeltliche Nutzung der streitgegenständlichen Software der Klägerseite erwartenden Nutzer leicht entgehen könnten.

Außerdem verletze die von Beklagtenseite praktizierte entgeltliche Weiterverbreitung der Software der Klägerinnen deren Markenrechte, da sie den Lizenzbedingungen einer ausschließlich kostenfreien Weitergabe widerspreche.

Zu III. stellen die Klägerinnen folgenden Antrag:

Die Klägerinnen werden befugt, im Falle des Obsiegens das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekanntzumachen, wobei Art und Umfang der Bekanntmachung durch das Gericht bestimmt werden mögen.

Die Beklagten beantragen

Klagabweisung.

Die Beklagten machen u.a. geltend, die Hinweise auf die für die Nutzung ihrer Internetangebote anfallenden Kosten seien hinreichend deutlich. Ein Entgelt werde dabei nicht für die von Klägerseite verbreitete Software, sondern für die Dienstleistungen der Beklagten verlangt. Von diesen sei die von Klägerseite verbreitete Software zu unterscheiden, die von Beklagtenseitegerade nicht weiterverbreitet würde. Die Beklagten würden insoweit lediglich im Rahmen ihrer Internetplattform auf die diesbezüglich anderweitig bestehenden Möglichkeiten zum Download durch entsprechende Links hinweisen.

Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend begründet.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist auch der Klagantrag zu I. 1. hinreichend bestimmt, da sich das beantragte Verbot auf Handlungen "gemäß den folgenden Gestaltungsformen", also auf die nachfolgend in den Antrag aufgenommenen sogenannten konkreten Verletzungsformen beschränkt und damit hinreichend bestimmt ist.

Zu I. 1. ergibt sich der der Klägerseite zustehende Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5, 8 UWG.

Die Klägerinnen sind als Mitbewerber beim Vertrieb von Software berechtigt, diese Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Wie in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien angesprochen, verfolgen auch die Klägerinnen beim Vertrieb ihrer Software Firefox und Thunderbird kommerzielle Interessen, da sie deren Entwicklung und Verbreitung über eine Kooperation mit der Suchmaschine "Google" finanzieren. Die Befugnis zur Geltendmachung der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche hängt dabei nicht von einer Gewinnerzielungsabsicht ab, wie die Klägerinnen zutreffend ausgeführt haben.

Die streitgegenständlichen Internetauftritte der Beklagtenseite sind geeignet, den Nutzer über den Preis der angebotenen Leistungen irrezuführen.

Dabei handelt es sich nach dem objektiven Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Internetpräsenz aufgrund der hervorgehobenen Erwähnung der Software der Klägerseite und der diesbezüglichen Downloadmöglichkeiten um ein Angebot zum Download dieser Software, unabhängig von der von Beklagtenseite angesprochenen Frage, ob dies mit einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung verbunden ist. Der Verbraucher kann die streitgegenständlichen Internetauftritte entsprechend ihrem Wortlaut nur dahin verstehen, dass ihm hier die Möglichkeit angeboten wird, nach einer Anmeldung die Software der Klägerseite herunterzuladen.

Die Hinweise auf die Entgeltpflicht der streitgegenständlichen Angebote wird ein situationsadäquataufmerksamer, durchschnittlich informierter Verbraucher dabei vielfach übersehen, weil er die Software der Klägerin und hier insbesondere Mozilla-Firefox wie selbstverständlich mit der von Klägerseite praktizierten kostenlosen Möglichkeit des Herunterladens verbindet und somit keinerlei Anlass hat, auf abseits der Anmeldemaske stehende Hinweise auf eine Entgeltpflicht zu achten.

Jedenfalls vor diesem Hintergrund sind die Hinweise auf das von Beklagtenseite geforderte Entgelt in dem streitgegenständlichen Internetauftritten nicht deutlich genug, um eine Irreführung des situationsadäquataufmerksamen, durchschnittlich informierten Verbrauchers auszuschließen.

Die zu I. 2. streitgegenständlichen Angebote von Software unter den Bezeichnungen "Firefox sowie "Thunderbird" gegen Entgelt verletzen darüber hinaus die Markenrechte der Klägerin zu 1), zu deren Geltendmachung kraft Ermächtigung auch die Klägerin zu 2) befugt ist. Den Klägerinnen steht daher ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagten zu.

Die Benutzung der streitgegenständlichen Bezeichnungen durch die Beklagten erfolgt kennzeichenmäßig, nämlich zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft der in Rede stehenden Softwareprogramme der Klägerinnen.

Die Klägerinnen haben der Nutzung durch die Beklagten nicht zugestimmt. Eine den Beklagten individuell erteilte Zustimmung zur Nutzung der streitigen Kennzeichen scheidet von vornherein aus. Aber auch aus den Lizenzbedingungen, unter denen die Klägerinnen die Weiterverbreitung ihrer Software gestatten, ergibt sich keine Zustimmung zu der hier streitgegenständlichen Kennzeichennutzung. Denn die von Klägerseite erteilte Zustimmung zur Weiterverbreitung der Software ist an die Bedingung geknüpft, dass dies unentgeltlich erfolgt. Eine weitergehende Zustimmung zur Nutzung von Kennzeichenrechten auch im Zusammenhang mit entgeltlich angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Download der streitgegenständlichen Computerprogramme lässt sich den Lizenzbedingungen daher nicht entnehmen. Für Downloads von Software unter den Bezeichnungen "Firefox" bzw. "Thunderbird" gegen Zahlung einer Registrierungsgebühr hat die Klägerseite daher einer Nutzung der zu ihren Gunsten geschützten Bezeichnungen "Firefox" und "Thunderbird" nicht zugestimmt (vgl. Ziff. 2.1, 3.1 der aus Anlage K 9 ersichtlichen Lizenzbedingungen).

Der zu 11. geltend gemachte Auskunftsanspruch folgt aus §§ 249, 242 BGB sowie § 19 MarkenG. Der Anspruch umfasst auch die Vorlage von Belegen (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 19 Rn. 60 m.w.N.).

Die Beklagten sind den Klägerinnen gemäß § 14 Abs.6 MarkenG, 9 UWG zum Schadensersatz verpflichtet. Da die Klägerinnen vor einer Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen noch nicht in der Lage sind, die Höhe des ihnen entstandenen Schadens zu beziffern, ist insoweit nach § 256 ZPO die Feststellungsklage zulässig. Denn es ist durchaus wahrscheinlich, dass den Klägerinnen durch die hier streitgegenständlichen Handlungen Schaden entstanden ist. Die hier in Rede stehenden "Kostenfallen" erschweren die ungestörte Verbreitung der Software der Klägerinnen und sind daher durchaus geeignet, deren wirtschaftlichen Interessen zu schaden.

Nicht begründet ist hingegen der Antrag auf Urteilsbekanntmachung. Die Befugnis der Klägerinnen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekanntmachen zu lassen, steht nach §§ 19c MarkenG, 12 Abs. 3 UWG im Ermessen des Gerichts und setzt ein berechtigtes Interesse der Klägerseite an der Veröffentlichung des Urteils voraus. Ein berechtigtes Interesse besteht u.a. dann nicht, wenn der Anspruchsteller anderweitig, etwa durch einen Widerruf, eine Gegendarstellung oder eine sonstige Berichterstattung in den Medien, bereits Klarstellung erlangt hat (Fezer, § 19c MarkenG Rn. 10 m.w.N.). So liegen die Dinge hier. Die Praktiken der Beklagten und anderer Betreiber von "Kostenfallen" sind bereits Gegenstand umfangreicher aufklärender Berichterstattung in den Medien gewesen. Zahlreiche, über die Eingabe der Namen der Beklagten in eine Suchmaschine unschwer auffindbare Veröffentlichungen im Internet warnen vor den Beklagten und die von diesen betriebene "Abzocke". In dieser Situation ist eine Veröffentlichung des vorliegenden Urteils nicht erforderlich und könnte darüber hinaus für den juristischen Laien Anlass zu Missverständnissen geben, nämlich dass nur die in der Entscheidungsformel abgebildeten "Abo-Fallen" illegal seien. Die Kammer hat daher nach pflichtgemäßem Ermessen davon abgesehen, eine Befugnis der Klägerinnen zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten auszusprechen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4, 709 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 10.12.2010
Az: 406 O 50/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6099b0a59ecb/LG-Hamburg_Urteil_vom_10-Dezember-2010_Az_406-O-50-10




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