Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 8. März 2002
Aktenzeichen: 6 U 210/01

(OLG Köln: Urteil v. 08.03.2002, Az.: 6 U 210/01)

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 15. November 2001 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 89/01 - geändert. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 02. August 2001 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreites hat der Antragsteller zu tragen. Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Sie führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils, weil dem nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugten antragstellenden Verein der in der einstweiligen Verfügung titulierte, gegen die werbliche Ankündigung der "Gratisabgabe" eines Sessels - wie sie in der streitbefangenen Werbung vom 26.07.2001 vorgenommen wurde - gerichtete Unterlassungsanspruch unter keinem der geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte zusteht.

Die Gratisabgabe des Sessels stellt sich weder als eine unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nach Maßgabe des § 1 UWG unlautere Wertreklame dar noch liegt eine wettbewerblich relevante Irreführung im Sinne von § 3 UWG vor.

I.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der in Aussicht gestellten unentgeltlichen Abgabe des Sessels um eine Form der Wertreklame handelt. Der Begriff der Wertreklame umfasst die Werbung mit dem Wert einer Ware, die dem Kunden im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Geschäfts über eine andere Ware verbilligt oder schenkweise überlassen wird. Der Werbende sucht den Umworbenen nicht oder jedenfalls nicht allein durch die Güte und Preiswürdigkeit seiner Ware zu gewinnen, sondern vor allem durch das Gewähren einer besonderen geldwerten Vergünstigung. In diesem Sinne hat die Antragsgegnerin in der angegriffenen Werbung die angebotene Garnitur bestehend aus einem Zwei- und einem Dreisitzer-Sofa damit beworben, dass bei ihrem Erwerb ein dazu passender Sessel gratis zugegeben werde. Mit dem Leitbild des sog. Leistungswettbewerbs, mit welchem der Gewerbetreibende seine wettbewerbliche Position in erster Linie durch die Qualität und die Preiswürdigkeit seines Angebots und nicht etwa durch nicht damit in Zusammenhang stehende Lockmittel erreichen soll, ist diese Werbeform zwar nur eingeschränkt zu vereinbaren, die den umworbenen Verkehr dazu verleiten kann, seinen Kaufentschluss statt nach der Preiswürdigkeit und Qualität des beworbenen Angebots als solchem nach in dem dargestellten Sinn "leistungsfremden" Zuwendungen zu treffen. Indessen begründet nicht jede Abweichung vom Leitbild des Leistungswettbewerbs die Wettbewerbswidrigkeit einer Werbeform. Die Wertreklame verstößt daher nicht schlechthin und grundsätzlich gegen § 1 UWG, jedoch sind an ihre Zulässigkeit strengere Anforderungen zu stellen als an die Mittel der üblichen Aufmerksamkeitswerbung durch Wort und Bild. Entscheidender Prüfungsmaßstab ist dabei, ob die in Aussicht gestellte Vergünstigung ihrer Art, ihrer Höhe oder den Umständen ihrer Gewährung nach so beschaffen ist, dass die Gefahr besteht, dass der angesprochene Verkehr allein oder maßgeblich mit Blick auf eben diesen Vorteil in seiner wirtschaftlichen Entschließung für das "eigentliche" Angebot des Werbenden und damit von sachfremden Erwägungen geleitet "eingefangen" wird, weil sein Entschluss vor allem von der Erwägung getragen ist, in den Genuss der Vergünstigung zu gelangen. Ist letzteres unter Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls zu bejahen, spricht dies für die Wettbewerbswidrigkeit der betroffenen Wertreklame. Verstellt die Vergünstigung jedoch den Blick auf das Angebot des Werbenden nicht, sondern schafft sie einen auf dieses aufmerksam machenden oder hinlenkenden Anreizeffekt, so dass es um die Herausstellung der Vorteilhaftigkeit des Angebots selbst geht, bewegt die Wertreklame sich sachlich in den Grenzen einer auf das eigene Angebot des Werbenden hinweisenden Aufmerksamkeitswerbung und ist sie wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH GRUR 1999, 755/756 -"Altkleider-Wertgutschiene"; ders. GRUR 1994, 639/640 -Pinguin-Apotheke"-; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 1 UWG Rdn. 85 f; Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, § 1 UWG Rdn. 192 f, 193 a - jeweils mit weiteren Nachweisen). So liegt der Fall hier.

Entgegen der in dem angefochtenen Urteil zum Ausdruck gebrachten Wertung überschreitet die streitbefangene Werbung die Grenzen einer zulässigen Aufmerksamkeitswerbung nicht. Sie ist weder unter dem Aspekt des übertriebnen Anlockens noch aus anderen Gesichtspunkten als unvereinbar mit dem an Güte und Preiswürdigkeit orientierten Leitbild des Leistungswettbewerbes einzuordnen.

Dies ergibt sich aus einer Würdigung der gesamten Umstände unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung, wie sie im ersatzlosen Wegfall der ZugabeVO und des Rabattgesetzes zum Ausdruck kommt. Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Wertreklame mit wettbewerbsrechtlichen Lauterkeitsgrundsätzen ist zu berücksichtigen, dass Umstände, die bisher zur Unzulässigkeit nach den Regelungen des Zugabe- und Rabattrechts führten, im Rahmen der Unlauterkeitsprüfung von § 1 UWG für sich allein die Wettbewerbswidrigkeit nicht zu begründen vermögen. Denn der Gesetzgeber hat eine Wertentscheidung dahingehend getroffen, dass unentgeltliche Zuwendungen in der Form von Zugaben oder Rabatten, die bisher nach den Bestimmungen der mit Wirkung zum 01.07.01 ersatzlos aufgehobenen ZugabeVO und des ebenfalls zum 01.07.01 ersatzlos aufgehobenen RabattG verboten waren, nunmehr als eine Ausdrucksform zulässigen wettbewerblichen Verhaltens akzeptiert sein sollen. Im Hinblick auf materielle Parallelitäten der Bewertungsmaßstäbe ist dafür Sorge zu tragen, dass die mit der Abschaffung der ZugabeVO und des RabattG zum Ausdruck gebrachte gesetzgeberische Wertung im Rahmen von § 1 UWG bei der Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit einer Wertreklame angemessene Berücksichtigung findet, um die vom Gesetzgeber geschaffene Rechtslage nicht auszuhöhlen. Auch wenn die wettbewerbliche Bewertung von Wertreklamen nach § 1 UWG einerseits und nach der ZugabeVO / dem RabattG andererseits jeweils nach eigenständigen Kriterien vorzunehmen war, gab es gewisse Parallelitäten in den Bewertungsmaßstäben. So war es auch Zweck der ZugabeVO, den Gefahren einer unsachlichen Beeinflussung der Kaufentscheidung durch Zugaben zu begegnen (vgl. Köhler/Piper, aa.O. § 1 ZugabeVO Rdn. 2). Für das Rabattgesetz galt, dass es u.a. die Verlockung des Kunden durch wirtschaftlich nicht vertretbare/übersteigerte Preisnachlässe vermeiden wollte, da diese ebenfalls einen starken Anlockeffekt auszuüben vermögen, der die wirtschaftliche Entscheidung für das Angebot beeinflussen kann.

1.

Die Tatsache allein, dass von der Ankündigung der Gratisabgabe eine erhebliche Anreizwirkung zum Erwerb der Polstergarnitur ausgeht, kann unter Berücksichtigung des mit der Aufhebung der ZugabeVO/des RabattG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens daher nicht genügen, um eine unlautere Wertreklame anzunehmen. Eine mit den Maßstäben des § 1 UWG unvereinbare "übertriebene" Anlockwirkung wäre vielmehr nur dann zu bejahen, wenn das Angebot der Gratis-Abgabe des Sessels den Blick auf das umworbene "eigentliche" Angebot verstellte und nicht lediglich auf dieses aufmerksam machte (vgl. BGH GRUR 1999, 755/756 - "Altkleider-Wertgutscheine"; ders. GRUR 1994, 639/640 - "Pinguin-Apotheke"). So ist die Situation hier jedoch nicht. Der Wert des Sessels als Gratisleistung überstrahlt das eigentliche, entgeltliche Angebot nicht in einem solchen Maße, dass die Gratisleistung aus der Sicht des Verkehrs die eigentliche Hauptleistung darstellt, sondern die Gratisleistung nimmt aus Sicht des Verkehrs eine die Hauptleistung ergänzende Funktion ein. In der gegebenen Sachverhaltskonstellation ist die einer Wertreklame grundsätzlich innewohnende Gefahr, dass der angesprochene Verbraucher sich gerade wegen der angekündigten Gratisleistung von der Prüfung der Qualität und Preiswürdigkeit des "eigentlichen" Angebotes und von einem Preisvergleich zu anderen Anbietern ablenken läßt, äußerst gering. Der sich an dem Einkaufspreis orientierende Wert des Sessels ist im Bereich zwischen EUR 215,00 und EUR 289,00 anzusiedeln. Hierin liegt keine derartige Wertrelation zu dem für die beiden Sofas zu entrichtenden Kaufpreis von DM 2.998,00, dass der Verbraucher, nur um in den Genuß des angekündigten Gratis-Sessels zu kommen, die beworbene Polstergarnitur kauft. Der aus der nämlichen Kollektion wie die Zwei- und Dreisitzersofas stammende Gratis-Sessel ist für den Verbraucher nur dann von Interesse, wenn ihm die zum Gesamtpreis von DM 2.998,00 angebotene, beworbene Polstermöbelgarnitur in ihrer Art und in der Preisgestaltung zusagt. Der potentielle Käufer wird sich daher zum Kauf der Sofagarnitur, die ein langlebiges und hochwertiges Gut darstellt, auch in Anbetracht des angekündigten "Geschenkes" erst nach reiflicher Überlegung und Prüfung des Preis-Leistungsverhältnisses des eigentlich beworbenen Angebotes der Antragsgegnerin entscheiden. Um dies beurteilen zu können, wird der Verbraucher sich jedoch sowohl mit der Güte und der Preiswürdigkeit des Gesamtangebotes der Antragsgegnerin als auch in aller Regel mit konkurrierenden Angeboten der Mitbewerber befassen. Hinzu kommt, dass es sich bei den vorliegend betroffenen Möbelstücken um Markenware handelt, die von einem bekannten Hersteller stammt und durch zahlreiche konkurrierende Möbelhersteller bezogen werden kann. Dies spricht umso mehr dafür, dass der Verbraucher seine Kaufentscheidung nicht ohne Information über die beworbene Ware bei den konkurrierenden Möbelhäusern hinsichtlich der geforderten und ohne weiteres feststellbaren Preise trifft.

Bei dem Angebot der Antragsgegnerin, eine Polstermöbelgarnitur zu einem Gesamtpreis zu verkaufen, der um den Wert des Sessels reduziert ist, handelt es sich nach alledem um ein Gesamtangebot, dessen Anreizwirkung darin liegt, dass der Gesamtpreis wegen der kostenlosen Abgabe eines Bestandteils besonders günstig ist. Bei Vorliegen eines Gesamtangebotes stellt sich die Ankündigung der Kostenlosigkeit eines Teils der zu erbringenden Gesamtleistung wegen der Funktionseinheit nicht als unsachliches Mittel, sondern als legitimer Hinweis auf den günstigen Preis des gesamten Angebotes und damit - wie dies typisches Kennzeichen einer Aufmerksamkeitswerbung ist - als Hinweis auf die Leistungsfähigkeit des Werbenden dar (BGH GRUR 1999, S. 264/266 - "Handy für 0,00 DM"; ders. WRP 1998, S. 388/390 - "Skibindungsmontage"). Im vorliegenden Fall erkennt der Verbraucher, dass der beworbene Preis sich auf eine Sachgesamtheit, bestehend aus einem drei - und zweisitzigen Sofa sowie dem dazugehörigen Sessel, bezieht, dass also das beworbene Angebot darin liegt, die gesamte Polstergarnitur zu einem besonders günstigen Gesamtpreis zu überlassen, dessen Höhe um den "Wert" des Sessels herabgesetzt bzw. "rabattiert" ist. Der Kaufentschluss des Verbrauchers richtet sich - unabhängig von der Berechnung der einzelnen Polstermöbel - nicht auf getrennte Gegenstände, sondern auf die Summe der Möbel, die er als Einheit erwerben möchte. Die Werbung wendet sich gerade an den Verkehr, der am Erwerb einer einheitlich ausgestatteten Polstermöbelgarnitur eines einheitlichen Designs interessiert ist. Denn nach den Abbildungen in der Anzeige sind nicht nur die beiden 3-Sitzer- und 2-Sitzer-Sofas, sondern auch der abgebildete Sessel aus der nämlichen Modellreihe und in der nämlichen Aufmachung gehalten, was suggeriert, dass zu einer sog. "3-2-1-Kombination" zusammengestellte, von der Modellreihe her und in der konkreten Ausstattung zusammengehörende Polstermöbel abgegeben werden. Es handelt sich daher bei den zueinander passenden Polstermöbeln um eine Funktionseinheit, da der Gratis-Sessel das aus dem Zwei- und dem Dreisitzer bestehende Hauptangebot ergänzt.

Vor dem dargestellten Hintergrund kann es offen bleiben, ob Polstermöbel-Sitzgarnituren regelmäßig in Form einer "3-2-1"-Garnitur zu einem Gesamtpreis verkauft werden, oder ob - wie dies der Antragsteller behauptet - der Verkehr daran gewöhnt ist, dass regelmäßig lediglich ein drei- und ein zweisitziges Sofa zusammen angeboten werden und für dazugehörige Sessel ein gesonderter Preis ausgewiesen wird. Unabhängig davon, dass sich der Preis aufgrund der vorstehend aufgezeigten Umstände jedenfalls in der konkret zu beurteilenden Werbanzeige gerade auf eine aus zwei Sofas nebst dem dazugehörigen Sessel gebildete Sachgesamtheit bezieht, darf eine möglicherweise in der Branche bestehende Verkaufsübung auch nicht dazu führen, dass ein Wettbewerber davon abgehalten wird, seine Leistung in sinnvoller und kundenfreundlicher Weise zu ergänzen und anzubieten, wie dies aber mit der Hinzufügung des Sessels zu der Polstermöbelgarnitur geschehen ist (BGH WRP 1998, 388/390 - "Skibindungsmontage").

2.

Dass die Antragsgegnerin die Ankündigung der Gratis-Abgabe des Sessels in der streitbefangenen Werbeanzeige blickfangmäßig herausgestellt hat, vermag ebenfalls keine abweichende Beurteilung herbeizuführen. Denn geht - so wie hier - ein wettbewerbswidriger Anlockeffekt von dem Angebot nicht aus, so kann es dem Anbieter grundsätzlich nicht verwehrt werden, sein Angebot werbend herauszustellen (vgl. BGH GRUR 1999, 264/266 - "Handy für 0,00 DM").

3.

Die Wettbewerbswidrigkeit der streitbefangenen Werbung ergibt sich weiter auch nicht etwa daraus, dass der Einzelpreis des in dem Gesamtangebot enthaltenen Gratis-Sessels in der Werbeanzeige nicht bekannt gegeben worden ist. Eine unzulässige Preisverschleierung ist hierin nicht zu erblicken, da dem Verbraucher ein Vergleich der Preisgestaltung des Angebotes mit Konkurrenzangeboten nicht verwehrt wurde. Bei dem Gesamtangebot der Antragsgegnerin handelt es sich um eine sachgerechte Koppelung von branchengleichen Waren. Eine Preisverschleierung ist hierdurch nicht zu befürchten, da der Verbraucher unschwer durch Nachfrage die Einzelpreise ermitteln kann (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdn. 128). Dem Verbraucher, der einen Preisvergleich vorzunehmen wünscht, ist die eigenständige Nachforschung und sogar längeres Suchen nach den Einzelpreisen eines Gesamtangebotes zumutbar (BGH GRUR 1996, S. 363/364 - "Saustarke Angebote"). Im Streitfall ist davon auszugehen, dass der an einem Preisvergleich interessierte potentielle oder tatsächliche Käufer den Preis für den Sessel tatsächlich ohne Schwierigkeiten hätte in Erfahrung bringen können, sei es durch Nachfrage bei der Antragsgegnerin, sei es bei deren Konkurrenten, die auch die in Rede stehende Musterring-Kollektion vertreiben. Denn bei dem Sessel handelt es sich um einen Artikel aus der Modellreihe eines Markenherstellers, die in der Werbung als solche bezeichnet ist ("MR 9350 Musterring"), wobei auch mit dem Hinweis "..in echt Leder gelb, große Lederauswahl in weiteren Farben und Qualitäten" weitere Angaben zur konkreten Ausstattung gemacht sind. Im Hinblick auf diese Individualisierungsmerkmale sind Erkundigungen nach dem Preis ohne Schwierigkeiten einzuholen. Unschädlich ist dabei, dass der Einkaufspreis des Sessels je nach Lederqualität zwischen EUR 215,00 und EUR 289,00 variiert. Nach der von der Antragstellerin als Anlage BB 1 vorgelegten Aufstellung über die Händlereinkaufskonditionen werden die hier fraglichen Polstermöbel in lediglich vier verschiedenen Lederqualitäten angeboten, so dass eine Übersicht über den Preis leicht herzustellen ist. Denn die konkret gewünschte Lederqualität des Sessels hängt von der Entscheidung des Verbrauchers bezüglich der Polstermöbelgarnitur ab, so dass es ihm trotz der - ohnehin übersichtlichen - Variablen möglich und zumutbar ist, den Preis des für ihn in Frage kommenden Sessels zu ermitteln. Aus der Werbeanzeige geht zwar nicht ausdrücklich hervor, mit welcher Lederqualität der Sessel im Einzelfall ausgestattet sein soll, jedoch ist es für den interessierten Kunden - wie aufgezeigt - offensichtlich, dass der Sessel in der jeweils zu den beiden Sofas passenden Lederqualität abgegeben werden sollte, was nach der mündlichen Verhandlung im übrigen auch unstreitig ist.

II.

Auch ein Verstoß gegen § 3 UWG liegt nicht vor.

1.

Soweit die streitbefangene Werbung wegen der fehlenden ausdrücklichen Bezeichnung der Lederqualität des Sessels gewisse Unsicherheiten bezüglich der Preisgestaltung hervorruft, vermag dies von vornherein nicht den Tatbestand einer nach § 3 UWG zu beurteilenden Irreführung, sondern allein den einer an den Maßstäben des § 1 UWG zu messenden Preisverschleierung zu begründen, die hier jedoch aus den oben bereits dargestellten Gründen ausscheidet.

2-

Eine Irreführung hinsichtlich der Gratisabgabe des Sessels wurde nicht hinreichend dargetan. Der Antragsteller behauptet hierzu, der Sessel werde - entgegen der hervorgehobenen Darstellung in der Werbeanzeige - in Wirklichkeit nicht "Gratis" abgegeben, vielmehr sei sein Wert in die Kalkulation des Gesamtpreises von DM 2998,00 einbezogen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind indessen dem Vortrag des Antragsteller nicht zu entnehmen. Allein aufgrund der Geltung des allgemeinen Prinzips, dass ein Kaufmann in aller Regel "nichts zu verschenken habe", kann nicht der Rückschluß gezogen werden, dass der Preis des Sessels im Einzelfall tatsächlich in die Berechnung des Gesamtpreises einkalkuliert bzw. einbezogen wurde, so dass der angegebenen Preis für die beiden Sofas in Wirklichkeit um einen solchen für den Sessel "erhöht", die Bezeichnung "gratis" also unwahr wäre. Denn es entspricht durchaus dem allgemeinen Erfahrungswissen, dass ein Kaufmann seine Preise so ausrichtet, dass er bei anderen, außerhalb des beworbenen Angebotes stehenden Waren höhere Gewinnmargen in Ansatz bringt, um eine angebotene Gratisleistung zu finanzieren. Die von dem Antragsteller aufgestellte Behauptung, dass der Wert des Sessels tatsächlich in den Gesamtpreises der Polstermöbelgarnitur von DM 2.998,00 einkalkuliert war, die Abgabe des Sessels daher entgegen der Angabe in der Werbeanzeige in Wirklichkeit nicht "gratis" erfolgt ist, wurde auch nicht glaubhaft gemacht.

3.

Soweit der Antragsteller schließlich vorbringt, der Verkehr werde bei der Lektüre der Anzeige davon ausgehen, der Sessel sei gratis zu haben, was tatsächlich aber nicht der Fall sei, weil der Kunde gleichzeitig die Kombination aus Zwei- und Dreisitzersofa zum Preis von DM 2.998,00 kaufen müsse, trägt auch dies den Irreführungsvorwurf nicht. Die Erwartung, dass der Sessel ohne gleichzeitigen Erwerb der Sofas in jedem Fall verschenkt werde, kann nach Auffassung des erkennenden Senats ein relevanter Teil der Adressaten nicht entwickeln.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 7 EGZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 08.03.2002
Az: 6 U 210/01


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